Urteil des OLG Schleswig-Holstein vom 14.03.2017

OLG Schleswig-Holstein: anschluss, schlechterfüllung, windkraftanlage, form, link, quelle, zivilprozessrecht, vertragsverletzung, sorgfalt, auskunftserteilung

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Gericht:
Schleswig-
Holsteinisches
Oberlandesgericht
11. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 U 11/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 280 BGB
Anwaltshaftung bei unzureichendem Klagantrag
Leitsatz
Zu den Pflichten eines Rechtsanwaltes gehört es, Klaganträge so zu formulieren und zu
stellen, dass damit das klägerische Rechtsschutzziel erreicht, das klägerische Interesse
im Falle des Obsiegens durchgesetzt werden kann.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin gegen das am 14. Dezember 2006 verkündete Urteil
des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe wird das
angefochtene Urteil geändert.
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner 8.392,77 € nebst 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 5. Mai 2006 an die Klägerin zu zahlen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 8.392,77 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrags
auf Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagten vertraten die Klägerin im Jahre
2001 im Rahmen eines Rechtsstreits gegen die A AG, mit dem die Klägerin den
Anschluss einer Windkraftanlage (im Folgenden: WKA) an das Netz der A AG
erreichen wollte. Die seinerzeit vor dem Landgericht Itzehoe erhobene Klage
gegen die A AG (5 O 88/01) wurde rechtskräftig auf Kosten der Klägerin
abgewiesen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass dies auf eine Schlechterfüllung
der anwaltlichen Pflichten der Beklagten zurückzuführen sei. Sie begehrt deshalb
den Ersatz der von ihr zu tragenden Kosten des Rechtsstreits gegen die A AG.
Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagten mit Urteil vom 14. Dezember
2006 abgewiesen. Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte (Bl.
195, 205 d. A.) und begründete (Bl. 211 ff. d. A.) Berufung der Klägerin.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 14.12.2006 - 3 O 152/06 - aufzuheben
und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie - die Klägerin -
8.392,77 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2006 zu
zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf das
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf das
angefochtene Urteil (Bl. 185 - 192 d. A.) und die von den Parteien gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat nach
den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung einen Anspruch auf
Schadensersatz wegen Schlechterfüllung anwaltlicher Pflichten gegen die
Beklagten.
Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagten ihre anwaltlichen Pflichten dadurch
verletzt haben, dass sie in dem Rechtsstreit 5 O 88/01 vor dem Landgericht
Itzehoe unzureichend zur Frage der Ablehnung eines Netzanschlusses durch die A
AG vorgetragen und Beweis angeboten haben. Es bedarf auch keiner
Entscheidung, ob es als eine Verletzung anwaltlicher Pflichten zu bewerten ist,
dass die Beklagten den besagten Rechtsstreit 5 O 88/01 nicht für erledigt erklärt
haben.
Die Beklagten haben die ihnen gegenüber der Klägerin obliegenden anwaltlichen
Pflichten jedenfalls dadurch schuldhaft verletzt, dass sie einen Klageantrag
empfohlen und in dem Rechtsstreit 5 O 88/01 gestellt haben, der nicht dem
erklärten Rechtsschutzziel der Klägerin entsprach.
Die Klägerin wollte nach ihrem Vortrag mit der Klage gegen die A AG erreichen,
dass
a) ihre WKA an dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt
angeschlossen wurde und
b) die A AG alle Netzdaten offen legte, mit denen sich feststellen ließ, ob der von
der A AG angebotene Verknüpfungspunkt technisch und wirtschaftlich am
günstigsten war.
Diesem Vorbringen sind die Beklagten nicht hinreichend entgegengetreten. Für
dessen Richtigkeit spricht im Übrigen auch das Informationsschreiben der Klägerin
vom 09.05.2001 (Bl. 152 ff. d. A.).
Nach dem somit zugrunde zu legenden Vortrag der Klägerin ging es ihr darum,
den Anschluss an einem bestimmten, für sie technisch und wirtschaftlich
günstigsten Verknüpfungspunkt durchzusetzen und zu diesem Zweck die Daten zu
erhalten, mit denen sie selbst ermitteln und kontrollieren konnte, welcher
Anschlusspunkt technisch und wirtschaftlich am günstigsten war. Dieses Ziel
konnte mit dem tatsächlich in dem Rechtsstreit 5 O 88/01 gestellten Klageantrag
nicht erreicht werden, weil er nur allgemein auf den Anschluss an das Netz der A
AG gerichtet war, ohne einen bestimmten Standort zu benennen. Richtigerweise
hätte die Klägerin (Stufen-)Klage auf Auskunft über die technischen
Gegebenheiten erheben und nach der Auskunftserteilung beantragen müssen, die
A AG zu verurteilen, ihre - der Klägerin - WKA an dem nach der Auskunft
wirtschaftlich und technisch günstigsten Verknüpfungspunkt anzuschließen.
Das hätten die Beklagten bei gehöriger Sorgfalt auch erkennen können und die
Klägerin entsprechend beraten müssen.
Wenn sie so vorgegangen wären, hätte die Klägerin in dem Prozess gegen die A
AG die Anträge gestellt, die ihrem erklärten Rechtsschutzziel entsprachen. Dann
hätte sie in diesem Rechtsstreit obsiegt und die von ihr als Schaden geltend
gemachten (der Höhe nach unstreitigen) Prozesskosten in Höhe von 8.392,77 €
nicht tragen müssen.
Der Schaden der Klägerin ist auch nicht um die Kosten des Vergleichs gemindert,
den die Klägerin nach dem Rechtsstreit 5 O 88/01 mit der A AG geschlossen hat.
Wenn die Klägerin in dem Rechtsstreit 5 O 88/01 obsiegt hätte, hätte sie sich nicht
mit der AAG vergleichen müssen, um den erstrebten Anschluss an das Netz der A
G zu erreichen. Die dadurch verursachten Rechtsverfolgungskosten wären ihr
daher erspart geblieben. Sie sind deshalb auch nicht als „Sowieso-Kosten“
schadensmindernd zu berücksichtigen.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 291, 288 BGB.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO, 63 Abs. 2
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO, 63 Abs. 2
GKG.
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die vorliegende
Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des
Bundesgerichtshofs weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.