Urteil des OLG Saarbrücken vom 31.03.2004

OLG Saarbrücken: firma, geschäftsführung ohne auftrag, ware, einfuhrzoll, cmr, nicht beteiligter dritter, lieferung, tochtergesellschaft, verzollung, frachtbrief

OLG Saarbrücken Urteil vom 31.3.2004, 5 U 527/02 - 64
Zu den Voraussetzungen von Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag und zum
Gesamtschuldnerausgleich bei Zahlung auf Steuerschulden aus dem T1-Verfahren nach
dem Zollkodex
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen von Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag und zum
Gesamtschuldnerausgleich bei Zahlung auf Steuerschulden aus dem T1-Verfahren nach
dem Zollkodex.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom
6.8.2002 (9 O 234/00) teilweise abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit die
Beklagte zur Zahlung von mehr als 73.124,00 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 30.7.1999
verurteilt worden ist.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 35/100 und die Beklagte zu 65/100.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung jeweils durch
Sicherheitsleistung von 115 % des für sie aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages
abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115
% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A.
Die Beklagte bezog 1997 von der Streitverkündeten Energiesparlampen aus dem Fernen
Osten in zwei Lieferungen, die in Containern auf dem Seeweg bis R. befördert wurden. Die
weitere Abwicklung des Transports einschließlich der Zollangelegenheiten ab R. war
Aufgabe der Firma I. Internationale Speditionsgesellschaft mbH,.
Diese beauftragte am 6.5.1997 die Firma (Deutschland) GmbH mit dem Weiterlauf eines
Containers mit 2614 Kartons Energiesparlampen per Truck (Bl. 7 d. A.). Bezüglich der
Zollformalitäten lauteten die Instruktionen der Firma I. für die (Deutschland): "Verzollung:
Hausverzollung durch den Empfänger". Die Ware wurde deshalb unverzollt als so genannte
Nichtgemeinschaftsware nach Deutschland befördert. Dafür wurde ein externes
Versandverfahren nach Art. 91 Zollkodex mittels Einreichung eines T1-Versandscheins Nr.
vom 7.5.1997 (Bl. 10 d. A.) eröffnet. Ebenso wurde bei einem weiteren Transport von
1020 Kartons Energiesparlampen an die Beklagte verfahren (T1-Versandschein Nr. vom
16.6.1997, Bl. 170 d. A.). Zur Erledigung der Versandscheinverfahren hätte die Ware in
beiden Fällen an der Bestimmungszollstelle in Deutschland in den zollrechtlich freien
Verkehr überführt und einfuhrverzollt werden müssen. Dies ist nicht geschehen.
Der Beklagten wurde allerdings von der Firma I. am 9.5.1997 für die Lieferung von 2614
Kartons Energiesparlampen auf der Basis eines Warenwertes von 318.500 USD 15 %
Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 82.369,87 DM in Rechnung gestellt (Bl. 11 d. A.), die sie
per Scheck (Bl. 56 d. A.) an die Firma I. bezahlte. Unter dem 17.6.1997 berechnete die
Firma I. der Beklagten für die Lieferung von 1020 Kartons Energiesparlampen auf der Basis
eines Warenwertes von 295.737,60 USD 15 % Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von
75.302,85 DM (Bl. 254 d. A.), die die Beklagte ebenfalls an die Firma I. bezahlte.
Inzwischen ist die Firma I. insolvent.
Im vorliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin die Erstattung von Einfuhrabgaben für die
beiden streitgegenständlichen Lieferungen in Höhe von 247.653,10 hfl (112.380,08 EUR)
nebst Zinsen geltend, nachdem sie die Beklagte mit Schriftsatz ihres
Prozessbevollmächtigten vom 26.7.1999 (Bl. 15 f. d. A.) vergeblich zur Zahlung dieses
Betrags aufgefordert und der Beklagten unter dem 30.9.1999 zwei Rechnungen über
Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 164.839,20 hfl (Bl. 27 d. A.) und 38.191,70 hfl (Bl. 28
d. A.) ausgestellt hatte.
Die Klägerin hat behauptet, bei der (Deutschland) GmbH handele es sich um ihre
Tochtergesellschaft. Sie selbst habe – vertreten durch ihre weitere Tochtergesellschaft
Benelux n. v. – das externe Versandverfahren eröffnet. Deshalb sei sie – wiederum
vertreten durch die Benelux n. v. - wegen der Nichterledigung des T1-Versandscheins Nr.
von den niederländischen Zollbehörden auf der Basis eines geschätzten Warenwertes von
905.709,00 hfl auf Zahlung von Einfuhrabgaben in Höhe von 201.067,60 hfl, nämlich 4 %
= 36.228,40 hfl Einfuhrzoll und 17,5 % von Warenwert zuzüglich Einfuhrzoll = 164.839,20
hfl Umsatzsteuer in Anspruch genommen worden (Zollbescheid vom 1.7.1998, Bl. 8 f. d.
A., mit Anlage Bl. 135 f. d. A.). Wegen der Nichterledigung des T1-Versandscheins Nr. habe
sie auf der Basis eines geschätzten Warenwertes von 209.844,00 hfl einen Zollbescheid
(vom 11.8.1998, Bl. 12 d. A., mit Anlage Bl. 137 f. d. A.) über Einfuhrabgaben in Höhe von
46.585,50 hfl, davon 8.393,80 hfl Einfuhrzoll und 38.191,70 hfl Umsatzsteuer erhalten.
Diese Beträge habe sie am 26.2.1999 bezahlt (Bl. 55 d. A. und 150 d. A.). Die Klägerin
hat weiter behauptet, die Firma I. sei im Auftrag der Beklagten tätig geworden, die die
Ware von der Streitverkündeten auf der Basis "FOB asian port" erhalten habe.
Die Beklagte hat bestritten, dass die von der Klägerin vorgelegten Zollbescheide die
streitgegenständlichen Lieferungen und T1-Versandscheine betreffen. Weiter hat sie
bestritten, vertragliche Beziehungen zur Firma I. unterhalten zu haben. Sie hat behauptet,
sie habe die Energiesparlampen von der Streitverkündeten "frei P." (DDP P.) gekauft. Diese
habe deshalb die Firma I. beauftragt. Die Firma I. habe die Kosten für den
Verzollungsvorgang auch der Streitverkündeten in Rechnung gestellt. Außerdem hat die
Beklagte die Auffassung vertreten, die Klägerin hätte Einspruch gegen die Zollbescheide
einlegen und die Zollbehörden an die Firma I. bzw. die Streitverkündete verweisen sowie
verhindern müssen, dass den Zollbescheiden ein überhöhter geschätzter Warenwert
zugrunde gelegt worden sei. Sie hat behauptet, die Streitverkündete habe ihr für die
Lieferungen 318.500 USD (Rechnung vom 7.3.1997, Bl. 85 d. A.) bzw. 295.737,60 USD
(Rechnung vom 28.4.1997, Bl. 83 d. A.) berechnet. Schließlich hat die Beklagte die Einrede
der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme in vollem Umfang stattgegeben. Zur
Begründung ist ausgeführt: Der Klägerin stehe gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf
Erstattung der Aufwendungen für die Steuerbescheide Nr. vom 1.7.1998 in Höhe von
201.067,60 hfl und Nr. vom 11.8.1998 in Höhe von 46.585,50 hfl wegen Nichterledigung
der T1-Dokumente vom 7.5.1997 und vom 16.6.1997 aus §§ 670, 683 Satz 1 BGB zu.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme seien die zugrunde liegenden T1-
Versandverfahren von der Klägerin eröffnet und die Zollbescheide von der Klägerin
beglichen worden. Die Klägerin habe mit der Zahlung zwar eine eigene Steuerschuld erfüllt,
damit aber zugleich ein Geschäft der Beklagten geführt. Aufgrund der Nichterledigung der
beiden T1-Versandverfahren sei klar gewesen, dass die Klägerin die Abgaben für denjenigen
entrichtete, der nach den Vereinbarungen zwischen der Beklagten und deren Lieferantin die
Abgaben tragen sollte bzw. die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer im Wege des
Vorsteuerabzugs geltend machen konnte. Immerhin habe die Klägerin sich nach der
Zahlung an die Beklagte gewandt und ihr angeboten, die zur Vergütung der
Einfuhrumsatzsteuer erforderlichen Belege und Formulare zu beschaffen.
Die Geschäftsführung habe auch dem Interesse der Beklagten entsprochen. Bei der durch
die Firma I. erfolgten Beauftragung der deutschen Tochtergesellschaft der Klägerin, der
(Deutschland) GmbH, mit dem Weitertransport des Containers von R. zur Beklagten
mittels Lastkraftwagen habe es ausdrücklich geheißen: "Verzollung: Hausverzollung durch
den Empfänger". Die Beklagte habe ausweislich von Vermerken auf Rechnungen der Firma
I. tatsächlich an diese Einfuhrumsatzsteuer gezahlt. Dazu hätte es bei Vereinbarung einer
Lieferung DDP (= Delivered Duty Paid = geliefert und verzollt) keine Veranlassung gegeben.
Sie habe weiter das Hauptzollamt S. auf eine Anfrage vom 1.10.1998 (Bl. 65 d. A.)
betreffend die Versandscheinnummer nicht an ihre Lieferantin verwiesen, sondern mit
Schreiben vom 10.2.1999 (Bl. 67 d. A.) mitgeteilt, das sie die Einfuhrumsatzsteuer an die
Firma I. gezahlt habe. Dies belege die Verpflichtung der Beklagten, die Einfuhrumsatzsteuer
zu tragen. Der Zeuge B. habe zwar ausgesagt, zwischen der Streitverkündeten und der
Beklagten sei Lieferung "DDP P." vereinbart gewesen. Dies stehe jedoch einem Interesse
der Beklagten an der Zahlung der Klägerin nicht entgegen. Da sich die Beklagte auf eine
solche Verfahrensweise eingelassen habe, müsse sie sich gegenüber Dritten, insbesondere
der Klägerin an dem gesetzten Rechtsschein festhalten lassen, weil ein an der Abrede mit
der Streitverkündeten nicht beteiligter Dritter in Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte
habe annehmen dürfen, dass die Beklagte zur Zahlung der Einfuhrabgaben verpflichtet
gewesen sei. Im übrigen habe die Beklagte die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer im Sinne
von § 684 Satz 2 BGB genehmigt, indem sie die beiden Lieferungen und die erforderlichen
Unterlagen für die Finanzbehörden entgegen genommen habe, die ihr nach einem
Schreiben der Firma T. E. Int. vom 26.1.1999 (Bl. 58 d. A.) und ihrem eigenen Schreiben
an das Hauptzollamt S. vom 28.1.1999 (Bl. 66 d. A.) auf Verlangen zur Verfügung gestellt
worden seien.
Die Klägerin habe die Zahlungen auf die Zollbescheide in vollem Umfang für erforderlich
halten dürfen. Der Umsatzsteuersatz in den Niederlanden habe nach einer Bestätigung des
Steueramts H. (Bl. 152 d. A.) im Mai/Juni 1997 17,5 % betragen. Für die gelieferte Ware
habe nach einer Mitteilung der Zentralen Zollauskunftsstelle beim Hauptzollamt F. a. M. (Bl.
130 d. A.) ein Drittlandszollsatz von 4 % gegolten; bei Vorlage eines Ursprungszeugnisses
Form A sei der Präferenzzollsatz "frei" angewandt worden. Anhaltspunkte für einen
niedrigeren als den zugrunde gelegten Warenwert hätten für die Klägerin nicht bestanden.
Sie treffe auch kein Mitverschulden (§ 254 BGB) an der Entstehung der Aufwendungen.
Einsprüche gegen die Zollbescheide hätten keinen Erfolg gehabt, weil die Klägerin
Hauptverpflichtete aus dem externen Versandverfahren gewesen sei. Die Zollpräferenz
"frei" hätte nur in Anspruch genommen werden können, wenn die Ware gemäß Art. 201
Zollkodex durch Anmeldung in den zollrechtlich freien Verkehr überführt worden wäre.
Dass dies nicht geschehen sei, könne nicht der Klägerin angelastet werden. Der Anspruch
der Klägerin sei auch nicht verjährt. Da sie als Grenzspediteurin an der Beförderung der
Ware in keiner Weise beteiligt gewesen sei, finde nicht die kurze Verjährungsfrist des Art.
32 CMR Anwendung, sondern richte sich die Verjährung nach § 195 BGB a. F.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin die
vollständige Abweisung der Klage begehrt. Sie behauptet erneut, die von der Klägerin
beglichenen Zollbescheide hätten mit den T1-Dokumenten für die streitgegenständlichen
zwei Lieferungen nichts zu tun. Das ergebe sich daraus, dass der Warenwert mit der
festgestellten Steuerschuld nicht in Einklang zu bringen sei. Die Beklagte ist der Auffassung,
die Klägerin habe kein "Auch-fremdes-Geschäft" für sie geführt, sondern nur eine eigene
Steuerschuld und ihre Verpflichtung gegenüber der Firma I. erfüllt. Im Übrigen habe sie, die
Beklagte, kein Interesse an der Eröffnung des T1-Versandverfahrens durch die Klägerin
gehabt. Die Beklagte behauptet, die für die Rückholung der Steuer erforderlichen Original-
Dokumente oder Ersatzbelege seien ihr zu keiner Zeit zur Verfügung gestellt worden, sie
habe insbesondere niemals die T1-Versandscheine erhalten. Außerdem hält die Beklagte an
ihrer erstinstanzlichen Behauptung fest, nach dem Liefervertrag mit der Streitverkündeten
sei diese und nicht sie selbst zur Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer verpflichtet gewesen.
Den Zollbehörden gegenüber sei deshalb, so meint die Beklagte, nur die Streitverkündete
verpflichtet gewesen. Im übrigen habe die Klägerin ihre Pflichten gegenüber der Beklagten
verletzt, weil sie nicht zeitnah die Firma I. in Anspruch genommen habe, nicht verhindert
habe, dass es zu einem Strafzoll gekommen sei, nicht wegen der zu hohen Schätzung des
Warenwertes Einspruch gegen den Steuerbescheid eingelegt und ihr das für eine
Umsatzsteuererstattung erforderliche T1-Formular nicht übersandt habe. Deshalb hat die
Beklagte auch hilfsweise gegenüber etwaigen Ansprüchen der Klägerin die Aufrechnung mit
einem Schadensersatzanspruch erklärt.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken (9 0
234/00) vom 6.8.2002 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beruft sich darüber hinaus auf einen
Ausgleichsanspruch aus § 426 BGB, weil zwischen ihr und der Beklagten nach Art. 213
Zollkodex eine Gesamtschuld bestanden habe.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen D. H. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17.3.2004 (Bl.
362 ff. d. A.) verwiesen. Im Übrigen wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils
und die von der Klägerin im Berufungsrechtszug vorgelegte Kopie der Akten 30 Js 466/01
der Staatsanwaltschaft Aachen Bezug genommen.
B.
Die Berufung ist zum überwiegenden Teil unbegründet. Die Klägerin hat gegenüber der
Beklagten Anspruch auf Erstattung von 161.144,08 hfl = 73.124,00 EUR nebst Zinsen. Im
Übrigen hat die Berufung Erfolg und war die Klage abzuweisen.
I. Bedenken bestehen gegen die Auffassung des Landgerichts, die Beklagte hafte für die
von der Klägerin aufgewandten Einfuhrabgaben aus §§ 670, 683 Satz 1 BGB, weil die
Klägerin durch die Zahlung auf die Zollbescheide der niederländischen Zollbehörden vom
1.7.1998 und 11.8.1998 ein Geschäft der Beklagten geführt habe und die Übernahme der
Geschäftsführung dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprochen
habe.
1. Zweifelhaft ist schon die Annahme, die Klägerin habe mit der Zahlung im Sinne von §
677 BGB ein Geschäft für die Beklagte besorgt, weil sie die Abgaben für die Beklagte
entrichtet habe, die nach dem Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Streitverkündeten
die Einfuhrumsatzsteuer habe zahlen bzw. im Wege des Vorsteuerabzugs habe geltend
machen sollen. Ein Geschäft für einen anderen besorgt, wer ein Geschäft nicht (nur) als
eigenes, sondern (auch) als fremdes führt, also in dem Bewusstsein und mit dem Willen,
zumindest auch im Interesse eines anderen zu handeln (BGH, U. v. 23.9.1999 – III ZR
322/98, NJW 2000, 72 unter II 2 a). In erster Linie hat die Klägerin mit der Zahlung auf die
Zollbescheide eine eigene Verpflichtung gegenüber den niederländischen Zollbehörden
erfüllt. Als Inhaberin des externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens war sie gemäß
Art. 96 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/02 des Rates vom 12. Oktober
1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK) verpflichtet, die im
Versandverfahren beförderten Waren innerhalb der vorgeschriebenen Frist der
Bestimmungszollstelle zu gestellen. Da diese Pflicht nicht erfüllt worden ist, entstand
gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 ZK eine eigene Zollschuld der Klägerin. Außerdem
wurde sie gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 ZK auch Schuldnerin der
Einfuhrumsatzsteuer, weil für die Einfuhrumsatzsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 13 Abs.
3, § 21 Abs. 2 UStG die Vorschriften über Zölle sinngemäß gelten (vgl. BFH, U. v.
13.11.2001 – VII R 88/00, BFHE 196, 383 unter II 1 und 2).
In Betracht kommt deshalb nur ein auch fremdes Geschäft. Dabei scheidet als
Anknüpfungspunkt für ein auch fremdes Geschäft aus, dass die Beklagte nach Art. 204
Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3, Art. 213 ZK in Verbindung mit Art. 96 Abs. 2 ZK neben der
Klägerin gegenüber den niederländischen Zollbehörden als Gesamtschuldnerin für die
Zollschuld und die Einfuhrumsatzsteuerschuld haftete (s. dazu unten unter II 2). Der
Ausgleich unter Gesamtschuldnern ist in § 426 Abs. 1 BGB speziell geregelt. Eine solche
Sonderregelung schließt die Anwendbarkeit der §§ 677 ff. BGB aus (vgl. BGH, U. v.
4.7.1963 – VII ZR 41/62, NJW 1963, 2067, 2068; Palandt/Sprau, BGB 63. Aufl., § 677 Rn.
7a).
Das Landgericht hat das Vorliegen eines auch fremden Geschäfts angenommen, weil die
Klägerin die Zollschuld für die Beklagte als diejenige entrichtet habe, die im Innenverhältnis
zum Lieferanten, der Streitverkündeten, die anfallende Einfuhrumsatzsteuer habe tragen
sollen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (U. v. 23.9.1999, a.a.O.) ist zu
unterscheiden zwischen objektiv und subjektiv auch fremden Geschäften. Bei ersteren wird
der Fremdgeschäftsführerwille ebenso wie beim ausschließlich fremden Geschäft
vermutet. Objektiv eigene oder neutrale Geschäfte erhalten dagegen ihren Fremdcharakter
erst durch den Willen des Geschäftsführers (auch) zu einer Fremdgeschäftsführung. Für
das Vorliegen eines objektiv auch fremden Geschäfts genügt, dass das Geschäft seiner
äußeren Erscheinung nach nicht nur dem Besorger, sondern auch einem Dritten zugute
kommt (BGH, a.a.O.). Ob die Zahlung der Klägerin auf die ihr gegenüber ergangenen
Zollbescheide der Beklagten objektiv zugute kam, weil diese im Innenverhältnis gegenüber
der Streitverkündeten zur Übernahme der Einfuhrumsatzsteuer verpflichtet war, ist
bezogen auf den Zeitpunkt der Zahlung fraglich. Die Beklagte hatte zu dieser Zeit die Ware
bereits erhalten. Zur Abwicklung der Lieferverpflichtung der Streitverkündeten war also die
Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer nicht mehr erforderlich. Es bestand auch keine
Verpflichtung der Beklagten (mehr), die Streitverkündete von Einfuhrumsatzsteuer oder
Einfuhrzoll freizustellen. Gegenüber den Zollbehörden war die Streitverkündete nach Art.
204 ZK in Verbindung mit § 21 Abs. 2 UStG nicht Schuldnerin des Einfuhrabgaben. Eine
etwaige Verpflichtung der Streitverkündeten zur Erstattung von Einfuhrumsatzsteuer
gegenüber der Firma I. war erfüllt dadurch, dass die Beklagte die Einfuhrumsatzsteuer an
die Firma I. gezahlt hatte.
Ein nur subjektiv fremdes Geschäft setzt voraus, dass der Fremdgeschäftsführerwille nach
außen erkennbar geworden ist (vgl. BGH, U. v. 25.4.1991 – III ZR 74/90, NJW 1991, 2638,
2639). Auch daran bestehen Zweifel. Dass sich die Klägerin bereits vor der im Februar
1999 erfolgten Zahlung auf die Zollbescheide wegen deren Erledigung oder wegen der
nicht erledigten Versandverfahren mit der Beklagten in Verbindung gesetzt hatte, hat sie
nicht vorgetragen. Sie hat sich auch nicht bei der Zahlung Belege aushändigen lassen, die
der Beklagten einen Vorsteuerabzug ermöglichten (vgl. zu dieser Form der Dokumentation
des Fremdgeschäftsführerwillens BGH, U. v. 25.4.1991, a.a.O.), sondern erst mit
Schreiben vom 3.8.1999 (Bl. 19 ff. d. A.) der Beklagten angeboten, sich darum zu
kümmern.
2. Letztlich bedarf die Frage einer Fremdgeschäftsführung der Klägerin durch Zahlung auf
die Zollbescheide aber keiner Entscheidung. Denn ein Anspruch aus §§ 683 Satz 1, 670
BGB gegenüber der Beklagten auf Erstattung der dafür aufgewandten Beträge scheitert
jedenfalls daran, dass die Zahlung nicht dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen der
Beklagten entsprach. Das folgt aus denselben Gründen, die nach dem oben (unter 1)
Ausgeführten bereits Bedenken gegen das Vorliegen eines objektiv fremden Geschäfts
begründen. Die Zahlung auf die Zollbescheide war nicht mehr erforderlich, damit die
Beklagte in den Besitz der Ware gelangen konnte. Sie führte auch nicht zum Erlöschen
einer Verpflichtung der Beklagten zur Befreiung der Streitverkündeten oder der Firma I. von
einer Zollabgabenschuld. Für die Beklagte war demnach die Zahlung auf die Zollbescheide
durch die Klägerin – abgesehen von der Tilgung ihrer Gesamtschuld gegenüber den
niederländischen Zollbehörden nach Art. 213 ZK (s. dazu unten unter II 2) – unter keinem
Gesichtspunkt von Interesse.
3. Es kann entgegen der Ansicht des Landgerichts auch nicht als Genehmigung (§ 684
Satz 2 BGB) einer Fremdgeschäftsführung der Klägerin durch Zahlung auf die
Zollbescheide ausgelegt werden, dass sich die Beklagte von der Firma T. E. Int. eine Kopie
des Zollbescheides zu dem T1-Versandschein hat zusenden lassen (Bl. 58 d. A.). Denn dies
geschah erst vor dem Hintergrund, dass das Hauptzollamt S. die Beklagte wegen der
Nichterledigung dieses Versandverfahrens gemahnt hatte (vgl. Schreiben des
Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 20.1.1999, Bl. 57 d. A.) und die Beklagte
ihren durch die Eröffnung des Versandverfahrens entstandenen Verpflichtungen gegenüber
den Zollbehörden nachkommen bzw. deren Erfüllung dokumentieren wollte (vgl. Schreiben
der Beklagten an das Hauptzollamt vom 28.1.1999 (Bl. 66 d. A.). Dass sie die Zahlung der
Klägerin auf die Zollbescheide als für sie und in ihrem Interesse erfolgt billigen wollte, ergibt
sich daraus nicht.
II. Die Klägerin hat jedoch gegenüber der Beklagten Anspruch auf Ausgleich für einen Teil
der von ihr entrichteten Einfuhrabgaben gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB.
1. Das Landgericht hat festgestellt, dass die Zollbescheide vom 1.7.1998 und 11.8.1998,
auf die die Klägerin gezahlt hat, die Waren betrafen, die von der Streitverkündeten an die
Beklagte geliefert worden sind und für die die T1-Versandscheine Nr. und Nr. ausgestellt
worden sind. An diese Feststellung ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden,
weil konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser
Feststellung begründen, nicht bestehen. Verfahrensfehler des Landgerichts macht die
Beklagte nicht geltend (§ 529 Abs. 2 ZPO). Die Würdigung der von der Klägerin vorgelegten
Unterlagen durch das Landgericht ist nachvollziehbar und nahe liegend. Die Zollbescheide
(Bl. 8 f. und 12 d. A.) verweisen jeweils auf die Nummern und die Daten der von der
Klägerin ausgestellten T1-Versandscheine (Bl. 10 und 170 d. A.). Die Versandscheine
ihrerseits weisen als Ware einmal 2614 Kartons Energiesparlampen mit einem Gewicht
von 12.390 kg und einmal 1020 Kartons Energiesparlampen mit einem Gewicht von 7140
kg aus. Dieselben Angaben finden sich auf den Umsatzsteuerrechnungen der Firma I. an
die Beklagte (Bl. 11 und 254 d. A.), die ausdrücklich für Lieferungen der Streitverkündeten
an die Beklagte ausgestellt sind. Angesichts dieser Übereinstimmungen weckt allein der
Umstand, dass die Zollbescheide von einem deutlich anderen als dem der Beklagten nach
ihrem Vortrag von der Streitverkündeten in Rechnung gestellten Warenwert ausgehen,
keine Zweifel daran, dass die Zollbescheide die streitgegenständlichen Lieferungen der
Streitverkündeten betreffen. Die Abweichung lässt sich ohne weiteres damit erklären, dass
der Warenwert von den Zollbehörden mangels anderer Angaben geschätzt worden ist.
2. Die Parteien hafteten für die mit den Zollbescheiden vom 1.7.1998 und 11.8.1998 von
der Klägerin angeforderten Einfuhrabgaben gemäß Art. 213 ZK gegenüber den
niederländischen Zollbehörden als Gesamtschuldner. Neben der Klägerin war gemäß Art.
204 Abs. 1 Buchst a, Abs. 3 ZK in Verbindung mit § 21 Abs. 2 UStG auch die Beklagte
Schuldnerin des Einfuhrzolls und der Einfuhrumsatzsteuer. Nach Art. 204 Abs. 3 ZK ist
Zollschuldner jede Person, welche die Pflichten zu erfüllen hat, die sich aus der
Inanspruchnahme des externen Versandverfahrens ergeben. Die Verpflichtung, die im
externen Versandverfahren beförderte Ware innerhalb der vorgeschriebenen Frist der
Bestimmungszollstelle zuzustellen, traf nach Art. 96 Abs. 2 ZK auch die Beklagte.
Gemäß 96 Abs. 2 ZK hat unbeschadet der Pflichten des Hauptverpflichteten als Inhaber
des externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens auch ein Warenempfänger, der die
Waren annimmt und weiß, dass sie dem gemeinschaftlichen Versandverfahren unterliegen,
sie innerhalb der vorgeschriebenen Frist der Bestimmungszollstelle zuzustellen. Die
Beklagte hat zwar im Laufe des Rechtsstreits stets bestritten, die T1-Versandscheine
erhalten zu haben. Sie hat jedoch, auch nachdem sowohl die Klägerin (im Schriftsatz vom
7.5.2003, S. 4 = Bl. 308 d. A.) als auch der Senat (in seinem Hinweisbeschluss vom
21.5.2003, Bl. 315 d. A.) auf die Möglichkeit einer Gesamtschuld nach Art. 213 ZK
hingewiesen hatten, nicht in Abrede gestellt, dass sie zumindest wusste, dass die Waren
im externen Versandverfahren befördert worden sind. Mit ihrem Schriftsatz vom
14.11.2003 (Bl. 334 d. A.) hat sie lediglich erneut den Erhalt der T1-Versandscheine und
zusätzlich den Erhalt des von der Beklagten vorgelegten Frachtbriefs (Bl. 333 d. A.), der
den T1-Versandschein als beigefügtes Dokument ausweist, bestritten, indem sie behauptet
hat, die Empfängerunterschrift auf dem Frachtbrief stamme nicht von Mitarbeitern der
Beklagten. Das besagt jedoch nicht, dass sie nicht zumindest Kenntnis davon hatte, dass
die Waren jeweils dem externen Versandverfahren unterlagen. Die Existenz und die Regeln
eines solchen Verfahrens können bei der Beklagten als einer Außenhandel GmbH als
bekannt vorausgesetzt werden. Dass es in Anspruch genommen worden ist, die
Zollanmeldung also erst in Deutschland erfolgen sollte, ergab sich zudem daraus, dass der
Beklagten die Einfuhrumsatzsteuer von der Firma I. mit den Rechnungen vom 9.5.1997
(Bl. 11. d. A.) und 17.6.1997 (Bl. 254 d. A.) nach dem deutschen
Einfuhrumsatzsteuersatz von nur 15 % und nicht nach dem niederländischen Steuersatz
von 17,5 % in Rechnung gestellt worden ist.
3. Die Ausgleichspflicht der Gesamtschuldner richtet sich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB,
auch wenn sie entsprechend der Regelungen der Art. 38 ff. EGBGB zunächst
niederländischem Recht unterlegen haben sollte, weil die Einfuhrabgaben von den Parteien
als Gesamtschuldner in den Niederlanden geschuldet waren. Das Landgericht hat
festgestellt, die Parteien hätten gemäß Art. 42 EGBGB nachträglich die Geltung deutschen
materiellen Privatrechts vereinbart. Das stellt die Beklagte mit ihrer Berufung nicht in
Frage.
Der Anwendbarkeit von § 426 BGB im Innenverhältnis der Parteien steht nicht entgegen,
dass es sich bei ihrer Gesamtschuld im Außenverhältnis um eine öffentlich-rechtliche
Verpflichtung handelte. Offenbleiben kann, ob die Einfuhrabgabenschuld der Parteien im
Außenverhältnis völlig gleichstufig war oder ob angesichts der Tatsache, dass nach Art. 96
Abs. 1 ZK die Klägerin Hauptverpflichtete des externen Versandverfahrens war, ein
Rangverhältnis zwischen ihnen bestand (vgl. BFH, U. v. 12.6.2001 – VII R 67/00, BFH/NV
2002, 80 unter II 3). Zwischen Steuerschuldnern kommt ein Ausgleich nach den
privatrechtlichen Gesamtschuldregeln selbst dann in Betracht, wenn im Außenverhältnis
einer der Schuldner grundsätzlich vorrangig in Anspruch genommen werden muss, weil die
Ausgestaltung der abgabenrechtlichen Gesamthaftung mehrerer Schuldner häufig allein auf
fiskalischen Erwägungen beruht, die über die sachgerechte Regelung des zivilrechtlichen
Innenverhältnisses der Steuerpflichtigen nichts besagen und daher nicht in das bürgerliche
Recht ausstrahlen (BGH, U. v. 22.10. 1992 – IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50 unter II 4).
4. Gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB sind die Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu
gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Etwas anderes
bestimmt ist auch dann, wenn sich eine abweichende Regelung des Innenverhältnisses aus
der Natur der Sache ergibt (BGH, U. v. 22.10.1992, a.a.O., unter II 5 a). Danach ist hier
eine Belastung der Beklagten geboten
- mit der gesamten Einfuhrumsatzsteuer (a),
- aber nur mit dem hälftigen Einfuhrzoll (b),
- für das T1-Versandverfahren Nr. jeweils berechnet auf der
Grundlage des tatsächlichen Warenwertes (c) und
- für das T1-Versandverfahren Nr. nach dem von den
niederländischen Zollbehörden dem Zollbescheid zugrunde gelegten
Warenwert (d).
a. Dass die Beklagte die Einfuhrumsatzsteuer grundsätzlich in voller Höhe zu tragen hat,
ergibt sich daraus, dass sie diese nach den vertraglichen Abreden zwischen ihr und ihrer
Lieferantin, der Streitverkündeten, übernehmen sollte, während die Klägerin nur als
Dienstleister für die Beteiligten tätig geworden ist, für den die Einfuhrabgaben einen
durchlaufenden Posten darstellen.
Das Landgericht hat eine Verpflichtung der Beklagten, im Verhältnis zur Streitverkündeten
die Umsatzsteuer zu tragen, festgestellt. Diese Feststellung ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO für den Senat bindend, weil konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit
oder Vollständigkeit dieser Feststellung begründen, nicht vorhanden sind. Zu Recht hat das
Landgericht vor allem darauf abgestellt, dass die Beklagte die Einfuhrumsatzsteuer an die
Firma I. auf deren Rechnungen vom 9.5.1997 (Bl. 11 d. A.) und 17.6.1997 (Bl. 254 d. A.)
tatsächlich gezahlt hat. Dazu hätte ohne eine entsprechende Abrede mit der
Streitverkündeten keine Veranlassung bestanden. Soweit sich die Beklagte auf die
abweichende Aussage des Zeugen B. beruft, steht diese der Feststellung des Landgerichts
nicht entgegen. Der Zeuge B. hat zwar bei seiner Vernehmung durch das Landgericht (Bl.
187 ff. d. A.) die Behauptung der Beklagten bestätigt, es sei eine Lieferung "ddp P."
vereinbart gewesen, d.h. anfallender Zoll und Dokumente hätten von der Streitverkündeten
bezahlt werden sollen. Er hat aber auf Nachfrage klargestellt, dass die Streitverkündete im
Normalfall nur Zoll und Dokumente, nicht dagegen die Mehrwertsteuer übernommen habe,
und jedenfalls für möglich gehalten, dass die Beklagte nach den mit der Streitverkündeten
getroffenen Abreden zwar nicht den Einfuhrzoll, wohl aber die Einfuhrumsatzsteuer tragen
sollte. Angesichts der Tatsache, dass sie dies auf die Rechnungen der Firma I. hin
tatsächlich getan hat, ohne die Firma I. an die Streitverkündete zu verweisen, bietet die
Aussage des Zeugen B. keine Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der vom
Landgericht getroffenen Feststellung begründen.
Auf Seiten der Klägerin war von vornherein klar, dass sie nicht letztlich diejenige sein sollte
und wollte, die für die Einfuhrumsatzsteuer aufzukommen hatte. Sie war als von ihrer
Tochtergesellschaft Deutschland eingeschaltete reine Grenzspediteurin nur dafür
verantwortlich, den Verzollungsvorgang bzw. das externe Versandverfahren formal
durchzuführen, nicht aber die damit verbundenen Kosten endgültig zu tragen. Dasselbe gilt
für die Deutschland, die aufgrund des Auftrags der Firma I. von einer Verzollung durch die
Beklagte ausgehen musste.
Die Beklagte kann sich gegenüber der Klägerin nicht darauf berufen, dass sie die
Einfuhrumsatzsteuer an die Firma I. bereits gezahlt hat. Denn sie hätte eine doppelte
Inanspruchnahme dadurch vermeiden können, dass sie an die Firma I. nur gegen
Aushändigung des T1-Versandscheins bzw. derjenigen Zollbelege zahlte, die sie benötigte,
um die Einfuhrumsatzsteuer von der Vorsteuer abzuziehen. Das gilt auch und erst recht,
wenn die Firma I. nicht von ihr, sondern von der Streitverkündeten mit der Organisation
des Transports und des Zollvorgangs beauftragt worden ist, wie sie behauptet und der
Zeuge B. bestätigt hat. Der Besitz an einem zollamtlichen Zahlungsbeleg oder Ersatzbeleg
ist materiell-rechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG
(BFH, U. v. 9.2.1995 – V R 57/93, BFHE 177, 513 unter II 3). Als ausreichender
zollamtlicher Beleg für die Einfuhrumsatzsteuer ist nach Abschn. 202 Abs. 1 Satz 2 der
Umsatzsteuerrichtlinien (UStR 1992) z. B. der Abgabenbescheid oder ein vom zuständigen
Zollamt bescheinigter Ersatzbeleg wie z. B. eine Abschrift der Zollquittung oder ein
Ersatzbeleg für den Vorsteuerabzug nach amtlich vorgeschriebenem Muster anzusehen.
Die Rechnungen der Firma I. waren demnach für den Vorsteuerabzug der Beklagten nicht
genügend, wie diese für die vergleichbaren Rechnungen der Klägerin vom 30.9.1999 (Bl.
27 f. d. A.) selbst ausführt. Durch zeitnahe Anforderung des von ihr für den
Vorsteuerabzug benötigten T1-Versandscheins bzw. eines sonstigen Zollbelegs von der
Firma I. hätte sich die Beklagte Gewissheit darüber verschaffen können, ob der von ihr an
die Firma I. gezahlte Betrag von dieser tatsächlich gegenüber der zuständigen Zollbehörde
aufgewandt worden ist.
Für die Klägerin bestand dagegen keine Veranlassung, sich wegen der Nichterledigung des
Versandverfahrens an die Firma I. zu wenden. Diese war zwar Vertragspartnerin ihrer
Tochtergesellschaft Deutschland, für die die Klägerin tätig geworden ist. Mit der zwischen I.
und Deutschland getroffenen Abrede "Hausverzollung durch Empfänger" war aber eine
Verantwortlichkeit von I. für den Verzollungsvorgang und die damit verbundenen Kosten in
ihrem Verhältnis ausgeschlossen. Die Deutschland und folglich auch die Klägerin konnten
weder erwarten, dass I. den Verzollungsvorgang durchführen würde noch dass sie ihnen
gegenüber für die Einfuhrabgaben aufkommen wollte. Insoweit waren sie vielmehr durch I.
vertraglich von vornherein an die Beklagte verwiesen. Dass die Einfuhrverzollung durch die
Beklagte bzw. für die Beklagte vorgenommen werden sollte, war zutreffend, weil der
Beklagten nur so ein Vorsteuerabzug der von ihr zu entrichtenden Einfuhrumsatzsteuer
nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG, § 41 UStDV ermöglicht wurde. Entgegen der Darstellung der
Beklagten kann die Firma I. gegenüber der Klägerin auch nicht dadurch zur rechtzeitigen
Gestellung der Ware bei der Bestimmungszollstelle verpflichtet worden sein, dass I. die
Ware von der Klägerin zur Beförderung übernommen und die auf der Rückseite eines T1-
Versandscheinformulars vorgedruckte Verpflichtungserklärung (Bl. 298 R d. A.) mit diesem
Inhalt unterzeichnet hat. Denn mit der Besorgung der weiteren Versendung der Ware hatte
die Firma I. zuvor gerade die Tochtergesellschaft der Klägerin, die Deutschland, beauftragt
und ihr nach dem Auftragsschreiben vom 6.5.1997 (Bl. 11 d. A.) zu diesem Zweck das
Original des Bill of Lading überlassen.
Noch weniger hatte die Klägerin Veranlassung, sich wegen der Nichterledigung des
externen Versandverfahrens an die Streitverkündete zu wenden. Die Streitverkündete war
weder nach Art. 96 ZK aus dem externen Versandverfahren verpflichtet noch nach den
Art. 201 ff. ZK Schuldnerin der Einfuhrabgaben. Zwischen der Klägerin bzw. ihrer
Tochtergesellschaft Deutschland und der Streitverkündeten bestanden auch keine
vertraglichen Beziehungen. Denn die Firma I. hat die Aufträge zur Weiterbeförderung der
Container nach dem Auftragsschreiben vom 6.5.1997 (Bl. 11 d. A.) nicht im Namen der
Streitverkündeten, sondern im eigenen Namen erteilt. Dass sie dabei im Auftrag der
Streitverkündeten gehandelt haben mag, war für die Klägerin bzw. die Deutschland in
keiner Weise erkennbar.
b. Hinsichtlich des Einfuhrzolls fehlt es an einer sich aus der Natur der Sache ergebenden
anderweitigen Bestimmung, die eine Abweichung von der nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB
bestehenden anteiligen Ausgleichspflicht gebietet. Eine Verpflichtung der Beklagten, im
Innenverhältnis gegenüber der Streitverkündeten neben der Einfuhrumsatzsteuer auch den
Einfuhrzoll zu tragen, lässt sich nicht feststellen. Eine solche Feststellung hat auch das
Landgericht nicht eindeutig getroffen. An die Firma I. hat die Beklagte lediglich
Einfuhrumsatzsteuer, nicht dagegen Einfuhrzoll gezahlt. Es kann also nicht aus der
tatsächlichen Zahlung auf eine entsprechende Verpflichtung geschlossen werden. Der
Zeuge B. hat insoweit uneingeschränkt ausgesagt, anfallender Zoll sei nach den
vertraglichen Abreden mit der Streitverkündeten von dieser zu tragen gewesen. Das
entspricht der auf den von der Beklagten vorgelegten Rechnungen der Streitverkündeten
vom 7.3.1997 (Bl. 85 d. A.) und 28.4.1997 (Bl. 83 d. A.) aufgedruckten Lieferbedingung
"ddp P." (geliefert verzollt, vgl. Baumbach/Hopt, HGB 31. Aufl., § 346 Rn. 40). Dass diese
Rechnungen die streitgegenständlichen Lieferungen betrafen, hat der Zeuge B. ebenfalls
bestätigt und ergibt sich im übrigen auch daraus, dass sie denselben Kaufpreis ausweisen
wie die Umsatzsteuerrechnungen der Firma I. vom 9.5.1997 (Bl. 11 d. A.) und 17.6.1997
(Bl. 254 d. A.), die die Parteien übereinstimmend den streitgegenständlichen Lieferungen
zuordnen. Die Rechnung vom 6.10.1997 (Bl. 64 d. A.), auf der als Lieferbedingung "FOB
Asian port" (frei an Bord, vgl. Baumbach/Hopt, HGB 31. Aufl., § 346 Rn. 40) angegeben ist,
ist dagegen unstreitig für eine andere Lieferung ausgestellt worden. In der von der Klägerin
vorgelegten Rechnung vom 11.4.1997 (Bl. 63 d. A.), die nach der Bestellnummer dieselbe
Lieferung betrifft wie die Rechnung vom 7.3.1997, ist zwar die Lieferzeit mit "leaving asian
port 20.3.1997" bestimmt, aber nicht die Lieferbedingung "FOB asian port" enthalten. Eine
Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme von Einfuhrzoll ist deshalb jedenfalls nicht
bewiesen.
Eine endgültige Verpflichtung der Klägerin zur Übernahme des Einfuhrzolls bestand ebenso
wenig wie eine endgültige Verpflichtung zur Übernahme der Einfuhrumsatzsteuer. Insoweit
gilt das oben (unter a) Ausgeführte entsprechend. Die Klägerin hat auch nicht deshalb im
Verhältnis zur Beklagten allein für den Einfuhrzoll aufzukommen, weil sie durch Einlegung
eines Rechtsbehelfs gegen die Zollbescheide nach Art. 243 ZK bzw. durch einen Antrag auf
Erlass des Zolls nach Art. 235 ff. ZK nachträglich Zollfreiheit für die gelieferte Ware hätte in
Anspruch nehmen können. Allerdings ist bei der Bemessung des Ausgleichs nach § 426
Abs. 1 Satz 1 BGB als abweichende Bestimmung auch der Grundgedanke des § 254 BGB
heranzuziehen (BGH, U. v. 4.7.1963 – VII ZR 41/62, NJW 1963, 2067 unter 3 d;
Münch/Komm BGB/Bydlinski, 4. Aufl., § 426 Rn. 21). Es ist also von Bedeutung, inwiefern
ein Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Gesamtschuldner verursacht
worden ist. Die Klägerin hat selbst vorgetragen und durch Vorlage einer Auskunft des vom
Bundesministerium der Finanzen eingerichteten Zoll-Infocenters für die gesamte
Bundeszollverwaltung beim Hauptzollamt F. a. M. belegt (Bl. 130 d. A.), dass bei Vorlage
eines Ursprungszeugnisses Form A der Präferenzzollsatz "frei" hätte angewendet werden
können. Nach Art. 239 ZK in Verbindung mit Art. 900 Abs. 1 Buchst. o der Verordnung
(EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu
der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der
Gemeinschaften (ZK-DVO) kann dies unter bestimmten Voraussetzungen auch dann
geschehen, wenn die Zollschuld auf andere als die in Art. 201 ZK beschriebene Weise – der
Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr - entstanden ist. Das setzt
aber voraus, dass der erforderliche Präferenznachweis nachträglich geführt werden kann.
Dass und auf welche Weise die Klägerin dazu in einem Rechtsbehelfsverfahren für die nicht
mehr in ihrem Besitz befindliche Ware in der Lage gewesen wäre, hat die Beklagte nicht
dargetan. Darüber hinaus muss die zuständige Zollbehörde für die nachträgliche
Präferenzgewährung feststellen können, dass keine offensichtliche Fahrlässigkeit eines der
Beteiligten vorliegt (Art. 899 ZK-DVO). Auch davon konnte die Klägerin angesichts der
Tatsache, dass sich entgegen Art. 96 ZK weder sie noch die Beklagte um den
ordnungsgemäßen Abschluss des externen Versandverfahrens gekümmert haben, nicht
ausgehen.
Insgesamt erscheint deshalb hinsichtlich des Einfuhrzolls eine Abweichung von der durch §
426 Abs. 1 Satz 1 BGB vorgesehene anteilige Verpflichtung beider Gesamtschuldner
aufgrund der Natur der Sache nicht gerechtfertigt.
c. Bezüglich des Zollbescheides vom 1.7.1998 betreffend den T1-Versandschein Nr. vom
7.5.1997 ist sodann sowohl hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer als auch hinsichtlich des
Einfuhrzolls eine Kürzung des von der Klägerin zu beanspruchenden Ausgleichs gegenüber
dem sich aus den Ausführungen zu a. und b. ergebenden Betrag geboten, weil dieser
Zollbescheid auf einem überhöhten Warenwert beruht und deshalb materiell-rechtlich nicht
geschuldete Abgaben festsetzt. Das ist nach dem Rechtsgedanken des § 254 BGB (s.
oben unter b) der Klägerin zuzurechnen, die durch Einlegung eines Rechtsbehelfs nach Art.
243 ZK auf eine korrekte Wertfestsetzung hätte hinwirken können.
Gemäß Art. 29 Abs. 1 ZK ist für die Anwendung der Zolltarife maßgeblicher Zollwert der
sog. Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das
Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis. Dieser betrug bei
der Lieferung, auf die sich der Zollbescheid vom 1.7.1998 bezieht, 318.500 USD. Das ist
durch die Rechnung der Streitverkündeten vom 7.3.1997 bewiesen, die der Lieferung von
2614 Kartons Energiesparlampen zuzuordnen ist, für die das T1-Versandverfahren Nr.
eröffnet worden ist. Diese Zuordnung folgt – wie oben (unter b) bereits ausgeführt – aus
der Aussage des Zeugen B. und der Übereinstimmung des angegebenen Kaufpreises mit
dem in der Umsatzsteuerrechnung der Firma I. vom 9.5.1997 genannten Warenwert.
Die Beklagte hat zwar nicht substantiiert dargetan, auf welchen Papieren der von der
Streitverkündeten in Rechnung gestellte Warenwert für die Klägerin bei Eröffnung des
externen Versandverfahrens oder bei Erhalt des Zollbescheids ablesbar gewesen sein soll.
Es wäre der Klägerin jedoch zuzumuten gewesen, mit Rücksicht auf die berechtigten
Interessen der Beklagten spätestens während des Laufs der Rechtsbehelfsfrist mit dieser
Rücksprache zu halten, um festzustellen, ob der von den niederländischen Zollbehörden
geschätzte Warenwert in etwa den Tatsachen entsprach.
Dies war nicht der Fall. Die niederländischen Zollbehörden sind nach der Anlage zum
Zollbescheid (Bl. 135 f. d. A.) von einem Warenwert von 905.709,00 hfl ausgegangen.
Sind Faktoren, die zur Ermittlung des Zollwerts von Waren dienen, wie hier in einer
anderen Währung als der des Mitgliedstaats ausgedrückt, in dem die Bewertung
vorgenommen wird, so ist gemäß Art. 35 ZK als Umrechnungskurs der von den
zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats ordnungsgemäß veröffentlichte Kurs
anzuwenden, wobei dieser Umrechnungskurs so genau wie möglich den Tageswert der
betreffenden Währung im Handelsverkehr in der Währung dieses Mitgliedstaates
wiederzugeben hat. Es kann deshalb unterstellt werden, dass die von den zuständigen
deutschen Behörden veröffentlichen Kurse den von den niederländischen Behörden
veröffentlichen und anzuwendenden Kursen entsprechen. Maßgeblicher
Umrechnungszeitpunkt ist nach Art. 169 Abs. 1 ZK-DVO der Zeitpunkt der Ermittlung des
Zollwertes. Dieser muss hypothetisch bestimmt werden, weil nicht mehr aufzuklären ist,
wann die niederländischen Zollbehörden über einen Rechtsbehelf der Klägerin entschieden
hätten. Es ist davon auszugehen, dass dies spätestens zu Beginn des Jahres 1999
geschehen wäre. Im Januar 1999 betrugen der von den deutschen Behörden veröffentliche
Zollwert eines US-Dollar 1,6760 DM und der Zollwert von 100 niederländischen Gulden
88,849 DM (vgl. die Veröffentlichung des Bundesministeriums der Finanzen unter
http://www.zoll
d.de/b0_zoll_und_steuern/a0_zoelle/d0_zollwert_und_zolltarif/zollwert/b0_umrechnungskurse/z_1999/1999_januar/index.html
). Danach hatte 1 US-Dollar einen Zollwert von 1,89 hfl, bei einem Warenwert von
318.500 US-Dollar wäre also ein Zollwert von 601.965 hfl anzunehmen gewesen.
d. Die Lieferung, die dem Zollbescheid vom 11.8.1998 betreffend den T1-Versandschein
Nr. vom 16.6.1997 zugrunde lag, hatte nach der von der Beklagten vorgelegten Rechnung
der Streitverkündeten vom 28.4.1997 (Bl. 83 d. A.) einen Warenwert von 295.737,60
USD. Der dafür von den niederländischen Zollbehörden angesetzte Zollwert von 209.844
hfl (Bl. 137 d. A.) war also niedriger als der tatsächliche Warenwert, so dass dieser
Zollbescheid keinen Anlass für einen Rechtsbehelf der Klägerin bot.
5. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung hat das Landgericht zu Recht als
unbegründet angesehen. Der Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB unterliegt
grundsätzlich der regelmäßigen Verjährung nach § 195 BGB (in der bis zum 31.12.2001
geltenden Fassung; vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 63. Aufl., § 426 Rn. 3). Art. 32 Abs. 1
CMR, nach dem Ansprüche aus einer der CMR unterliegenden Beförderung in einem Jahr
verjähren, findet auf das Verhältnis der Klägerin zur Beklagten keine Anwendung. Zwar sind
der Verjährungsregelung des Art. 32 CMR auch solche sich aus einer der CMR
unterliegenden Beförderung ergebenden Ansprüche unterworfen, die nicht aus der CMR
abgeleitet werden. Aus dem Zweck der CMR, den Beförderungsvertrag im internationalen
Straßenverkehr zu regeln, ergibt sich jedoch, dass Ansprüche von Personen, die weder als
Absender oder Versender noch als Frachtführer oder Empfänger an der der CMR
unterliegenden Beförderung beteiligt, sondern lediglich von dem Spediteur mit der
Durchführung der Verzollung der von ihm versendeten Waren beauftragt sind, der in Art.
32 CMR geregelten Verjährung nicht unterliegen (BGH, B. v. 23.3.1995 – III ZR 177/93,
VersR 1995, 940; Koller, Transportrecht 5. Aufl., Art. 32 CMR Rn. 1). Die Klägerin war hier
als reine Grenzspediteurin tätig. Sie ist von ihrer rechtlich selbständigen
Tochtergesellschaft, der Deutschland GmbH, die von der Firma I. mit der
grenzüberschreitenden Weiterbeförderung der Ware beauftragt worden war, ausschließlich
zum Zwecke der Übernahme der Zollformalitäten eingeschaltet worden. Bei der Verzollung
ins Ausland versendeter Ware handelt es sich grundsätzlich um eine vom Spediteur für den
Auftraggeber im Rahmen des Speditionsvertrages vorzunehmende Geschäftsbesorgung,
deren alleinige Übertragung den Grenzspediteur nicht zum Beteiligten des
Beförderungsvertrages macht (BGH, a.a.O.).
6. Die Klägerin kann danach gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB von der Beklagten
beanspruchen
- wegen der Nichterledigung des Versandverfahrens Nr. …
Die Hälfte von 4 % Einfuhrzoll aus einem Warenwert von 601.965 hfl
12.039,30 hfl
Einfuhrumsatzsteuer von 17,5 % aus der Summe von 601.965 hfl und zu
erstattendem Einfuhrzoll
107.450,75 hfl
Gesamt
119.490,05 hfl
- wegen der Nichterledigung des Versandverfahrens Nr. …
Die Hälfte von 4 % Einfuhrzoll aus einem Warenwert von 209.844 hfl
4.196,88 hfl
Einfuhrumsatzsteuer von 17,5 % aus der Summe von 209.844 hfl und zu
erstattendem Einfuhrzoll
37.457,15 hfl
Gesamt
41.654,03 hfl
Der Erstattungsanspruch der Klägerin beläuft sich also insgesamt auf 161.144,08 hfl =
73.124,00 EUR (Umrechnungskurs 2,20371 hfl, vgl. Veröffentlichung der Europäischen
Zentralbank, http://www.euro.ecb.int/de/section/conversion.html).
III. Weitergehende Ansprüche in der Hauptsache, insbesondere auf Erstattung auch der
anderen Hälfte des Einfuhrzolls, stehen der Klägerin nicht zu.
1. Allerdings hat die Klägerin zwar nicht durch die Zahlung auf die Zollbescheide (s. oben
unter I), wohl aber durch die Eröffnung des externen gemeinschaftlichen
Versandverfahrens ein Geschäft für die Beklagte geführt (§ 677 BGB). Auch wenn sie
damit zunächst ihre bzw. die Verpflichtung ihrer Tochtergesellschaft Deutschland
gegenüber der Firma I. erfüllt hat, den Weiterlauf des Containers zur Beklagten zu
ermöglichen und für die Durchführung des Transports zu sorgen, hat sie bei der Eröffnung
des externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens zugleich in dem Bewusstsein und mit
dem Willen gehandelt, zumindest auch im Interesse der Beklagten zu handeln, also ein
auch fremdes Geschäft vorgenommen (vgl. BGH, U. v. 23.9.1999 – III ZR 322/98, NJW
2000, 72 unter II 2 a). Die Firma I. hatte durch die Angabe "Hausverzollung durch
Empfänger" in ihrem Auftrag gegenüber der Deutschland ausdrücklich klargestellt, dass sie
selbst weder für den Verzollungsvorgang noch für die Erstattung etwaiger Einfuhrabgaben
verantwortlich sein wollte, sondern dass dies ausschließlich Sache der Beklagten sein sollte.
Die Hausverzollung durch die Beklagte wurde nur durch das externe Versandverfahren
ermöglicht, weil ohne dieses Verfahren die Deutschland bzw. die Klägerin die Waren in den
Niederlanden zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr hätten anmelden und
Einfuhrabgaben hätten entrichten müssen. Damit kam die Eröffnung des externen
Versandverfahrens der Beklagten bereits ihrem äußeren Anschein nach objektiv zugute. Mit
der Ausstellung der T1-Versandscheine auf die Beklagte als Empfängerin (Bl. 10 d. A.) bzw.
auf die Firma M. (Bl. 170 d. A.) als derjenigen, die den Verzollungsvorgang nach den
Anweisungen der Firma I. tatsächlich durchführen sollte (vgl. S. 2 der Anlage K 9 zur
Klageschrift, Bl. 20 d. A.) hat die Klägerin zugleich ihren Fremdgeschäftsführerwillen nach
außen dokumentiert.
2. Dennoch steht der Klägerin ein Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 683 S. 1, 670 BGB,
der auch die zweite Hälfte des Einfuhrzolls umfasst, nicht zu.
a. Dabei kann offen bleiben, ob die Eröffnung des Versandverfahrens im Sinne von § 683
Satz 1 BGB dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprach oder ob
eine Genehmigung der Fremdgeschäftsführung durch die Beklagte nach § 684 Satz 2 BGB
erforderlich war. Für eine berechtigte Geschäftsführung im Sinne von § 683 Satz 1 BGB
spricht, dass die Eröffnung des externen Versandverfahrens einen Weitertransport der
Ware zur Beklagten ermöglichte sowie dass diese nach dem oben (unter II 4 a)
Ausgeführten im Verhältnis zur Streitverkündeten zur Übernahme der Einfuhrumsatzsteuer
verpflichtet war und Einfuhrzoll nach dem eigenen Vortrag der Beklagten bei einem
ordnungsgemäßen Abschluss des Versandverfahrens wegen der Möglichkeit der
Inanspruchnahme des Präferenzzollsatzes "frei" nicht angefallen wäre. Die
Einfuhrumsatzsteuer bildete für die Beklagte grundsätzlich nur einen durchlaufenden
Posten, weil sie diese als Abnehmerin gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG in Verbindung mit § 3
Abs. 6 Satz 1 UStG (in der 1997 geltenden Fassung) als Vorsteuer hätte abziehen können
(vgl. BGH, U. v. 25.4.1991 – III ZR 74/90, NJW 1991, 2638 unter 2 b bb). Voraussetzung
dafür ist allerdings, dass der Abnehmer die Ware tatsächlich erhält und sie nicht während
des Transports im Inland verloren geht oder vernichtet wird (Abschn. 199 Abs. 12 UStR
1992). Außerdem muss die Einfuhrumsatzsteuer gemäß § 41 UStDV von ihm oder seinem
Beauftragten entrichtet worden sein und er muss über einen auf seinen Namen lautenden
zollamtlichen Zahlungsbeleg oder Ersatzbeleg verfügen (BFH, U. v. 9.2.1995 – V R 57/93,
BFHE 177, 513 unter II 3; Abschn. 202 Abs. 1 UStR 1992). Ob er Ware und T1-
Versandschein, die ihn in die Lage versetzen, die Anmeldung zur Überführung in den
zollrechtlich freien Verkehr vorzunehmen (Art. 356 Abs. 1 ZK-DVO) und die Entrichtung der
Einfuhrumsatzsteuer durch einen zollamtlichen Zahlungsbeleg nachzuweisen, tatsächlich
erhält, steht bei Eröffnung des externen Versandverfahrens durch den Spediteur noch nicht
fest. Wegen der Unsicherheit über den Erhalt der Ware hat der Bundesgerichtshof (U. v.
25.4.1991, a.a.O.) in dem vergleichbaren Fall, dass der Spediteur die Einfuhrabgaben an
der Grenze für den Abnehmer verauslagt, ein Interesse des Abnehmers an der Vornahme
dieses Geschäfts und damit eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 683
BGB abgelehnt (ebenso Koller, Transportrecht 5. Aufl., § 453 HGB Rn. 49). Allerdings
kommt es für die Frage, ob das Geschäft dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen des
Geschäftsherrn entspricht, grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Vornahme des Geschäfts
an. Es ist deshalb fraglich, ob mögliche spätere Störungen im Geschäftsablaufs die
Berechtigung der Fremdgeschäftsführung noch in Frage stellen können (dagegen
Staub/Helm, HGB 4. Aufl., §§ 407-409 Rn. 229) oder ob sie nicht lediglich unter dem
Gesichtspunkt eines möglichen Schadensersatzanspruchs wegen Schlechterfüllung durch
den Geschäftsführer zu berücksichtigen sind. Die Frage bedarf jedoch hier keiner
Entscheidung.
b. Denn selbst wenn eine berechtigte Fremdgeschäftsführung der Klägerin vorlag, hätte die
Klägerin Anspruch auf Erstattung des weiteren Einfuhrzolls nur unter den zusätzlichen
Voraussetzungen der §§ 286 Abs. 1, 284 BGB (in Verbindung mit Art. 229 § 5 Satz 1
EGBGB in der bis zum 31.12.2001 geltend Fassung), deren Vorliegen sie nicht
nachgewiesen hat.
aa. Erforderlicher Aufwand für die Eröffnung des externen Versandverfahrens im Sinne von
§§ 683 Satz 1, 670 BGB war die Übernahme der Verpflichtung durch die Klägerin, als
Hauptverpflichtete nach Art. 96 Abs. 1 ZK die Ware innerhalb der vorgeschriebenen Frist
der Bestimmungszollstelle zuzustellen und damit gemäß Art. 201 ZK als Anmelder
Zollschuldner zu werden. Der Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte
war daher gemäß § 257 BGB auf Befreiung von dieser Verpflichtung gerichtet. Die
Befreiung ist von der Beklagten nicht rechtzeitig geleistet worden.
Die Versäumung der Gestellungsfrist – durch die die Gestellung nicht unmöglich wurde (vgl.
Art. 859 Nr. 2 ZK-DVO) – hatte eine Zollschuld (der Klägerin und der Beklagten) nach Art.
204 ZK zur Folge, die nicht entstanden wäre, wenn die Beklagte ihrer Befreiungspflicht
rechtzeitig nachgekommen wäre. In diesem Fall hätte die Beklagte gemäß Art. 201 ZK in
Verbindung mit § 21 Abs. 2 UStG nur Einfuhrumsatzsteuer zu zahlen brauchen. Ihrer
Behauptung, Drittlandszoll wäre bei einer ordnungsgemäßen Anmeldung der Ware zur
Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr wegen der Möglichkeit der Inanspruchnahme
des Präferenzzollsatzes "frei" nicht angefallen, ist die Klägerin nicht entgegen getreten. Bei
der Zollschuld handelt es sich folglich nicht um ein bloßes wirtschaftliches Äquivalent zu der
Gestellungspflicht, von der die Beklagte die Klägerin hätte freistellen müssen, sondern um
einen Schaden der Klägerin, der infolge der nicht rechtzeitigen Erfüllung ihres
Freistellungsanspruchs durch die Beklagte entstanden ist. Ein Anspruch der Klägerin auf
Erstattung des aufgewandten Zolls folgt deshalb nicht ohne weiteres aus einer bloßen
Umwandlung des ursprünglichen Befreiungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch (vgl.
dazu bei eigener Erfüllung durch den Gläubiger Staudinger/Bittner, BGB, Stand: Februar
2001, § 257 Rn. 8; Soergel/Wolf, BGB 12. Aufl., § 257 Rn. 6), auch nicht aus dem
ursprünglichen Aufwendungsersatzanspruch nach § 683 Satz 1 BGB (vgl. Krüger, in:
Münch/Komm BGB 4. Aufl., § 257 Rn. 5), sondern besteht nur unter den besonderen
Voraussetzungen des §§ 286 Abs. 1, 284 BGB als Anspruch auf Ersatz eines eingetretenen
Verzögerungsschadens.
bb. Dass sie die Beklagte durch Mahnung gemäß § 284 Abs. 1 BGB a. F. in Verzug gesetzt
hätte, hat die Klägerin nicht behauptet. Die Beklagte könnte also nur gemäß § 284 Abs. 2
Satz 1 BGB a. F. in Verzug geraten sein, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem
Kalender bestimmt war. Die für die Gestellung vorgeschriebene Frist wird von der
Abgangszollstelle auf dem T1-Versandschein eingetragen (Art. 348 Abs. 2 ZK-DVO). Diese
Fristsetzung könnte auch im Verhältnis der Parteien die Leistungszeit für die Befreiung der
Klägerin von ihrer Hauptverpflichtung aus Art. 96 Abs. 1 ZK kalendermäßig bestimmt
haben unter der Voraussetzung, dass der Beklagten die T1-Versandscheine jeweils mit der
Ware überlassen worden sind. Das hat die Klägerin nicht bewiesen.
Sie hat zum Beweis für ihre Behauptung, die Beklagte habe beide T1-Versandscheine
zusammen mit der Ware erhalten, die CMR-Frachtbriefe für die beiden Lieferungen
vorgelegt, die einmal (Bl. 333 d. A.) den T1-Versandschein Nr. und einmal (Bl. 72 der Kopie
der Akte 30 Js 466/01 der Staatsanwaltschaft Aachen) den T1-Versandschein Nr. als
beigefügtes Dokument ausweisen. Eine Empfangsbestätigung auf dem Frachtbrief
rechtfertigt sowohl nach den Regeln der CMR (vgl. Koller, Transportrecht 5. Aufl., Art. 13
CMR Rn. 2 i. V. m. Art. 9 CMR Rn. 2) als auch nach § 416 ZPO in Verbindung mit dem
Grundsatz der Vermutung für die Vollständigkeit und Richtigkeit einer privatschriftlichen
Urkunde (vgl. BGH, U. v. 15.5.1991 – VIII ZR 38/90, NJW 1991, 1750 unter II 6 b, m. w.
Nachw.) die Vermutung, dass der Empfänger die Ware und die beigefügten Dokumente
erhalten hat.
Auf dem Frachtbrief, in dem der T1-Versandschein Nr. (Bl. 333 d. A.) als beigefügt
angegeben ist, ist jedoch eine Empfangsbestätigung durch die Beklagte nicht festzustellen.
Die Unterschrift in der Rubrik 24 "Gut empfangen" ist nicht zu entziffern. Die Beklagte hat
bestritten, dass sie von einem ihrer Mitarbeiter stammt. Beweis für die Echtheit der
Urkunde (§ 440 ZPO) hat die Klägerin nicht angetreten. Dass die Beklagte der Klägerin mit
Schreiben vom 3.3.1999 eine Kopie des Versandscheins Nr. zusenden konnte, beweist
nicht, dass sie mit der Sendung oder jedenfalls vor Ablauf der Gestellungsfrist das Original
dieses Versandscheins erhalten hat. Denn eine Kopie des Versandscheins ist ihr im
Rahmen der zollbehördlichen Nachforschungen wegen der Nichterledigung des
Versandverfahrens mit Schreiben vom 1.10.1998 (Bl. 65 d. A.) vom Hauptzollamt S.
übermittelt worden.
Dagegen ist die Empfangsbestätigung auf dem Frachtbrief, auf dem der T1-Versandschein
Nr. als beigefügt angegeben ist (Bl. 72 der Akte 30 Js 466/01 der Staatsanwaltschaft
Aachen), unstreitig von einem Mitarbeiter der Beklagten abgegeben worden. Die dadurch
begründete Vermutung, dass die Beklagte neben der Ware (1020 Kartons
Energiesparlampen mit einem Gewicht von 7.140 kg) auch den T1-Versandschein Nr.
erhalten hat, ist jedoch durch die Aussage des Zeugen H. widerlegt. Der Zeuge, der bei der
Beklagten als Prokurist tätig ist, hat bekundet, bei den Unterlagen zu der
streitgegenständlichen Lieferung, die er 1999, als die ersten Rückfragen vom Zoll
gekommen seien, herausgesucht habe, habe sich kein T1-Versandschein befunden. T1-
Versandscheine kämen auch grundsätzlich nicht zur Beklagten, weil diese immer frei P.
kaufe. Er habe noch nie einen Original-T1-Versandschein gesehen. Auch wenn er selbst mit
dem Ausladen der Ware nicht unmittelbar befasst sei, könne er ausschließen, dass sich der
T1-Versandschein bei der Ware befunden habe, weil dann die Ware noch nicht verzollt
gewesen wäre und der LKW noch hätte verplombt sein müssen. Davon wäre er – so der
Zeuge - informiert worden, weil es eine interne Anordnung gebe, dass ein verplombter
LKW nicht geöffnet werden dürfe. Für die Richtigkeit der Aussage des nach Ansicht des
Senats durchaus glaubwürdigen Zeugen spricht, dass das T1-Dokument Nr. die Firma M.
C. in A. als Empfängerin ausweist und sich deren Stempel auch auf dem Frachtbrief
befindet, dieser der Frachtbrief also vorgelegen haben muss. Außerdem hat die Klägerin
bereits mit der Klageschrift ein von der Firma M. C. – Zollabfertigung Intrastat-Meldung –
ausgestelltes weiteres Dokument (Bl. 14 d. A.) betreffend die Lieferung von 1020 Kartons
Energiesparlampen mit der auch auf dem T1-Formular Nr. und dem entsprechenden
Frachtbrief genannten Containernummer vorgelegt, das der Zeuge v. G. bei seiner
Vernehmung durch das Landgericht (Bl. 165 d. A.) als sog. IM-4-Dokument identifiziert hat,
mit dessen Ausstellung das T1-Dokument als Transit-Dokument seine Gültigkeit verliere
und die Verantwortlichkeit auf den Aussteller des IM-4-Dokumentes übergehe. Die Aussage
des Zeugen H., bei der Beklagten sei kein T1-Versandschein angekommen, ist also
plausibel damit zu erklären, dass der die Ware zunächst begleitende T1-Versandschein der
Firma M., die die Verzollung tatsächlich vornehmen sollte, vorgelegt worden und dort
verblieben ist, auch wenn letztlich die Verzollung durch die Firma M. aus unbekannten
Gründen nicht durchgeführt worden ist. Der Senat ist deshalb insgesamt davon überzeugt,
dass der T1-Versandschein Nr. nicht zusammen mit der Ware bei der Beklagten
eingegangen ist.
IV. Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen gegenüber
der Klägerin wegen nicht rechtzeitiger Inanspruchnahme der Firma I., fehlender T1-
Versandpapiere und Nichteinlegung eines Rechtsbehelfs gegen die Zollbescheide ist
zulässig, aber unbegründet.
1. Allerdings hat die Beklagte die Aufrechnung erstmals mit Schriftsatz vom 1.4.2003 in
der Berufungsinstanz erklärt. In erster Instanz hat sie die genannten Umstände lediglich im
Wege eines Mitverschuldenseinwands nach § 254 BGB geltend gemacht. Die
Aufrechnungserklärung ist daher nur unter den Voraussetzungen des § 533 ZPO zulässig.
Die Beklagte hat der Aufrechnung in der mündlichen Verhandlung vom 3.12.2003
widersprochen. Die Aufrechnung ist indes nach Ansicht des Senats sachdienlich und auf
Tatsachen gestützt, die der Verhandlung und Entscheidung des Senats über die Berufung
ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen sind.
2. Auf der Grundlage dieser Tatsachen ist ein Schadensersatzanspruch der Beklagten nicht
begründet. Der Klägerin ist eine Pflichtverletzung weder im Ausgleichsverhältnis nach § 426
BGB (s. oben unter II) noch im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 677
BGB (s. oben unter III) vorzuwerfen. Eine Verpflichtung, wegen der Nichterledigung der
Versandverfahren die Firma I. in Anspruch zu nehmen, bestand für die Klägerin nicht, weil
mit der zwischen der Firma I. und Deutschland getroffenen Abrede "Hausverzollung durch
Empfänger" eine Verantwortlichkeit von I. für den Verzollungsvorgang und die damit
verbundenen Kosten in ihrem Verhältnis ausgeschlossen war (s. oben unter II 4 a). Das
Entstehen einer Einfuhrzollschuld nach Art. 204 ZK auf der Grundlage des
Drittlandszollsatzes von 4 % hätte die Klägerin auch durch Einlegung eines Rechtsbehelfs
gegen die Zollbescheide nicht vermeiden können (s. oben unter II 4 b). Dass sie durch
einen Rechtsbehelf gegen den Zollbescheid vom 1.7.1998 die Festsetzung der
Zollabgaben auf der Grundlage des tatsächlich niedrigeren Warenwertes von 318.500 USD
hätte bewirken können, ist bereits durch entsprechende Kürzung des
Erstattungsanspruchs der Klägerin nach § 254 BGB berücksichtigt (s. oben unter II 4 c).
Dass die Klägerin der Beklagten abredewidrig die Originale der T1-Versandscheine nicht zur
Verfügung gestellt hat, hat die Beklagte ihrerseits nicht bewiesen. Der Verbleib des T1-
Versandscheins Nr. ist nicht mehr aufzuklären. Bzgl. des T1-Versandscheins Nr. steht nach
dem Ergebnis der Beweisaufnahme zwar fest, dass dieser die Beklagte nicht erreicht hat.
Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass dieses T1-Dokument von der Klägerin bzw. dem
von der Deutschland beauftragten Frachtführer den Weisungen der Firma I. entsprechend
der Firma M. zur Durchführung der Zollformalitäten in A. überlassen worden ist (s. oben
unter III 2 b bb). Auch insoweit ist deshalb ein Fehlverhalten der Klägerin oder ihrer
Erfüllungsgehilfen nicht festzustellen.
V. Der von der Klägerin geltend gemachte Zinsanspruch ist gemäß §§ 288 BGB, 352 HGB
(in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung) gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache
die Revision zuzulassen, weil die Frage eines gegen den Warenempfänger gerichteten
Aufwendungsersatz- oder Ausgleichsanspruch des Grenzspediteurs, der ein externes
gemeinschaftlichen Versandverfahren eröffnet hat und dadurch Zollschuldner geworden ist,
in Rechtsprechung und Rechtslehre bisher nicht abschließend geklärt ist und sich diese
Rechtsfrage in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann.