Urteil des OLG Schleswig-Holstein vom 13.03.2017

OLG Schleswig-Holstein: gesellschafter, eintragung im handelsregister, kapitalerhöhung, umwandlung, nachschusspflicht, stammeinlage, schutzwürdiges interesse, stammkapital, steuerberater, beurkundung

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Gericht:
Schleswig-
Holsteinisches
Oberlandesgericht
11. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 U 15/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 17 BeurkG, § 19 BNotO
Notarhaftung: Belehrungspflicht des Notars bei
Umwandlung von Gesellschafterdarlehen in Stammkapital
Leitsatz
1. Bei der Beurkundung einer Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH durch
Umwandlung von Gesellschafterdarlehn in Stammkapital hat der Notar besondere
Belehrungspflichten.
2. Er darf sich nicht darauf verlassen, dass die erforderlichen Belehrungen von dritter
Seite erfolgt sind, sondern hat zu prüfen, ob die Gesellschafter solche Belehrungen
auch richtig verstanden haben.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 23. Dezember 2005 verkündete Urteil
der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird mit der Maßgabe zurückgewiesen,
dass der Feststellungsausspruch folgende Fassung erhält:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte auch den weiteren Schaden zu ersetzen
hat, der den Gesellschaftern A., B. und C. wegen der unterbliebenen Belehrung in
der Verhandlung am 10. Juli 1996 (Urkunde Nr. 290 der UR des Jahres 1996)
entstanden ist.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des
vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 293.977,13 €.
Gründe
I.
Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der Fa. A. & Partner GmbH. Er
nimmt den beklagten Notar auf Schadensersatz aus abgetretenem Recht in
Anspruch. Nach den in der Akte befindlichen Abtretungsvereinbarungen (Bl. 39 -
44 d.A.) haben die Gesellschafter A., B. und C. ihre Schadensersatzansprüche
gegen den Beklagten wegen einer fehlerhaften Umwandlung von
Gesellschafterdarlehen in Stammkapital der GmbH abgetreten. Den
entsprechenden Kapitalerhöhungs- und Umwandlungsbeschluss der Gesellschafter
beurkundete der Beklagte am 10.07.1996 und meldete die Kapitalerhöhung zum
Handelsregister an, so dass die entsprechende Eintragung am 22.07.1996
erfolgte. Wegen der Unterkapitalisierung der GmbH sehen die Gesellschafter sich
einer Nachschusspflicht ausgesetzt, die nach ihrer Auffassung bei
ordnungsgemäßer Belehrung durch den beklagten Notar nicht entstanden wäre,
weil der Kapitalerhöhungsbeschluss dann unterblieben wäre.
Der Kläger begehrt weiterhin die Freistellung von Kosten, die in dem gegen den
Steuerberater D. geführten Vorprozess entstanden sind. Zusätzlich nimmt der
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Steuerberater D. geführten Vorprozess entstanden sind. Zusätzlich nimmt der
Kläger den Beklagten auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz des weitergehenden
Schadens in Anspruch.
Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Es ist zur
Auffassung gelangt, dem Beklagten sei ein Verstoß gegen die notarielle
Aufklärungspflicht anzulasten. Die vom Beklagten behauptete Vorkenntnis der
Gesellschafter über die Tragweite ihres Kapitalerhöhungsbeschlusses sei nicht
bewiesen worden. Die fehlende Belehrung der Gesellschafter habe den ihnen
entstandenen Schaden verursacht. Den Gesellschaftern stehe weder eine
anderweitige Ersatzmöglichkeit zur Verfügung noch sei ihnen der Vorwurf des
Mitverschuldens zu machen. Sie hätten die Einlegung eines Rechtsbehelfs nicht
versäumt, weil eine Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses nicht möglich
gewesen sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das vom Beklagten mit der
Berufung angefochtene Urteil des Landgerichts verwiesen.
Der Beklagte vertritt mit der Berufung weiterhin die Auffassung, eine Aufklärung
der Gesellschafter durch ihn sei anlässlich des Kapitalerhöhungsbeschlusses nicht
notwendig gewesen, weil die Gesellschafter aufgrund der Beratung durch die
beteiligten Banken, den Steuerberater D. und den Rechtsanwalt E. ausreichende
Kenntnis über die Auswirkungen eines Kapitalerhöhungsbeschlusses unter
Verrechnung von Gesellschafterdarlehen mit der gezeichneten erhöhten
Stammeinlage gehabt hätten. Die Gesellschafter hätten ihn trotz Kenntnis der
finanziellen Situation der GmbH über diese nicht unterrichtet. Vielmehr hätten sie
ihm gegenüber unrichtige Erklärungen über die finanzielle Situation der GmbH
abgegeben. Eine etwaige Pflichtverletzung habe sich auf den fraglichen Schaden
nicht ursächlich ausgewirkt, weil die Gesellschafter eine positive Entwicklung der
GmbH erwartet hätten und Kaufinteressenten für GmbH-Anteile vorhanden
gewesen seien, so dass die Kapitalerhöhung auf jeden Fall beurkundet worden
wäre. Insoweit habe er lediglich den von den Beteiligten ernsthaft gewollten Willen
beurkundet. Den Gesellschaftern hätten die im ersten Rechtszug behaupteten
anderweitigen Ersatzmöglichkeiten zugestanden. Ihnen sei weiterhin ein
Mitverschulden vorzuwerfen. Der Feststellungsausspruch sei zu weit gefasst.
Wegen der nicht bezifferten Ansprüche sei die Einrede der Verjährung erhoben
worden.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung seines
erstinstanzlichen Vortrags.
Wegen des weitergehenden Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die von
ihnen im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
1. Der Kläger nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz
in Anspruch, weil er ihm vorwirft, der Beklagte habe gegenüber den Beteiligten der
Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses vom 10.07.1996 seine Pflichten aus §
17 BeurkG verletzt, weil er weder den Sachverhalt ausreichend ermittelt noch die
Beteiligten über die Auswirkungen der Umwandlung eines Gesellschafterdarlehens
in eine Stammeinlage belehrt habe.
Der Beklagte ist bei der Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses vom
10.07.1996 und bei dem ihm obliegenden Vollzug dieser Urkunde als Notar tätig
geworden, so dass alleinige Anspruchsgrundlage für etwaige
Schadensersatzansprüche die §§ 19 BNotO, 839 BGB sind. Nach diesen
Bestimmungen kann vom Notar Schadensersatz verlangt werden, wenn er eine
gegenüber einem Beteiligten bestehende Amtspflicht verletzt und ihn dadurch
schuldhaft geschädigt hat, sofern keine Haftungsausschließungsgründe eingreifen.
Geschützte Dritte, denen gegenüber der Beklagte Amtspflichten zu erfüllen hatte,
waren die Urkundsbeteiligten A., B. und C.. Diese drei Urkundsbeteiligten haben
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waren die Urkundsbeteiligten A., B. und C.. Diese drei Urkundsbeteiligten haben
ihre gegen den Beklagten gerichteten Schadensersatzansprüche an den Kläger
abgetreten, so dass der Kläger aktivlegitimiert ist.
2. Das Landgericht hat entgegen der Auffassung der Berufung zu Recht
entschieden, dass der Beklagte seine Pflicht zur Aufklärung des der Beurkundung
zugrunde liegenden Sachverhalts und zur Belehrung der Urkundsbeteiligten
zumindest fahrlässig verletzt hat.
Nach § 17 BeurkG soll der Notar den Willen der Beteiligten erforschen, den
Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts
belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift
wiedergeben. Dabei soll er darauf achten, dass Irrtümer und Zweifel vermieden
sowie unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden.
Bestehen Zweifel, ob das Geschäft dem Gesetz oder dem wahren Willen der
Beteiligten entspricht, muss der Notar Bedenken mit den Beteiligten erörtern.
Diese Amtspflicht soll gewährleisten, dass der Notar eine rechtswirksame Urkunde
errichtet, die dem wahren Willen der Beteiligten entspricht.
Der Notar kann den Willen der Beteiligten nur dann rechtlich zutreffend erfassen
und in die passende Form kleiden, wenn er den zugrunde liegenden Sachverhalt
kennt. Deshalb muss er den Tatsachenkern des zu beurkundenden Geschäfts
aufklären. Er hat ihm vorgelegte Unterlagen zu prüfen, soweit diese für den zu
beurkundenden Vertrag von Bedeutung sind. Dies gilt auch für die Prüfungs- und
Belehrungspflicht des § 17 BeurkG, weil diese nur bei Kenntnis des Sachverhalts
ordnungsgemäß erfüllt werden kann. Eine regelungsbedürftige Frage muss der
Notar auch ungefragt ansprechen, dazu den Willen der Parteien in Erfahrung
bringen, die notwendigen Belehrungen erteilen und bei Bedarf entsprechende
Regelungen vorschlagen. Der Notar darf nicht erwarten, dass die Beteiligten diese
Fragen selbst erkennen und zur Erörterung stellen. Dies bedeutet aber nicht, dass
der Notar verpflichtet ist, „ins Blaue hinein“ ohne Rücksicht auf ein schutzwürdiges
Interesse der Beteiligten zu belehren. Die Belehrungspflicht des Notars erstreckt
sich insbesondere auf Umstände, die geeignet sind, das erstrebte Ziel zu
gefährden. Auf die Richtigkeit tatsächlicher Angaben der Beteiligten darf der Notar
grundsätzlich vertrauen. Soweit die Beteiligten aber Rechtsverhältnisse schildern,
kann der Notar sich nicht darauf verlassen, dass die Äußerungen rechtsunkundiger
Personen die Rechtsverhältnisse zuverlässig wiedergeben (BGH NJW 1991, 1346,
1347; 1993, 2744, 2745; 1995, 330, 331; 1996, 520, 521 und 524, 525).
Wenn eine GmbH, der die Gesellschafter bereits Darlehen gewährt haben, in
finanzielle Schwierigkeiten gerät, wird häufig der Versuch unternommen, die
finanzielle Situation der GmbH dadurch zu verbessern, dass
Gesellschafterdarlehen in haftendes Stammkapital umgewandelt werden. Die
Umwandlung von Gesellschafterdarlehen in Stammkapital führt bei einer
überschuldeten GmbH zu einer Nachzahlungspflicht der Gesellschafter bis zur
Höhe der übernommenen neuen Stammeinlage, wenn die übernommene
Stammeinlage aufgrund der Überschuldung der GmbH nicht vollwertig ist. Diese
Rechtslage hat das Landgericht auf Seite 11 des angefochtenen Urteils zutreffend
dargestellt.
Wenn die Gesellschafter einer GmbH einen Kapitalerhöhungsbeschluss fassen und
Gesellschafterdarlehen in Stammeinlagen umwandeln wollen, besteht im Regelfall
für den Notar Anlass, die Vollwertigkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs zu
klären und die Beteiligten darüber zu belehren, dass bei einer unterkapitalisierten
GmbH eine Nachschusspflicht wegen der übernommenen neuen Stammeinlage
auf die Gesellschafter zukommen kann (BGH NJW 1996, 524, 525; OLG Düsseldorf
NJW 1995, 1761). Der Beklagte stellt nicht in Abrede, dass den Notar eine
entsprechende Aufklärungs- und Belehrungspflicht treffen kann. Er wendet lediglich
ein, dass im konkreten Fall keine Belehrungspflicht bestanden habe, weil die
Gesellschafter aufgrund vorangegangener Beratungen durch beteiligte Banken,
durch ihren Steuerberater sowie durch ihren Rechtsanwalt ausreichend über die
Rechtslage in Kenntnis gesetzt worden seien.
Zu den Amtspflichten des Notars gehört es, dass er sich darüber vergewissert, ob
die Beteiligten bestimmte Regelungen bewusst oder in Unkenntnis der Rechtslage
getroffen haben (BGH NJW 1994, 2283). Allerdings braucht der Notar nicht die
wirtschaftlichen Überlegungen, die einem Vertragsschluss zugrunde liegen, zu
erforschen (BGH NJW 1991, 1346, 1347). Die Belehrungspflicht entfällt lediglich
dann, wenn der Notar sich zuverlässig davon überzeugt hat, dass die Beteiligten
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dann, wenn der Notar sich zuverlässig davon überzeugt hat, dass die Beteiligten
sich über die rechtliche Tragweite ihrer Erklärungen und das damit verbundene
Risiko vollständig im Klaren sind. Für die Voraussetzungen des Entfallens der
notariellen Belehrungspflicht ist der Notar beweispflichtig, weil es sich um eine
Ausnahme der gesetzlich geregelten Belehrungspflicht handelt (BGH NJW 1995,
330, 331; 1996, 522, 523).
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte die Beteiligten anlässlich
der Beurkundung des Kapitalerhöhungsbeschlusses über das Risiko der
Nachschusspflicht bei Umwandlung eines nicht vollwertigen
Gesellschafterdarlehens nicht belehrt hat. Der Beklagte hat deshalb den Beweis
der fehlenden Belehrungsbedürftigkeit der Beteiligten zu führen.
Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Beklagte den Beweis einer
fehlenden Belehrungsbedürftigkeit der Beteiligten nicht geführt hat, so dass der
Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an das Ergebnis der erstinstanzlichen
Beweiserhebung gebunden ist. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der
Richtigkeit oder Vollständigkeit entscheidungserheblicher Feststellungen
begründen, sind nicht vorhanden.
Die Zeugin F., die als Bankkauffrau mit der Finanzierung der in Schwierigkeiten
geratenen GmbH befasst war, konnte sich nicht daran erinnern, ob über die
Werthaltigkeit eingebrachter Darlehen und eine mögliche Nachschusspflicht
gesprochen wurde. Auch der von der Zeugin gefertigte Besprechungsvermerk der
G-bank vom 30.07.1996 (Bl. 336 - 338 d.A.) lässt nicht darauf schließen, dass die
Rechtsfolgen der Umwandlung eines nicht werthaltigen Gesellschafterdarlehens in
eine Stammeinlage Gegenstand der Besprechung war. Nach diesem
Besprechungsvermerk wurde die wirtschaftliche Situation der GmbH erörtert.
Hierzu gehörte auch die Tilgung von Gesellschafterdarlehen des ausgeschiedenen
Gesellschafters H.. Nach Seite 2 dieses Vermerks (Bl. 337 d.A.) wurde lediglich ein
Modell „angedacht“, das nicht einmal die am 10.07.1996 beurkundete
Kapitalerhöhung betraf. Auch wegen dieser Kapitalerhöhung fehlt eine Belehrung
über die Umwandlung eines nicht vollwertigen Gesellschafterdarlehens in
Haftungskapital.
Auch die seinerzeitige Gesellschafterin A. hat in ihrer Zeugenvernehmung
bestätigt, über die Nachschusspflicht nicht belehrt worden zu sein. Nach dem
Beweisbeschluss des Landgerichts vom 27.08.2004 ist die Zeugin A. darüber
vernommen worden, ob sie am 20.06.1996 bei den Verhandlungen mit der
Bürgschaftsbank über die Folge der Nachschusspflicht bei nicht gegebener
Werthaltigkeit der eingebrachten Darlehensforderungen unterrichtet worden sei.
Diese Frage hat die Zeugin verneint und zusätzlich darauf hingewiesen, dass sie
bei einer derartigen Belehrung Konkurs angemeldet hätte.
Im Vorprozess 5 U 83/00 hat der 5. Zivilsenat aufgrund einer Beweisaufnahme
durch Urteil vom 20.09.2001 ausgeführt, es sei nicht bewiesen, dass der
Steuerberater D. den Umwandlungsbeschluss veranlasst habe. Es ist demzufolge
anzunehmen, dass der Steuerberater D. die Gesellschafter über die Rechtsfolgen
der Umwandlung von Darlehen in Stammkapital nicht belehrt hat. Dieses Urteil ist
rechtskräftig geworden, denn der Beklagte, dem im Vorprozess der Streit
verkündet worden war, hat trotz der ihm vom Kläger mit Schreiben vom
09.10.2001 mitgeteilten Möglichkeit, gegen das Urteil des 5. Zivilsenats Revision
einlegen zu können, hiervon keinen Gebrauch gemacht. Deshalb ist die Annahme
gerechtfertigt, dass der Beklagte, dem das Urteil des Vorprozesses übersandt
worden war, keine Erfolgsaussichten für die Einlegung der Revision annahm und
somit auch bereit war, das Ergebnis der Beweisaufnahme hinzunehmen.
Der ebenfalls vom Landgericht vernommene Zeuge E. hat bekundet, er sei im
Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung vom 10.07.1996 nicht befasst gewesen
und habe deshalb auch nicht über die Nachschusspflicht belehrt. Zweifel an der
Richtigkeit dieser Aussage ergeben sich nicht aus dem vom Zeugen E.
angefertigten Schaubild (Bl. 121 d.A.), denn dort werden lediglich Darlehens- und
Vermögensverhältnisse dargestellt. Ein konkreter Bezug zu einer beabsichtigten
Kapitalerhöhung geht aus dem Schaubild nicht hervor.
3. Das Landgericht hat weiterhin zutreffend ausgeführt, dass die Pflichtverletzung
des Beklagten für den eingetretenen Schaden der Gesellschafter ursächlich
geworden ist.
Ob die Ursächlichkeit zwischen Pflichtverletzung und eingetretenem Schaden
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Ob die Ursächlichkeit zwischen Pflichtverletzung und eingetretenem Schaden
besteht, richtet sich danach, welchen Verlauf die Dinge bei ordnungsgemäßer
Erfüllung der notariellen Amtspflichten genommen hätten. Wenn ein
Gesellschafter, der eine nicht werthaltige Darlehensforderung in eine
Stammeinlage umwandeln will, nicht in der Lage oder willens ist, einer Pflicht zur
Nachentrichtung der übernommenen Stammeinlage nachzukommen, spricht dies
dafür, dass ein Kapitalerhöhungsbeschluss bei Kenntnis der Nachschusspflicht
nicht getroffen worden wäre (BGH NJW 1996, 524, 525). Die Abtretungen der
Regressforderungen der Gesellschafter wegen fehlender Zahlungsfähigkeit zeigen
deutlich, dass die Gesellschafter mangels eigener finanzieller Mittel an einem
Kapitalerhöhungsbeschluss nicht mitgewirkt hätten. Dies wird auch durch die
Aussage der Zeugin A. bestätigt, wonach sie in Kenntnis der Nachschusspflicht
einen Konkursantrag für die GmbH gestellt hätte. Es ist deshalb unerheblich, ob
eine positive Entwicklung der GmbH erwartet wurde oder mögliche
Kaufinteressenten vorhanden waren, denn diese ungewissen Aussichten hätten die
Zeugin A. von der Stellung eines Konkursantrages angesichts der hohen
Überschuldung der GmbH nicht abhalten können, zumal die Zeugin A. sich als
Geschäftsführerin hätte schadensersatzpflichtig machen können, wenn sie den
Konkursantrag trotz Konkursreife nicht gestellt hätte. Unter diesen Umständen
bestehen keine Zweifel daran, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss bei
ordnungsgemäßer Belehrung unterblieben wäre.
4. Der Schaden der Zedenten besteht darin, dass sie infolge der unzureichenden
Belehrung über die Unzulässigkeit der Aufrechnung einer nicht werthaltigen
Darlehensforderung gegen den Anspruch auf Einzahlung der erhöhten
Stammeinlage mit einer Nachschusspflicht belastet wurden. Bei
ordnungsgemäßer Belehrung wäre die Kapitalerhöhung unterblieben und das
Vermögen der Zedenten nicht mit dieser Forderung belastet worden. Bei einem
sofortigen Konkursantrag wäre diese Forderung nicht entstanden.
Das Landgericht hat die Schadensersatzforderung um eine voraussichtliche
Konkursquote gekürzt. Ob dies zulässig war oder wegen der Regelung des § 32 a
GmbHG das Darlehen ohnehin wie Haftkapital hätte behandelt werden müssen,
kann offen bleiben. Bei der voraussichtlichen Konkursquote handelt es sich um
eine im Rahmen der Vorteilsanrechnung zu berücksichtigende Vermögensposition,
für die der Beklagte beweispflichtig ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die
Konkursquote höher als vom Landgericht angenommen ausfallen würde. Bei einer
niedrigeren oder gänzlich entfallenden Konkursquote ist der Kläger durch den
Feststellungsantrag geschützt. Im Hinblick auf die teilweise Klageabweisung ist das
Feststellungsinteresse gegeben, weil die Entstehung eines künftigen Schadens
möglich ist.
5. Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit gegen die beteiligten Banken besteht
entgegen der Auffassung der Berufung nicht, weil die Banken nicht verpflichtet
waren, die Gesellschafter über die Gestaltung der Kapitalerhöhung zu beraten.
Dies war allein Aufgabe des Beklagten. Die Beweisaufnahme hat auch nicht
ergeben, dass die Banken einen unrichtigen Rat gegeben hätten, für den sie, auch
wenn keine Beratungspflicht bestand, hätten haften können.
Auch der Steuerberater D. war weder zur gesellschaftsrechtlichen Beratung
verpflichtet noch hat er insoweit unrichtig beraten. Dies hat die Beweisaufnahme
des Vorprozesses, in dem dem Beklagten der Streit verkündet wurde, ergeben.
Gegen Rechtsanwalt bestand ebenfalls kein Schadensersatzanspruch, weil die
Beratung über die geplante Kapitalerhöhung nicht Gegenstand seines Mandats
war und auch kein Anlass bestand, die Zedenten über die geplante
Kapitalerhöhung zu beraten. Im Rahmen des ihm erteilten Mandats musste
Rechtsanwalt E. nicht damit rechnen, dass die Zedenten sich in Unkenntnis der
Rechtsfolgen der Umwandlung eines Gesellschafterdarlehens in eine
Stammeinlage Schaden zufügen könnten.
Gegenüber der Geschäftsführerin A. bestand kein Schadensersatzanspruch wegen
eines verspäteten Konkursantrags oder wegen unrichtiger Angaben im
Kapitalerhöhungsbeschluss und der darauf folgenden Registeranmeldung. Die von
ihr abgegebenen Erklärungen beruhten darauf, dass der Beklagte ihr die
verwendeten Rechtsbegriffe nicht ausreichend erklärt hatte und demzufolge die
tatsächlich nicht gewollten Erklärungen abgegeben wurden, die in die vom
Beklagten entworfenen Urkunden aufgenommen wurden. Hinzu kommt, dass der
Beklagte auch gegenüber der Geschäftsführerin A. seine Aufklärungspflicht
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Beklagte auch gegenüber der Geschäftsführerin A. seine Aufklärungspflicht
verletzt und sich ihr gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht hat. Eine
anderweitige Ersatzmöglichkeit scheidet aus, wenn der Notar einen Geschädigten
darauf verweist, gegen einen anderen Urkundsbeteiligten
Schadensersatzansprüche geltend zu machen und der Notar in diesem Fall dem
anderen Urkundsbeteiligten gegenüber schadensersatzpflichtig wäre (BGH NJW-RR
2004, 1704, 1705).
6. Die Schadensersatzforderung ist nicht gemäß § 254 BGB wegen eines
mitwirkenden Verschuldens der Zedenten zu kürzen.
Die Belehrung des Notars über die Folgen der Einbringung einer nicht werthaltigen
Darlehensforderung in einen Kapitalerhöhungsbeschluss gehört zu den
Aufklärungspflichten des Notars, die wegen der Unkenntnis der Urkundsbeteiligten
über die rechtlichen Zusammenhänge einer derartigen Kapitalerhöhung
erforderlich ist. Wenn Urkundsbeteiligte infolge einer unterbliebenen Belehrung die
Rechtsverhältnisse nicht zutreffend darstellen können, kann ihnen dies nicht als
Mitverschulden angerechnet werden.
Ein Mitverschulden besteht auch nicht darin, dass die Zedenten es unterlassen
haben, ihren Kapitalerhöhungsbeschluss anzufechten und die
Handelsregistereintragung zu verhindern. Es ist nicht ersichtlich, dass den
Beteiligten in der kurzen Zeit zwischen dem Kapitalerhöhungsbeschluss am
10.07.1996 und der Eintragung im Handelsregister am 22.07.1996 die rechtlichen
Zusammenhänge bekannt geworden sind. Sollte in diesen unterbliebenen
Handlungen ein Rechtsbehelf im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB gesehen werden,
führt dies aus den vorgenannten Gründen ebenfalls nicht zum
Haftungsausschluss.
7. Der Beklagte hat sich wegen der Schäden, die Gegenstand des hilfsweisen
Feststellungsantrags sind, auf die Einrede der Verjährung berufen. Die Einrede der
Verjährung greift nicht durch, weil die Klageschrift rechtzeitig eingereicht wurde
und der Kläger den hilfsweise geltend gemachten Feststellungsantrag lediglich auf
bereits bezifferte Schadensersatzansprüche beschränkt hat, so dass keine
Änderung des Streitgegenstands eintrat. Soweit lediglich einzelne
Schadenspositionen im Rahmen eines einheitlichen Schadensersatzanspruchs
ausgetauscht werden, ist dies für die Verjährungsunterbrechung unschädlich.
8. Der Einwand der Berufung, dass der auf Seite 8 des angefochtenen Urteils
wiedergegebene hilfsweise gestellte Feststellungsantrag vom Wortlaut des Tenors
abweicht, ist begründet. Das Landgericht wollte im Rahmen des Hilfsantrags die
noch im weiteren Verlauf des Konkursverfahrens sich ergebenden Schäden
erfassen. Soweit der Urteilstenor über den Hilfsantrag (Bl. 321 d.A.)
möglicherweise hinausgeht, liegt lediglich eine sprachliche Abweichung vor. Diese
Abweichung kann durch eine Berichtigung des Urteilstenors nach § 319 ZPO richtig
gestellt werden. Für die Urteilsberichtigung nach § 319 ZPO ist auch das
Berufungsgericht während des laufenden Berufungsverfahrens zuständig (Zöller-
Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., Rz. 22 zu § 319). Die im Urteilstenor vorhandene und
im Feststellungsantrag fehlende Angabe der UR-Nr. hat der Senat bei der
Richtigstellung des Feststellungsantrags beibehalten, weil dies der Kennzeichnung
des Feststellungsanspruchs dienlich ist.
9. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO, 63
Abs. 2 GKG. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht dem unbeanstandet
gebliebenen erstinstanzlichen Streitwertfestsetzungsbeschluss.
Ein Anlass zur Zulassung der Revision ist nicht ersichtlich.