Urteil des OLG Schleswig-Holstein vom 14.03.2017

OLG Schleswig-Holstein: immaterialgüterrecht, zivilprozessrecht, verwaltungsrecht, versicherungsrecht, umweltrecht, empfang, auflage, link, quelle, drucksache

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Gericht:
Schleswig-
Holsteinisches
Oberlandesgericht
1. Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 WF 41/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 36 Abs 1 Nr 6 ZPO, § 64 Abs
2 S 3 EStG
Kompetenzkonflikt: Zuständiges Gericht zur Bestimmung
des Bezugsberechtigten für das Kindergeld
Tenor
Das Verfahren fällt in die Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts Kiel.
Gründe
Die Antragstellerin wendet sich an das Amtsgericht Kiel mit dem Antrag, den
Berechtigten für den Empfang des ihretwegen zu zahlenden Kindergeldes zu
bestimmen. Die Abteilungen für Vormundschaftssachen und Familiensachen
haben sich für unzuständig erklärt und das Schleswig-Holsteinische
Oberlandesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts angerufen.
In entsprechender Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO war das
Vormundschaftsgericht als das für die Sachbearbeitung zuständige Gericht zu
bestimmen. Der eindeutige Wortlaut des § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG, demzufolge die
Bestimmung des Bezugsberechtigten durch das Vormundschaftsgericht erfolgt,
lässt für eine Auslegung dahin, es könne unter "Vormundschaftsgericht" im Sinne
der genannten Vorschrift das Familiengericht gemeint sein, keinen Raum (vgl. OLG
Zweibrücken, FamRZ 2001, 551 f.; OLG Celle, Beschluss vom 11. Januar 2006,
Aktenzeichen 10 UF 342/05; im Ergebnis ebenso Zöller/Philippi, ZPO, 26. Auflage, §
621 Rdnr. 45). Der vom 4. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen
Oberlandesgerichts in seinem Beschluss vom 1. Dezember 2003 (SchlHA 2004,
211) vertretenen Auffassung, herkömmlich sei mit "Vormundschaftsgericht" das
Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit bezeichnet worden, funktionell zuständiges
Vormundschaftsgericht im engeren Sinne könne daher auch das Familiengericht
sein, kann jedenfalls für die durch das Kindschaftsreformgesetz vom 16.
Dezember 1997 geschaffene, ab 1. Juli 1998 geltende Rechtslage nicht mehr
zugestimmt werden: Der Gesetzgeber hat durch jenes Gesetz in vielen Bereichen
die Zuständigkeiten des Familiengerichts und des Vormundschaftsgerichts neu
geregelt und zur leichteren Abgrenzung der Zuständigkeiten die Begriffe
"Familiengericht" und "Vormundschaftsgericht" als ergänzende, nicht aber
einander überschneidende Begriffe verwendet (BT-Drucksache 13/4899, S. 72: "In
welchen Fällen das Vormundschaftsgericht oder das Familiengericht zuständig ist,
ergibt sich in der Regel aus den jeweiligen Vorschriften des BGB".). Diese
Rechtslage war bei Neufassung des EStG im Jahre 2002 (Bundesgesetzblatt I Seite
4210 ff.) bekannt. Die Weiterverwendung eines Begriffs des
Vormundschaftsgerichts, der auch denjenigen des Familiengerichts umfassen
könnte, scheidet danach aus.