Urteil des OLG Schleswig-Holstein vom 29.03.2017

OLG Schleswig-Holstein: gemischte schenkung, kaufpreis, grundstück, nachlass, gegenleistung, unentgeltliche zuwendung, neubau, zugehörigkeit, verkehrswert, miteigentumsanteil

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Gericht:
Schleswig-
Holsteinisches
Oberlandesgericht
3. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 U 63/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 2314 Abs 1 S 2 BGB, § 2325
Abs 1 S 2 BGB, § 284 ZPO
Pflichtteilsrecht: Voraussetzung für die Wertermittlung
eines verschenkten Grundstücks zur Berechnung des
Pflichtteilsergänzungsanspruchs
Leitsatz
1. Bei der Berechnung der Höhe des Pflichtteilsanspruchs gelten Rechtsverhältnisse, die
in Folge des Erbgangs durch Vereinigung von Forderung und Verbindlichkeit erloschen
sind, entsprechend den §§ 1976, 2143, 2377 BGB als nicht erloschen.
2. Macht der Pflichtteilsberechtigte einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend, muss
er zunächst die (ggf. gemischte) Schenkung als solche beweisen, bevor er einen
Wertermittlungsanspruch auf Kosten des Nachlasses hat. Die Bestimmung des § 2314
Abs. 1 S. 2 BGB dient nicht zur Erleichterung einer Beweisführung der Zugehörigkeit
eines einem Dritten überlassenen Gegenstandes zum fiktiven Nachlass.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 12. Mai 2005 verkündete Teilurteil des
Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg teilweise geändert
und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, Auskunft über den Bestand des Nachlasses der am 9.
April 2003 verstorbenen A. zu erteilen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Entscheidung über die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits bleibt dem
Schlussurteil vorbehalten. Des Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu
tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1
ZPO abgesehen.
1. Dem Kläger steht ein Wertermittlungsanspruch gemäß § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB
hinsichtlich des Flurstücks 49/1 der Flur 2 der Gemarkung B. durch Vorlage eines
Sachverständigengutachtens auf Kosten des Nachlasses nicht zu.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Wert des Grundstücks für die
Berechnung des ordentlichen Pflichtteils gemäß § 2303 Abs. 1 BGB ohne Belang.
Zwar war dieses Flurstück im Erbfall noch im Nachlass vorhanden, weil zu
Lebzeiten der Erblasserin lediglich die Auflassung erklärt worden war, nicht aber die
für den Eigentumsübergang auch erforderliche Umschreibung im Grundbuch (§
873 Abs. 1 BGB) vorgenommen war. Es war deshalb Bestandteil des Nachlasses.
Weil das Grundstück zu den Nachlassgegenständen gehört, sind deshalb dem
Wortlaut nach auch die Voraussetzungen eines Wertermittlungsanspruchs gemäß
§ 2314 Abs. 1 S. 2 BGB gegeben.
Gleichwohl kann ein Wertermittlungsgutachten nicht auf Kosten des Nachlasses
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Gleichwohl kann ein Wertermittlungsgutachten nicht auf Kosten des Nachlasses
verlangt werden. Ein solches Verlangen wäre rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB),
weil der Sinn und Zweck des Wertermittlungsanspruchs lediglich darin besteht,
dem Pflichtteilsberechtigten auf Kosten des Nachlasses die Informationen
zukommen zu lassen, die ihn in die Lage versetzen, seinen Pflichtteilsanspruch
berechnen und beziffern zu können. Dafür ist vorliegend der Wert des Grundstücks
ohne Bedeutung.
Zwar gehörte das Grundstück, weil eine Umschreibung im Grundbuch im Zeitpunkt
des Erbfalls auf den Beklagten noch nicht erfolgt war, zum Aktivnachlass und wäre
daher an sich mit dem vollen Verkehrswert bei der Pflichtteilsberechnung in Ansatz
zu bringen (§ 2311 Abs. 1 BGB). Daran ändert sich, wie der Beklagte in dem ihm
nachgelassenen Schriftsatz vom 17. Juli 2006 mit Recht geltend gemacht hat,
auch nicht deshalb etwas, weil in Folge des Erbgangs der
Eigentumsverschaffungsanspruch des Beklagten durch Konfusion erloschen ist,
weil bei der Berechnung der Höhe eines Pflichtteilsanspruchs Rechtsverhältnisse,
die in Folge des Erbgangs durch Vereinigung von Forderung und Verbindlichkeit
erloschen sind, entsprechend den §§ 1976, 2143, 2377 BGB als nicht erloschen
gelten (BGH DNotZ 1978, 487; Staudinger/Haas, 13. Aufl., § 2311 Rn. 15).
Entscheidend ist, dass bei der Bewertung des Nachlasses als
Nachlassverbindlichkeit aber außerdem der Eigentumsverschaffungsanspruch des
Beklagten aus §§ 1, 5 des notariellen Vertrages vom 24. März 1992 als
Passivposten des Nachlasses nach § 2311 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen wäre.
Dessen Wert ist gleichwertig mit dem im Erbfall noch nicht umgeschriebenen
Grundstück, sodass sich im Ergebnis der Aktivposten (Grundstück) und der
Passivposten (Verbindlichkeit zur Übertragung des Grundstücks auf den
Beklagten) ausgleichen und im Rahmen der Pflichtteilsberechnung somit nicht zu
Buche schlagen (BGHZ 85, 274, 278/279).
2. Der Kläger kann die Wertermittlung des Grundstücks auch nicht gemäß § 2314
Abs. 1 S. 2 BGB in analoger Anwendung zur Berechnung seines
Pflichtteilsergänzungsanspruchs gemäß § 2325 Abs. 1 S. 2 BGB verlangen.
a) Zwar scheidet entgegen der Auffassung des Landgerichts ein
Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht von vornherein aus, weil eine etwaig im
Vertrag vom 24. März 1992 enthaltene gemischte Schenkung hinsichtlich des
Flurstücks 49 im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin noch nicht vollzogen
gewesen ist. War das Schenkungsversprechen im Erbfall noch nicht vollzogen,
ändert dies nichts am Vorliegen einer Schenkung im Sinne von §§ 2325, 2329
BGB. Gegenstand der Schenkung ist in diesen Fällen nicht der versprochene
Gegenstand, sondern der schenkweise zugewendete Anspruch auf ihn (BGHZ 85,
274, 283 = NJW 1983, 1485, 1486; MüKo/Lange, 4. Aufl., § 2325 Rn. 32).
Würde der notarielle Vertrag vom 24. März 1992 bezüglich des Flurstücks 49/1 eine
gemischte Schenkung beinhalten, stände dem Kläger auch ein Anspruch auf
Ermittlung des Wertes des Grundstücks gemäß § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB in analoger
Anwendung zu, weil bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nach
§ 2325 BGB der Wert des weggeschenkten Gegenstandes fiktiv dem Nachlass
hinzugerechnet wird und der Pflichtteilsberechtigte zur Berechnung und
Bezifferung seines Pflichtteilsergänzungsanspruchs auf die Kenntnis des
Verkehrswerts des weggeschenkten Gegenstandes deshalb angewiesen ist. Die
Intention des § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB, dem Pflichtteilsberechtigten mit der
Wertermittlung die Berechnung des ordentlichen Pflichtteilsanspruchs zu
ermöglichen, rechtfertigt die Anwendung dieser Bestimmung wegen der
vergleichbaren Interessenlage deshalb auch auf den
Pflichtteilsergänzungsanspruch (BGH NJW 1984, 487 m. w.
Rechtsprechungsnachweisen).
Das Begehren des Klägers geht aber weiter. Er verlangt Wertermittlung auf Kosten
des Nachlasses zur Vorbereitung eines etwaigen Pflichtteilsergänzungsanspruch
für ein Grundstück, von dem nicht feststeht, ob es dem Beklagten jedenfalls
teilweise ohne Gegenleistung versprochen worden ist. Der Beklagte bestreitet dies
unter Hinweis auf den notariellen Vertrag vom 24. März 1992, der ausdrücklich als
Kaufvertrag bezeichnet worden ist, und macht geltend, dass das Flurstück 49, das
ihm von der Erblasserin überlassen worden ist, keinen höheren Wert hatte, als die
von ihm übernommene Gegenleistung in Höhe von 87.000,00 DM (Kaufpreis in
Höhe von 75.000,00 DM gemäß § 1 des Vertrages und übernommene
Zahlungsverpflichtung in Höhe von 12.000,00 DM gemäß § 3 des Vertrages).
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Ist zwischen dem Pflichtteilsberechtigten und dem Erben streitig, ob der Erblasser
innerhalb der Frist des § 2325 Abs. 3 BGB einen Gegenstand verschenkt hat, muss
der Pflichtteilsberechtigte grundsätzlich darlegen und beweisen, dass der
betreffende Gegenstand (hier bei noch nicht erfolgter Umschreibung im
Grundbuch der auf den Erbfall aufgeschobene Anspruch auf
Eigentumsverschaffung) zum fiktiven Nachlass gehört (BGHZ 89, 24 ff. = NJW
1984, 487 ff.). Erst wenn die Zugehörigkeit zum fiktiven Nachlass feststeht,
besteht ein Wertermittlungsanspruch auf Kosten des Nachlasses. Nur auf den
begründeten Verdacht hin, der Erblasser habe einen bestimmten Gegenstand
innerhalb der Frist des § 2325 BGB weggeschenkt, kann dem
Pflichtteilsberechtigten außer dem Auskunftsanspruch gegen den Erben und
gegen den Beschenkten nicht auch noch ein Wertermittlungsanspruch zugebilligt
werden (BGH NJW 1984, 487).
Hier ist von Bedeutung, dass der Auskunftsanspruch nach § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB
und der Wertermittlungsanspruch nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB selbständige
Ansprüche sind. Bei der Auskunft gemäß S. 1 geht es um die Weitergabe von
Wissen, das der Verpflichtete hat oder sich verschaffen muss, an den
Pflichtteilsberechtigten. Demgegenüber ist die Wertermittlung gemäß S. 2 nicht
etwa auf eine Äußerung des Verpflichteten über den Wert gerichtet; sie ist von
dem Wissen und den Vorstellungen, die der Verpflichtete von diesem Wert hat,
gänzlich unabhängig. Dieser Unterschied wird in der Praxis vielfach nicht klar
erkannt. Das zeigt sich auch am Antragsprogramm des Klägers und dem
verunglückten Urteilstenor des Landgerichts, der dem Wortlaut (aber nicht dem
Sinne) nach auf "Auskunft über den Bestand des Nachlasses, und zwar hinsichtlich
des Werts des Grundstücks ... durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens"
gerichtet ist. Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs besteht über den unmittelbaren
Anwendungsbereich des § 2314 BGB hinaus, der nur den realen Nachlass erfasst,
ein schützenswertes Interesse des Pflichtteilsberechtigten für eine Ausweitung auf
Schenkungen, um den Pflichtteilsberechtigten in die Lage zu versetzen, seine -
möglichen - Pflichtteilsergänzungsansprüche aufzudecken und durchzusetzen.
Steht fest, dass ein Gegenstand weggeschenkt worden ist, ist der
Pflichtteilsberechtigte in gleicher Weise schützenswert, wenn er mangels Kenntnis
des Wertes des Gegenstandes seinen ergänzten Pflichtteilsanspruch nicht
berechnen kann. Ist dagegen - wie hier - offen, ob eine gemischte Schenkung
vorliegt, hat der Pflichtteilsberechtigte kein schützwürdiges Interesse an einer
Wertermittlung auf Kosten des Nachlasses. In diesem Zusammenhang muss
nämlich beachtet werden, dass auch beim ordentlichen Pflichtteil für den Fall, dass
streitig ist, ob ein bestimmter Gegenstand zum tatsächlichen Nachlass gehört
oder nicht, der Pflichtteilsberechtigte, der seinen Pflichtteil fordert und den
betreffenden Gegenstand bei der Berechnung seines Pflichtteils dem Nachlasswert
hinzurechnen will, nach allgemeinen Grundsätzen die Umstände darlegen und
beweisen muss, aus denen sich die Zugehörigkeit zum Nachlass ergibt und
dementsprechend auch Wertermittlung gemäß § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB nur dann
verlangen kann, wenn er die Zugehörigkeit des betreffenden Gegenstandes zum
Nachlass darlegt und beweist (BGHZ 7, 134, 136; BGH Urteil vom 9. November
1983 - IV a ZR 151/82, juris, Rn. 11 NJW 1984, 487 m. w.
Rechtsprechungsnachweisen).
Anderes kann deshalb auch nicht bei der Vorbereitung der Berechnung eines
etwaigen Pflichtteilsergänzungsanspruchs gelten. Auch hier muss der
Pflichtteilsberechtigte zunächst die Schenkung als solche beweisen, bevor er einen
Wertermittlungsanspruch auf Kosten des Nachlasses hat. Denn die Bestimmung
des § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB dient nicht einer Erleichterung einer Beweisführung der
Zugehörigkeit eines Teilwertes des veräußerten Gegenstandes zum fiktiven
Nachlass. Die vom Kläger begehrte Wertermittlung könnte zwar, je nachdem,
welches Ergebnis sie hat, zum Nachweis einer gemischten Schenkung beitragen
und ihm die Beweisführung der Zugehörigkeit eines Teilwertes des veräußerten
Gegenstandes zum fiktiven Nachlass teilweise abnehmen. Dies ist indes nicht die
dem § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB zugedachte Funktion. Die Anwendung der Vorschrift
auch auf Sachverhalte, bei denen die Schenkung noch gar nicht feststeht, würde
ohne rechtfertigenden Grund die Beweislastverteilung zwischen
Pflichtteilsberechtigtem und Erben zu Gunsten des Ersteren verschieben und
zudem im Hinblick auf die Kostenbestimmung des § 2314 Abs. 2 BGB zu einer
unter diesem Gesichtspunkt nicht vertretbaren Schmälerung des Nachlasses
führen. Aus diesem Grunde hat der Bundesgerichtshof eine Ausdehnung der
Bestimmung auf Fälle, in denen offen ist, ob ein bestimmter Gegenstand
verschenkt worden ist, ausdrücklich abgelehnt (BGH NJW 1984, 487 = Juris Rn. 12).
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b) Der Kläger hat im Rahmen der Auskunftsstufe nicht ausreichend dargelegt,
geschweige denn bewiesen, dass eine ergänzungspflichtige gemischte Schenkung
vorliegt. Der Pflichtteilsberechtigte trägt die Beweislast dafür, dass die
Überlassung des Grundstücks (teilweise) unentgeltlich erfolgt ist und damit auch
die Beweislast für die Werte von Leistung und Gegenleistung (BGH NJW 1981,
2458; NJW 1984, 487) sowie die Beweislast für den subjektiven Tatbestand einer
Schenkung gemäß § 516 BGB, nämlich die Einigkeit der Vertragspartner über die
Unentgeltlichkeit. Diese Voraussetzungen stehen indes nicht fest.
Der notariellen Vertrag vom 24. März 1992 ist als Kaufvertrag bezeichnet. Gemäß
§§ 1, 2 hat die Erblasserin dem Beklagten die Flurstücke 49 und 50 jeweils gegen
Zahlung eines Kaufpreises verkauft. Die Urkunde enthält keinerlei Hinweise, dass
die Vertragsparteien sich über eine teilweise Unentgeltlichkeit der Übertragung
einig waren. Den Wert der auszutauschenden Leistung können die Vertragspartner
im Rahmen der Vertragsfreiheit selbst bestimmen. Allerdings können die
Vertragspartner den Rechtsfolgen des § 2325 BGB nicht durch eine willkürliche
Bemessung von Leistung und Gegenleistung entgehen. Davon, dass die
Vertragsparteien die Werte von Leistung und Gegenleistung unangemessen
festgesetzt ("frisiert") haben, kann gegenwärtig nicht ausgegangen werden.
Allerdings ist bei einem auffallenden, groben Missverhältnis zwischen den
wirklichen Werten von Leistung und Gegenleistung mit der Lebenserfahrung
zunächst davon auszugehen, dass dies auch die Vertragsparteien erkannt haben
und sich in Wahrheit über die unentgeltliche Zuwendung derjenigen Bereicherung
einig waren, die sich bei einer verständigen und nach den Umständen vertretbaren
Bewertung der beiderseitigen Leistungen ergeben hätte (BGH NJW 1979, 1709,
1710). Dafür reicht der Klagvortrag aber nicht aus.
Streitgegenstand im Berufungsverfahren ist ausschließlich das Flurstück 49/1, also
ein Teil des ursprünglichen Flurstücks 49. Da bei Abschluss des Kaufvertrages das
Flurstück noch nicht in die späteren Flurstücke 49/1 und 49/2 getrennt war, kann
die Frage, ob eine gemischte Schenkung vorliegt, nur bezogen auf das gesamte
Flurstück 49 beantworten werden. Auf diesem Grundstück wurde bei Abschluss des
Kaufvertrages gerade ein Neubau errichtet, nämlich ein Zweifamilienhaus, in das
im Erdgeschoss die Erblasserin und ihr Ehemann und im Obergeschoss der
Beklagte einziehen wollten und in der Folgezeit auch eingezogen sind. Der Kläger
behauptet, bei Kaufvertragsabschluss habe sich der Neubau im Rohbau befunden,
der bereits gerichtet gewesen sei. Der Beklagte bestreitet, dass der Rohbau
bereits gerichtet war. Dies kann dahinstehen. Denn jedenfalls hat die Erblasserin
einen Teil der Baukosten bezahlt. Dass dies so vorgesehen war, ergibt sich schon
im Rückschluss aus § 7 des notariellen Vertrages. Wenn es dort heißt, dass der
Beklagte berechtigt sei, das Dachgeschoss des neuen Hauses auf dem Flurstück
49 zu Wohnzwecken auf eigene Rechnung und zu eigenem Nutzen auszubauen,
wird man daraus rückschließen können, dass die übrigen Baukosten von der
Erblasserin bezahlt werden sollten. Dies ergibt sich auch im Rückschluss aus § 2
Abs. 1 S. 3 des Vertrages. Darin ist geregelt, dass der Kaufpreis für das nicht
streitgegenständliche Flurstück 50 140.000,00 DM beträgt, wovon 55.000,00 DM
bereits bezahlt sein sollten, sodass ein Restkaufpreis für dieses Flurstück von
85.000,00 DM zu zahlen war. Diese Zahlung sollte nun nicht etwa auf ein Konto der
Erblasserin erfolgen. Vielmehr hat sich der Beklagte in § 2 Abs. 2 S. 3 verpflichtet,
die anfallenden Rechnungen für den im Bau befindlichen Neubau auf dem
Flurstück 49 in Anrechnung auf den Restkaufpreis (für das Flurstück 50) an die
Gläubiger zu bezahlen und den Mehrbetrag an die Erblasserin. Das war lediglich
eine Abrede über den Zahlungsweg für den Kaufpreis in Höhe von 140.000,00 DM,
änderte aber nichts daran, dass die Neubaukosten für den Bau auf dem Flurstück
49 wirtschaftlich von der Erblasserin getragen worden sind. Das bestreitet der
Beklagte auch gar nicht. Er trägt selbst vor, dass auf Grund dieser Abrede die
Erblasserin in den Neubau im Endeffekt 85.000,00 DM investiert hat (Bl. 130 d. A.),
wobei er belegt hat, dass er aus eigenen Mitteln tatsächlich weit höhere Beträge
als nur den Betrag in Höhe von 85.000,00 DM, den er für den Kaufpreis nach § 2
für das andere Flurstück 50 zu begleichen hatte, an die Baufirma bezahlt hat. Es
liegen Kontobelege über Zahlungen des Beklagten an die Baufirma C. in Höhe von
insgesamt 132.688,39 DM vor (Bl. 138-142 d. A.). Dass die Erblasserin mehr als
den Betrag von 85.000,00 DM in den Neubau investiert hat, hat der Kläger nicht
dargetan und unter Beweis gestellt. Er hat zwar behauptet, dass das Grundstück
bei Kaufvertragsschluss mit dem Rohbau bereits einen Wert von 480.000,00 DM
gehabt habe. Dies ist aber eine Behauptung ins Blaue hinein. Wie er auf diese
Zahlen kommt, ist nicht andeutungsweise dargelegt worden. Im
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Zahlen kommt, ist nicht andeutungsweise dargelegt worden. Im
vorausgegangenen Schriftsatz hat der Kläger selbst eingeräumt, dass er keine
Informationen habe, welchen Wert das Gebäude seinerzeit gehabt habe und er nur
behaupten könne, dass der Wert erheblich über dem damaligen Kaufpreis von
75.000,00 DM gelegen haben müsse (Bl. 122 d. A.).
Ohnehin ist nicht zu erkennen, dass es bei den Besonderheiten dieses Einzelfalles
für die Frage, ob nach den Vorstellungen der Vertragsparteien eine teilweise
Unentgeltlichkeit vorlag, überhaupt auf den Verkehrswert des halbfertigen Hauses
ankommt. Denn es liegt nicht fern, dass in einer Situation wie hier Eltern und
Kinder lediglich mit dem Bodenwert und den tatsächlichen Baukosten rechnen. Auf
den Wert des halbfertigen Hauses zum Zeitpunkt des Kaufvertrages kommt es
nach dem bisherigen Vortrag auch deshalb nicht an, weil nach der Vorstellung der
Vertragsparteien das Haus fertiggestellt werden sollte und dabei auch
Vorstellungen bestanden, wer was bezahlt, wie sich im Rückschluss aus §§ 2, 7
ergibt. Dazu hat der Kläger indes nichts vorgetragen.
Substantiiert hat er letztlich lediglich den Bodenpreis. Er soll 1992 nach Auskunft
des Gutachterausschusses bei 55,00 DM/m² gelegen haben. Dem ist der Beklagte
letztlich nicht entgegengetreten. Bei 1.440 m² errechnet sich ein Bodenwert von
79.200,00 DM. Als Kaufpreis für das Flurstück 49 haben die Vertragsparteien die
Zahlung von 75.000,00 DM vereinbart. Der Beklagte weist darauf hin, dass er sich
in § 3 zur Zahlung weiterer 12.000,00 DM verpflichtet hat. Für was genau die weiter
übernommene Zahlung von 12.000,00 DM eine Gegenleistung sein sollte, ist § 3
nicht zu entnehmen. Es erscheint zweifelhaft, ob dieser Betrag ohne weiteres dem
Betrag von 75.000,00 DM zuzuschlagen ist und er ausschließlich als Gegenleistung
für das Flurstück 49 behandelt werden kann, wie der Beklagte es bevorzugt. Denn
im notariellen Vertrag ist nun einmal auch der Kauf des Flurstücks 50 zu einem
Preis von 140.000,00 DM enthalten. Woraus folgt, dass § 3 nur im Zusammenhang
mit § 1 zu sehen sein ist, hat der Beklagte nicht aufgezeigt.
Dies kann aber dahinstehen. Selbst wenn man für das Flurstück 49 nur den
Kaufpreis von 75.000,00 DM zugrunde legt, steht dieser Preis jedenfalls nicht in
einem unangemessenen Verhältnis zu dem angeblichen Bodenpreis von
79.200,00 DM.
Zu einer unangemessenen Gegenleistung wird dieser Kaufpreis auch nicht ohne
weiteres, wenn man mitberücksichtigt, dass die Erblasserin nach den bei
Vertragsschluss offenbar vorhandenen Vorstellungen der Vertragsparteien die
Baukosten mit Ausnahme des Ausbaus des Dachgeschosses bezahlen sollte.
Denn es ist zu berücksichtigen, dass die Erblasserin und ihr Ehemann nach den
Vorstellungen der Parteien im Gegenzuge ein lebenslanges Nießbrauchsrecht am
Erdgeschoss des Hausgrundstücks 49 haben sollten. Zwar ist ein Wohnrecht in § 4
Abs. 1 lediglich auf das Flurstück 50 (das Elternhaus) bezogen bis zur
Fertigstellung des Gebäudes auf dem Flurstück 49 formuliert worden, nicht auch in
Bezug auf das Flurstück 49. Indes ist § 4 Abs. 2 des Vertrages zu entnehmen, dass
die Vertragsparteien sich einig waren, dass die Erblasserin und ihr Ehemann nach
Fertigstellung des Neubaus in das Hausgrundstück 49 in die dortige
Erdgeschosswohnung ziehen sollten. Aus dem Gesamtzusammenhang der
Vereinbarungen in § 4 Abs. 2 und § 5 Abs. 1 des Vertrages lässt sich entnehmen,
dass die Erblasserin ein lebenslanges Nießbrauchsrecht haben sollte. Denn es ist
ausdrücklich vereinbart, dass für den Fall, dass die Überlasserin und ihr Ehemann
aus dem Neubau auszogen, der Beklagte der Erblasserin den Mietwert der
Erdgeschosswohnung monatlich auszuzahlen hatte. Dies war ersichtlich auch der
Hintergrund, dass die Eigentumsübertragung für das Flurstück 49 - anders als für
das Flurstück 50 - erst im Erbfall erfolgen sollte (§ 5 Abs. 1 des Vertrages). Die
Erblasserin sollte bis zum Erbfall also wirtschaftliche Eigentümerin bleiben.
Dieses Nießbrauchsrecht ist bei der Bewertung der Leistung der Erblasserin vorab
abzuziehen. Es fehlt jeglicher Vortrag des Klägers zum Mietwert der
Erdgeschosswohnung und zum kapitalisierten Wert unter Berücksichtigung des
Alters der Erblasserin von 73 Jahren bei Vertragsschluss und des nicht
vorgetragenen Alters ihres Ehemannes.
Unter diesen Umständen ist ein auffälliges, grobes Missverhältnis zwischen
Leistung und Gegenleistung, das auf einen teilweisen Unentgeltlichkeitswillen der
Vertragsparteien schließen lassen könnte, nicht substantiiert dargetan.
Der Kläger hebt dann noch hervor, dass das Gebäude auf dem Grundstück 50
teilweise auch in das Flurstück 49 hineinrage. Der Beklagte hat dazu
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teilweise auch in das Flurstück 49 hineinrage. Der Beklagte hat dazu
unwidersprochen vorgetragen, dass das Elternhaus vom Großvater ausschließlich
auf dem Flurstück 50 errichtet worden ist und mit der östlichen Außenwand an der
Grundstücksgrenze zum Flurstück 49 stand. Es sei dann im Laufe der Zeit ein
einstöckiger Anbau errichtet worden, der im Wesentlichen die Toilette, eine
Speisekammer und eine Klüterkammer umfasst habe. Es handele sich um einen
völlig untergeordneten wertlosen Bauteil (Bl. 129 d. A.). Dem ist der für das
Gegenteil beweispflichtige Kläger nicht entgegengetreten. Eine teilweise
Überbauung des Flurstücks 49 dürfte für den Eigentümer des Grundstücks 49 eher
zu einer Wertminderung führen, weil eine zum Haus Nr. 50 gehörende Toilette,
Speisekammer und Klüterkammer für das Flurstück 49 keinerlei eigenen
Nutzungswert hat, im Gegenteil nur die Nutzung der überbauten Fläche für andere
Zwecke, etwa zur Gartenbebauung ausschließt.
Bei der Suche nach Anhaltspunkten, ob die Vertragsparteien entgegen dem klaren
Wortlaut "Kaufvertrag" von der teilweisen Unentgeltlichkeit ausgegangen sind,
kann Indiz auch ihre Bewertung bezüglich des verkauften Flurstücks 50 sein. Es ist
nicht erkennbar, dass der vereinbarte Kaufpreis von 140.000,00 DM für das mit
dem Elternhaus der Parteien bebaute Grundstück der Größe von 757 m²
unangemessen war. Unstreitig war der Kläger an diesem Grundstück ursprünglich
selbst mit einem Miteigentumsanteil von 1/8 beteiligt. Er hat seinen
Miteigentumsanteil mit Kaufvertrag vom 30. November 1984 gegen Zahlung eines
Kaufpreises von 15.000,00 DM auf die Erblasserin übertragen. Das entsprach
einem Verkehrswert von 120.000,00 DM für das Gesamtgrundstück. Die
Erblasserin hat im notariellen Vertrag vom 24. März 1992 ihren 7/8
Miteigentumsanteil für 140.000,00 DM verkauft. Das entsprach einem
Verkehrswert für das ganze Grundstück von 160.000,00 DM. Dieser Preis lag um
40.000,00 DM, mithin 1/3 über dem 1984 veranschlagten Kaufpreis. Dass dies aus
Sicht der Vertragsparteien keine angemessene Preisanpassung gegenüber dem
mit dem Kläger vereinbarten Kaufpreis war, ist nicht ersichtlich. Eine
Prämienabrechnung der Provinzial Brandkasse für das Jahr 2002 - 10 Jahre nach
Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrages - hat in diesem
Zusammenhang ersichtlich keinen Aussagewert. Der Senat hat angesichts der
unstreitigen wenige Jahre zuvor mit dem Kläger vereinbarten Kaufpreishöhe von
15.000,00 DM für seinen 1/8-Miteigentumsanteil keinen Anhaltspunkt, dass die
zugrunde gelegte Preissteigerung nicht angemessen war. Selbst wenn sie es
objektiv nicht gewesen sein sollte, würde dies unter Berücksichtigung des
Umstandes, dass die Erblasserin zuvor mit dem Kläger für dessen 1/8-
Miteigentumsanteil einen Preis von 15.000,00 DM vereinbart hatte und damit von
einem Verkehrswert von 120.000,00 DM ausgegangen war, keinesfalls bedeuten,
dass sie erkannt hat, dass der spätere Preis von 140.000,00 DM nicht
angemessen war, wobei im Eltern-Kind-Verhältnis bei der Preisgestaltung ohnehin
gewisse Rücksichten möglich sind, ohne dass dies sofort zu einem groben,
unangemessenen Missverhältnis führt.
Bei dieser Sachlage hat der Kläger bislang nicht ausreichend dargetan,
geschweige denn bewiesen, dass der vereinbarte Kaufpreis nach den
Vorstellungen der Vertragsparteien deutlich unter dem Verkehrswert lag und sie
eine teilweise Schenkung wollten.
Die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens wäre in dieser
Situation Ausforschung. Eine solche Ausforschung kann der Pflichtteilsberechtigte
aber nicht auf Kosten des Erben verlangen.
3.
Dem Kläger steht ein Wertermittlungsanspruch auch nicht gemäß § 242 BGB zu.
Es kann dahinstehen, wie konkret die Verdachtsmomente des
Pflichtteilsberechtigten, dass ein bestimmter Gegenstand zu einem grob
unangemessenen Kaufpreis weggegeben worden und in Wahrheit eine teilweise
gemischte Schenkung vorliegt, substantiiert werden müssen, um gegen den Erben
zur Vorbereitung eines etwaigen Pflichtteilsergänzungsanspruchs die Einholung
eines Wertermittlungsgutachtens durchsetzen zu können. Voraussetzung für einen
solchen "allgemeinen" Wertermittlungsanspruch ist jedenfalls - anders als im Falle
des § 2314 BGB -, dass der Pflichtteilsberechtigte die Kosten für ein solches
Wertermittlungsgutachten selbst trägt (BGH NJW 1984, 487 = Juris Rn. 14; BGH,
Urteil vom 4. Oktober 1989 - V a ZR 198/88 -). Das begehrt der Kläger indes nicht.
Sein Prozessbevollmächtigter hat dazu auf Nachfrage in der
Berufungsverhandlung klargestellt, dass es dem Kläger mit der Klage gerade um
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Berufungsverhandlung klargestellt, dass es dem Kläger mit der Klage gerade um
eine Wertermittlung auf Kosten des Erben geht.
4. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf § 91 ZPO. Die
Entscheidung zur Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO.