Urteil des OLG Saarbrücken vom 07.04.2004

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OLG Saarbrücken Beschluß vom 7.4.2004, 5 W 56/03; 5 W 56/03 - 10
Aufwand des Betreuers: Voraussetzungen einer zeitlichen Begrenzung
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen einer zeitlichen Begrenzung des Aufwandes eines Betreuers.
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde trägt die Beschwerdeführerin.
Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3000 EUR
festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin ist Berufsbetreuerin der vermögenden Betroffenen in den
Aufgabenkreisen Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung und Vermögenssorge.
Durch Beschlüsse vom 12.11.2002 (Bl. 71 f. d. A.) und 29.11.2002 (Bl. 81 d. A.) hat das
Amtsgericht den vergütungspflichtigen Zeitaufwand für die Erledigung der notwendigen,
betreuerspezifischen Verrichtungen auf 3 Stunden pro Monat und die darin enthaltene Zeit
für Bankangelegenheiten auf 1, 5 Stunden pro Monat begrenzt. Zugleich hat es die Zahl
der erforderlichen Besuche der Betreuten auf höchstens einmal im Monat festgelegt und
die Begleitung der Betroffenen bei Arztbesuchen von der Vergütungspflicht ausgenommen.
Die dagegen erhobene Beschwerde der Betreuerin hat das Landgericht durch Beschluss
vom 20.2.2003 zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Nach §§ 1908 i, 1836 b
Nr. 2 BGB könne das Vormundschaftsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen die für die
Führung der vormundschaftlichen Geschäfte erforderliche Zeit begrenzen. Die
Einschätzung des Amtsgerichts, dass für die Führung der Betreuung monatlich ein
Zeiteinsatz von insgesamt 3 Stunden ausreichend und für Bankangelegenheiten nicht mehr
als 1,5 Stunden erforderlich sei, sei nicht zu beanstanden. Dabei sei zu berücksichtigen,
dass die Betreuerin ihre Tätigkeit bereits seit November 2001 ausübe und als
Berufsbetreuerin über besondere Erfahrungen verfüge, so dass etwaige
Anlaufschwierigkeiten in der Anfangsphase der Betreuung als überwunden angesehen
werden könnten. Die erforderliche Begleichung von Arztrechnungen für die
beihilfeberechtigte und privat krankenversicherte Betroffene und die Geltendmachung der
Rechnungen bei der Beihilfestelle und der Krankenversicherung könnten jeweils für mehrere
Rechnungen in einem Arbeitsgang erfolgen, wodurch sich der erforderliche Vor- und
Nachbereitungsaufwand in erheblichem Umfang rationalisieren lasse. Ein Besuch der
Betroffenen im Monat sei von dieser selbst - mit dem Ziel einer möglichst sparsamen
Ausgestaltung der Betreuung - als ausreichend erachtet worden, zumal für die rein
tatsächliche Betreuung der Betroffenen durch deren Aufnahme in ein Heim in großem
Umfang gesorgt sei. Die Begleitung der Betroffenen bei Arztbesuchen gehöre auch unter
Beachtung des Grundsatzes, dass die Betreuung persönlich zu führen sei (§ 1897 Abs. 1
BGB), nicht zu den regelmäßigen Aufgaben des Betreuers, der gemäß § 1902 BGB in
seinem Aufgabenkreis gesetzlicher Vertreter des Betroffenen sei. Soweit im Einzelfall eine
persönliche Abstimmung des Betreuers mit dem Arzt - die auch nicht telefonisch erfolgen
können - erforderlich sei, sei dies als Ausnahmefall einzustufen, für den der Betreuer nach §
1836 b Nr. 2 BGB eine besondere Genehmigung des Vormundschaftsgerichts beantragen
könne. Entsprechendes gelte für einen etwaigen die Begrenzung überschreitenden
Zeitaufwand für die Rechnungslegung, die nach § 1840 BGB nur einmal im Jahr zu leisten
sei und deshalb eine Erhöhung der erforderlichen Zeit in den übrigen Monaten nicht
rechtfertigen könne.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Betroffene mit ihrer zu Protokoll der
Geschäftsstelle des Landgerichts erhobenen weiteren Beschwerde, die sie nicht begründet
hat.
II.
Die gemäß § 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, § 21 Abs. 2 Satz 1 FGG statthafte und
formgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist unbegründet. Eine Verletzung des Rechts
durch das Landgericht, die mit der weiteren Beschwerde allein gerügt werden könnte (§ 27
Abs. 1 Satz 1 BGB), liegt nicht vor.
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass gemäß § 1836 b Satz 1 Nr. 2
BGB in Verbindung mit § 1908 Abs. 1 Satz 1 BGB der für die - berufsmäßige - Führung der
Betreuungsgeschäfte erforderliche Zeitaufwand nach pflichtgemäßem Ermessen begrenzt
werden, d.h. der für die Betreuung voraussichtlich benötigte Zeitaufwand geschätzt und
die Vergütungspflicht auf diesen Zeitaufwand beschränkt werden kann. Die Anwendung
von § 1836 b Satz 1 Nr. 2 BGB kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur daraufhin
überprüft werden, ob sich das Beschwerdegericht des ihm zustehenden Ermessens
bewusst war, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten und von dem
Ermessen einen rechtsfehlerfreien Gebrauch gemacht hat, ob es von ausreichenden und
verfahrensfehlerfrei zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist sowie ob es
alle wesentlichen Umstände in Betracht gezogen und bei der Bewertung relevanter
Umstände die richtigen Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Meyer-
Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rn. 23). Das ist der Fall.
Die Anordnung einer Zeitbegrenzung nach § 1836 b Satz 1 Nr. 2 BGB setzt voraus, dass
die Umstände der konkreten Betreuung dem Gericht bekannt sind, die weitere Entwicklung
für den bevorstehenden Abrechnungszeitraum vorhersehbar erscheint und diese -
tatsächlichen wie prognostischen - Erkenntnisse dem Gericht eine rechtliche Beurteilung
ermöglichen, welcher Zeitaufwand zur Führung der Betreuung voraussichtlich erforderlich
sein wird (vgl. MünchKommBGB/Wagenitz, 4. Aufl., § 1836 b Rn. 19). Das Landgericht ist
davon ausgegangen, dass für die Betroffene - nachdem sie Aufnahme in einem von ihr
selbst ausgewählten Heim gefunden hat - in absehbarer Zeit vor allem ihre ärztliche
Versorgung (in tatsächlicher und in finanzieller Hinsicht) und allgemeine
Bankangelegenheiten zu regeln sind. Dass dabei wesentliche, der Betreuerin obliegende
Geschäfte unberücksichtigt geblieben sind, ist nicht erkennbar. Auf dieser
Tatsachengrundlage ist die ausdrücklich als Ermessensentscheidung gekennzeichnete
Einschätzung des Landgerichts, ein Zeitraum von insgesamt 3 Stunden pro Monat bzw.
1,5 Stunden pro Monat für Bankangelegenheiten sei zur Führung der Betreuung
erforderlich und ausreichend, nicht zu beanstanden.
§ 1836 b Satz 1 Nr. 2 BGB gibt dem Vormundschaftsgericht die Möglichkeit, dem Betreuer
rechtzeitig zu verdeutlichen, welchen Tätigkeitsumfang es maximal als sachgerecht zu
akzeptieren bereit ist. Das schließt nach dem Willen des Gesetzgebers die Möglichkeit ein,
zugleich den Kreis der vergütungspflichtigen Geschäfte, wie er von § 1897 Abs. 1, § 1901
Abs. 1 BGB umschrieben wird, für die in Rede stehende Betreuung zu konkretisieren (vgl.
BT-Drucks. 13/7158, S. 29). Es ist deshalb auch rechtsfehlerfrei, dass das Landgericht auf
der Grundlage von § 1836 b Satz 1 Nr. 2 BGB die Begleitung von Arztbesuchen gänzlich
von der Vergütungspflicht ausgenommen und die vergütungspflichtigen Besuche bei der
Betroffenen auf einen pro Monat begrenzt hat. Die Betreuung ist nach § 1897 Abs. 1, §
1901 Abs. 1 BGB eine rechtliche und keine therapeutische oder pflegerische. Der Umfang
der gebotenen persönlichen Betreuung richtet sich nach dem für die rechtliche Besorgung
der Angelegenheiten des Betroffenen erforderlichen Maß. Dass aus Rechtsgründen eine
Begleitung der Betroffenen zum Arzt erforderlich sein könnte, ist - von echten
Ausnahmefällen abgesehen, für die nach § 1836 b Satz 1 Nr. 2 BGB durch das
Vormundschaftsgericht auf Antrag der Betreuerin eine besondere Genehmigung erteilt
werden kann - nicht ersichtlich. Auch die Einschätzung des Landgerichts, der erforderliche
persönliche Informationsaustausch mit der Betroffenen für die rechtliche Besorgung der
Angelegenheiten ihrer ärztlichen Versorgung einschließlich der damit im Zusammenhang
stehenden Fragen der Krankenversicherung und der Beihilfe sowie für die Besorgung der
sonstigen Bankangelegenheiten sei bei einem Besuch der Betroffenen im Monat
gewährleistet, erscheint sachgerecht. Das Landgericht hat festgestellt, dass mit der
Betroffenen trotz vorhandener Hörschäden ergänzend auch telefoniert werden könne.
Hinzu kommt, dass die Betroffene selbst, deren Wünschen die Betreuerin nach § 1901
Abs. 3 BGB nach Möglichkeit zu entsprechen hat, nach den tatrichterlichen Feststellungen
einen Besuch pro Monat als ausreichend erachtet hat. Dafür, dass diese Beschränkung
ihrem Wohl zuwiderlaufen könnte, gibt es angesichts des konkreten Aufgabenkreises der
Betreuerin keine Anhaltspunkte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.