Urteil des OLG Schleswig-Holstein vom 15.03.2017

OLG Schleswig-Holstein: stationäre behandlung, psychische störung, medizinische betreuung, suizidversuch, trennung, depression, persönlichkeitsstörung, härte, gefährdung, gutachter

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Gericht:
Schleswig-
Holsteinisches
Oberlandesgericht
5. Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
15 UF 85/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1564 BGB, § 1566 Abs 2
BGB, § 1568 BGB
Scheidung einer unwiderlegbar gescheiterten Ehe bei
verfahrensbedingter Auslösung einer Suizidgefahr beim
Antragsgegner; Schutzpflicht des Antragstellers
Leitsatz
1. Bei Suiziddrohung eines psychisch Kranken, der in der Steuerung seiner seelischen
Reaktionen erheblich beeinträchtigt ist, darf die Ehe nicht geschieden werden, bis die
ausreichende medizinische Betreuung des Kranken gesichert ist.
2. Zu den Obliegenheiten des die Scheidung begehrenden Ehepartners eines psychisch
Kranken.
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Amtsgerichts -
Familiengericht - Bad Segeberg vom 15. April 2005 geändert und wie folgt gefasst:
Der Scheidungsantrag des Antragstellers wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
Gründe
Die Parteien, beide deutsche Staatsangehörige, haben am ... 1990 vor dem
Standesamt H. die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind keine Kinder
hervorgegangen. Die Parteien leben seit August 2001 getrennt. Der Antragsteller
begehrt die Scheidung der Ehe.
Für die Antragsgegnerin ist durch Beschluss des Amtsgerichts Bad Segeberg vom
13.10.2003 ein Betreuer bestellt worden, dessen Aufgabenkreis die Zustimmung
zu ärztlichen Behandlungsmaßnahmen, Wahrnehmung der
Vermögensangelegenheiten, Wahrnehmung des Schriftverkehrs mit Ämtern und
Behörden und die Wahrnehmung der Interessen im Zusammenhang mit
Scheidungs- und Scheidungsfolgeverfahren umfasst .
Der Antragsteller hat in erster Instanz beantragt,
die am ... 1990 vor dem Standesamt H. geschlossene Ehe der Parteien zu
scheiden.
Die Antragsgegnerin hat in erster Instanz beantragt,
den Scheidungsantrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin hat in erster Instanz vorgetragen, sie sei stark depressiv
veranlagt, was die Einrichtung der Betreuung erforderlich gemacht habe. Für den
Fall der Scheidung der Ehe müsse, ohne dass dies für sie steuerbar sei, in
erhöhtem Maß mit einem Suizid gerechnet werden. Unter diesen Umständen habe
ihr Gesundheitszustand Vorrang gegenüber dem Wunsch des Ehemannes auf
Scheidung der Ehe. Sie glaube noch immer fest daran, dass die Ehe der Parteien
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Scheidung der Ehe. Sie glaube noch immer fest daran, dass die Ehe der Parteien
nicht gescheitert sei. Andernfalls wäre ihre gesamte Lebensplanung hinfällig.
Das Amtsgericht hat ein schriftliches Gutachten zu der Frage eingeholt, ob das
von dem Antragsteller auf Grund der Ende August 2001 vollzogenen Trennung der
Parteien betriebene Ehescheidungsverfahren für die Antragsgegnerin von
existenzbedrohender Bedeutung ist, weil sie mangels Einsicht in das Scheitern
ihrer Ehe sowie auf Grund ihrer starken Depressionen für den Fall, dass die Ehe
auch ohne ihr Einverständnis geschieden werden sollte, konkret suizidgefährdet
ist. Auf das psychiatrische Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie S.
vom 31.1.2005 wird Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien geschieden, den Antragsteller verurteilt,
ab Rechtskraft der Scheidung an die Antragsgegnerin einen monatlichen Unterhalt
in Höhe von 383,47 € zu zahlen und ferner den Versorgungsausgleich geregelt. Es
hat ausgeführt, dass die Voraussetzungen der Härteklausel des § 1568 BGB nicht
vorlägen. Auf die Gründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Berufung. Sie trägt
vor, für sie sei die Scheidung eine so große Härte, dass die Aufrechterhaltung der
Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise
geboten erscheine. Zutreffend führe das Amtsgericht aus, dass sie auch nach
dem eingeholten Gutachten im Falle einer Scheidung in höchstem Maße
suizidgefährdet sei. Anstatt jedoch das Scheidungsverfahren auszusetzen und
eine längere stationäre Behandlung abzuwarten, führe das Gericht aus, dass jetzt
schon eine Scheidung möglich sei, weil ein Suizidversuch einen vollendeten
Selbstmord nicht zwingend erwarten lasse. Jedoch könne jeder Suizidversuch das
Leben beenden, und zwar entweder gewollt oder auch ungewollt. Es dürfe nur
darauf abgestellt werden, ob ein solcher Suizidversuch überhaupt mit hoher
Wahrscheinlichkeit für den Fall der Scheidung zu erwarten sei. Gerade dies aber
werde von dem Gutachter bejaht. In einem derartigen Fall überwiege das Interesse
am Leben das Interesse des Antragstellers auf Scheidung.
Es werde bestritten, dass der Antragsteller nach der Scheidung erneut heiraten
möchte. Ihm sei in der heutigen Zeit auch ohne weiteres ein Zusammenleben mit
einer anderen Frau zumutbar, wenn eine konkrete Suizidgefahr bei ihr
anzunehmen sei. Sie sei unter Betreuung gestellt worden, weil sie keinerlei
Einsichtsfähigkeit mehr habe und entsprechend gefährdet sei. Der Gutachter führe
die Möglichkeit auf, die Umstände zu ändern, die einer Scheidung
entgegenstünden, und zwar durch eine Therapie in stationärer Behandlung. Bis zu
deren Beendigung jedenfalls - so werde das Gutachten verstanden - scheide ein
Scheidungsausspruch aus.
Das Gericht verstoße auch gegen Denkgesetze, wenn es einerseits einen
Suizidversuch für den Fall der Scheidung als höchstwahrscheinlich unterstelle,
dann aber die Erwägung anstelle, dass nicht jeder Suizidversuch auch tatsächlich
zum Tode führe. Eine derartige Erwägung dürfe das Gericht nicht anstellen, da ihm
hierzu die Fachkenntnis fehle und zum anderen es sich um eine Erwägung
handele, die durch nichts untermauert werde.
Die Antragsgegnerin beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und den Scheidungsantrag abzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Antragsteller erwidert, mit zunehmendem Zeitablauf sei seinem
Scheidungsinteresse der Vorrang einzuräumen. Die Eheleute lebten seit nunmehr
über 4 Jahren voneinander getrennt. Die Antragsgegnerin, die durch die
Vernachlässigung des Haushalts und des Grundstücks und ihren Hang, ihn
gegenüber seinem Arbeitgeber herabzusetzen, wesentlich zum Scheitern der Ehe
beigetragen habe und die seinerzeit durch den Auszug aus der Ehewohnung selbst
die Trennung herbeigeführt habe, habe ausreichend Zeit gehabt, sich auf die
veränderte Situation einzustellen, ggf. unter Inanspruchnahme ärztlichen
Beistands.
Der Sachverständige führe in seinem Gutachten aus, dass in der Vergangenheit
durchgeführte stationäre Behandlungen jeweils zu einer Distanzierung von der
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durchgeführte stationäre Behandlungen jeweils zu einer Distanzierung von der
Suizidalität und einer Besserung des psychologischen Befundes geführt hätten,
woraus der Schluss gezogen werden könne, dass eine graduelle Beeinflussung des
Zustandsbildes trotz chronifizierten Verlaufs durch fachgerechte therapeutische
Hilfe möglich sei. Es bestünden somit erfolgversprechende Therapiemöglichkeiten
zur Milderung, wenn nicht sogar zur Beseitigung der schweren Härte im Sinne des
§ 1568 BGB, so dass die Aufrechterhaltung der Ehe insoweit nicht das einzige
Mittel sei. Dass hiervon in der Vergangenheit möglicherweise nicht oder nur
unzureichend Gebrauch gemacht worden sei, könne letztlich nicht zu seinen
Lasten gehen. Wenn die Antragsgegnerin die Auffassung vertrete, es müsse
zunächst die Beendigung einer solchen Behandlung im Sinne einer völligen
Beseitigung jeder Suizidgefährdung abgewartet werden, liefe dies auf einen zeitlich
unbegrenzten Bestandsschutz hinaus, da Aussagen darüber, innerhalb welcher
Frist dieses Behandlungsziel zu erreichen sei, nicht getroffen werden könnten,
zumal die Antragsgegnerin eine erforderliche stationäre Behandlung ablehne und
eine solche vom Betreuer auch nicht erzwungen werden könne.
Zu berücksichtigen sei, dass er, der Antragsteller, bereits 64 Jahre alt und schon
deshalb nicht in der Lage sei, mit der von ihm beabsichtigten erneuten
Eheschließung unbegrenzt zu warten. Zum Beweis der Ernstlichkeit seines
Heiratswunsches beziehe er sich auf das Zeugnis seiner Lebensgefährtin B.. Zu
Recht stelle das Gericht in dieser Situation nicht zuletzt auf den Grad der
Gefährdung für die Antragsgegnerin ab und verweise insoweit auf die Feststellung
des Sachverständigen, wonach die bereits unternommenen Suizidversuche kein
lebensbedrohliches Ausmaß angenommen hätten. Ohne Zweifel habe dabei ein
appellativer Charakter im Vordergrund gestanden. Ein vollständiger Schutz der
Antragsgegnerin vor sich selbst durch die Aufrechterhaltung der Ehe gegen seinen
Willen sei auf Dauer ohnehin nicht möglich.
Der Senat hat den Antragsteller, den Betreuer der Antragsgegnerin und den sie
behandelnden Sozialtherapeuten angehört. Die Antragsgegnerin war zu dem
Termin nicht erschienen. Auf die Sitzungsniederschrift vom 26. September 2005
wird Bezug genommen.
Die Berufung der Antragsgegnerin ist begründet.
Zwar wird gemäß § 1566 Abs. 2 BGB unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe
gescheitert ist. Jedoch greift die Härteklausel des § 1568 BGB ein, so dass eine
Scheidung zurzeit nicht möglich ist.
Nach § 1568 BGB soll die Ehe nicht geschieden werden, obwohl sie gescheitert ist,
wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, auf
Grund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, dass
die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des
Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint.
Die Suiziddrohung eines psychisch Kranken ist kein außergewöhnlicher Umstand,
solange der Kranke seine seelischen Reaktionen noch steuern kann. Ist das
Steuerungsvermögen erheblich beeinträchtigt, darf die Ehe nicht geschieden
werden, bis die ausreichende medizinische Betreuung des Kranken gesichert ist.
Unerheblich ist dabei, ob der suizidgefährdete Ehegatte das Scheitern der Ehe
verursacht hat (Münchener Kommentar/Wolf, BGB, 4.Aufl., Rn. 49;
Palandt/Brudermüller, Kommentar zum BGB, 64.Aufl., Rn. 5; Staudinger/Rauscher,
Kommentar zum BGB, 1999, Rn. 106 ff. - jeweils zu § 1568 BGB).
Im vorliegenden Fall war die Antragsgegnerin Ende 2002, Anfang 2003 und Anfang
2004 psychiatrisch im Krankenhaus R. behandelt worden. Nach dem Gutachten
des Sachverständigen besteht bei der Antragsgegnerin eine erhöhte, wenn auch
gegenwärtig nicht akute Suizidgefährdung. Es sei aber mit Sicherheit
anzunehmen, dass zum Zeitpunkt der vollzogenen Ehescheidung mit einer
Aktualisierung und Vertiefung der depressiven Symptomatik zu rechnen sei. Die
Antragsgegnerin verfüge zumindest in der Phase der akuten Belastung ohne
Hilfestellung durch ein festes soziales Gefüge als auch durch eine fachgerechte
Therapie selbst nicht über ausreichende Kompensationsmöglichkeiten, um ihre
Suizidimpulse aufzufangen. Vielmehr müsse auf eine vorliegende Störung der
Impulskontrolle hingewiesen werden. Aus fachlicher Sicht sei daraus nicht
zwingend abzuleiten, dass ein vollendeter Suizid durchgeführt werde. Die
Wahrscheinlichkeit eines Suizidversuchs sei jedoch als hoch einzuschätzen. Die
Antragsgegnerin sei mangels Einsicht in das Scheitern ihrer Ehe sowie auf Grund
ihrer starken Depression in Verbindung mit einer Persönlichkeitsstörung in dem
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ihrer starken Depression in Verbindung mit einer Persönlichkeitsstörung in dem
Fall, dass die Ehe auch ohne ihr Einverständnis geschieden würde, konkret
suizidgefährdet.
Der Senat folgt dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen. Demnach
ist die Antragsgegnerin auf Grund ihres derzeitigen gesundheitlichen Zustandes
im Falle der Scheidung konkret suizidgefährdet. Die Gefährdung der
Antragsgegnerin ergibt sich auch aus ihrer stationären Behandlung vom 23.9. bis
7.10.2005 in dem psychiatrischen Krankenhaus R. . Die behandelnden Ärzte haben
auf die Anfrage des Senats am 27. Oktober 2005 schriftlich mitgeteilt, dass die
Antragsgegnerin wegen einer schweren depressiven Episode mit Suizidalität
aufgenommen worden sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der
Termin im Rahmen des Scheidungsverfahrens die psychische Dekompensation
ausgelöst habe. - Da die Depression mit Suizidalität auf dem Scheidungsverfahren
beruht, liegt es nahe, dass die psychische Dekompensation der Antragsgegnerin
durch den Termin vor dem Senat ausgelöst worden ist. Demnach haben die Ärzte
auch empfohlen, weitere Verfahrenstermine in Abwesenheit der Antragsgegnerin
durchzuführen, um eine erneute Dekompensation zu vermeiden.
Die Härteklausel kann allerdings nicht zur Verhütung seelischer Reaktionen
eingreifen, die der Betroffene ausreichend zu steuern vermag, wenn nicht
außergewöhnliche Umstände die Berücksichtigung der seelischen Verfassung des
betroffenen Ehegatten gebieten. Anders liegt es, wenn sich der Ehegatte in einer
psychischen Ausnahmesituation befindet, auf Grund derer er sein Verhalten nicht
in ausreichendem Maße verantwortlich steuern kann. Ein solcher
Ausnahmezustand kann die Anwendung der Härteklausel rechtfertigen. Als
außergewöhnlich kann es dabei schon angesehen werden, wenn die Fähigkeit des
betroffenen Ehegatten zu einem eigenverantwortlichen Handeln durch die
psychische Störung erheblich eingeschränkt ist (BGH FamRZ 1981, 1161).
Die Fähigkeit der Antragsgegnerin zu einem eigenverantwortlichen Handeln ist
durch ihre psychische Störung erheblich eingeschränkt. Die Antragsgegnerin leidet
unter einer sog. gemischten Persönlichkeitsstörung. Sie hält in fast wahnhafter Art
und Weise daran fest, die Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann wieder
aufnehmen zu können. Rationalen Argumenten ist sie dabei nicht zugänglich.
Nach dem Gutachten des Sachverständigen ist die Fähigkeit der Antragsgegnerin
zur kritischen Überprüfung der eigenen Situation auf Grund der vorliegenden
Persönlichkeitsstörung sowie der Depression erheblich eingeschränkt. Sie hält fast
im Sinne einer überwertigen Idee an der Vorstellung, die Lebensgemeinschaft mit
ihrem Ehemann wieder aufnehmen zu können, fest und wird dies aus eigener Kraft
nicht korrigieren können.
Allerdings kann nach den Ausführungen des Sachverständigen das psychische
Zustandsbild der Antragsgegnerin durch therapeutische Hilfe verbessert werden.
Es ist nach Auffassung des Sachverständigen zu prüfen, ob nicht im Rahmen der
bestehenden Betreuung eine erneute längerfristige stationäre Behandlung
herbeigeführt werden kann, durch die sowohl das Störungsbild positiv beeinflusst
werden kann als auch möglicherweise das Ausmaß der suizidalen Gefährdung
soweit reduziert werden kann, dass für die Antragsgegnerin eine Scheidung
tolerabel ist.
Da sich die Antragsgegnerin nicht freiwillig in eine erneute längerfristige
Behandlung begibt, ist zu prüfen, ob im Rahmen der durch eine Scheidung
ausgelösten Suizidgefahr diese durch den Betreuer veranlasst werden kann (§
1906 BGB). Aus diesem Grund hat der Senat auf die Entscheidung des BGH NJW
2005, 1859 hingewiesen. Dem Antragsteller obliegen nach der Auffassung des
Senats im Hinblick auf die Suizidgefahr gewisse Schutzpflichten, die aus der Ehe
herrühren (§ 1353 BGB). Eine solche Schutzpflicht besteht auch dahin, dass sich
der Antragsteller bemüht, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die
Antragsgegnerin im Falle einer Scheidung ärztlich betreut wird. Da dieser Schutz
der Antragsgegnerin bisher nicht gewährleistet ist, hält der Senat derzeit den
Fortbestand der Ehe für den Antragsteller für nicht unzumutbar. Dies gilt auch im
Hinblick auf die Dauer der bisherigen Trennung der Parteien, das Lebensalter des
Antragstellers und seinen Wunsch, seine Lebensgefährtin zu heiraten.
Der Senat kann nicht selbst den Schutz der Antragsgegnerin veranlassen. Er
würde das Gebot der Neutralität verletzen, wenn er sich selbst an das
Vormundschaftsgericht wenden würde, um die Voraussetzungen für eine
Scheidung zu schaffen.
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Den Ausführungen des Antragstellers im Schriftsatz vom 28.11.2005 vermag der
Senat nicht zu folgen. Es kann der Antragsgegnerin nicht vorgeworfen werden,
dass sie sich nicht aus eigenem Antrieb in eine längerfristige stationäre
Behandlung begeben hat, da ihre Fähigkeit zum eigenverantwortlichen Handeln
erheblich eingeschränkt ist. Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, dass es im
Falle der Zwangsräumung einem Schuldner oder einem seiner Angehörigen
zugemutet werden kann, fachliche Hilfe - ggf. auch durch einen stationären
Aufenthalt in einer Klinik - in Anspruch zu nehmen, um die Selbsttötungsgefahr
auszuschließen oder zu verringern. Ist ein Angehöriger betroffen, kann auch vom
Schuldner selbst erwartet werden, dass er das ihm Zumutbare unternimmt, um
Gefahren für dessen Leben und Gesundheit möglichst auszuschließen (BGH NJW
2005, 1859).
Im vorliegenden Fall ist es dem Antragsteller auf Grund der noch bestehenden
ehelichen Bindung zuzumuten, dass er alles ihm zumutbare tut, um Gefahren für
das Leben und die Gesundheit der Antragsgegnerin möglichst auszuschließen.
Hierzu hätte gehört, dass er beim Vormundschaftsgericht Maßnahmen zum
Schutz der Antragsgegnerin beantragt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.