Urteil des OLG Schleswig-Holstein vom 15.03.2017

OLG Schleswig-Holstein: erblasser, schenkung, finanzielle verhältnisse, beendigung, kaufpreis, pachtvertrag, hof, verordnung, unverzüglich, erlass

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Gericht:
Schleswig-
Holsteinisches
Oberlandesgericht
3. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 U 40/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 7 MilchGarMV vom
26.03.1994, Art 7 Abs 2 EWGV
3950/92, § 2325 Abs 1 BGB
EU-Milchwirtschaft: Übergang der Milchreferenzmenge auf
den Verpächter nach Pachtvertragsende im Fall der
Übergabe eines ganzen Betriebes und unverzüglicher
Weitergabe der Referenzmenge
Leitsatz
Für den Fall der Rückgabe eines ganzen Betriebes durch den Pächter an den
Verpächter nach Ablauf des Pachtvertrages greift ein Pächterschutz nach § 7 MGV
(Fassung vom 26.3.1994) nicht durch. Auch eine erst während der Pachtzeit
erwirtschaftete Milchreferenzmenge geht auf den Verpächter nach Art. 7 Abs. 2 der
Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 über, wenn er selbst Milcherzeuger ist oder die
Referenzmenge unverzüglich an einen Milcherzeuger weitergibt und dafür im Zeitpunkt
der Beendigung des Pachtverhältnisses jedenfalls konkrete Vorbereitungen getroffen
hat.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 17. Februar 2006 verkündete Urteil des
Einzelrichters der 13. Zivilkammer des Landgerichts Kiel geändert und wie folgt
neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 34.635,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2004 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits I. Instanz trägt der Kläger 61 %, der Beklagte 39
%. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Kläger macht gegen den Beklagten, seinen Bruder, Pflichtteils- und
Pflichtteilsergänzungsansprüche nach dem gemeinsamen Vater, dem am
15.09.2001 verstorbenen A. geltend. Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien I.
Instanz und ihrer dortigen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen
Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten zur
Zahlung von 24.545,77 € nebst Zinsen verurteilt. Bei der Berechnung des
Pflichtteils und des Pflichtteilsergänzungsanspruchs sei allerdings der Wert des
Milchlieferungsrechts nicht einzubeziehen, denn dieses sei bereits durch den Hof-
Pachtvertrag aus dem Jahr 1984 auf den Beklagten übergegangen. Auch der
Kaufpreis für das Flurstück 18/1 sei nicht zu berücksichtigen, denn die Behauptung
des Klägers, Herr A. habe dem Beklagten den Kaufpreis geschenkt, sei in der
Beweisaufnahme nicht bestätigt worden.
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Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete
Berufung des Klägers. Er möchte mit der Berufung erreichen, dass ihm über den
erstinstanzlich ausgeurteilten Betrag ein Pflichtteilsergänzungsanspruch in Höhe
von weiteren 10.375,00 € zugesprochen wird.
Der Kläger ist der Ansicht, das Landgericht habe das von dem Sachverständigen
mit 36.000,00 € bewertete Milchlieferungsrecht zu Unrecht unberücksichtigt
gelassen. Gehe man von einer Verpachtung des landwirtschaftlichen Anwesens
durch den Erblasser an den Beklagten seit 1984 aus, dann sei das
Milchlieferungsrecht Gegenstand der Verpachtung gewesen. Die Referenzmenge
sei dem Betrieb zuerkannt worden. Im Falle der Verpachtung gehe es zur Nutzung
auf den Pächter über. Bei Rückgabe des Pachtbetriebes falle es aber nach § 7 Abs.
1 Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV) vom Pächter auf den Verpächter
zurück. Dementsprechend seien hier in dem späteren Überlassungsvertrag vom 3.
November 1994 ausdrücklich auch die Milchquoten mitübertragen worden, wie sich
aus dem Wortlaut des Hofüberlassungsvertrages ergebe. Das Landgericht habe
diese Rechtslage verkannt. Aus dem Umstand, dass der Beklagte während der
Pachtzeit die Abrechnungen der Meierei bekommen habe, ergebe sich nichts
abweichendes, weil ihm in dieser Zeit eben das Milchlieferungsrecht für die Dauer
der Pacht zur Nutzung zugestanden habe. Mithin sei das Milchlieferungsrecht mit
dem Wertansatz von 36.000,00 € in die Berechnung des
Pflichtteilsergänzungsanspruchs einzubeziehen.
Der Kläger bleibe auch dabei, dass der Beklagte die von Frau B. gekaufte Fläche -
Flurstück … - nicht mit eigenen Mitteln bezahlt habe, sondern dass ihm hierfür die
5.500,00 DM von dem Vater der Parteien geschenkt worden seien. Die
gegenteilige Bekundung des Beklagten bei seiner Vernehmung als Partei könne
ihm nicht abgenommen werden. Sein Gesamtverhalten im Prozess spreche gegen
seine Glaubwürdigkeit. Auffallend sei, dass in dem beurkundeten Kaufvertrag über
das fragliche Flurstück festgelegt worden sei, der Beklagte solle den Kaufpreis auf
das Konto der Verkäuferin spätestens bis zum 27. Januar 1992 leisten. Diese
Formulierung habe keinen Sinn gemacht, wenn der Beklagte die Mittel tatsächlich
bar angespart hätte. Offensichtlich sei diese Formulierung in das Muster
hineingesetzt worden. In das Gesamtbild füge sich auch, dass der Beklagte
zwischenzeitlich seinen Grundbesitz durch notarielle Urkunde vom 6. Juni 2005 an
Herrn C. überlassen habe. Insgesamt könne dem Beklagten nicht abgenommen
werden, dass er etwas bar bezahlt habe. Nach alledem sei für die Berechnung des
Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Betrag von 5.500,00 DM = 2.812,11 €,
aufgerundet wegen Inflationsausgleich auf 3.000,00 €, hinzuzunehmen.
Schließlich habe das Landgericht einen weiteren wesentlichen Gesichtspunkt
gänzlich unberücksichtigt gelassen. Der Beklagte habe nämlich behauptet, die
Pacht von 400,00 DM monatlich - nach dem schriftlichen Pachtvertrag aus dem
Jahre 1984 - regelmäßig gezahlt zu haben. Diese Behauptung sei mit Schriftsatz
vom 26. Januar 2006 bestritten worden. Seine Behauptung, die Pacht sei immer
bar und ohne Quittung gezahlt worden, entbehre jeder Substanz. Der Beklagte
müsse sich über Einnahmen und Ausgaben auch gegenüber dem Finanzamt
erklären, er müsse Zahlungsnachweise und Belege einreichen. Tatsächlich habe
es Pachtzahlungen nicht gegeben. Das führe dazu, dass über die gesamte
Laufzeit des Pachtvertrages von August 1984 bis zum Tage der Besitzübergabe
am 1. Oktober 1994 monatlich ein Betrag von 400,00 DM als schenkweise
zugewandter Anspruch zu berücksichtigen sei, insgesamt in Euro umgerechnet ein
Betrag von 24.951,04 €, der demgemäß auch der Pflichtteilsergänzung unterliege.
Hiervon werde ein erstrangiger Teilbetrag von 1.500,00 € geltend gemacht. Sollte
der Berufungsantrag im Übrigen nicht in allen Punkten ausgefüllt werden, so
sollten in der Reihenfolge der Darstellung die weiteren Beträge zur Stützung des
Berufungsantrags herangezogen werden.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an den
Kläger weitere 10.375,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über
dem jeweiligen Basiszins seit dem 1. Juni 2004 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
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Der Beklagte macht geltend:
Das landgerichtliche Urteil sei auch hinsichtlich der drei Angriffe der Berufung
fehlerfrei.
Zwar stelle das Milchlieferrecht einen eigenen Vermögenswert dar, der hier aber
nicht in den begehrten Pflichtteilsergänzungsanspruch einzubeziehen sei, weil die
Milchquote dem Beklagten bereits vor Zuwendung des Hofes im Jahr 1994
persönlich zugestanden habe. Dies habe er durch die Milchgeldabrechnungen der
Meierei nachgewiesen. Der Beklagte habe sich dieses Recht zur Milchlieferung
"ermolken", denn er habe den Betrieb selbst spätestens seit 1984 geführt und die
entsprechenden Anträge auf Erteilung einer Milchquote nach der MGV gestellt.
Diese stelle maßgeblich auf die Eigenschaft als Milcherzeuger ab, also auf
denjenigen, der Milch liefere bzw. verkaufe. Das sei der Beklagte gewesen, der
nach dem Hofpachtvertrag vom 21. August 1984 den Hof im Rahmen eines
Pachtvertrages betrieben habe. Das Milchlieferrecht sei nur an die
Erzeugereigenschaft, nicht aber an die Betriebsflächen geknüpft. Die Pflicht zur
Rückübertragung umfasse gerade nicht die Milchquote. Die Formulierung des
Überlassungsvertrages, dass alle Rechte einschließlich der Milchquoten überlassen
würden, stehe diesem Vortrag nicht entgegen. Es handele sich hier nur um eine
formularmäßige Klausel. Sie bedeute nicht, dass tatsächlich eine Milchquote
übertragen worden sei.
Fehlerfrei sei das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die gesondert durch
den Beklagten im Jahr 1992 von Frau B. erworbene Teilfläche Flurstück 18/1 aus
der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs herauszunehmen sei. Es
bestünden keinerlei Hinweise, dass der Erblasser die Raten für seinen Sohn, den
Beklagten, gezahlt habe. Der Beklagte selbst sei als Partei insoweit vom
Landgericht gehört worden. Er habe erklärt, die Raten in bar gezahlt zu haben.
Eine Beweislastumkehr liege nicht vor. Auf der Abgabe eines Eides habe der Kläger
im Zeitpunkt der Vernehmung des Beklagten nicht bestanden. Die Würdigung des
Beweises durch das erstinstanzliche Gericht sei rechtsfehlerfrei.
Ein weiterer Pflichtteilsergänzungsanspruch wegen der angeblichen Nichtzahlung
der Pacht bestehe nicht. In dem Überlassungsvertrag hätten der Beklagte und der
Erblasser unter Punkt IV. ausdrücklich erklärt, dass aus dem Pachtvertrag keine
gegenseitigen Forderungen mehr bestehen würden. Die pauschale Behauptung
des Klägers, Zahlungen seien nur vom Erblasser an den Beklagten geflossen und
nicht umgekehrt, sei unsubstantiiert. In der Landwirtschaft sei es unter
Verwandten üblich, bar und ohne Quittung zu bezahlen. Buchführungspflichtig sei
der Beklagte nicht gewesen und er habe deshalb auch keine Zahlungsnachweise
und Belege beim Finanzamt einreichen müssen. Das bloße Bestreiten des Klägers,
dass Pachtzahlungen geflossen seien, reiche nicht aus.
Der Senat hat den Beklagten in der mündlichen Verhandlung als Partei zur Frage
der Pachtzahlungen an den Erblasser seit 1991 vernommen. Der vom Landgericht
beauftragte Sachverständige D. hat dem Senatsvorsitzenden auf dessen
telefonische Nachfrage mitgeteilt das Milchlieferungsrecht sei bezogen auf das
Jahr 1994 mit 32.894 € zu bewerten. Die Parteien haben sich in der mündlichen
Verhandlung damit einverstanden erklärt, diese Auskunft des Sachverständigen
im Berufungsverfahren als zutreffend zu berücksichtigen.
II.
Die zulässige Berufung hat zum großen Teil - nämlich hinsichtlich der beiden
Punkte Milchlieferungsrecht und Pachtzahlungen - Erfolg.
1. Dem Kläger steht ein Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 Abs. 1 BGB
auch wegen des Milchlieferrechts zu.
Der Beklagte hat die landwirtschaftlichen Flächen mit Hof-Pachtvertrag vom 21.
August 1984 von seinem Vater, dem Erblasser für die Dauer von 10 Jahren, also
bis zum 31. August 1994 gepachtet. Zu diesem Zeitpunkt galt bereits die Milch-
Garantiemengen-Verordnung (MGV) vom 25. Mai 1984. Nach § 4 Abs. 1 MGV in
dieser Ursprungsfassung werden für den Milcherzeuger, der Milchprodukte liefert,
Referenzmengen berechnet. Milcherzeuger war nach der Anpachtung des Hofes
der Beklagte, für ihn sind also Milchquoten ermittelt und von der Meierei
abgerechnet worden.
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Damit waren die Milchquoten dem Beklagten aber nicht bereits endgültig und
unabhängig vom Schicksal des Pachtlandes zugewiesen. Die Milchreferenzmenge
ist zwar insoweit personenbezogen, als sie dem Betreiber der Milchwirtschaft
zugeteilt wird, ruht allerdings zugleich auf den der Milchproduktion dienenden
Flächen und ist deshalb auch betriebsakzessorisch (BGH AgrarR 1992, 308, 309).
Daraus folgt, dass sie bei Rückgabe des Pachtlandes nach Beendigung des
Pachtverhältnisses im Grundsatz automatisch auf den Verpächter übergeht, und
zwar unbeschadet der Tatsache, dass sie erstmals nach Beginn des
Pachtverhältnisses zugeteilt worden ist (OLG Köln AgrarR 1992, 304, 305 unter
zutreffendem Verweis auf das grundlegende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
RdL 1994, 81 f.). Aus der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
wird deutlich, dass sich diese Rechtsfolge zwingend aus der der MGV seinerzeit
zugrunde liegenden Verordnung (EWG) Nr. 857/84, also dem übergeordneten
Gemeinschaftsrecht, ergab.
Im Zeitpunkt des Ablaufes des hier fraglichen Pachtvertrages am 31. August 1994
galt bereits die Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 (abgedruckt bei Düsing/Kauch, Die
Zusatzabgabe im Milchsektor, 2001, 287ff), die als in den Mitgliedstaaten
unmittelbar geltende Bestimmung der MGV vorgeht (BGH NJW-RR 2004, 210 ff).
Nach Art. 7 Abs. 2 dieser VO in der Auslegung des EuGH (Urt. v. 20.06.2002, C-
401/99) ist bei Beendigung eines landwirtschaftlichen Pachtvertrages über einen
Milchwirtschaftsbetrieb die vollständige oder teilweise Übertragung der daran
gebundenen Referenzmenge auf den Verpächter nur dann möglich, wenn er die
Eigenschaft eines Milcherzeugers i.S.d. VO hat oder wenn er die Referenzmenge
im Zeitpunkt der Beendigung des Pachtvertrages unverzüglich auf einen Dritten
mit dieser Eigenschaft überträgt (ebenso BGH aaO).
Der Beklagte und der Erblasser haben das Pachtverhältnis nach Ablauf des
genannten Pachtvertrages am 31. August 1994 zunächst weiterlaufen lassen und
dann kurz darauf Anfang November 1994 den Überlassungsvertrag geschlossen,
der die Übertragung der Milchquote ausdrücklich einschloss. Der Erblasser war
zwar selbst nicht Milcherzeuger, hat aber mit dem Überlassungsvertrag die
Milchquote unverzüglich auf einen Milcherzeuger - nämlich den Beklagten als
Käufer - übertragen. Seinerzeit galt im übrigen § 7 MGV in der zwischen dem 26.
März 1994 und 29. September 1994 bestehenden Fassung. Nach § 1 dieser Norm
gilt dann, wenn - wie hier - ein gesamter Betrieb auf Grund eines Pachtvertrages
zurückgewährt wird, dass die dem Betrieb entsprechende Referenzmenge auf den
Verpächter übergeht. Einen Pächterschutz nach § 7 Abs. 4 MGV gibt es für den Fall
der Rückgabe eines ganzen Betriebes nicht (Düsing/Kauch, aaO, S. 56 f, dort auch
S. 59 f zu Bedenken wg. der VO 3950/92, die der EuGH aaO und ihm folgenden der
BGH aber in der oben genannten Weise gelöst haben). § 7 MGV in der damaligen
Fassung sieht im Übrigen vor, dass die Milchreferenzmengen unter bestimmten
Umständen frei handelbar sind. Keine der dafür erforderlichen Voraussetzungen ist
hier vorgetragen. Es bleibt deshalb bei dem Grundsatz, dass im Falle des
Auslaufens von landwirtschaftlichen Pachtverträgen die Referenzmenge auf den
Verpächter übergeht, wenn er selbst Milcherzeuger ist oder die Milchquote
unverzüglich an einen Milcherzeuger weitergibt und dafür im Zeitpunkt der
Beendigung des Pachtverhältnisses jedenfalls konkrete Vorbereitungen getroffen
hat.
Damit wird deutlich, dass eine während der Pachtzeit auch etwa erst
erwirtschaftete Milchreferenzmenge im maßgeblichen Zeitpunkt Ende 1994 nicht
unabhängig von dem Schicksal der Pachtflächen grundsätzlich bei dem Verpächter
verblieb. Vielmehr hat es der Eigentümer in der Hand, die Milchquote mit der
Pachtfläche zurückzuerhalten. § 7 Abs. 1 MGV in der genannten Fassung wie auch
in der im Zeitpunkt des Überlassungsvertrages geltenden Fassung regelt jeweils,
dass dann, wenn ein gesamter Betrieb auf Grund eines Kaufvertrages übergeben
wird, die dem Betrieb entsprechende Referenzmenge ihrerseits auf den Käufer
übergeht. Zu Recht ist deshalb von der Notarin in den Überlassungsvertrag vom 3.
November 1994 aufgenommen worden, dass sämtliche Rechte, die mit der
landwirtschaftlichen Nutzung verbunden seien, überlassen würden und zwar
"einschließlich der Milchquoten". Der Erblasser hat damit § 7 Abs. 2 der zitierten
EWG-VO genüge getan und die Milchquote unverzüglich nach Beendigung des
Pachtverhältnisses weitergegeben.
Der Erblasser hätte nach Pachtende den Betrieb auch mit der werthaltigen Quote
unmittelbar an einen dritten Milcherzeuger verpachten oder verkaufen können. In
diesem Fall hätte der Beklagte das Pachtland mit der Quote an den Erblasser
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diesem Fall hätte der Beklagte das Pachtland mit der Quote an den Erblasser
zurückgeben müssen und nicht etwa die Quote zurückhalten können. Weil die
Milchquote angesichts dieser Rechtslage dem Beklagten vor dem
Überlassungsvertrag gerade nicht endgültig zugewiesen und dem Erblasser nicht
endgültig entzogen war, wird diese Quote von der - gemischten - Schenkung des
Erblassers an den Beklagten durch den Hofüberlassungsvertrag erfasst.
Dem Kläger steht deshalb auch betreffend das Milchlieferungsrecht ein
Pflichtteilsergänzungsanspruch zu. Der Sachverständige D. hat erstinstanzlich -
dem gerichtlichen Auftrag folgend - den Wert des Milchlieferungsrechts nur für den
Zeitpunkt des Todes des Erblassers im Jahr 2001 festgestellt und nicht den Wert
im Zeitpunkt des Vollzuges der Schenkung im Jahr 1994. Nach § 2325 Abs. 2 S. 1
BGB kommen verbrauchbare Sachen stets mit dem Wert in Ansatz, den sie zur
Zeit der Schenkung haben. Verbrauchbare Sachen sind etwa auch Wertpapiere
(Palandt/Edenhofer, BGB, 65. Aufl. 2006, § 2325 Rn. 18). Da Milchlieferungsrechte
nach näherer Maßgabe des § 7 MGV (in der seinerzeit geltenden Fassung)
beschränkt handelbar sind, müssen sie als verbrauchbare Sachen eingeordnet
werden, sodass es ausschließlich auf den Wert im Zeitpunkt der Schenkung
ankommt. Der Wert des Milchlieferungsrechtes - das im Zeitpunkt der Schenkung
ebenso wie im Zeitpunkt des Erbfalls 42.172 kg mit einem Referenzwertgehalt in
Höhe von 4,1 % Fett umfasste - betrug 1994 nach der von den Parteien
akzeptierten telefonischen Auskunft des Sachverständigen 32.894 €. Hiervon
macht der Pflichtteilsergänzungsanspruch des Klägers 1/4 = 8.223,50 € aus.
2. Dem Kläger stehen als Pflichtteilsergänzung aus § 2325 BGB 1.866,22 € wegen
schenkweisen Erlasses des Pachtzinses durch den Vater der Parteien ab 15.
September 1991 zu. Der Kläger hat diese Forderung bereits erstinstanzlich
hilfsweise geltend gemacht, was von dem Landgericht aber übersehen worden ist.
Der Kläger geht davon aus, der Beklagte habe auf den von ihm vorgelegten
Pachtvertrag mit der Laufzeit von 1984 bis 1994 die dort vereinbarte monatliche
Pacht von 400,00 DM nicht gezahlt. Insoweit liege also eine weitere Schenkung vor,
die er von August 1984 bis zum Tag der Besitzübergabe am 1. Oktober 1994 mit
24.951,04 € berechnet. Dieser Betrag unterliege der Pflichtteilsergänzung. Bei
dieser Berechnung hat der Kläger allerdings die 10-Jahresgrenze des § 2325 Abs. 3
BGB übersehen. Der Erblasser ist am 15. September 2001 gestorben. Als
pflichtteilsergänzungsberechtigte Schenkung kann also nur der Erlass des
Pachtzinses in der Zeit vom 15. September 1991 bis zur Übergabe des Betriebs
nach dem Überlassungsvertrag am 1. Oktober 1994 in Betracht kommen, mithin
36 ½ Monate, das wäre bei 400,00 DM monatlich ein Betrag von 14.600,00 DM, =
7.464,86 €. 1/4 davon sind 1.866,22 €, die der Kläger als Pflichtteilsergänzung
geltend machen kann. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass der Kläger in der
Berufungsbegründung über den erstrangigen Teilbetrag von 1.500 € hinaus aus
den schenkweise erlassenen Pachtzinszahlungen den weiteren Teilbetrag zur
Stützung seines Berufungsantrages von insgesamt 10.375,00 € geltend gemacht
hat, soweit der Berufungsantrag im übrigen nicht in allen Punkten (wie dies nach
der folgenden Darstellung betreffend die behauptete Schenkung von 5.500 DM der
Fall ist ) ausgefüllt werden sollte.
Der Kläger hat sich zum Beweis für seine Behauptung - keine Zahlung des
Pachtzinses und mithin schenkweiser Erlass - auf die Parteivernehmung des
Beklagten bezogen. Der Beklagte hat zwar bei seiner Vernehmung durch den
Senat grundsätzlich angegeben, er habe die Pachtzinsen auch ab September
1991 an seinen Vater bezahlt, der Senat hat aber die Überzeugung gewonnen,
dass diese Angaben nicht zutreffend sind und regelmäßige Pachtzinszahlungen
gerade nicht stattgefunden haben, weshalb insoweit ein (konkludenter)
schenkweiser Erlass des Erblassers vorliegt und die genannten 1.866,22 € dem
Kläger zuzusprechen waren.
Unglaubwürdig war bereits die Angabe des Beklagten, er wisse nicht, ob sein Vater
auf die monatliche Zahlung der 400 DM angewiesen gewesen sei, er wisse auch
nicht, wieviel Rente der Vater bezogen habe. Das kann nicht zutreffend sein, denn
der Beklagte will den Erblasser jedenfalls in der letzten Zeit vor dessen Tod
gepflegt haben und hat auch als dessen Alleinerbe Zugang zu den Unterlagen
über dessen finanzielle Verhältnisse. Der Umstand, dass der Erblasser den Hof
1994 überlassen hat, ohne dass ein Baraltenteil oder auch nur die Lieferung von
Naturalien vereinbart worden ist, spricht deutlich dagegen, dass der Erblasser
zuvor auf die Zahlung von monatlich 400 DM angewiesen war und diese
tatsächlich erhalten hat.
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Der Beklagte hat bei seiner Aussage zunächst angegeben, die Pachtzinsen immer
monatlich bezahlt zu haben. Das war aber nicht zutreffend, wie er auf intensive
Nachfrage selbst einräumen musste. Es habe durchaus Monate gegeben, in
denen er kein Geld gehabt habe. Zu der Frage, ob er diese Monate dann später
nachgezahlt habe, hat der Beklagte keine klare Antwort geben können.
Unglaubwürdig waren vor allem seine Angaben auf die Frage, wovon er das
angeblich gezahlte Pachtzinsgeld genommen haben wolle. Insoweit ließ sich der
Beklagte zunächst darauf ein, er habe das Geld aus dem Verkauf von Schweinen
genommen. Es seien private Abnehmer gewesen. Der Beklagte wollte damit
verdeutlichen, warum er trotz der schriftsätzlich bereits vorgetragenen
Forderungen des Klägers Kontoauszüge über entsprechende regelmäßige
Abhebungen nicht vorgelegt hat. Erst auf eine intensive weitere Befragung des
Beklagten musste dieser einräumen, dass der Schweine- bzw. Ferkelverkauf doch
sehr unregelmäßig stattfand und die Zahl der pro Jahr geborenen Ferkel teilweise
nur geringfügig war. Bei Ferkelzahlen zwischen 2 und 14 sowie dem angegebenen
Erlös von 100 bis 110 DM pro Stück (wobei auch noch Tiere zum Eigenverbrauch
genommen worden sein sollen) wurde auch dem Beklagen im Verlauf der
Vernehmung deutlich, dass sich aus dem Schweineverkauf die regelmäßige
Zahlung von 400 DM/Monat an den Vater nicht erklären ließ. Der Beklagte gab
schließlich an, er habe das Pachtgeld auch von dem Milchgeld genommen und
insoweit auch schon einmal Geld von der Bank geholt. Regelmäßige
entsprechende Abhebungen von dem Bankkonto - die dann schließlich auch
hätten belegt werden können - wollte er aber nicht einräumen.
Das Aussageverhalten des Beklagten war davon geprägt, dass er zu der einfachen
Frage nach regelmäßigen Pachtzinszahlungen an seinen Vater ersichtlich keine
klaren Angaben machen wollte und auf Nachfragen und Hinweise auf Widersprüche
nur undeutliche Korrekturen versuchte. Dieses Verhalten kann nur dahin erklärt
werden, dass die behaupteten regelmäßigen Zahlungen, die mit seinen geringen
Einnahmen ohnehin nur schwer in Einklang zu bringen gewesen wären, nicht
stattgefunden haben, vielmehr ein schwenkweiser Erlass des Vaters vorlag, der
auch mit dem Umstand übereinstimmt, dass der Erblasser den Hof 1994 ohne die
Vereinbarung eines Baraltenteils übergeben hat.
3. Soweit der Kläger auch im Berufungsverfahren weiterhin vorbringt, dass der
Beklagte das Grundstück … nicht selbst bezahlt haben könne, sondern ihm die
5.500,00 DM Kaufpreis von seinem Vater geschenkt worden seien, bleibt er ohne
Erfolg, weil der Senat insoweit an die Feststellungen des Landgerichts nach § 529
Abs. 1 Ziffer 1 ZPO gebunden ist. Es fehlen trotz der Unglaubwürdigkeit des
Beklagten im Hinblick auf seine Angaben zu der Pachtzahlung konkrete
Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der
erstinstanzlichen Feststellungen begründen könnten. Der Beklagte hat den
Kaufvertrag vom 20. Januar 1992 in beglaubigter Abschrift vorgelegt. Danach war
er selbst Käufer und zur Zahlung der 5.500,00 DM an die zwischenzeitlich
verstorbene Verkäuferin Frau B. verpflichtet.
Der Kläger findet die Angabe des Beklagten, er habe bar bezahlt, deshalb
zweifelhaft, weil in die Urkunde aufgenommen worden ist, dass der Kaufpreis zur
Zahlung auf das Konto der Verkäuferin bis spätestens 27. Januar 1992 fällig sein
sollte. Der Kläger nimmt an, der Notar hätte dies anders formuliert, wenn am 20.
Januar 1992 schon eine Barzahlung im Raum gestanden hätte. Es ist jedoch
keineswegs zwingend, dass die Möglichkeit einer Barzahlung mit dem Notar
überhaupt erörtert worden ist. Die Kaufpreiszahlung auf ein Konto ist die in
Notarverträgen übliche Regelung.
Aus der späten Vorlage des Pachtvertrages von 1984 lässt sich nicht
schlussfolgern, dass der Beklagte gerade zu dem Kaufpreis betreffend das
Flurstück …, den er sich aus den belegten Milchgeldzahlungen jedenfalls über
einige Zeit hätte zusammensparen können, die Unwahrheit gesagt hat. Das gilt
erst recht für die zwischenzeitlich erfolgte Überlassung des Besitzes an den
Landwirt C. aber auch im Hinblick auf die Überzeugung des Senats, dass der
Beklagte zu den Pachtzinszahlungen nicht die Wahrheit gesagt hat. Ein Schluss
darauf, dass er dann auch bei seiner erstinstanzlichen Parteivernehmung zu der
von dem Kläger behaupteten Schenkung von 5.500 DM - für die jegliche sonstige
Anhaltspunkte fehlen - entgegen dem aus der Aussage gewonnenen Eindruck des
Landgerichts die Unwahrheit gesagt haben dürfte und das Beweisergebnis des
Landgerichts mithin zweifelhaft ist, kann nicht gezogen werden.
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4. Die Zinsforderung des Klägers ist aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB
begründet.
5. Die Kostenentscheidung folgt für die I. Instanz aus § 92 Abs. 1 ZPO, für die
zweite Instanz wegen des nur geringfügigen Unterliegens des Klägers als
Berufungsführer aus § 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe für die
Zulassung der Revision nach § 543 ZPO bestehen nicht.