Urteil des OLG Schleswig-Holstein vom 02.04.2017

OLG Schleswig-Holstein: wichtiger grund, erblasser, nachlassgericht, grad des verschuldens, ausschlagung der erbschaft, entlassung, erbteil, handschriftliches testament, schlüssiges verhalten

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Gericht:
Schleswig-
Holsteinisches
Oberlandesgericht
3. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 Wx 98/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 2084 BGB, § 2106 Abs 1
BGB, § 2109 S 2 Nr 1 BGB, §
2210 S 2 BGB, § 2227 Abs 1
BGB
Testamentsvollstreckung: Entlassung eines
Testamentsvollstreckers wegen Verschweigens eines
Nachlassbestandteils
Leitsatz
1. Die Testamentsauslegung nach § 2084 BGB kann ergeben, dass eine angeordnete
Dauervollstreckung über die 30-Jahres-Grenze hinaus - hier bis zum Tod des Vorerben -
fortdauern soll (§ 2210 S.2 BGB).
2. Nimmt ein Testamentsvollstrecker einen wesentlichen Teil des Nachlasses nicht in
seine Verwaltung und verschweigt er den Erben die Existenz dieses Vermögen über 25
Jahre, liegt ein wichtiger Grund zu seiner Entlassung iSd § 2227 BGB vor.
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. werden die
Beschlüsse des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Eutin vom 20. Mai 2003 und des
Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 14. Oktober 2003
aufgehoben.
Das Amtsgericht - Nachlassgericht - wird angewiesen, den Beteiligten zu 3.
aus dem Amt des Testamentsvollstreckers über den Nachlass des am 16. Juni
1977 verstorbenen … zu entlassen und einen neuen Testamentsvollstrecker zu
bestellen.
Der Beteiligte zu 3. hat die den Beteiligten zu 1. und 2. im gesamten
Verfahren vor dem Nachlassgericht, dem Landgericht und dem Oberlandesgericht
entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Wert des weiteren Beschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1. und 2. beantragen die Entlassung des Beteiligten zu 3. aus
dem Amt des Testamentsvollstreckers.
Der Erblasser verfasste unter dem 30. März 1972 ein handschriftliches Testament.
Darin setzte er die Ehefrau (Beteiligte zu 5.), seine Töchter A (1999 verstorben,
Ehefrau des Beteiligten zu 3. und Mutter der Beteiligten zu 6. und 7.) und seine
Tochter B (Beteiligte zu 4.) je zu 1/4 als Erbe ein, seine weitere Tochter C
(Beteiligte zu 2.) und seinen Sohn D (Beteiligter zu 1.) jeweils zu 1/8 ein. Weiter
heißt es dort:
" Die Erbeinsetzung meiner Tochter C erfolgt als Vorerbin; zu ihren Nacherben
bestimme ich meine Töchter A und B. In Sorge um den Gesundheitszustand und
die Zukunft meiner Tochter C bestimme ich, dass mein Testamentsvollstrecker
ihren Erbteil in ihrem wohlverstandenen Interesse wie das Vermögen eines
Mündels verwalten und verwenden soll."
Unter III. des Testaments bestimmte der Antragsteller den Beteiligten zu 3.,
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Unter III. des Testaments bestimmte der Antragsteller den Beteiligten zu 3.,
seinen Schwiegersohn (damals Regierungsdirektor), zum Testamentsvollstrecker.
Diesem wurde nach dem Tod des Erblassers am 6. Oktober 1977 ein
Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt. Unter dem 19. Oktober 1977 erteilte das
Amtsgericht einen Erbschein für die Erbengemeinschaft. Unter dem 17. November
1977 übersandte die Ehefrau des Erblassers, die Beteiligte zu 5., dem
Nachlassgericht eine Aufstellung, worin eine Nachlassmasse von 590.199,00 DM
(darunter ein Grundstück mit einem Verkehrswert von 100.000,00 DM -,
Bankguthaben von 19.490,00 DM und Wertpapiere mit einem Wert am Todestage
von 469.167,00 DM) angegeben worden ist.
Der Beteiligte zu 3. erfuhr nach seinen Angaben im vorliegenden Verfahren (Bl.
117 d. A.) "etwa im letzten Quartal des Jahres 1977" von einem in der Schweiz
befindlichen Depotvermögen des Erblassers, dessen Wert in der vorgenannten
Aufstellung der Beteiligten zu 5. nicht enthalten war.
In der Folgezeit verteilte der Beteiligte zu 3. den Nachlass gemäß den
testamentarischen Vorgaben, ohne dabei aber das in der Schweiz befindliche
Vermögen zu berücksichtigen. Von diesem Depot hatten zwar außer ihm
mindestens die Beteiligte zu 5. Kenntnis, jedenfalls aber nicht die Beteiligten zu 1.
und 2.
Von dem Vermögen in der Schweiz erfuhren die Beteiligten zu 1. und 2. vielmehr
erst im Jahre 2002 aufgrund einer mündlichen Äußerung des Beteiligten zu 3.
zunächst gegenüber dem Beteiligten zu 1. Mit Schreiben vom 26. Oktober 2002
(Bl. 24 d.A.) informierte der Beteiligte zu 3. die Erben darüber, dass der Wert des in
der Schweiz befindlichen Vermögens per 14. Oktober 2002 167.298,00 €
ausmache. Er werde nach Tilgung von Verbindlichkeiten des Nachlasses den
verbleibenden Bestand auf die Erben deren Anteil entsprechend aufteilen.
Mit Schreiben vom 8. November 2002 hat der Beteiligte zu 1. bei dem
Nachlassgericht die Entlassung des Beteiligten zu 3. als Testamentsvollstrecker
aus wichtigem Grund beantragt, weil dieser 25 Jahre lang vorhandenes Vermögen
den Erben verschwiegen habe, deshalb nicht vertrauenswürdig sei und die
Befürchtung bestehe, dass auch andere erhebliche Vermögenswerte verheimlicht
oder vielleicht verbraucht worden sein könnten.
Die Beteiligte zu 2. hat am 6. Januar 2003 - Eingang beim Nachlassgericht - die
Anfechtung der Annahme des Testaments sowie zugleich die Ausschlagung der
Erbschaft erklärt und den Pflichtteil verlangt. Zur Begründung hat sie ausgeführt,
sie habe erst soeben mit Schreiben des eingesetzten Testamentsvollstreckers
davon erfahren, dass ein beachtlich hohes Vermögen auf einem Schweizer Konto
angelegt gewesen sei. Hätte sie seinerzeit Kenntnis von diesem Vermögen in der
Schweiz gehabt, wäre der Pflichtteil geltend gemacht worden. Mit Schriftsatz ihres
Anwalts vom 11. Februar 2003 hat die Beteiligte zu 2. vorgetragen, sie habe die
Erbschaft nicht ausschlagen wollen. Sie nehme hiermit ausdrücklich ihre
Erklärungen zurück, fechte aber die testamentarischen Regelungen des Vaters zu
ihrem Nachteil an, soweit diese nicht ohnehin ganz oder teilweise nichtig seien. Es
sei sittenwidrig, testamentarisch für eine Erbin mit gesetzlichen Ansprüchen
verbindlich zu erklären, dass sie quasi wie ein Mündel behandelt werden solle.
Sofern das Gericht eine Teilanfechtung nicht anerkenne, erfolge
Gesamtanfechtung. Sie bitte auch um Beendigung der Testamentsvollstreckung.
Auch die Beteiligte zu 2. hat vor dem Amtsgericht die Auffassung vertreten, der
Beteiligte zu 3. habe eine grobe Pflichtwidrigkeit begangen. Die Beteiligten zu 4.
und 7. haben dagegen erklärt, sie hielten den Beteiligten zu 3. weiterhin für
geeignet, die Testamentsvollstreckung durchzuführen.
Der Beteiligte zu 3. hat sich gegenüber dem Entlassungsantrag dahin eingelassen,
die Nachricht von dem Wertpapierkonto in der Schweiz habe für ihn zu einer
Pflichtenkollision geführt. Er habe sich entschieden, die Bank lediglich über den
Erbfall und die Erben zu unterrichten und die "illegalen" Vermögensteile zunächst
nicht als Testamentsvollstrecker in Verwahrung zu nehmen. Hinsichtlich der
Einzelheiten seiner Stellungnahme wird auf das Zitat in dem angefochtenen
Beschluss des Landgerichts verwiesen (Bl. 316 d. A.).
Der Beteiligte zu 3. hat auf Fragen des Nachlassgerichts mit Schreiben vom 9.
Februar 2003 erklärt, Auszahlungen aus den Erträgen des Nachlassanteils der
Beteiligten zu 2. seien an diese quartalsweise erfolgt, die Abrechnungen jeweils
jährlich. Er hat zugleich eine Akte mit Abrechnungen und Depotauszügen aus den
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jährlich. Er hat zugleich eine Akte mit Abrechnungen und Depotauszügen aus den
Jahren 1980 bis 2002 beigefügt.
Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2003 hat der Beteiligte zu 3. mitgeteilt, er habe
über das Schweizer Konto abgerechnet und sei zur Auszahlung bereit. Allerdings
würden die beschwerdeführenden Erben einer Auszahlung selbst widersprechen.
Mit Schriftsatz vom 30. April 2003 hat auch die Beteiligte zu 2. gebeten, über die
Aufhebung der Testamentsvollstreckung zu entscheiden.
Mit Beschluss vom 20. Mai 2003, Bl. 143 ff. d. A., hat das Amtsgerichts -
Nachlassgericht - den Antrag auf Entlassung des Beteiligten zu 3. als
Testamentsvollstrecker und Bestellung eines neuen Testamentvollstreckers
abgewiesen. Dem Beteiligten zu 3. sei eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des §
2227 BGB nicht zur Last zu legen. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte, dass der
Testamentsvollstrecker Vermögenswerte aus dem Nachlass unterschlagen oder
zur Seite geschafft hätte. Nach den Ermittlungen des Gerichts und nach Anhörung
aller Beteiligten liege ein wichtiger Grund im Sinne der genannten Vorschrift auch
nicht darin, dass der Testamentsvollstrecker seit 1978 Gewissheit über ein in der
Schweiz vorhandenes Vermögen gehabt, dies den Beteiligten aber erst durch
Schreiben vom 26. Oktober 2002 mitgeteilt habe. Zwar möge es zutreffen, dass
den Antragstellern durch das Verschweigen des Schweizer Vermögens persönlich
Zinsverluste entstanden sein könnten. Jedoch habe sich das Depotvermögen in
der Schweiz letztlich für alle Beteiligten überaus günstig entwickelt. Ein
schuldhaftes Verhalten des Testamentsvollstreckers sei nicht gegeben. Wenn er
die Erben nicht in Kenntnis gesetzt hätte, so habe dies an einer irrtümlichen
Beurteilung der Rechtslage und dem Bestreben gelegen, dem Nachlass keinen
Schaden zuzufügen. Der Testamentsvollstrecker habe nämlich befürchtet, dass
das Vermögen des Erblassers in der Schweiz rechtswidrig dort unter Verschluss
gegen im Inland geltende Steuervorschriften angelegt worden sei. Dies stelle zwar
eine Pflichtverletzung, nicht aber eine grobe Pflichtverletzung dar.
Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 1. und 2. Beschwerde eingelegt
und zur Begründung ausgeführt:
Der Beteiligte zu 3. habe als Testamentsvollstrecker grob schädlich und
rechtswidrig gehandelt. Er habe den Beschwerdeführern Jahrzehnte lang über das
in der Schweiz vorhandene Kapital - ursprünglich etwa 100.000 Franken - nichts
mitgeteilt. Insbesondere habe er auch gerade der bedürftigen Beteiligten zu 2., die
in sehr eingeschränkten Verhältnissen lebe, insoweit nicht einmal die Zinsgewinne
zugeführt, was nicht wieder gutgemacht werden könne. Auch von ihrem übrigen
Erbe habe der Beteiligte zu 3. der Beteiligten zu 2. die Zinserträge teilweise
vorenthalten, und damit zusätzliches Kapital angesammelt, was letztlich nur den
Nacherben zugute komme. Bei allem dürfe nicht übersehen werden, dass der
Beteiligte zu 3. ein hoch qualifizierter Jurist in leitenden Stellungen im Staatsdienst
gewesen sei, zuletzt als … tätig. Bei ihm könne nicht davon ausgegangen werden,
dass er sich in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden habe.
Das Nachlassgericht hätte sich fragen müssen, wem das Verhalten des Beteiligten
zu 3. tatsächlich genutzt habe. Nutznießer seien die als Nacherben eingesetzten
Miterben, nämlich die Beteiligte zu 4., und nunmehr an Stelle der verstorbenen
Ehefrau des Beteiligten zu 3. dessen Kinder, die Beteiligten zu 6. und 7. Das Tun
des Beteiligten zu 3. im wirtschaftlichen Interesse seiner Familienangehörigen
müsse berücksichtigt werden. Er habe die Beteiligten zu 1. und 2. über 25 Jahre
von dem fraglichen Vermögen und dessen Nutzung ausgeschlossen. Dadurch
seien Schäden entstanden, wobei die Beteiligte zu 2. für den größten Teil ihres
Lebens benachteiligt worden sei und insoweit Wiedergutmachung gar nicht möglich
sei, aber auch der Beteiligte zu 1. einen erheblichen Zinsschaden gehabt habe,
weil er in dem ganzen Zeitraum Kredite mit Zinsen zwischen 16 bis 18 % habe in
Anspruch nehmen müssen. Die Beteiligte zu 1. habe in diesen Jahren nur von einer
kleinen Rente und gelegentlich kleinen Beträgen aus dem anderen Vermögen
gelebt, mithin ständig am Existenzminimum. Wäre sie zwischenzeitlich gestorben,
wären ihr alle Zinserträge endgültig vorenthalten worden. Dieses Verhalten des
Testamentsvollstreckers sei bei seinen Erfahrungen und seiner Kenntnis der
persönlich schwierigen Situation der Beteiligten zu 2. verwerflich und moralisch
vorwerfbar.
Im Rahmen einer Stufenklage (zunächst) auf Auskunftserteilung, die der Beteiligte
zu 1. gegen den Beteiligten zu 3. erhoben habe, sei seitens der Beteiligten zu 5.
überraschend mitgeteilt worden, sie habe von dem Schweizer Vermögen 500,00
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überraschend mitgeteilt worden, sie habe von dem Schweizer Vermögen 500,00
Schweizer Franken nach dem Tode des Erblassers abgehoben. Davon wolle der
Testamentsvollstrecker erstmals 10 Tage vor diesen Angaben in jenem Verfahren
erfahren haben. Das zeige aber, dass der Testamentsvollstrecker seine
Hauptaufgabe zur Errichtung eines vollständigen Nachlassverzeichnisses nicht
erfüllt habe, als er nachträglich von dem Schweizer Vermögen Kenntnis erhalten
habe. Die Beteiligte zu 5. habe Kontovollmacht gehabt, und zwar bis September
2002. Weil die Bank nur eine Aufbewahrungspflicht von 10 Jahren habe, sei eine
Überprüfung der Kontobewegungen bis zum Jahre 1992 nicht mehr möglich.
Der Beteiligte zu 3. hat im Beschwerdeverfahren ausgeführt, er habe keinerlei
Verfügungen über das Schweizer Konto in der Zeit von 1977 bis 1992 und auch
nicht danach vorgenommen. Ihm seien auch keine weiteren Verfügungen der
Witwe des Erblassers als jene 500,00 Schweizer Franken bekannt, die diese vor
über 20 Jahren abgehoben habe (Bl. 193, 197 d.A.).
Das Landgericht hat die Beschwerde mit Beschluss vom 14. Oktober 2003
zurückgewiesen (Bl. 213 ff d.A.) und zur Begründung ausgeführt:
Der Beteiligte zu 3. habe nicht gegen die in der letztwilligen Verfügung getroffenen
Anordnungen des Erblassers verstoßen. Er habe den Erbteil der Beteiligten zu 2.
mündelsicher verzinslich angelegt und ihr jeweils aus den Erträgen Beträge
zukommen lassen, auf Anforderung habe er auch Abrechnungen erteilt. Wenn es
in diesem Zusammenhang zu einer Vermögensmehrung gekommen sei,
entspreche dies dem Willen des Erblassers, der nämlich eine Absicherung der
Beteiligten zu 2. in der Zukunft beabsichtigt habe.
Der Beteiligte zu 3. habe jedoch insoweit eine Pflichtverletzung begangen, als er
nach Entdeckung des Schweizer Vermögens dieses nicht in die Verwaltung
genommen und nicht alle Miterben darüber in Kenntnis habe. Es habe sich aber
um eine außergewöhnliche Problemkonstellation gehandelt, die aus einem dem
Testamentsvollstrecker bei Übernahme des Amtes nicht bekannten Verhalten des
Erblassers resultiere. Es handele sich nicht um eine grobe Pflichtverletzung. Denn
der Beteiligte zu 3. habe seine Motivation für sein Unterlassen nachvollziehbar
dargelegt. Das Verhalten stelle sich nicht als zielgerichtete Benachteiligung der
Beteiligten zu 1. und 2. dar, sondern als eine aus dem bestehenden
Interessenkonflikt resultierende Handlungsunfähigkeit. Soweit er den in der
Schweiz befindlichen Vermögensanteil nicht in das Nachlassverzeichnis
aufgenommen habe, sei dies motiviert durch den Gedanken des Schutzes des
Nachlasses und einem Handeln im Sinne des Erblassers gewesen. Dadurch habe
der Beteiligte zu 3. weder die Interessen des Erben gefährdet, noch sei ersichtlich,
dass in seiner Amtsführung ein eigennütziges Verhalten zutage trete, das auf eine
Begünstigung etwa ihm nahe stehender Personen abziele.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.
und 2. Nachdem sie (Anfang 2004) Akteneinsicht genommen haben, weisen sie
darauf hin, ihnen sei nun erstmals bekannt geworden, dass die Witwe des
Erblassers dem Nachlassgericht am 17. November 1977 zu dem Nachlass
mitgeteilt habe, das Guthaben bei Banken belaufe sich auf 469.167,59 DM sowie
19.490,79 DM. Die Zahlen habe später dann auch der Testamentsvollstrecker
angegeben. Er habe aber spätestens Ende 1977 (ebenso wie die Beteiligte zu 5.)
gewusst, dass noch in der Schweiz ein Vermögen vorhanden sei und mithin die
Wertangaben falsch gewesen seien. Davon hätten in den folgenden 25 Jahren zwar
die Beteiligte zu 5. und die zwischenzeitlich verstorbene Tochter Hannelore
gewusst, nicht aber die Beteiligten zu 1. und 2. Das Verschweigen der beachtlichen
Vermögenswerte über Jahrzehnte sei eine erhebliche Rechtsverletzung, es handele
sich um Unterschlagung von Vermögenswerten. Die Ausreden des Beteiligten zu
3. zur Begründung seines Verhaltens seien absurd. Welches Finanzamt hätte
schon bei Aufklärung an Stelle des Verstorbenen den Testamentsvollstrecker in
Anspruch nehmen können?
Das Landgericht habe sich nicht damit beschäftigt, dass der
Testamentsvollstrecker nach den Vorgaben des Testaments in Sorge um den
Gesundheitszustand der Beteiligten zu 2. hätte handeln müssen. Diese Frage
müsse aber durchaus in den Vordergrund gerückt werden. Aus dem im Testament
enthaltenen Hinweis auf die Gleichstellung mit einem Mündel bei der Verwaltung
des Vermögens ergebe sich auch, dass der Erblasser eine Betreuung der
Beteiligen zu 2. erwarte habe. Tatsächlich habe sich der Beteiligte zu 3. aber um
die Beteiligte zu 2. nicht gekümmert und ihr lediglich ab und zu Zinsen ihres Erbes
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die Beteiligte zu 2. nicht gekümmert und ihr lediglich ab und zu Zinsen ihres Erbes
- dies auch nur teilweise - ausgezahlt. Die Beteiligte zu 2. sei aufgrund ihres
Gesundheitszustandes nie in der Lage gewesen, ihre eigenen finanziellen Anliegen
mit Nachdruck durchzusetzen. Ihr hilfloses Verhalten sei quasi von dem
Testamentsvollstrecker ausgenutzt worden. Ihren Anteil an dem Vermögen in der
Schweiz und die daraus über 25 Jahre erwachsenen Zinsen habe er ihr gänzlich
vorenthalten. Er habe weitere Vermögenswerte angesammelt, die nicht die
Beteiligte zu 2. habe erwerben sollen, sondern eines Tages u. a. die leiblichen
Kinder des Testamentsvollstreckers. Dies könne nicht rechtens sein.
Schließlich habe das Landgericht in keiner Weise berücksichtigt und überhaupt
nicht geprüft, dass doch die Beteiligte zu 2. die Annahme des Testaments
angefochten habe, nachdem sie der Beteiligte zu 3. über 25 Jahre von dem
Schweizer Vermögen nicht in Kenntnis gesetzt und sie und die Miterben insoweit
getäuscht habe. Deshalb sei die akzeptierte Annahme des Testaments
anfechtbar. Die Beteiligte zu 2. verlange jetzt ihren gesetzlichen Pflichtteil (Bl. 234
d.A.) und verweigere daher auch aus diesem Grunde eine
Testamentsvollstreckung über das ihr zustehende Vermögen. Es komme noch
hinzu, dass die Beteiligte zu 2. erst jetzt im weiteren Beschwerdeverfahren durch
die Akteneinsicht über die unzutreffende schriftliche Versicherung der Beteiligten
zu 5. im Nachlassverfahren hinsichtlich des Umfangs des Nachlasses erfahren
habe, während der Beteiligte zu 3. davon schon im Jahr 1977 oder kurz danach
volle Kenntnis erhalten habe. Auch dies berechtige die Anfechtung der
testamentarischen Einsetzung und der Nichtausschlagung der testamentarischen
Einsetzung mit dem Ziel, den gesetzlichen Erbanteil zu verlangen, hilfsweise den
gesetzlichen Pflichtteil (Bl. 257/258 d.A).
Die Beteiligten zu 1. und 2. beantragen,
die bisherige Entscheidung aufzuheben und das Verfahren zur erneuten
Prüfung und Entscheidung an das Landgericht und sogar wenn möglich an das
Amtsgericht zurückzuverweisen.
Der Beteiligte zu 3. beantragt,
die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. zurückzuweisen.
Er macht geltend, es gehe in diesem Verfahren nicht um die Aufteilung des
Nachlasses, sondern nur um den Antrag, den Testamentsvollstrecker zu
entlassen. Insoweit sei die weitere Beschwerde nur zulässig, wenn sie auf das
Prüfungsergebnis des Gerichts der vorangegangenen Instanz beschränkt werde.
Die Vorinstanzen hätten zutreffend entschieden. Wenn die weitere Beschwerde
nunmehr die Sorge des Testamentsvollstreckers um die Beteiligte zu 2. in den
Mittelpunkt rücke, habe der Beteiligte zu 3. entsprechend der letztwilligen
Verfügung des Erblassers das Vermögen der Beteiligten zu 2. verwaltet und ihr die
Erträgnisse ausgezahlt, soweit diese zur Bestreitung ihrer Ausgaben notwendig
gewesen seien.
II.
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. ist nach den §§ 27 Abs. 1, 29
Abs. 1 FGG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Die Entscheidung des Landgerichts kann allerdings im Wege der weiteren
Beschwerde gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 FGG nur darauf überprüft werden, ob sie auf
einer Verletzung des Rechts beruht. Eine schlichte Rechtsverletzung reicht nicht
aus, wenn sich die Entscheidung aus anderen Gründen als richtig erweist (§§ 27
FGG, 561 ZPO) und deshalb auf dieser Rechtsverletzung nicht beruht. Bei der
Prüfung einer Rechtsverletzung ist das Beschwerdegericht an die vom Tatgericht
festgestellten Tatsachen gebunden (§§ 27 FGG, 559 ZPO). Eine Nachprüfung
tatsächlicher Verhältnisse ist in der dritten Instanz ausgeschlossen. Die
Tatsachenwürdigung ist nur dahin überprüfbar, ob der Tatrichter den maßgeblichen
Sachverhalt erforscht (§ 12 FGG, Prinzip der Amtsermittlung), bei Erörterung des
Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (§ 25 FGG) und hierbei
nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften sowie gegen die
Denkgesetze und feststehende (zwingende) Erfahrungssätze sowie den
allgemeinen Sprachgebrauch verstoßen hat. Die Überzeugungsbildung des
Landgerichts ist dann nicht zu beanstanden, wenn die von ihm vorgenommene
Würdigung des auf diese Weise rechtsfehlerfrei ermittelten Tatsachenstoffes
möglich ist. Es kann nicht verlangt werden und ist nicht erforderlich, dass sie auch
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möglich ist. Es kann nicht verlangt werden und ist nicht erforderlich, dass sie auch
zwingend erscheint. Neue Tatsachen können im Verfahren der weiteren
Beschwerde, die auf bloße Rechtsfehlerkontrolle gerichtet ist, nicht eingeführt
werden (vgl. zum Ganzen Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl. 2003, § 27 Rn. 42
f.).
Ebenso wenig wie die objektive Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanzen hat das Gericht der weiteren Beschwerde die Zweckmäßigkeit und
Angemessenheit einer Ermessensentscheidung zu untersuchen.
Ermessensentscheidungen können nur darauf überprüft werden, ob das Gericht
von seinem Ermessen keinen oder einen rechtlich fehlerhaften, Sinn und Zweck
des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht hat oder von ungenügenden
oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist,
wesentliche Umstände unerörtert gelassen hat oder Umstände mitberücksichtigt
hat, die nach der ermächtigenden Norm nicht maßgebend sein dürfen.
Nach diesen Maßstäben waren die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben
und war das Nachlassgericht anzuweisen, den Testamentsvollstrecker zu
entlassen und einen neuen Testamentsvollstrecker zu bestimmen.
1. Auch der Beteiligten zu 2. fehlt es nicht an der Beschwerdeberechtigung.
Allerdings könnten insoweit Zweifel bestehen, wenn sie lediglich
Pflichtteilsberechtigte wäre. Die Beteiligte zu 2. macht im vorliegenden weiteren
Beschwerdeverfahren geltend, das Landgericht hätte ihre „Anfechtung der
testamentarischen Einsetzung und der Nichtausschlagung der testamentarischen
Einsetzung“ (Bl. 257 d.A.) beachten und prüfen müssen. Weil sie nunmehr ihren
gesetzlichen Pflichtteil verlange (Bl. 234 unten d. A.) bzw. ihren gesetzlichen Erbteil
und hilfsweise den Pflichtteil (Bl. 257 unten/258 oben d. A.), könne sie auch aus
diesem Grunde eine Testamentsvollstreckung verweigern.
Die Klärung der streitigen Frage, ob auch der Pflichtteilsberechtigte antrags-
und beschwerdeberechtigt ist, wenn es wie hier um die Frage der Entlassung eines
Testamentsvollstreckers geht (vgl. dazu einerseits OLG Hamm, MDR 1977, 851
andererseits Erman/M.Schmidt, BGB, 12. A. 2008, § 2227 Rn. 9 mwN), kann aber
nicht nur dahinstehen, weil die Beteiligte zu 2. zwischenzeitlich ohnehin in erster
Linie meint, sie sei (gesetzliche) Erbin. Tatsächlich ist die Beteiligte zu 2. Erbin kraft
testamentarischer Einsetzung durch den Erblasser geworden. Dieses Testament
ist auch hinsichtlich der sie betreffenden Regelungen nicht nichtig. Ihre
verschiedenen Anfechtungserklärungen sind nicht wirksam geworden.
a) Die Beteiligte zu 2. hat die Erbschaft jedenfalls durch schlüssiges Verhalten
angenommen (zu dieser Möglichkeit vgl. Palandt/Edenhofer, BGB, 67. Aufl. 2008, §
1943 Rn. 2). Sie hat über viele Jahre die Testamentsvollstreckung durch den
Beteiligten zu 3. akzeptiert und von ihm auch regelmäßig Zinszahlungen aus
ihrem Erbteil entgegengenommen.
Allerdings hat sie am 6. Januar 2003 - Eingang beim Nachlassgericht mit
Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigen vom 3. Januar 2003 - ihre „Annahme
des Testaments“ (der Sache nach gemeint: Annahme der Erbschaft) mit notariell
beglaubigter Erklärung angefochten. Sie hat sich dabei darauf berufen, sie habe
erst "soeben" mit Schreiben des Testamentsvollstreckers erfahren, dass ein
beachtlich hohes Vermögen auf dem Schweizer Konto angelegt gewesen sei.
Hätte sie seinerzeit Kenntnis davon gehabt, hätte sie den Pflichtteil geltend
gemacht.
Diese Anfechtung ist mangels Einhaltung der Anfechtungsfrist des § 1954 Abs.
1 BGB nicht wirksam geworden. Danach kann die Anfechtung nämlich nur binnen 6
Wochen erfolgen. Nach § 1954 Abs. 2 S. 1 BGB beginnt die Frist mit dem
Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund
Kenntnis erlangt. Die Anfechtung erfolgt nach § 1955 BGB durch Erklärung
gegenüber dem Nachlassgericht. Auf Kenntnis eines Bevollmächtigten kommt es
nach § 166 BGB an, wenn die Vollmacht auch die Regelung der
Erbschaftsangelegenheiten umfasst (KG NJW-RR 2004, 801, Tz. 12 f;
Palandt/Edenhofer, § 1954 Rn. 7). Im vorliegenden Fall hat die Beteiligte zu 2.
ihrem Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. … unter dem 11. September
2002 schriftlich eine Vollmacht "in allen Nachlasssachen …" erteilt, Bl. 88 d. A. Der
Beteiligte zu 3. hat sein Schreiben vom 26. Oktober 2002, mit dem er den Bestand
des Schweizer Vermögens den Erben mitgeteilt hat, dementsprechend an
Rechtsanwalt Dr. … gerichtet (Eingang dort 28. Oktober 2002). Spätestens zu
diesem Zeitpunkt war dem Bevollmächtigten der Beteiligten zu 2. deshalb der
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diesem Zeitpunkt war dem Bevollmächtigten der Beteiligten zu 2. deshalb der
Anfechtungsgrund bekannt.
Es kommt nicht mehr darauf an, dass auch ein die Anfechtung eröffnender
Eigenschaftsirrtum im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB nicht dargelegt ist. Der offen
gelegte Erbteil der Beteiligten zu 2. betrug anfangs rund 100.000,00 DM. Er hätte
sich bei einem Anfangsbestand des Schweizer Kontos von rund 100.000,00
Franken um 1/8 dieses Betrages erhöht (15.000 DM nach Berechnung der
Beteiligten zu 2.). Dann aber ist eine objektiv erhebliche und kausale
Fehlvorstellung der Beteiligten zu 2. über verkehrswesentliche Entscheidungen des
Nachlasses in dem Sinne, dass sie bei Kenntnis seinerzeit zur Geltendmachung
des Pflichtteils veranlasst worden wäre, nicht ersichtlich.
b) Die Beteiligte zu 2. hat mit Anwaltsschriftsatz vom 11. Februar 2003
offenbar ihre Anfechtung der Annahme zurücknehmen und nunmehr die ihr
ungünstigen testamentarischen Regelungen als solche anfechten wollen. Sie hat
Teilanfechtung, hilfsweise Gesamtanfechtung des Testaments erklärt, weil die sie
benachteiligenden Regelungen des Testaments eine Bevormundung darstellen
würden, wenn das Testament insoweit nicht sogar nichtig sein sollte.
Eine Nichtigkeit des Testaments nach § 138 BGB wegen der Anordnung des
Erblassers, dass der Testamentsvollstrecker den Erbteil der Beteiligten zu 2. in
deren Interesse verwalten und verwenden solle, kommt ersichtlich nicht in
Betracht. Der Erblasser war im Rahmen der Testierfreiheit nicht gehindert, so wie
geschehen letztwillig zu verfügen. Die hohen Voraussetzungen, unter denen
ausnahmsweise ein Testament sittenwidrig sein könnte, sind nicht im Ansatz
dargelegt. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 2. macht für diese
gerade selbst geltend, dass sie sich schon im Testierzeitpunkt in einem
schwierigen gesundheitlichen Zustand befunden hätte und im Übrigen aufgrund
ihres Gesundheitszustandes nie in der Lage gewesen wäre, ihre finanziellen
Anliegen mit Nachdruck durchzusetzen, weshalb gerade ihr "hilfsloses Verhalten"
habe ausgenutzt werden können (Bl. 235 unten/236 oben d. A.).
Eine Testamentsanfechtung wegen des genannten, der Beteiligten zu 2. seit
der Testamentseröffnung bekannten Grundes, scheitert im Übrigen an der
Versäumung der Anfechtungsfrist, § 2082 BGB.
2. Obliegt dem Gericht der weiteren Beschwerde im Grundsatz nur eine
Überprüfung der Entscheidung des Beschwerdegerichts auf Rechtsverletzungen
auf der Basis der dort festgestellten Tatsachen, so muss es doch solche
nachträglichen, d. h. nach Erlass der Beschwerdeentscheidung eingetretenen
Tatsachen von Amts wegen beachten, die das ganze Verfahren gegenstandslos
machen, also die Voraussetzungen einer Sachentscheidung entfallen lassen. Auch
das Gericht der weiteren Beschwerde hat nämlich bei Prüfung der Zulässigkeit des
Rechtsmittels den gesamten im Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen
Sachverhalt zu berücksichtigen (vgl. dazu Keidel/Kuntze/Winkler, aaO, § 27 Rn. 51).
Im vorliegenden Verfahren ist aber eine Erledigung zwischenzeitlich nicht
eingetreten. Der Auffassung des - nach dem vorliegenden Betreuerausweis vom
13. November 2006 - bestellten Betreuers der Beteiligten zu 2., die
Testamentsvollstreckung sei wegen Ablaufs der Frist von 30 Jahren gemäß § 2210
BGB beendet, ist nicht zutreffend.
a) Dem Testamentsvollstrecker obliegt hier nach den Anordnungen des
Erblassers zunächst die Abwicklungsvollstreckung, also der Regelfall der §§ 2203 ff.
BGB. Dementsprechend hat sich der Beteiligte zu 3. auch verhalten. Der
Testamentsvollstrecker wird in dem Testament vom 30. März 1972 erstmalig unter
I. dort erwähnt, wo es um die Verwaltung des Erbteils der Tochter C - Beteiligte zu
2. - geht. Der Testamentsvollstrecker wird aber auch in dem dann folgenden
längeren Abschnitt II. mehrfach angesprochen, wo der Erblasser nach dem
einleitenden Satz Anordnungen zur Durchführung der Teilung trifft. Unter III. wird
die Person des Testamentsvollstreckers bestimmt. Die Testamentsergänzung vom
16. Februar 1973 enthält Vermächtniseinsetzungen. Die Abwicklungsvollstreckung
unterfällt nicht der zeitlichen Schranke des § 2210 BGB. Das Amt des
Testamentsvollstreckers kann insoweit vielmehr auch über den 30-Jahres-
Zeitraum hinaus fortbestehen, wenn sonstige Aufgaben noch auszuführen sind
(Staudinger/Reimann, BGB, Neubearbeitung 2003, § 2210 Rn. 7;
Palandt/Edenhofer, a. a. O., § 2210 Rn. 1).
Der Beteiligte zu 3. hat im Verfahren der weiteren Beschwerde mit Schriftsatz
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Der Beteiligte zu 3. hat im Verfahren der weiteren Beschwerde mit Schriftsatz
vom 15. Dezember 2003 unwidersprochen ausgeführt, dass er zwischenzeitlich die
Restbeträge aus dem Nachlass, die auf dem Schweizer Konto zur Verfügung
standen, ordnungsgemäß an alle Erben ausgezahlt habe. Andererseits hat er
bereits vor dem Nachlassgericht mit Schriftsatz vom 21. Januar 2003 (Bl. 101 d.
A.) vorgebracht, es existiere noch ein Gartengrundstück in X und ein Erbbaurecht
mit Scheune, das aus dem Nachlass des Vaters des Erblassers stamme, dessen
Erben wiederum der Erblasser und sein Bruder gewesen seien. Die
Nachforschungen seien insoweit noch nicht zum Abschluss gebracht. Dem ist von
keinem der Beteiligten widersprochen worden. Entsprechend hat das
Nachlassgericht in seinem Beschluss vom 20. Mai 2003, S. 4, darauf hingewiesen,
die Testamentsvollstreckung sei auch deshalb noch nicht beendet, weil die
Verteilung der Anteile an einem Gartengrundstück, für die eine große
Erbengemeinschaft offenbar bestehe, noch ausstehe. Dazu ist Abweichendes im
weiteren Verlauf des Verfahrens nicht vorgetragen worden. Die
Abwicklungsvollstreckung ist insoweit noch nicht beendet.
b) Dem Testamentsvollstrecker ist in dem Testament vom 30. März 1972 im
Übrigen aber unter I. auferlegt worden, den Erbteil der Beteiligten zu 2. in ihrem
wohlverstandenen Interesse wie das Vermögen eines Mündels zu verwalten und zu
verwenden. Dabei hatte der Testamentsvollstrecker zu beachten, dass die
Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2. nur als Vorerbin erfolgt war und zu ihren
Nacherben die Beteiligte zu 4. sowie die - zwischenzeitlich verstorbene - weitere
Tochter A des Erblassers bestimmt waren.
Gemäß § 2209 Abs. 1, 2.Hs. BGB kann der Erblasser anordnen, dass der
Testamentsvollstrecker die Verwaltung nach der Erledigung der ihm sonst
zugewiesenen Aufgaben fortzuführen hat. Ein derartiger Fall der
Dauervollstreckung liegt hinsichtlich der zitierten Anordnung in dem Testament
vor. Gemäß § 2210 BGB wird aber eine nach § 2209 BGB getroffene Anordnung
unwirksam, wenn seit dem Erbfall 30 Jahre verstrichen sind. Hier sind 30 Jahre
verstrichen, weil der Erblasser am 16. Juni 1977 verstorben ist.
Allerdings kann ein Erblasser nach § 2210 S. 2 BGB anordnen, dass die
Verwaltung bis zum Tode des Erben oder des Testamentsvollstreckers oder bis
zum Eintritt eines anderen Ereignisses in der Person des einen oder des anderen
fortdauern soll. Die Testamentsauslegung nach § 2084 BGB ergibt hier eine
derartige Anordnung des Erblassers. Insoweit ist nämlich zu beachten, dass die
Beteiligte zu 2. nur als Vorerbin eingesetzt worden ist und der
Testamentsvollstrecker auch die Einsetzung der Nacherben zu berücksichtigen
hatte. Die Testamentsvollstreckung als Dauervollstreckung sollte hier aber in
Bezug auf die Beteiligte zu 2. bis zum Nacherbfall andauern (vgl. zu einer
entsprechenden Testamentsauslegung BGH FamRZ 1988, 279).
Die 30jährige Frist des § 2210 BGB entspricht (darauf weisen Erman/ Schmidt,
a. a. O., § 2210 Rn. 1 hin) der Zeitbestimmung bei der Nacherbschaft in dem
Regelfall des § 2109 BGB. Die von dem Betreuer der Beteiligten zu 2. geäußerte
Einschätzung, die testamentarisch bestimmte Nacherbfolge sei auch hier wegen
Ablaufs der 30jährigen Frist gemäß § 2109 BGB unwirksam geworden und die
Beteiligte zu 2. sei zur Vollerbin erstarkt, ist aber nicht zutreffend. Zwar wird die
Einsetzung eines Nacherben mit dem Ablauf von 30 Jahren nach dem Erbfall
unwirksam, wenn nicht vorher der Fall der Nacherbfolge eingetreten ist. Sie bleibt
aber gemäß § 2109 S. 2 Ziff. 1 BGB auch nach dieser Zeit wirksam, wenn die
Nacherbfolge für den Fall angeordnet worden ist, dass in der Person des Vorerben
ein bestimmte Ereignis eintritt und derjenige, in dessen Person das Ereignis
eintreten soll, zur Zeit des Erbfalls lebt. Ein solches Ereignis ist typischerweise der
Tod des Vorerben. Im vorliegenden Fall ist zwar der Eintritt des Nacherbfalls in dem
Testament nicht ausdrücklich an den Tod des Vorerben geknüpft worden. Insoweit
gilt aber die Regel des § 2106 Abs. 1 BGB: Hat der Erblasser einen Nacherben
eingesetzt, ohne den Zeitpunkt oder das Ereignis zu bestimmen, mit dem die
Nacherbfolge eintreten soll, so fällt die Erbschaft dem Nacherben mit dem Tode
des Vorerben an. Die Ausnahmebestimmung des § 2109 S. 2 Ziffer 1 BGB gilt
auch dann, wenn der Eintritt des Nacherbfalls nur kraft der Ergänzungsregel des §
2106 Abs. 1 BGB an den Tod des Vorerben geknüpft ist (Münchner Kommentar
zum BGB/Grunsky, 4. A. 2004, § 2109 Rn. 4; Palandt/Edenhofer, a. a. O., § 2109
Rn. 2).
Für die Auslegung, dass die Dauervollstreckung hier nach dem Willen des
Erblassers ausnahmsweise über den 30-Jahres-Zeitraum des § 2210 BGB
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Erblassers ausnahmsweise über den 30-Jahres-Zeitraum des § 2210 BGB
andauern soll, spricht weiter, dass sie nach dem Testament gerade "in Sorge um
den Gesundheitszustand und die Zukunft" der Beteiligten zu 2. angeordnet worden
ist. Über die Hintergründe lässt sich den Ausführungen des
Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1. und 2. sowie auch den Angaben
der Beteiligten zu 7. entnehmen, dass der "mentale Zustand" der Beteiligten zu 2.
schon zu Lebzeiten des Erblassers über Jahre hinweg "besorgniserregend" war (Bl.
184, 194 d. A.). Die Beteiligte zu 2. war und ist nach ihrer Darstellung und
erkennbar auch nach Einschätzung des Erblassers nicht in der Lage, ihre
finanziellen Anliegen mit Nachdruck durchzusetzen (vgl. Bl. 235/236 d. A.). Lag
insoweit ein Dauerzustand bereits zum Zeitpunkt der Abfassung des Testaments
vor, ergibt sich auch insoweit ein Hinweis, dass die Testamentsvollstreckung zu
Lebzeiten der Beteiligten zu 2. über den 30-Jahres-Zeitraum hinaus fortgeführt
werden sollte.
Weil der Erblasser zudem angeordnet hat, dass der Testamentsvollstrecker
den Erbteil der Beteiligten zu 2. wie das Vermögen eines Mündels „verwalten und
verwenden soll“ liegt insoweit auch der Beteiligten zu 2. gegenüber zusätzlich die
Anordnung einer Abwicklungsvollstreckung vor (Aufgabenvollstreckung), die noch
nicht beendet ist und die ohnehin nicht der 30-Jahres-Grenze des § 2210 BGB
unterliegt.
3. Gemäß § 2227 Abs. 1 BGB kann das Nachlassgericht den
Testamentsvollstrecker auf Antrag eines der Beteiligten entlassen, wenn ein
wichtiger Grund vorliegt. Einen solchen Grund stellt insbesondere eine grobe
Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung
dar. Hinweise auf eine Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung gibt es
in Bezug auf den Beteiligten zu 3. nicht. Er hat aber in mehrfacher Hinsicht in
grober Weise seine Pflichten verletzt.
Eine grobe Pflichtverletzung begeht der Testamentsvollstrecker bei einem
erheblichen und zudem schuldhaften Verstoß gegen die vom Gesetz oder vom
Erblasser angeordneten Pflichten. Die Erheblichkeit muss sich nicht in dem Grad
des Verschuldens realisieren (Erman/Schmidt, a. a. O., § 2227 Rn. 3; BayObLG
FamRZ 2002, 989).
Ein wichtiger Grund zur Entlassung eines Testamentsvollstreckers kann aber
nicht nur bei den im Gesetz genannten Beispielsfällen gegeben sein, sondern auch
dann, wenn bei den Beteiligten ein nicht nur auf subjektiven Gefühlsmomenten,
sondern auf Tatsachen beruhendes Misstrauen in die unparteiliche Amtsführung
des Testamentsvollstreckers entstanden ist, für das dieser den Beteiligten Anlass
gab, ggf. auch unverschuldet (BayObLG FamRZ 2004, 740; Palandt/Edenhofer, a.
a. O., § 2227 Rn. 5). Auch dieser Entlassungsgrund liegt hier vor.
a) Beide Vorinstanzen haben in dem Umstand, dass der Beteiligte zu 3. das in
der Schweiz befindliche Vermögen des Erblassers jedenfalls den Beteiligten zu 1.
und 2. über 25 Jahre verschwiegen sowie dieses nach seiner Darstellung über
diesen Zeitraum nicht "in die Verwaltung genommen" hat, lediglich eine
Pflichtverletzung, nicht aber eine grobe Pflichtverletzung sehen wollen. Diese
Wertung ist rechtsfehlerhaft, denn sie beruht auf einer Verkennung der
Anforderungen, die an eine grobe Pflichtverletzung iSd § 2227 BGB zu stellen sind.
Tatsächlich liegt unter mehreren Gesichtspunkten eine solche grobe
Pflichtverletzung vor.
aa) Gemäß § 2215 Abs. 1 BGB hat der Testamentsvollstrecker den Erben
unverzüglich nach der Annahme des Amts ein Nachlassverzeichnis mitzuteilen.
Die Erstellung und Übermittlung des Nachlassverzeichnisses ist eine ganz
wesentliche Pflicht des Testamentsvollstreckers im Verhältnis zu den Erben.
Dieses Verzeichnis ist unverzichtbare Grundlage für seine ordnungsgemäße
Amtsführung, für die spätere Rechenschaftsablegung, für die Kontrolle des
Verwaltungshandelns insgesamt und für die kontrollierbare Herausgabe des
Nachlasses nach Amtsbeendigung sowie die Feststellung einer etwaigen Haftung
des Testamentsvollstreckers. Vor diesem Hintergrund hat der Senat mit Beschluss
vom 8. Juni 2006 (3 Wx 64/05 und 65/06 = OLGR 2006, 634 f. = FamRZ 07, 307;
vgl. auch Palandt/Edenhofer, a. a. O., § 2227 Rn. 3) eine grobe Pflichtverletzung
darin gesehen, dass die beiden dortigen Testamentsvollstrecker kein
gemeinschaftliches Nachlassverzeichnis vorgelegt hatten. Eine grobe
Pflichtverletzung wird auch angenommen, wenn der Testamentsvollstrecker nur
unzulänglich Auskunft erteilt (BayObLG NJW-RR 1988, 645; Erman/Schmidt, a. a.
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unzulänglich Auskunft erteilt (BayObLG NJW-RR 1988, 645; Erman/Schmidt, a. a.
O., § 2227 Rn. 3). Daran gemessen liegt eine grobe Pflichtverletzung auch dann
vor, wenn das Nachlassverzeichnis bzw. die Auskünfte des
Testamentsvollstreckers über den Nachlassbestand deshalb falsch sind, weil er
den Erben einen wesentlichen Vermögensbestandteil langfristig verschweigt.
So aber liegt der Fall hier. Die Beteiligte zu 5. hat die Nachlassmasse -
Richtigkeit und Vollständigkeit versichernd - in ihrer Erklärung vom 17. November
1977 (Bl. 14 d.A.) mit 590.199,00 DM angegeben, darin 100.000,00 DM Wert des
Grundstücks, der Rest Guthaben bei Banken bzw. Wertpapiere. Unwidersprochen
ist dazu von den Beteiligten zu 1. und 2. vorgetragen worden, es handele sich um
dieselben Zahlen, die später der Testamentsvollstrecker angegeben habe. Das
seinerzeit vorhandene, aber verschwiegene Vermögen in der Schweiz soll rund
100.000,00 Schweizer Franken betragen haben, es handelt sich mithin um einen
beträchtlichen Vermögensbestandteil im Verhältnis zu dem angegebenen
Vermögen. Der Beteiligte zu 3. wusste nach seinen eigenen Angaben bereits
„etwa im letzten Quartal 1977“ von dem in der Schweiz niedergelegten
Depotvermögen des Erblassers (Bl. 117 d.A.), er hat dieses Vermögen schon zu
Beginn seiner Amtsführung als Testamentsvollstrecker jedenfalls einigen der Erben
verschwiegen.
bb) Eine weitere wesentliche Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers in
diesem Zusammenhang besteht auch darin, dass er nach seinen eigenen
Angaben dieses Schweizer Vermögen entgegen § 2205 BGB nicht in seine
Verwaltung genommen hat. Das ist hier nicht ohne den Erben nachteilige
Konsequenzen geblieben. Es steht nämlich fest, dass die Witwe des Erblassers, die
Beteiligte zu 5., ihrerseits Kontovollmacht hatte und offenbar die gesamten 25
Jahre lang in der Lage war, auf das Schweizer Konto zuzugreifen. Sie hat jedenfalls
Anfang der 80er Jahre (vgl. die zeitliche Einordnung des Beteiligten zu 3. Bl. 193)
500,00 Schweizer Franken unter Nutzung ihrer Bankvollmacht abgehoben. Davon
will der Beteiligte zu 3. selbst aber erst Ende Mai 2003 erfahren haben. Er hat es
also durch den Umstand, dass er das betreffende Vermögen nicht in seine
Verwaltung genommen hat, zugelassen und ermöglicht, dass jedenfalls die Witwe
unkontrolliert auf das betreffende Vermögen zugreifen konnte. Der Beteiligte zu 3.
kann dazu seinerseits nur vortragen, er habe in der Zeit von 1977 bis 1992
keinerlei Verfügungen vorgenommen und ihm seien keine weiteren Verfügungen
durch die Witwe des Erblassers außer den fraglichen 500,00 Schweizer Franken
bekannt (Bl. 197 d. A.). Dies aber kann nun offensichtlich nicht mehr tatsächlich
kontrolliert werden. Eine ordnungsgemäße und nachprüfbare Rechenschaftslegung
(§§ 2218, 666 BGB) ist nicht mehr möglich, denn die Schweizer Bank hat dem
Beteiligten zu 3. mit Schreiben vom 15. Oktober 2002 (Bl. 113 d.A.) mitgeteilt, sie
müsse Unterlagen nur 10 Jahre aufbewahren, so dass es ihr - im Hinblick auf die
gewünschte Darstellung der Entwicklung der Anlage - nicht möglich sei, Unterlagen
zum Todeszeitpunkt zuzusenden. Hier zeigt sich deutlich, dass der Verstoß des
Testamentsvollstreckers gegen § 2205 BGB (bzw. auch gegen die Grundsätze
ordnungsgemäßer Verwaltung, § 2216 Abs. 1 BGB) gravierende Auswirkungen hat,
weil nicht mehr geprüft werden kann, ob bis 1992 über die 500,00 eingeräumten
Schweizer Franken hinaus auf das fragliche Konto zugegriffen worden ist.
cc) Der Erblasser hat auch insoweit eine grobe Pflichtverletzung begangen, als
er den Anteil der Beteiligten zu 2. an dem Schweizer Vermögen entgegen der
Vorgabe des Testamentes nicht mündelsicher (§§ 1806, 1807 BGB) angelegt und
die anfallenden Zinsen insoweit nicht entsprechend § 1649 BGB für ihren Unterhalt
verwendet hat.
Letztlich offen bleiben kann, ob auch wegen der Verwaltung des übrigen
Erbteils der Beteiligten zu 2. eine grobe Pflichtverletzung des Beteiligten zu 3. in
Betracht kommt.
Aus dem Testament lässt sich entgegen der Auffassung des
Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2. nicht entnehmen, dass der
Erblasser von dem Beteiligten zu 3. eine persönliche Betreuung und eine
persönliche Sorge um deren Gesundheitszustand und Entwicklung erwartet hat.
Der Erblasser hat nur wegen seiner eigenen Sorge um Gesundheitszustand und
Zukunft seiner Tochter dem Testamentsvollstrecker aufgegeben, den Erbteil der
Beteiligten zu 2. in ihrem wohlverstandenen Interesse wie das Vermögen eines
Mündels zu verwalten und zu verwenden. Zu bedenken ist, dass ein
Testamentsvollstrecker bei der Dauerverwaltung eines Erbes, für das Vor- und
Nacherbfolge angeordnet ist, stets in einem gewissen Interessenkonflikt steht.
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Nacherbfolge angeordnet ist, stets in einem gewissen Interessenkonflikt steht.
Inwieweit er den Reingewinn und die Nutzungen herauszugeben hat, hängt davon
ab, ob dies ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Er darf weder die dem
Vorerben gebührenden Nutzungen schmälern, noch die Substanz mindern oder
gefährden. Er muss aber auch die §§ 2124 ff. BGB beachten, die den Ausgleich von
Aufwendungen zwischen Vorerbe und Nacherbe regeln (Palandt/Edenhofer, a. a.
O., § 2209 Rn. 5 und Staudinger/Reimann, BGB, Neubearbeitung 2003, § 2209, Rn.
19). Im vorliegenden Fall ist weiter zu bedenken, dass der Testamentsvollstrecker
auch gerade die Zukunft der gesundheitlich angeschlagenen Tochter des
Erblassers in seine Entscheidungen einzubeziehen hatte und insoweit eine gewisse
Mehrung des Vermögensstammes angesichts eines Vermögens von anfänglich
rund 100.000,00 DM im Hinblick etwa auf Sicherung des Alters, spätere
Pflegebedürftigkeit etc. nicht fern liegend war.
Aus dem etwas ungeordneten Sonderband, in dem die eingereichten
Unterlagen des Beteiligten zu 3. über seine Verwaltung und Abrechnung des
Nachlassanteils der Beteiligten zu 2. abgeheftet sind, ergibt sich doch, dass der
Beteiligte zu 3. für diesen Teil des Erbes der Beteiligten zu 2. eine mündelsichere
Anlage nach den §§ 1806 f BGB gewählt und jedenfalls für die meisten Jahre
Rechnung gelegt hat (ohne dass ersichtlich ist, ob die Beteiligte zu 2. auch jährlich
Rechnungslegung nach § 2218 Abs. 2 BGB verlangt hat). Weiter ist daraus zu
entnehmen, dass allerdings die Erträge der Wertpapiere nur etwa zur Hälfte -
manchmal etwas darüber - ausgezahlt worden sind. Im Übrigen hat sich der Wert
des Vermögensstammes regelmäßig etwas erhöht.
Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, dass der
Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1. und 2. dem Beteiligten zu 3.
nunmehr vorwirft, bei der Verwaltung des Nachlassanteils vornehmlich die
Interessen der Nacherben - darunter nämlich seine eigene Ehefrau und nach
ihrem Tod deren beiden Kinder (§ 2108 Abs. 1 S. 2 BGB) - berücksichtigt zu haben.
Dieser Vorwurf lässt sich aber aus dem Verlauf der Verwaltung, wie er sich aus
dem Sonderband ergibt, nicht bereits zwangsläufig abschließend erhärten.
dd) Eine grobe Pflichtverletzung iSd § 2227 BGB setzt weiter voraus, dass die
Interessen der Erben ernstlich gefährdet worden sind (Senat, Beschluss vom 8.
Juni 2006, 3 Wx 64/05 und 3 Wx 65/06 S. 24 - insoweit nicht veröffentlicht -). Daran
fehlt es schon wegen des Umstandes nicht, dass eine Kontrolle der
Kontobewegungen auf dem Schweizer Konto und des etwaigen Zugriffs auf dieses
Konto bis 1992 nicht mehr möglich ist. Die Beteiligte zu 2. - die in wirtschaftlich
eingeschränkten Verhältnissen gelebt hat - macht zudem zu Recht geltend, dass
ihr für die vergangenen 25 Jahre ein nicht wieder gut zu machender Schaden
entstanden ist, weil der Beteiligte zu 2. ihr die Zinsen ihres Anteils an dem
Schweizer Vermögen vorenthalten hat.
Es kommt im Übrigen nicht darauf an, ob etwa der Beteiligte zu 1., wie er
vorbringt, in den vergangenen Jahrzehnten Zinsen für Kredite aufzubringen hatte,
die er bei Offenlegung und Auszahlung seines Erbanteils an dem Schweizer
Vermögen nicht hätte aufnehmen müssen. Es handelt sich doch der Höhe nach
um ein Vermögen, bei dem sich der Anteil der einzelnen Erben in ihrer jeweiligen
privaten Lebensführung durchaus relevant bemerkbar machen kann. Wer ein
solches Vermögen in den Händen hält, kann seine private Lebensführung in der
einen oder anderen Weise positiv spürbar anders gestalten. Wird ein solches
Vermögen über ein Vierteljahrhundert vorenthalten, sind die Interessen der Erben
schon allein deshalb deutlich und empfindlich berührt.
Zu Recht machen die Beteiligten zu 1. und 2. auch geltend, es habe
angesichts dieses langen Zeitraums jederzeit die Gefahr bestanden, dass die von
dem Erblasser bestimmten Erben überhaupt nicht in den Genuss ihres Anteils an
diesem nicht unbeträchtlichen Vermögensbestandteil kommen würden.
Tatsächlich hat die Tochter A des Erblassers - Ehefrau des Beteiligten zu 3. - die
nunmehr Ende 2003 erfolgte Verteilung des Schweizer Vermögens nicht mehr
erlebt. Auch die Beteiligten zu 1. und 2. befinden sich bereits im vorgerückten
Alter.
ee) Die Vorinstanzen haben eine grobe Pflichtverletzung vornehmlich deshalb
verneinen wollen, weil sie jedenfalls die Motivation des Beteiligten zu 3. für sein
Handeln als nachvollziehbar und deshalb den Grad seines Verschuldens als gering
angesehen haben. Tatsächlich sind die von dem Beteiligten zu 3. vorgetragenen
Motive - wenn man ihm denn überhaupt Glauben schenken will - nicht plausibel.
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Motive - wenn man ihm denn überhaupt Glauben schenken will - nicht plausibel.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei ihm um einen promovierten Juristen
handelt, der als Verwaltungsbeamter Spitzenpositionen erreicht hat (zuletzt …., Bl.
156 d.A.). Aus seiner Darstellung ergibt sich aber nicht, dass er auch nur
ansatzweise genauere juristische Überlegungen und die zugehörigen Ermittlungen
im Hinblick auf das Schweizer Vermögen angestellt hat.
Der Beteiligte zu 3. meint, der Erblasser habe "zu einem mir nicht bekannten
Zeitpunkt offenbar Vermögensteile in die Schweiz in Sicherheit gebracht".
Grundsätzlich bedeutet allerdings die Anlegung von Geldern oder Depotwerten auf
einem Konto in der Schweiz noch keine Straftat. Der Beteiligte zu 3. hat nicht
ermittelt, ob es sich dabei in irgendeiner Weise um Schwarzgeld - etwa um nicht
angegebene Zinsgewinne etc. - gehandelt hat. Er hat auch nicht ermittelt, seit
welchem Zeitpunkt das fragliche Konto in der Schweiz - das er gerade nicht in
Verwaltung genommen hat - existierte und welche Zinsen dort bereits angefallen
waren. In welchem Umfang überhaupt eine Steuerhinterziehung des Erblassers in
Betracht kam, ist also in keiner Weise von ihm geklärt worden und auch jetzt nicht
mehr zu klären.
Nicht nachvollziehbar ist die Überlegung des Beteiligten zu 3., eine
Offenlegung gegenüber dem zuständigen Finanzamt wäre einer "Anzeige des
Erblassers wegen Steuerhinterziehung gleichgekommen". Der Erblasser war
verstorben, ein Strafverfahren wäre mithin also nicht mehr durchgeführt worden.
Sein Ansehen war nicht ernsthaft gefährdet, wusste doch ein Teil der Erben
ohnehin von dem Schweizer Vermögen und musste diese Kenntnis nicht über den
Kreis der Erben hinausgehen. Der Beteiligte zu 3. meint weiter,
Steuernachforderungen der Finanzverwaltung hätten den Nachlass nicht
unerheblich geschmälert. Dies hätte nicht dem Interesse des Erblassers
entsprochen. Inwieweit Steuernachforderungen überhaupt möglich gewesen
wären, hat der Beteiligte zu 3. aber nicht ermittelt. Dass solche Nachforderungen
das gesamte Schweizer Vermögen erschöpft oder den Nachlass gar darüber
hinaus belastet hätten, kann ausgeschlossen werden, ist aber auch ersichtlich in
keiner Weise erheblich. Der Erblasser hat den Beteiligten zu 3. zudem als
Testamentsvollstrecker eingesetzt. Als solcher war er nach Annahme des Amtes
ohne wenn und aber gemäß dem Gesetz - § 2216 Abs. 1 BGB - zur
ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses verpflichtet. Es gibt keinerlei
Hinweis, dass der Erblasser sich vorgestellt haben sollte, der Beteiligte zu 3. würde
den Schweizer Vermögensanteil nicht in seine Verwaltung nehmen und vielmehr
den Erben über ein Vierteljahrhundert verschweigen. Durch den Umstand, dass er
das Vermögen nicht in seine Verwaltung genommen hat, ist auch dem im
Testament zum Ausdruck gebrachten Willen des Erblassers gerade nicht Rechnung
getragen worden.
Dies alles hätte sich dem Beteiligten zu 3. bei einigem Nachdenken - auch
angesichts seiner Ausbildung und beruflichen Position - aufdrängen müssen.
b) Unabhängig vom Vorliegen einer groben Pflichtverletzung ist das Verhalten
des Beteiligten zu 3. geeignet, bei den übrigen Beteiligten ein nicht nur auf
subjektiven Gefühlsmomenten, sondern auf Tatsachen beruhendes Misstrauen
gegen seine Amtsführung entstehen zu lassen, was ebenfalls einen wichtigen
Grund iSd § 2227 Abs. 1 BGB darstellt.
Hat nämlich der Testamentsvollstrecker diesen nicht unbeträchtlichen
Vermögensbestandteil über 25 Jahre nicht in seine Verwaltung genommen und
kann nunmehr bis 1992 nicht mehr kontrolliert werden, ob dort etwa von der
Beteiligten zu 5. Zugriff genommen worden ist, dann muss sich nahezu
zwangsläufig bei den über ein Vierteljahrhundert nicht in Kenntnis gesetzten
Miterben die Frage aufdrängen, ob der Beteiligte zu 3. möglicherweise weitere
Vermögensbestandteile nicht in das Nachlassverzeichnis aufgenommen und ihnen
verschwiegen hat. Dieser Schluss ist in keiner Weise fern liegend. Jedenfalls
denkbar bleibt, dass der Erblasser bei weiteren Instituten in der Schweiz, in
Luxemburg, in Liechtenstein etc. Werte hinterlegt hat.
4. Liegt mithin aus mehreren Gesichtspunkten ein wichtiger Grund iSd § 2227
Abs. 1 BGB für die Entlassung des Beteiligten zu 3. aus dem Amt des
Testamentsvollstreckers vor, so kann der Senat das Nachlassgericht auch
abschließend anweisen, die Entlassung vorzunehmen. Die Beantwortung der
Frage, ob bei Vorliegen eines wichtigen Grundes eine Entlassung stattzufinden hat,
liegt zwar im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlassgerichts. Dessen
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liegt zwar im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlassgerichts. Dessen
Ermessensentscheidung kann im Verfahren der weiteren Beschwerde nur auf
Rechtsfehler, nicht auf ihre Angemessenheit oder Zweckmäßigkeit überprüft
werden (BayObLG FamRZ 1998, 325; Senat a. a. O. S. 24 f.). Im vorliegenden Fall
haben die Tatsacheninstanzen - weil sie einen wichtigen Grund rechtsfehlerhaft
verneint haben - aber kein Ermessen ausgeübt. Der Senat kann das
Nachlassgericht dennoch anweisen, den Beteiligten zu 3. zu entlassen, weil eine
Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, mithin allein die Entlassungsentscheidung
ermessensgerecht ist. Angesichts der sehr erheblichen Schwere der Vorwürfe, die
dem Beteiligten zu 3. entsprechend den obigen Ausführungen gemacht werden
müssen, kann dieser nicht mehr in seinem Amt verbleiben, zumal mit der
Dauervollstreckung im Hinblick auf den Erbteil der Beteiligten zu 2., aber auch
wegen der noch nicht auseinander gesetzten Erbengemeinschaft betreffend das
Grundstück in X weiterhin wichtige Aufgaben auf den Testamentsvollstrecker
zukommen. Es ist insbesondere den Beteiligten zu 1. und 2. nicht zumutbar, den
bisherigen Testamentsvollstrecker trotz seiner groben, ihre Interessen
gefährdenden Pflichtverletzung im Amt zu belassen.
5. Angesichts des schuldhaften Verhaltens des Beteiligten zu 3. entspricht es
der Billigkeit, dass er die den Beteiligten zu 1. und 2. entstandenen
außergerichtlichen Kosten erstattet, § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG. Diese Kosten wären
nicht entstanden, hätte er nach Aufdeckung des über 25 Jahre verschwiegenen
Erblasservermögens in der Schweiz sein Amt von sich aus umgehend gekündigt, §
2226 BGB, ein sich aufdrängendes Verhalten, das er zu Beginn des Verfahrens
erster Instanz nach seinen dortigen Schreiben noch selbst erwogen und auf das
ihn ausdrücklich auch das Nachlassgericht mit seiner Verfügung vom 12.
Dezember 2002 hingewiesen hat (Bl. 42 d.A.).
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren und das weitere
Beschwerdeverfahren entstehen gemäß § 131 Abs. 1 S. 2 KostO nicht.
Die Wertfestsetzung für das weitere Beschwerdeverfahren folgt aus § 30 Abs. 2
S. 1 KostO.