Urteil des OLG Saarbrücken vom 11.01.2007

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OLG Saarbrücken Urteil vom 11.1.2007, 8 U 77/06 - 19
Nachbarschutz im Saarland: Anspruch auf Rückschnitt in Reihe gepflanzter Fichten
Leitsätze
Zum nachbarrechtlichen Anspruch auf Rückschnitt von in Reihe gepflanzten Fichten.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 23.12.2005 verkündete Urteil des Landgerichts
Saarbrücken – 15 O 32/05 – wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert wird auf 15.000.--EUR festgesetzt.
Gründe
A.
Die Parteien sind Grundstücksnachbarn; die Klägerin ist die Schwester der Beklagten zu 1).
Etwa 1974 pflanzten die Parteien entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze eine
Fichtenreihe sowie weitere Bäume auf ihren jeweiligen Grundstücken. Im Jahr 2003 ließen
die Klägerin und ihr Ehemann die auf ihrem Grundstück stehenden Bäume entfernen. Auf
Bitten der Klägerin hatten die Beklagten bereits im Jahre 1995/1996 einen Teil der auf
ihrem Grundstück stehenden Bäume entfernt, wobei allerdings die auf das Grundstück der
Klägerin hinübergewachsenen Wurzeln nicht beseitigt worden waren.
Die Klägerin verlangt nunmehr von den Beklagten die Beseitigung der 14 an der
gemeinsamen Grundstücksgrenze stehenden Fichten mit einer Höhe von circa 15 bis 20
m, hilfsweise deren Rückschnitt, sowie die Beseitigung aller auf ihr Grundstück
gewachsener Wurzeln.
Durch das angefochtene Urteil (Bl. 130 ff), auf dessen tatsächliche und rechtliche
Feststellungen vollumfänglich gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen
wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Sie ist der Auffassung, ihr
stehe ein Beseitigungsanspruch aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis in
Verbindung mit Treu und Glauben zu. Das Landgericht habe bei der vorzunehmenden
Abwägung ihre Belange nicht ausreichend berücksichtigt. Durch die Fichtenhecke sei ab
14:00 Uhr das gesamte Grundstück zwischen Wohnhaus und Fichtenreihe verschattet, so
dass sie dort weder einen Nutzgarten noch einen Rosengarten anlegen könne. Zudem
werde ihrem Grundstück durch die auf ihr Grundstück gewachsenen Wurzeln Wasser
entzogen, was einer vernünftigen Nutzung ebenfalls entgegenstehe. Die streitbefangene
Fläche sei auch die einzige Stelle ihres Grundstücks, an der noch ein Rosengarten und ein
Nutzgarten angelegt werden könnten. Die Fichten stünden wie eine Mauer von 15 m Höhe,
die durch abgestorbene Äste noch verunstaltet werde. Die Beklagten verweigerten die
Entfernung lediglich aus Schikane. Hinzu komme, dass nach dem
Sachverständigengutachten bei einer Windstärke 8 Umsturzgefahr bestehe, wobei die
Bäume auch auf das Wohnhaus fallen könnten. Dieser Gefahr müsse sie sich nach Treu
und Glauben nicht aussetzen.
Jedenfalls hätte das Landgericht zumindest eine Kappung der Fichten in einer Höhe
zusprechen müssen, in der ihr Überleben gesichert sei. Nicht nachvollziehbar sei auch,
warum die Wurzeln der früher vorhandenen Bäume nicht zu entfernen seien.
Die Klägerin beantragt (Bl. 184 f, 199),
1. unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Beklagten zu
verurteilen, die an der gemeinsamen Grundstücksgrenze stehenden 14 Fichten
mit einer Höhe von ca. 15 bis 20 m inklusive der Wurzeln, soweit sie auf das
klägerische Grundstück reichen, zu beseitigen
2. unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Beklagten zu
verurteilen, die Wurzeln von den Fichten, die in der Vergangenheit entlang der
gemeinsamen Grundstücksgrenze auf dem Grundstück der Beklagten gefällt
worden sind und die auf das klägerische Grundstück herüberreichen, zu
beseitigen
3. hilfsweise unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Beklagten zu
verurteilen, die an der gemeinsamen Grundstücksgrenze stehenden 14 Fichten
mit einer Höhe von ca. 15 bis 20 m auf eine Höhe von 3 m, hilfsweise auf eine
höhere Höhe, die zu einem Überleben der 14 Fichten führt, zurückzuschneiden
4. unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Beklagten zu
verurteilen, die Wurzeln der 14 Fichten, soweit sie auf das klägerische
Grundstück reichen, zu beseitigen.
Die Beklagten beantragen (Bl. 174, 199),
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres früheren
Vorbringens.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien zur
Vorbereitung der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 14.12.2006 (Bl. 199)
Bezug genommen.
B.
Die Berufung der Klägerin ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft
sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig.
In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, denn die angefochtene Entscheidung beruht
weder auf einer kausalen Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die
nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
I.
Soweit das Landgericht die auf Entfernung der Fichten gerichtete Klage für zulässig
erachtet hat, obwohl das gemäß § 37 a Abs. 1 Nr. 2 e) Saarländisches
Landesschlichtungsgesetz vorher erforderliche Schlichtungsverfahren nur das
Zurückschneiden der Tannen betraf, wird die Entscheidung von der Klägerin nicht
angegriffen.
Sie lässt auch keine Rechtsfehler erkennen. Ziel des dem Landesschlichtungsgesetz zu
Grunde liegenden Gesetzes zur Förderung der außergerichtlichen Streitschlichtung vom 15.
12. 1999 (BGBl I, 2400) ist die Entlastung der Zivilgerichte (BT-Dr 14/980, S. 5). Zu
diesem Zweck wurde es den Ländern durch die Öffnungsklausel des § 15 a EGZPO
ermöglicht, die Zulässigkeit einer zivilrechtlichen Klage in bestimmten Fällen von der
vorherigen Durchführung eines außergerichtlichen Schlichtungsversuchs abhängig zu
machen. Hierdurch sollen geeignete Streitigkeiten ohne Einschaltung der Gerichte beigelegt
werden (BGH NJW-RR 2005, 501 ff). Dieses Ziel lässt sich aber dann nicht mehr erreichen,
wenn die Schlichtung bereits wegen eines hinter dem Klageantrag zurückbleibenden, aber
den gleichen Streitgegenstand betreffenden Anspruchs – dem Zurückschneiden der Fichten
statt des Entfernens – erfolglos geblieben ist. Deshalb würde sich im vorliegenden Fall, in
dem die dem Schlichtungsverfahren zu Grunde liegenden Anträge auf Rückschnitt der
Fichten jedenfalls hilfsweise gestellt wurden und eine Einigung wegen der über den
Gegenstand des Schlichtungsverfahrens hinausgehenden Klageanträge erst recht
ausgeschlossen erscheint, die Durchführung eines weiteren Schlichtungsverfahrens nur
noch als bloße Förmelei darstellen, die nicht geeignet ist, dem Ziel des
Landesschlichtungsgesetzes gerecht zu werden.
II.
Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf Beseitigung noch ein solcher auf Rückschnitt der
Fichten gegen die Beklagten zu.
1. Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht ausgeführt, dass die auf Beseitigung oder
Rückschnitt der Fichten gerichteten Ansprüche, die wegen nicht ausreichenden
Grenzabstandes gemäß den §§ 1004 BGB, 48 ff SNachbG geltend gemacht werden,
gemäß § 55 SNachbG wegen Zeitablaufs ausgeschlossen sind. Dies wird von der Klägerin
auch nicht angegriffen. Gleiches gilt, soweit das Landgericht mit überzeugender
Begründung einen Anspruch der Klägerin aus §§ 910, 1004 BGB verneint hat.
2. Die Klägerin kann einen Beseitigungsanspruch auch nicht aus dem nachbarlichen
Gemeinschaftsverhältnis in Verbindung mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) herleiten.
a. Die Rechte und Pflichten von Nachbarn richten sich insbesondere nach den Vorschriften
der §§ 905 ff BGB und den Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder. Hierauf
ist allerdings der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) anzuwenden;
daraus folgt für die Nachbarn eine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme, deren
Auswirkungen auf den konkreten Fall unter dem Begriff des nachbarlichen
Gemeinschaftsverhältnisses zusammengefasst werden (BGH NZM 2005, 318; NJW 2003,
1392 m.w.N.; NJW-RR 2003, 1313, 1314). Eine solche Pflicht kann allerdings wegen der
bestehenden nachbarrechtlichen Sonderregeln nur ausnahmsweise und nur dann zur
Anwendung kommen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger
Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint (BGH aaO.). Ein
solcher Fall liegt hier nicht vor.
b. Die an der Grenze stehenden 14 Fichten erfordern nicht aufgrund ihrer Höhe eine
Abweichung von der nachbarrechtlichen Sonderregelung.
aa. Das wäre nämlich nur dann der Fall, wenn die Klägerin ungewöhnlich schweren und
nicht mehr hinzunehmenden Beeinträchtigungen ausgesetzt wäre, die eine Beseitigung
oder jedenfalls einen Rückschnitt der Fichten als eine auch den Beklagten zumutbare
Maßnahme erscheinen ließen. In diesem Zusammenhang ist allerdings festzuhalten, dass
nach den Ausführungen des Sachverständigen ein Rückschnitt der Fichten auf die
beantragte Höhe von 3 bis 5 m beziehungsweise eine Beseitigung ihrer auf dem
Grundstück der Klägerin befindlichen Wurzeln dazu führen würde, dass die Fichten
insgesamt absterben würden. Damit steht vorliegend der begehrte Rückschnitt der
vollständigen Beseitigung gleich.
bb. Eine solch schwere Beeinträchtigung der Belange der Klägerin, die einen Rückschnitt
und damit eine vollständige Beseitigung der Bäume geboten erscheinen ließe, kann
vorliegend nicht festgestellt werden.
(1) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme wird die Nutzung des klägerischen
Grundstücks in einem Teilbereich, nämlich einem 12 m langen und circa 5 m breiten
Streifen entlang der Fichtenreihe aufgrund verminderten Lichteinfalls derart beeinträchtigt,
dass dort ein Nutz- und Rosengarten nur mit erheblichem Aufwand – nämlich ohne
Nutzung von Maschinen – und mäßigem Erfolg angelegt werden kann. Insoweit hat der
Sachverständige ausgeführt, dass die Pflanzen im Schattenbereich dünn, lang und schäftig
würden und der Ertrag der Blüte nachlasse. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der circa 60
m² große Bereich des klägerischen Grundstücks überhaupt nicht genutzt werden kann,
denn der Sachverständige hat dargelegt, dass in diesem Bereich Schattengewächse
(Wiese und Farne) durchaus gedeihen. Durch eine solche Art der Nutzung erleidet die
Klägerin keine ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinzunehmenden
Beeinträchtigungen, wenn man berücksichtigt, dass ihr Grundstück über 1500 m² groß ist
und lediglich 60 m² von dem Schatten der Fichten betroffen sind. Zwar behauptet die
Klägerin, nur an dieser Stelle ihres Grundstücks sinnvoll einen Nutz- und Rosengarten
anlegen zu können; dies begründet aber, ihre Behauptung als zutreffend unterstellt, noch
keine Verpflichtung der Beklagten zur Beseitigung der seit mehr als 30 Jahren dort
wachsenden Fichten. Zum einen haben die Parteien diese Fichten zusammen eingepflanzt,
hätten also die Auswirkungen auf die jeweilige Grundstücksnutzung mit berücksichtigen
können, und zum anderen muss ein Nachbar nicht auf jeden Wunsch des anderen
Nachbarn, der die Nutzung seines Grundstücks ändern will, Rücksicht nehmen. Vielmehr
muss die Klägerin vorliegend die von ihr beabsichtigte Nutzung ihres Grundstücks an die
seit 30 Jahren vorhandenen Gegebenheiten anpassen (OLG Köln NJW-RR 1997, 656). Dies
gilt auch, soweit durch die an der Grenze wachsenden Fichten und deren Wurzeln dem
klägerischen Grundstück Wasser entzogen wird. Auch diesen Umstand hätten die Parteien
bei Anpflanzung der Fichten oder jedenfalls innerhalb der Frist des § 55 SNachbG
berücksichtigen müssen.
Letztlich begehrt die Klägerin die Beseitigung der Fichten deshalb, weil sie ihrerseits die auf
ihrem Grundstück gepflanzten Fichten entfernt hat, um dieses Grundstück einer anderen
Nutzung zuführen zu können. Dies kann aber nicht dazu führen, dass der
Grundstücksnachbar eine seit langem bestehende Fichtenhecke entfernen muss, wenn
sonst keine erheblichen Beeinträchtigungen von dieser ausgehen.
Die Weigerung der Beklagten, die Fichten zu beseitigen, kann entgegen der Auffassung der
Klägerin auch nicht als bloße Schikane angesehen werden. Die Entscheidung der Beklagten
stellt sich gerade vor dem Hintergrund der neueren Naturschutzbestimmungen, die einen
gewachsenen Baumbestand ab einer bestimmten Höhe und einem bestimmten Alter
erhalten wollen, als nachvollziehbar dar. Soweit die Klägerin sich auf das ihrer Meinung
nach unschöne Erscheinungsbild der Fichtenreihe beruft, das daraus resultiere, dass die
Bäume vorher in einem größeren Verbund gestanden hätten, weshalb die Äste im unteren
Bereich abgestorben seien, so betrifft dies nach den im Termin vorgelegten Lichtbildern
lediglich die klägerische Grundstücksseite, während die Fichten vom Grundstück der
Beklagten aus gesehen bis auf den Boden grüne Äste haben und damit eine grüne Wand
darstellen, deren Beseitigung aus ihrer Sicht nicht erforderlich ist.
(2) Eine andere Beurteilung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der mangelnden
Standfestigkeit der Fichten gerechtfertigt, denn eine solche kann ebenfalls nicht festgestellt
werden.
Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass die Fichtenbäume eine Wuchshöhe von
13 bis 15 m hätten und außer einigen abgestorbenen dünnen Stangen in ihrem äußeren
Erscheinungsbild vital seien. Allerdings bestehe bei einem Sturm der Windstärke 8 die
Gefahr, dass die streitgegenständlichen Fichtenbäume umstürzen könnten, wobei sie
wegen der vorherrschenden Westwinde auch auf das klägerische Grundstück fallen
könnten. Zur Begründung hat der Sachverständige weiter ausgeführt, dass jeder Baum bei
Windstärke 8 umfallen könne. Eine wissenschaftliche Methode zur Feststellung der
Standfestigkeit von Bäumen bei Sturm existiere nicht. Allerdings bestehe vorliegend eine
erhöhte Umsturzgefahr, weil die Bäume wie eine Wand oder Hecke dastünden. Ob auch
eine Gefahr für das klägerische Haus besteht, konnte er dagegen nicht angeben (vgl. Bl.
120). Danach wäre allenfalls die Umsturzgefahr ein Grund für die Beseitigung der Fichten,
wenn diese gegenüber anderen Bäumen erhöht wäre und auch das klägerische Haus
davon in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Der Sachverständige konnte hierzu
allerdings nicht Stellung nehmen, da die Ortsbesichtigung zum Zeitpunkt seiner Befragung
länger zurücklag und dieser Umstand nicht Gegenstand des Beweisbeschlusses gewesen
war. Die Klägerin ist mit diesem in der Berufungsinstanz neuen Vortrag jedoch gemäß §
531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, da sie ihn bereits erstinstanzlich hätte vorbringen
können. Tatsächlich hat sie dort aber nur behauptet, dass die Bäume bei Sturm auf ihr
Grundstück zu fallen drohten. Dass auch das Wohnhaus hiervon betroffen sein könnte, hat
sie nicht behauptet. Dies spielt im Rahmen der Abwägung aber eine entscheidende Rolle,
da die Klägerin Schäden an ihrem Grundstück durch umfallende Bäume eher hinnehmen
muss als solche an ihrem Wohnhaus.
Eine über das normale Maß hinausgehende Umsturzgefahr besteht vorliegend allerdings
nicht. Nach den Feststellungen des Sachverständigen handelt es sich um gesunde Fichten
mit einer Höhe von ca. 15 m. Eine über das normale Maß hinausgehende Umsturzgefahr
ist deshalb auch nach den Angaben des Sachverständigen nicht zu befürchten, denn dieser
hat erklärt, dass alle Bäume bei Windstärke 8 umfallen könnten. Das zeigt letztlich, dass er
hierzu keine definitiven Angaben machen kann, er allerdings eine besondere Umsturzgefahr
nicht für gegeben erachtet. Die Klägerin kann deshalb auch aus diesem Grund eine
Entfernung der Fichten nicht verlangen.
3. Aus den gleichen Gründen hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Rückschnitt der
Fichten. Soweit ein solcher Anspruch aus dem Nachbarrechtsgesetz folgen sollte, wäre er
gemäß § 55 Abs. 1 SNachbG ausgeschlossen.
Aber auch aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis in Verbindung mit Treu und
Glauben (§ 242 BGB) folgt ein solcher Anspruch nicht. Der Sachverständige hat insoweit
ausgeführt, dass der Rückschnitt der Fichten auf die von der Klägerin verlangte Höhe von 3
m zu deren Absterben führen und damit einer Beseitigung gleichkommen würde, auf die
die Klägerin eben keinen Anspruch hat.
Soweit die Klägerin erstmals in der Berufungsinstanz hilfsweise den Rückschnitt „auf eine
höhere Höhe, die zu einem Überleben der 14 Fichten führt“, begehrt, ist ihr Antrag zu
unbestimmt und hat keinen vollsteckungsfähigen Inhalt. Ein Hinweis des Senates hierauf
war nicht erforderlich, denn die nachträgliche Festlegung auf eine bestimmte Höhe würde
dazu führen, dass der bisherige Sach- und Streitstand der Entscheidung nicht zu Grunde
gelegt werden könnte, weil ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt werden
müsste, da sonst nicht festgestellt werden könnte, ob die Bäume einen solchen
Rückschnitt „überleben“, § 533 ZPO.
4. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Beseitigung der Wurzeln der 14 Fichten und
derjenigen der bereits von den Beklagten gefällten Bäume, soweit sie auf ihr Grundstück
gewachsen waren. Dem steht schon entgegen, dass die Beseitigung der Wurzeln der
Fichten bis zur Grundstücksgrenze nach den Ausführungen des Sachverständigen (Bl. 89)
ebenfalls zum Absterben der Bäume führen und damit ihrer Entfernung gleichkommen
würde. Auch eine Beseitigung nur der von den bereits gefällten Bäumen herrührenden
Wurzeln kommt deshalb nicht in Betracht, da nach dem eigenen Vortrag der Klägerin dies
ebenfalls zu einem Absterben der 14 Fichten führen würde, da sich die Wurzeln der
vorhandenen Bäume nicht sicher von denjenigen der bereits gefällten Bäume trennen
lassen.
Danach war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige
Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO i. V. m. Art. 9 Ziff. 1
a) des 2. Justizmodernisierungsgesetzes.
Die Revision war nicht zuzulassen, da es an den erforderlichen Voraussetzungen fehlt (§§
542 Abs. 1, 543 Abs. 1 Ziffer 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 ZPO).