Urteil des OLG Saarbrücken vom 22.02.2011

OLG Saarbrücken: wiedereinsetzung in den vorigen stand, eisen, analyse, eigenes verschulden, bauherr, grundwasser, wärmepumpe, architekt, anhörung, erfüllungsgehilfe

OLG Saarbrücken Urteil vom 22.2.2011, 4 U 155/09 - 40
Leitsätze
Ein hydrogeologisches Bodengutachten, das der Besteller in Auftrag gegeben hat, um die
Machbarkeit einer Geothermieanlage zu ergründen, leidet unter einem Werkmangel, wenn
der Gutachter durch eine zusammenfassende Bewertung der Untersuchungsergebnisse
Verockerungsrisiken verharmlost und die unzureichende Aussagekraft der gutachterlichen
Untersuchungsbefunde in Bezug auf den vom Besteller verfolgten Verwendungszweck nicht
offen legt.
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 2. März
2009 – 15 O 30/07 – mit der Maßgabe abgeändert, dass der Klageanspruch dem Grunde
nach gerechtfertigt ist.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Im vorliegenden Rechtsstreit nehmen die Kläger die Beklagte unter dem rechtlichen
Gesichtspunkt der Schlechterfüllung eines Gutachterauftrags auf Schadensersatz in
Anspruch.
Die Kläger errichteten als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf einem
Grundstück in H. an der B. eine Lagerhalle mit angegliedertem Bürogebäude. Bei diesem
Bauvorhaben war der Zeuge S. als Bauleiter für die Klägerin tätig. Die Beklagte wurde
zunächst mit der Baugrunduntersuchung beauftragt.
In der Folgezeit beabsichtigten die Kläger, für den Gebäudekomplex ein Heiz- und
Kühlsystem unter Einsatz einer Kälte- und Wärmepumpe einzubauen. Mit Schreiben vom
9.11.2004 unterbreitete die Beklagte dem Zeugen S. auf Anfrage ein Angebot für „die
erforderlichen Untersuchungen zum Einsatz einer Wärmepumpe " (Anlage K 1b).
Dieses lautet im Auszug:
„Für die zuverlässige Erkundung der hydrogeologischen
Gegebenheiten ist die Ausführung von zwei maschinellen
Kernbohrungen (Fremdleistungen einer uns bekannten Fachfirma) bis
10 m Tiefe erforderlich. Eine Bohrung wird zur Durchführung eines
Dauerpumpversuchs (Ermittlung der optimalen Betriebspunkte) als
4’’ Grundwassermessstelle ausgebaut. Die zweite Bohrung wird als
2’’ Grundwassermessstelle ausgebaut. Für die Bestimmung der
örtlichen Grundwasserfließrichtung ist ein hydrogeologisches Dreieck
erforderlich. Dieses wird aus den beiden als Grundwassermessstellen
ausgebauten Bohrungen und der bekannten Messstelle am Bahnhof
konstruiert. Neben der Bestimmung der Durchlässigkeit des
anstehenden Bodens wird an einer Grundwasserprobe die
Stahlaggressivität sowie Eisen und Mangan quantitativ ermittelt. Die
Ergebnisse der Untersuchungen werden in einer Stellungnahme mit
Hinweisen zur Dimensionierung der Brunnen wiedergegeben.“
Mit nicht datiertem Schreiben (Anlage K 2) nahm der Zeuge S. das Angebot an. Nach
Durchführung der Untersuchungen legte die Beklagte am 30.12.2004 einen
geotechnischen Bericht (Anlage K 3) vor, den sie den Klägern mit Schlussrechnung vom
26.1.2005 mit 12.839 EUR netto in Rechnung stellte. Der Bericht enthält unter anderem
Ergebnisse der chemischen Analyse einer am 1.12.2004 entnommenen
Grundwasserprobe, in der der Eisengehalt mit 1,15 mg pro Liter und der Mangangehalt mit
0,3 mg pro Liter bestimmt wurde. Auf Seite 7 des Berichts findet sich die Feststellung:
„Die gemessenen Eisen- und Mangangehalte sind im Hinblick auf eine
Verockerung vergleichsweise gering.“
Im Jahr 2005 errichteten die Kläger die Anlage. Sie wurde im Juni 2005 in Betrieb
genommen. In der Folge traten aufgrund Verockerungserscheinungen Probleme beim
Betrieb der Sicker- und Pumpbrunnen auf. Verschiedene Mängelbeseitigungsmaßnahmen,
die die Kläger auch in Zusammenarbeit mit der Beklagten vornahmen, blieben ohne
Wirkung. Nach Einholung weiterer Analysen durch das T.K. (im Januar 2006) und die
W.N.W. (im August 2006) nahmen die Kläger von dem ursprünglichen Vorhaben Abstand.
Zwischenzeitlich wurde die Anlage in eine Luft-Wasser-Wärmepumpe umgestellt.
Im vorliegenden Rechtsstreit haben die Kläger von der Beklagten Ersatz nutzloser
Aufwendungen für die Errichtung der ursprünglich geplanten Anlage in Höhe von zuletzt
497.271,81 EUR begehrt.
Die Kläger haben behauptet, der Zeuge S. habe bei der Beklagten nach einem
Unternehmen nachgefragt, welches in der Lage sei, alle notwendigen Untersuchungen
vorzunehmen, um die Frage zu klären, ob ein Grundwasser betriebenes Heiz- und
Kühlsystem technisch, geologisch, physikalisch und chemisch möglich und
genehmigungsfähig sei. Der Auftrag sei der Beklagten erteilt worden, nachdem die
Mitarbeiter der Beklagten, die Zeugen S 1 und D., dem Zeugen S. versichert hätten, dass
die Beklagte diese Untersuchungen vornehmen könne, wozu insbesondere die Boden- und
Grundwasseruntersuchung sowie eine Untersuchung der Grundwasserströme gehörten.
Die Beklagte habe in ihrem Gutachten vom 30.12.2004 die chemische Beschaffenheit und
die wassergeologischen Besonderheiten auf dem Grundstück der Kläger nicht erkannt
beziehungsweise falsch dargestellt. Die Gefahr, dass die Zusammensetzung des
Grundwassers bzw. die Mischung von Wässern aus verschiedenen Tiefen sofort zu einer
Verockerung führen würde, sei nicht erkannt worden. Die Aussage, die Gefahr der
Verockerung sei gering, hätte nicht getroffen werden dürfen. Vielmehr hätte das Ergebnis
der Untersuchungen durch die Beklagte richtigerweise so lauten müssen, dass der Betrieb
der ins Auge gefassten Anlage an diesem Standort nicht möglich sei. Jedenfalls hätte die
Beklagte die Kläger darauf hinweisen müssen, dass vor Errichtung der Anlage weitere
Untersuchungen erforderlich werden würden.
Bei einer Erörterung des Gutachtens im Januar 2005 habe die Beklagte nochmals
versichert, dass die Phänomene der Verockerung keine Rolle spielen würden und allerbeste
Voraussetzungen für die Errichtung der Anlage vorlägen. Auch sei die Beklagte bei der
Errichtung der Heiz-Kühlanlage eng eingebunden worden. Ebenso sei sie bei der späteren
Suche nach der Schadensursache eingebunden gewesen, wobei sie immer wieder die
Vermutung geäußert habe, dass an irgendeiner Stelle der Anlage Sauerstoff in das
Grundwasser eingetragen werde.
Die Kläger haben zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als
Gesamtgläubiger 497.271,81 EUR nebst Zinsen aus 313.632,94 EUR ab Zustellung der
Klage und Zinsen aus 183.638,87 EUR ab dem 1.1.2008 jeweils in Höhe von acht
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich zu bezahlen, sowie weitere 10
EUR für eine Handelsregisterauskunft.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, der ihr erteilte Auftrag habe sich auf eine rein quantitative
chemische Analyse des Wassers beschränkt. Die Anfrage des Zeugen S. sei nicht
umfassend auf eine Machbarkeitsstudie gerichtet gewesen. Vielmehr sei es lediglich darum
gegangen zu erkunden, ob der vorhandene Grundwasserleiter im Hinblick auf seine
geohydraulischen Eigenschaften für die geplante Nutzung überhaupt infrage komme.
Chemische Analysen quantitativer Art seien nicht durchgeführt worden, um die
nachfolgenden Planer mit entsprechenden Daten für ihre Beurteilung zu versorgen. Die
Beklagte sei nicht mit der Beurteilung der chemischen Verhältnisse im Grundwasserbereich
und der daraus abzuleitenden Reaktionen beauftragt worden.
Darüber hinaus hätten verschiedene zunächst angefragte Fachfirmen Bedenken gegenüber
den Klägern hinsichtlich der Durchführbarkeit des Vorhabens geäußert, denen sich die
Beklagte angeschlossen habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung
wird auch hinsichtlich der darin getroffenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
ZPO Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger ihren erstinstanzlichen Antrag in vollem Umfange
weiter. Die Berufung rügt zunächst, das Landgericht habe den Parteien unter Verstoß
gegen § 279 Abs. 3, § 285 ZPO keine Gelegenheit gegeben, zum Ergebnis der
Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Aufgrund dieses Verfahrensfehlers sei das
Landgericht gehalten gewesen, den Sachvortrag im Schriftsatz vom 20.02.2009 zu
berücksichtigen. In der Sache wendet sich die Berufung gegen die Beweiswürdigung des
Landgerichts und vertritt die Auffassung, die im Gutachten der Beklagten enthaltene
Bewertung, wonach eine Verockerung eher unwahrscheinlich sei, sei fehlerhaft, da das von
der Beklagten angewandte Verfahren der Probeentnahme zu beanstanden sei. Zur
Ermittlung eines aussagekräftigen Wertes müsse nämlich vor Entnahme der Wasserprobe
ein mindestens 23 Stunden währender Probelauf erfolgen, da das umliegende
Grundwasser eine andere Qualität besitzen könne als das im Bohrpunkt stehende Wasser.
Der gerichtliche Sachverständige Dr. G. habe übersehen, dass die Probebohrungen zur
Entnahme des umliegenden Grundwassers in der Zeit vom 2. bis zum 3.12.2004 über
einen Zeitraum von 23,5 Stunden stattgefunden hätten, die Grundwasserprobe aber
bereits am 01.12.2004 entnommen worden sei.
Ferner belege das Privatgutachten G., dass der gerichtliche Sachverständige sich geirrt
habe, soweit er die ermittelten Werte für Eisen und Mangan nicht für augenscheinlich
bedenklich gehalten habe.
Schließlich habe das Landgericht den Vertragsinhalt falsch ausgelegt. Die Beklagte habe
gewusst, dass Rückschlüsse von der Geeignetheit des Grundwassers für den Einbau einer
Wasser/Wärmepumpe zu ziehen gewesen seien. Folglich habe die Beklagte nicht nur den
Auftrag gehabt, Untersuchungen zu einer Probeentnahme anzustrengen, sondern ein
Gutachten darüber zu erstellen, welches zur Geeignetheit des Betriebs einer
Wasser/Wärmepumpe Stellung nimmt.
Die Kläger beantragen,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom
02.03.2009, 15 O 30/07, nach Maßgabe des erstinstanzlichen
Antrags zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass der gerügte Verfahrensverstoß keine Abänderung
der angefochtenen Entscheidung rechtfertige, da die Kläger nicht dargestellt hätten, was
sie für den Fall einer vom Gericht eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme auf das
Beweisergebnis im Termin vom 09.02.2009 vorgetragen hätten. Erkennbar hätten sich die
Kläger gegen das für sie ungünstige Beweisergebnis nicht mit dem mit Schriftsatz vom
20.02.2009 vorgelegten Privatgutachten zur Wehr setzen können.
Soweit die Berufung das Beweisergebnis angreife, könnten sich die Kläger nicht auf das als
qualifizierten eigenen Sachvortrag der Kläger zu bewertende Privatgutachten des
Sachverständigen G. berufen. Denn dieses Vorbringen sei nicht Gegenstand des
erstinstanzlichen Verfahrens gewesen und mithin nicht in den Prozessstoff eingegangen.
Dieser Vortrag könne auch nicht Gegenstand einer materiellen Rüge des erstinstanzlichen
Urteils sein. Ob die von der Berufung vorgetragene Annahme einer fehlerhaften Entnahme
der Probe zu abweichenden Beurteilungen durch den Gerichtsgutachter geführt hätte, sei
offen.
Schließlich habe das Landgericht in Übereinstimmung mit den Feststellungen des
gerichtlichen Sachverständigen festgestellt, dass der Auftrag an die Beklagte begrenzt
gewesen sei und eine abschließende Beurteilung auf der Grundlage der von ihr ermittelten
Werte Sache eines noch zu beauftragenden Fachunternehmens hätte sein müssen.
Der Senat hat den Klägern mit Beschluss vom 20.07.2009 (GA III Bl. 488 ff.) gegen die
Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
gewährt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die im
Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze, insbesondere auf die
Berufungsbegründung vom 06.05.2009 (GA III Bl. 416 ff.), die Berufungserwiderung vom
25.08.2009 (GA III Bl. 494 ff.), die Schriftsätze der Klägervertreter vom 06.10.2009 (GA III
Bl. 517 ff.), vom 01.03.2010 (GA IV Bl. 550 ff.), vom 30.03.2010 (GA IV Bl. 569 ff.), vom
08.06.2010 (GA IV Bl. 606 f.) sowie auf die Schriftsätze der Beklagtenvertreter vom
26.10.2010 (GA III Bl. 527 ff.), vom 12.03.2010 (GA IV Bl. 553 ff.), vom 20.04.2010 (GA
IV Bl. 574 ff.) und 20.01.2011 (GA IV Bl. 648 ff.) Bezug genommen. Der Senat hat
aufgrund Beweisbeschlusses vom 15.06.2010 (GA IV Bl. 609 f.) Beweis erhoben.
Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen
Verhandlungen vom 31.08.2010 (GA IV Bl. 628 ff.) und 25.01.2010 (GA IV Bl. 662 ff.)
verwiesen.
II.
A.
Die nach der gewährten Wiedereinsetzung zulässige Berufung hat Erfolg, da die
angefochtene Entscheidung nicht frei von Rechtsfehlern erscheint (§ 513 Abs. 1 ZPO). Den
Klägern steht dem Grunde nach Maßgabe der werkvertraglichen Gewährleistungsregelung
aus der mangelhaften Werkleistung ein Schadensanspruch zu (§ 634 Nr. 4, §§ 280, 281,
284 BGB), dessen Höhe im Betragsverfahren festzusetzen bleibt.
1. Das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis unterliegt den Regelungen
des Werkvertrags, da die vertragliche Verpflichtung auf die Herbeiführung des im Auftrag
beschriebenen, fest umrissenen Arbeitsergebnisses – der zuverlässigen Erkundung der
hydrogeologischen Situation, die in einem zu erstellenden Bericht gegenständlich erfassbar
werden sollte - gerichtet war. Demnach war die Vornahme einer bloßen Dienstleistung
nicht geschuldet (zur Abgrenzung Dienstvertrag/Werkvertrag. BGH, Urt. v. 01.02.2000, X
ZR 198/97, NJW 2000, 1107; Erman/Schwenker, BGB, 12. Aufl., vor §§ 631 ff. Rdnr. 8;
P/W/W/Leupertz, BGB, 4. Aufl., vor § 631 Rdnr. 7).
2. Die werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche setzen das Vorliegen eines Mangels
voraus, der nach der Legaldefinition des § 633 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB darin bestehen
kann, dass das Werk sich nicht für die vertraglich vorausgesetzte oder die gewöhnliche
Verwendung eignet oder es eine Beschaffenheit vermissen lässt, die bei Werken der
gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art der Werkes erwarten kann. Bei
Ingenieurleistungen der vorliegenden Art liegt ein Mangel nach dieser Definition vor, wenn
die Untersuchungsergebnisse fehlerhaft ermittelt wurden. Auf diesen rechtlichen Aspekt
haben die Kläger rekurriert. Denn sie haben die Mangelhaftigkeit des Gutachtens zunächst
auf die Behauptung gestützt, dass die von der Beklagten unter Ziffer 3.4 des Gutachtens
ermittelten Ergebnisse und Bewertungen zur chemischen Analyse nicht zutreffend seien,
insbesondere die vorhandenen Eisen- und Mangankonzentrationen falsch wiedergegeben
worden seien. Im Ergebnis kann diese Tatfrage offen bleiben.
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts hat die Beklagte bei der Bestimmung der
Eisen- und Manganwerte fehlerfrei gearbeitet. Der gerichtliche Sachverständige Dr. G. habe
ausgeführt, dass das von der Beklagten erstellte Gutachten bis auf ein paar Zahlendreher
keine inhaltlichen Fehler enthalte und die gefundenen Messergebnisse auf der von der
Beklagten durchgeführten Wasserentnahme über einen Zeitraum von 23 Stunden
beruhten. Dies entspreche einer vollkommen üblichen Vorgehensweise.
b) Diese Feststellungen werden von den Klägern unter Bezugnahme auf eine gutachterliche
Stellungnahme des Privatsachverständigen G. mit der Behauptung angegriffen, die
Beklagte habe die Proben nicht in einem repräsentativen Verfahren gewonnen. Um
festzustellen, ob die Grundwasserqualität auch bei einer lang andauernden
Pumpmaßnahme stabile und repräsentative Analysewerte aufweise, mache es aus
hydrogeologischer Sicht Sinn und entspreche einer gängigen Praxis, während eines
mehrtägigen Pumpversuchs mehrere Grundwasserproben in Reihe zu entnehmen und
diese auf relevante Parameter zu untersuchen. Durch diese Vorgehensweise würden
Entwicklungen beziehungsweise Änderungen der Gehalte von Inhaltsstoffen im
Grundwasser erkennbar. Dieses Verfahren sei in dieser Form nicht durchgeführt worden.
Stattdessen sei im Vorfeld des Versuchs am 01.12.2004 lediglich eine Probe entnommen
worden.
aa) Allerdings ist der Senat nicht bereits aus prozessualen Gründen (§ 529 Abs. 1 ZPO) an
die entgegenstehenden Feststellungen des Landgerichts zur Ordnungsgemäßheit der
Beprobung gebunden. Denn es liegt nicht fern, dass die Feststellungen des Landgerichts
auf einem Verfahrensfehler beruhen.
Gemäß § 279 Abs. 3 ZPO hat das Gericht im Anschluss an die Beweisaufnahme erneut
den Sach- und Streitstand und, soweit bereits möglich, das Ergebnis der Beweisaufnahme
mit den Parteien zu erörtern. Die Erörterung ist als wesentlicher Vorgang der Verhandlung
gem. § 160 Abs. 2 ZPO zu protokollieren und nimmt an der Beweiskraft des Protokolls
gem. § 165 ZPO teil. Fehlt – wie im vorliegenden Fall – ein Hinweis im Protokoll, so steht
mit der Beweiskraft des § 165 ZPO fest, dass das Gericht den Parteien unter Verstoß
gegen § 279 Abs. 3 ZPO keine Gelegenheit zur Erörterung gegeben hat (P/G/Geisler, ZPO,
2. Aufl., § 279 Rdnr. 5; P/G/Laumen, aaO, § 285 Rdnr. 3).
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Kausalität des Verfahrensfehlers für die
Tatsachenfeststellung des Landgerichts nicht deshalb zweifelhaft, weil das Privatgutachten
G. in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 09.02.2009 noch nicht vorlag
und somit die in diesem Gutachten zur Sprache gekommenen Aspekte in der mündlichen
Verhandlung auch dann nicht angesprochen worden wären, wenn das Landgericht den
Parteien Gelegenheit zur Erörterung des Beweisergebnisses gegeben hätte. Denn es liegt
nicht fern, dass sich der Klägervertreter im Beweistermin vor dem Landgericht einen
Schriftsatznachlass hätte einräumen lassen, falls das Landgericht nach Abschluss der
Vernehmung des Sachverständigen zum Ergebnis der Beweisaufnahme erörtert und die
Parteien ausdrücklich um Stellungnahme gebeten hätte.
bb) Der Senat hat den Sachverständigen im Termin vom 02.02.2010
prozessrechtskonform angehört. Auch nach dem Ergebnis der zweitinstanzlichen Anhörung
des Sachverständigen ist der Beweis für eine Fehlerhaftigkeit der Wasseranalyse nicht
erbracht.
aaa) Der Sachverständige hat an seiner erstinstanzlichen Einschätzung, wonach eine
ordnungsgemäße Wasserprobe erst nach Abschluss eines über 23 h andauernden
Pumpversuchs erfolgen dürfe, nicht mehr festgehalten. Er hat vielmehr angegeben, dass
der Pumpversuch über 23 h nicht die Probeentnahme betreffe. Der Pumpversuch diene
lediglich dazu festzustellen, ob genügend Grundwasser vorhanden sei, um die Anlage zu
betreiben. Explizit will er seine erstinstanzlichen Angaben dahingehend verstanden wissen,
dass sich sein Hinweis auf das Erfordernis eines 23-stündigen Probelaufs lediglich auf die
hydraulische Untersuchung, nicht auf die chemische Analyse der Wasserverhältnisse
beziehe. Nach Auffassung des Sachverständigen genüge es, die Messstelle mehrfach leer
zu pumpen, um ein realitätsnahes Messergebnis zu erzielen. Ob dieses Verfahren
eingehalten wurde, konnte der Sachverständige weder ausschließen noch positiv
bestätigen, da ihm das maßgebliche Protokoll über die Probeentnahme nicht vorgelegen
habe.
Den Parteien wurde Gelegenheit gegeben, zum Ergebnis der Sachverständigenbefragung
Stellung zu nehmen. Nachdem weder die Kläger noch die Beklagte die sachliche Richtigkeit
der Ausführungen in Zweifel ziehen, besteht für den Senat keinen Anlass, allein wegen der
Widersprüche zwischen den erst- und zweitinstanzlichen Ausführungen des
Sachverständigen ein Obergutachten einzuholen.
Legt man die Ausführungen des Sachverständigen zu Grunde, so kann der Beklagten nicht
vorgeworfen werden, die Probe nicht erst nach Abschluss des Pumpversuchs gezogen zu
haben. Ob das vom Sachverständigen beschriebene vertragsgerechte Verfahren von der
Beklagten tatsächlich eingehalten wurde, bleibt mangels Vorlage des entsprechenden
Protokolls offen.
bbb) Klärungsbedürftig ist die Frage, wer den Nachteil aus der Nichterweislichkeit dieses
Umstandes trägt.
Nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Anspruchsteller die Beweislast für das Vorliegen
der tatsächlichen Voraussetzungen, aus denen er vertragliche Gewährleistungsansprüche
herleiten will. Mithin ist es im Ausgangspunkt Sache der Kläger, die Fehlerhaftigkeit der
Probeentnahme zu beweisen.
aaaa) Aus den gravierenden Abweichungen zu der später analysierten Probe lassen sich zu
Gunsten der Kläger keine Beweiserleichterungen herleiten. Denn der Sachverständige Dr.
G. hat in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, dass die großen Abweichungen
keine Schlüsse auf die Ordnungsgemäßheit der Probeentnahme durch die Beklagte
erlauben. Beide Proben seien an unterschiedlichen Messstellen gezogen worden, die 30 m
voneinander entfernt gelegen hätten. Die Eisengehalte könnten variieren. Zudem hätten zu
dem jeweiligen Messzeitpunkt ganz unterschiedliche Verhältnisse geherrscht, da die Anlage
zum Zeitpunkt der zweiten Messung schon in Betrieb gewesen sei. Auch diese
Ausführungen, die sich mit den erstinstanzlichen Angaben des Sachverständigen decken,
werden von den Parteien nicht mehr angegriffen.
bbbb) Allerdings ist in Betracht zu ziehen, ob die Rechtsgrundsätze der
Beweislastverteilung bei Verletzung einer Dokumentationspflicht anwendbar sind.
Diese vor allem zum ärztlichen Behandlungsvertrag entwickelte Beweislastverteilung (vgl.
dazu BGHZ 72, 133, 138; Urt. v. 6. Juli 1999, VI ZR 290/98 , NJW 1999, 3408 , 3409)
setzt voraus, dass der Vertragspartner zur Dokumentation verpflichtet ist (BGH, Urt. v.
23.6.2008, V ZR 114/07, NJW 2008, 2852). An einer solchen Obliegenheit fehlt es für die
rechtliche Beratung durch Rechtsanwälte und Steuerberater ( BGH, Urt. v. 11. Oktober
2007, IX ZR 105/06 , NJW 2008, 371 , 372) und in der Vergangenheit für die
Anlageberatung der Banken ( BGHZ 166, 56 , 61). Sie ist auch für die Beratung eines
Kaufinteressenten durch den Verkäufer nicht anerkannt.
Ob auch im vorliegenden Vertragsverhältnis die Beklagte zur Fertigung eines Protokolls
verpflichtet war, bedürfte einer weiteren Aufklärung. Der Sachverständige Dr. G. hat in
seiner Anhörung vor dem Senat ausgeführt, dass es zur Durchführung der
Probenentnahme exakte Vorschriften gebe, wonach bei einer derartigen Probeentnahme
auch ein Protokoll anzufertigen sei, was exakt angebe, von wem und wie die
Probeentnahme erfolgt sei. Trifft dies zu, so streiten die besseren Argumente dafür,
zugunsten der Kläger eine Beweiserleichterung anzuerkennen. Eine etwaige
Dokumentationsobliegenheit dient ersichtlich dem Schutz des Auftraggebers, der sich ohne
schriftliches Protokoll in einer sehr schwierigen Situation befindet. Im Ergebnis bedarf diese
Frage keiner weitergehenden Erörterung.
3. Die Begutachtung der Beklagten leidet jedenfalls insoweit unter einem Mangel, als das
Gutachten die Bewertung enthält, dass „die gemessenen Eisen- und Manganwerte im
Hinblick auf eine Verockerung vergleichsweise gering“ seien. Soweit das Landgericht der
Klage mit Blick auf diese Formulierung den Erfolg vorenthalten hat, ist die angefochtene
Entscheidung nicht frei von Rechtsfehlern.
a) Besteht die Werkleistung wie im vorliegenden Fall in der Erstattung eines technischen
Gutachtens, so ist die Werkleistung im Sinne des § 633 Abs. 2 BGB nicht frei von
Sachmängeln, wenn der Gutachter den in seine Erkenntnis gestellten Sachverhalt
fehlerhaft beurteilt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
aa) Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. G., denen das
Landgericht im Ergebnis gefolgt ist, war die im Sachverständigengutachten enthaltene
Formulierung: „Die gemessenen Eisen- und Mangangehalte sind im Hinblick auf eine
Verockerung vergleichsweise gering“ sachlich fehlerhaft.
Der Sachverständige Dr. G. hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht
überzeugend ausgesagt, dass die zitierte Formulierung unpräzise sei. Eine Schwierigkeit
ergebe sich daraus, dass es keine Normen gebe. Anhand bestimmter Regelwerke,
insbesondere aus dem Trinkwasserbereich und aufgrund von Vorgaben verschiedener
Wärmepumpenhersteller, ließen sich jedoch Anhaltspunkte gewinnen, die den Rückschluss
zuließen, dass manche Hersteller mit den hier festgestellten Werten arbeiten könnten,
andere hingegen nicht. Insoweit sei es aus sachverständiger Sicht wünschenswert
gewesen, wenn die verwendete Formulierung in dem Gutachten erläutert worden wäre.
Der gefundene Wert sei nicht von vornherein als völlig unbedenklich einzustufen, sei aber
andererseits auch kein Wert, bei dem man eindeutig sagen könne, dass eine Anlage nicht
realisierbar sei.
In seiner Anhörung vor dem Senat hat der Sachverständige ergänzend ausgeführt, dass
der von der Beklagten festgestellte Wert von 1,15 mg/l darauf hingedeutet habe, dass
Eisen ein Problem sein könne. Denn der Normalwert des Eisengehalts liege zwischen 0,5
und 0,2 mg/l. Die vollständigen Parameter der Wasseranalyse zur Abschätzung, ob eine
Verockerungsgefahr gegeben sei oder nicht, hätten anlässlich der Begutachtung durch die
Beklagte noch nicht vorgelegen. Deshalb sei die Wertung der Beklagten, wonach die
gemessenen Eisen- und Manganwerte mit Blick auf eine Verordnungsgefahr
vergleichsweise gering seien, unpräzise. Der Sachverständige selber wäre der Sache näher
nachgegangen.
Auch diesen Ausführungen sind die Parteien nicht entgegengetreten.
bb) Bei wertender Betrachtung hat die Beklagte mit der von ihr gewählten Formulierung die
Verockerungsgefahr an dem zu untersuchenden Standort verharmlost und den Eindruck
erweckt, dass die Verockerungsgefahr einer Verwirklichung des geplanten Vorhabens nicht
entgegenstehen werde. Dieser Rückschluss durfte nach den Ausführungen des
Sachverständigen Dr. G. gerade nicht gezogen werden. Vielmehr hätten es die ermittelten
Werte nahegelegt, weitere Untersuchungen anzuregen. Diesen demnach gebotenen
Hinweis lässt das Gutachten vermissen.
cc) Insbesondere steht es der Annahme einer mangelhaften Werkleistung nicht entgegen,
dass die Beklagte nicht in einem umfassenden Sinne mit der Machbarkeit einer
Wärmepumpenanlage beauftragt wurde, sondern der Gegenstand des Auftrags zum einen
in der hydrogeologischen Erkundung, zum anderen in der chemischen Analyse des
Grundwassers bestand. Denn augenscheinlich betraf die fehlerhafte Aussage zur Höhe der
Verockerungsgefahr die chemische Analyse der Wasserprobe, indem sie eine
zusammenfassende Bewertung der zuvor dargestellten Messergebnisse unter dem
Blickwinkel der Verockerungsrisiken formulierte. Letztlich kann es dahinstehen, ob sich die
Beklagte in Erfüllung ihres Gutachterauftrages darauf hätte beschränken dürfen, die
Messergebnisse tabellarisch darzustellen und auf die Abgabe einer zusammenfassenden
Bewertung unter dem Aspekt der Verockerungsgefahr zu verzichten. Dies ändert nichts an
der rechtlichen Bewertung, dass die getroffene Aussage aus Sicht des Bestellers Teil der
eigentlichen Werkleistung war, für deren Richtigkeit der Unternehmer nach Maßgabe des §
634 BGB einstehen muss.
dd) Auch kann sich die Beklagte einer eigenen Verantwortung für die Richtigkeit ihrer
gutachterlichen Äußerungen nicht mit dem Argument entziehen, dass die Frage einer
technischen Realisierbarkeit einer Wärmepumpennutzung nicht in das Fachgebiet der
Beklagten, sondern in das Fachgebiet des Heizungs- und Anlagebauers falle (so der
Sachverständige Dr. G. auf GA II 337). Auch darauf, dass es der Beklagten zum Zeitpunkt
der Errichtung des geotechnischen Berichts noch nicht bekannt gewesen sein mag, welche
Anlage errichtet werden würde, kommt es nicht an. Denn die Beklagte hat sich mit ihrer
Aussage zur Gewichtung des Verockerungsrisikos aus Sicht der Kläger Sachkenntnisse
angemaßt, für deren Richtigkeit sie einstehen muss.
Es war aus Sicht der Kläger nicht erkennbar, dass die Aussage zur vergleichsweisen
geringen Höhe der Verockerungsgefahr vor dem Hintergrund der konkret zu wählenden
Anlage kritisch zu hinterfragen war. Da die Kläger keine spezifischen Sachkenntnisse
hinsichtlich der verlässlichen Einschätzung eines Verockerungsrisikos besaßen, durften die
Kläger zunächst auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der gutachterlichen Feststellungen
vertrauen.
Auch überzeugt es nicht, den Mangel der Werkleistung mit dem Argument zu entkräften,
die Beklagte habe nicht über die Kenntnisse eines Anlagenbauers verfügt und sei deshalb
nicht in der Lage gewesen, die Realisierbarkeit der Anlage zu beurteilen. Der Beklagten
gereicht es nicht zum Nachteil, die Realisierbarkeit der Anlage falsch eingeschätzt zu
haben. Vielmehr ist ihr anzulasten, dass sie die spezifischen Risiken und die unzureichende
Aussagekraft ihrer eigenen gutachterlichen Untersuchungsbefunde nicht offengelegt hat.
ee) Soweit die Beklagte der Mangelhaftigkeit der Werkleistung mit dem Sachvortrag einer
außerhalb des schriftlichen Gutachtens erfolgten Aufklärung entgegentritt, wonach die
Beklagte den Bauleiter der Kläger S. über die Notwendigkeit weitergehender
Wasseranalysen hingewiesen habe, hat die Beklagte den ihr obliegenden Beweis für eine
nachträgliche Korrektur der zunächst fehlerhaften Beantwortung der Gutachtenfrage nicht
erbracht. Nach dem Ergebnis der zweitinstanzlich ergänzten Beweisaufnahme ist der
Senat vielmehr davon überzeugt, dass eine mündliche Ergänzung des Gutachtens in dem
hier wesentlichen Detail nicht stattgefunden hat.
Der Zeuge D. hat auf eine erste Nachfrage, ob die Feststellung des Gutachtens zum
vergleichsweise geringen Verockerungsrisiko mit dem Zeugen S. erörtert worden sei,
ausweichend geantwortet, dies sei „nicht so konkret“ erfolgt. Da die Beschaffenheit der
Anlage noch nicht festgestanden habe, habe man noch nicht sagen können, ob die
gefundenen Werte hierfür geeignet gewesen seien. Auf eine zweite Nachfrage ging der
Zeuge bei genauer Betrachtung nicht mehr ein. Die Frage zielte darauf ab, ob eine
mündliche Erörterung des Analyseergebnisses stattgefunden hat. Hierauf hat der Zeuge
eine Einschätzung zu einem hypothetischen Sachverhalt mitgeteilt, indem er aufgezeigt
hat, wie sich der Zeuge S. vernünftigerweise verhalten hätte, wenn der Anlagenbauer,
nicht die Beklagte, Bedenken gegen die Werte aufgezeigt hätte. Diese Aussage konnotiert,
dass eine entsprechende Aufklärung und Erläuterung jedenfalls vom Zeugen nicht
durchgeführt wurde. Nicht anders ist die Antwort auf die dritte Nachfrage zu verstehen.
Auch hier hat der Zeuge eine klare und eindeutige Antwort vermieden und – anstatt die
Frage nach einer persönlichen Aufklärung klipp und klar zu beantworten – auf den
Erklärungsgehalt des Angebots verwiesen. Erst auf die vierte Nachfrage hat sich der Zeuge
zur Antwort durchgerungen, dass „von mir (ihm) aus nicht“ (GA IV Bl. 630) auf die
eingeschränkte Aussagekraft zur Feststellung der Verockerungsgefahr hingewiesen worden
sei. Nachdem der Zeuge auch das Treffen mit dem Zeugen S. in dem Schnellrestaurant
bestätigt hat und es für möglich gehalten hat, dass er hierbei gegenüber dem Zeugen S.
die Kosten für eine Spülung der Brunnen mit zwischen 3.000 und 5.000 EUR (für einen
Zeitraum zwischen drei bis fünf Jahren) angeben hat, verbleiben keine vernünftigen Zweifel
an der Wahrheit der Aussage des Zeugen S. Dieser inzwischen verstorbene Zeuge hat in
der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 13.07.2007 (GA I Bl. 100 ff.)
ausgesagt, der Zeuge D. habe die Kosten für eine Brunnenspülung zwischen 3.000 und
5.000 EUR beziffert. Forderungen nach zusätzlichen Wasseranalysen seien nie
Gesprächsthema gewesen.
Auf der Grundlage dieses eindeutigen Beweisergebnisses lagen die Voraussetzungen des §
448 ZPO für eine von Amts wegen zu erfolgende Parteivernehmung des Geschäftsführers
der Beklagten nicht vor. Aus Gründen der prozessualen Waffengleichheit hat der Senat von
einer Anhörung des Geschäftsführers gem. § 141 Abs. 1 ZPO abgesehen, da der
Ansprechpartner der Beklagten auf Seiten der Kläger, der Zeuge S., verstorben ist.
4. Die weiteren Voraussetzungen einer Schadensersatzpflicht nach § 634 Nr. 4 BGB i.V.m.
§ 281 BGB liegen vor.
a) Da der Schaden und die Mangelhaftigkeit der Werkleistung erst nach Inbetriebnahme der
Anlage zu Tage trat, war die im Regelfall gem. § 636 BGB erforderliche Fristsetzung zur
Nacherfüllung entbehrlich.
b) Auch die Kausalität des Werkmangels für den eingetretenen Vermögensschaden ist
nachgewiesen. Es ist davon auszugehen, dass der Einbau der Anlage bei einer korrekten
Offenlegung der aus den Analysedaten resultierenden Risiken unterblieben wäre.
aa) In Anlehnung an die Darlegungs- und Beweislastverteilung hinsichtlich des
Kausalitätsnachweises bei Aufklärungspflichtverletzungen (vgl. nur BGHZ 124, 151, 159
ff.; 72, 92, 106; 61, 118, 122; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 280 Rdnr. 39) ist
widerleglich zu vermuten, dass sich die Kläger bei richtiger Aufklärung aufklärungsrichtig
verhalten und weitere Untersuchungen veranlasst hätten. Ein alternatives Verhalten
kommt realistisch nicht in Betracht, da die Kläger ansonsten ein unkalkulierbares Risiko
eingegangen wären.
bb) Zwar erschiene der Kausalitätsnachweis zweifelhaft, wenn die Kläger von Seiten Dritter
über die eingeschränkte Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse und die daraus
resultierenden Risiken informiert worden wären und sich in Kenntnis der Risiken dennoch
für die Errichtung der Anlage entschieden hätten. Indessen ist eine Aufklärung durch Dritte
nicht nachgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des
Senats fest, dass eine solche Aufklärung jedenfalls nicht von den Zeugen R. und L. geleistet
wurde.
Der Zeuge R. hat sich zwar erinnert, den Zeugen S. in allgemeiner Hinsicht auf das
Problem der Verockerung hingewiesen zu haben. Allerdings habe es sich um ein
„allgemeines Baustellengespräch“ gehandelt, bei dem nach dem Wissen des Zeugen keine
konkreten Wasserwerte vorgelegen hätten (GA IV Bl. 633). Der Zeuge L. hat bekundet, er
habe den Zeugen S. auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Eisen- und Manganwerte zu
bestimmen. Allerdings habe zum Zeitpunkt des Gesprächs eine Analyse dieser Werte noch
nicht vorgelegen. Auch beruhte das fehlende Interesse des Zeugen L. an einer
Beauftragung mit dem Brunnenbau nicht auf einer unzureichenden Wasseranalyse. Der
Zeuge hat anschaulich und glaubhaft geschildert, dass er letztlich deshalb von der Abgabe
eines Angebots Abstand genommen hatte, weil er den Eindruck gewonnen hatte, dass das
Projekt „mehr oder weniger in Eigenregie“, d.h. ohne begleitende Betreuung durch ein
Ingenieurbüro durchgeführt werden sollte.
cc) Schließlich ist das mit Schriftsatz vom 20.1.2011 vorgelegte Antragsformular auf
Erlaubnis zum Betrieb einer geothermischen Brunnenanlage nicht geeignet, Zweifel an der
Kausalität zwischen dem Mangel der Werkleistung und dem eingetretenen Schaden zu
wecken.
Das erstmals wenige Tage vor dem Termin vorgelegte neue Verteidigungsvorbringen ist
bereits prozessual präkludiert. Nachdem die Kläger bestritten hatten, dass ihrem eigenen,
im Jahr 2005 gestellten Antrag ein Hinweis beigefügt war, der dem von der Beklagten
vorgelegten Formular entsprach, das den Stand des Monats Oktober 2008 zeigt, wäre es
Sache der Beklagten gewesen, Gründe vorzutragen, die den Rückschluss erlauben, dass
die verspätete Vorlage des Antragsformulars nicht im Sinne des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO
auf einer Nachlässigkeit der Beklagten beruht. Demnach scheitert die
Berücksichtigungsfähigkeit des Verteidigungsvorbringens bereits an der Schranke des §
531 Abs. 2 ZPO. Darüber hinaus wurde das neue Verteidigungsmittel lange nach Ablauf
der Berufungserwiderungsfrist vorgebracht, weshalb das neue Vorbringen auch nach §§
530, 521 Abs. 2, § 296 Abs. 1 ZPO auszuschließen war, da seine Zulassung die
Entscheidung über den Haftungsgrund verzögert hätte.
Dessen ungeachtet vermag sich der Senat auch in der Sache den Argumenten der
Beklagten nicht anzuschließen. Der dem Antrag beigefügte Hinweis legt dar, dass im
Grundwasser gelöstes Eisen und Mangan durch Ausfällen zur Verockerung der Brunnen
führen kann, weshalb eine entsprechende Untersuchung des Grundwassers auf die
Parameter Eisen, Mangan und Sauerstoff empfohlen wird. Genau dies haben die Kläger
jedoch veranlasst, indem sie die Beklagte u. a. mit der chemischen Analyse des Wassers
beauftragten. Hinweise darauf, dass die von der Beklagten durchgeführte Analyse nur
eingeschränkt aussagekräftig war, können den Erläuterungen zur Antragstellung nicht
entnommen werden.
dd) Wären die weitergehenden Untersuchungen veranlasst worden, so wäre der richtige
Eisengehalt und die tatsächliche Verockerungsgefahr erkannt worden. In einem solchen Fall
hätten die Kläger von dem Einbau der Anlage Abstand genommen, die mit den tatsächlich
vorgefundenen chemischen Verhältnissen nicht hätte betrieben werden können
Es ist davon auszugehen, dass die vom T.K. ermittelten Werte (Eisen. 3,77; etc. GA II Bl.
275) die im tatsächlichen Betrieb der Anlage anzutreffende Belastung beschreiben. Dann
bleibt es bei der Einschätzung des Sachverständigen P. Z. (GA II Bl. 291 ff.), wonach es
„technisch zwar immer möglich sei, mit entsprechenden Filtermedien, entsprechender
Wasseraufbereitung oder entsprechenden Wartungsmaßnahmen solche Systeme zu
betreiben“. Falle ein solcher Wartungsaufwand in sehr kurzen Intervallen an, so sei dieser
Aufwand für den wirtschaftlichen Betrieb nicht mehr gerechtfertigt (GA II Bl. 293 f.). Bei
dieser Sachlage kommt es auf die im Sachvortrag der Beklagten kontrovers dargestellte
Frage, ob die Anlage bei einem hypothetischen Eisengehalt von 1,15 mg/l nicht nachhaltig
problemlos (Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 26.10.2009; GA III Bl. 528 f.)
oder – freilich unter anderen technischen Vorgaben – doch hätte betrieben werden können
(Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 6.4.2010, GA IV Bl. 577), nicht an.
5. Schließlich müssen sich die Kläger ein eventuelles Mitverschulden des beauftragten
Anlagenbauers nicht zurechnen lassen.
a) Der bereits im ersten Rechtszug gehaltene Sachvortag wird im Schriftsatz des
Beklagtenvertreters vom 06.04.2010 noch einmal vertieft. Der Anlagenbauer habe – so die
Behauptung der Beklagten – eine ungeeignete Pumpe, ungeeignete Filter und zwischen
Wärmepumpe und Schlickbrunnen eine Freispiegelleitung installiert. Dies rechtfertige den
Schluss, dass der Schaden an der Pumpe in erster Linie auf eine fehlende oder fehlerhafte
Planung durch den Anlagenbauer zurückzuführen sei.
Letztlich kann die Tatfrage offenbleiben, da sich die Kläger den Fehler des Anlagenbauers
nicht zurechnen lassen müssen. Der Fachplaner ist im Verhältnis zur Beklagten kein
Erfüllungsgehilfe der Kläger. Die Kläger sind vielmehr bei einem unterstellten Verschulden
des Anlagenbauers frei, welchen Schuldner sie für den entstandenen Schaden haftbar
machen wollen.
b) Eine Zurechnung des fremden Verschuldens findet im Anwendungsbereich des § 254
Abs. 1 BGB nur unter den Voraussetzungen des § 278 S. 1 BGB statt. Nach dieser
Vorschrift hat der Schuldner ein Verschulden derjenigen Personen, derer er sich zur
Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang wie ein eigenes Verschulden zu
vertreten. Die Zurechnung des fremden Verschuldens setzt voraus, dass die Person, der
ein Mitverschulden vorgeworfen wird, gegenüber dem schadensersatzpflichtigen Schuldner
ihrerseits einer Pflicht unterliegt, deren Erfüllung sie einer dritten Person, ihrem
Erfüllungsgehilfen, übertragen hat. Diese Voraussetzungen liegen im Fall der vom
Auftraggeber auf einer jeweils selbständigen Vertragsgrundlage beauftragten
Sonderfachleute regelmäßig nicht vor. Jeder der beauftragten Sonderfachleute haftet nur
für die Erfüllung der von ihm in seinem Vertrag übernommenen Verpflichtungen (BGH, Urt.
v. 10.7.2003, VII ZR 329/01, MDR 2003, 1349; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 278
Rdnr. 13). Dies gilt insbesondere im Verhältnis des Auftraggebers zu Haupt- und
Nachunternehmer. Fehler eines Vorunternehmers können dem Auftraggeber im Verhältnis
zum Nachunternehmer regelmäßig nicht zugerechnet werden, weil es an einer
entsprechenden Pflicht des Auftraggebers gegenüber dem Nachunternehmer fehlt (BGHZ
95, 128, 131 ff.; Löwisch/Caspers, in. Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 278
Rdnr. 72; Erman/Westermann, BGB, 12. Aufl., § 278 Rdnr. 31). Dieser Rechtsgrundsatz
beansprucht auch in der umgekehrten Richtung Geltung. Der Vorunternehmer kann sich
durch ein Verschulden des Nachunternehmers nur dann entlasten, wenn der
Nachunternehmer in die Erfüllung einer dem Auftraggeber gegenüber dem Vorunternehmer
obliegenden Pflicht eingebunden war.
Zur Veranschaulichung hilft ein Blick in die Kasuistik. Ein Architekt kann Erfüllungsgehilfe des
Bauherrn im Rechtsverhältnis zwischen Bauherrn und Werkunternehmer sein, wenn der
Bauherr gegenüber dem Werkunternehmer zur Bereitstellung korrekter Pläne verpflichtet
ist. Bedient sich der Bauherr zur Erfüllung dieser Pflicht eines Architekten, muss er für eine
fehlerhafte Planung seines Erfüllungsgehilfen einstehen. Andererseits ist der Bauherr nicht
verpflichtet, den Werkunternehmer zu überwachen. Mithin erbringt der Architekt die
originär gegenüber dem Bauherrn geschuldete Bauüberwachung nicht zugleich im
Rechtsverhältnis zwischen Bauherrn und Werkunternehmer als Erfüllungsgehilfe des
Bauherrn, weshalb sich der Bauherr gegenüber dem Werkunternehmer ein etwaiges
Verschulden des Architekten bei der Bauüberwachung nicht zurechnen lassen muss (BGHZ
95, 131). Auch ist ein Architekt regelmäßig nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherrn im
Rechtsverhältnis zwischen Bauherrn und Bodengutachter, wenn dieser die ihm übertragene
Begutachtung fehlerhaft erledigt. Der Bauherr ist nicht seinerseits verpflichtet, den
Bodengutachter zu überwachen, weshalb der Architekt bei der eigenen
Leistungserbringung nur originäre, eigene Pflichten erfüllt und der Bauherr sich nicht
deshalb eines Architekten bedient, um eigene Pflichten des Bauherrn gegenüber dem
Bodengutachter zu erbringen (BGH, MDR 2003, 1349).
Diese Kasuistik weist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits den Weg. Es
kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang der Anlagenbauer gegenüber den Klägern
verpflichtet war, vor der Errichtung der Anlage weitergehende Pläne einzuholen oder gar
die gutachterlichen Äußerungen der Kläger auf Schlüssigkeit zu überprüfen. In jedem Fall
war der Anlagenbauer nicht gehalten, diese Prüfung in Erfüllung einer dem Bauherrn
gegenüber der Beklagten bestehenden Verpflichtung durchzuführen. Eine Zurechnung eines
etwaigen Verschuldens des Anlagenbauers scheidet aus Rechtsgründen aus.
6. Der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass die Kläger ihr erstinstanzliches
Klagebegehren auf die Behauptung gestützt haben, Mitarbeiter der Beklagten hätten nach
Übermittlung des Gutachtens in sachlicher Hinsicht unzutreffend behauptet, dass es keine
Probleme mit der Verockerung gebe und allerbeste Voraussetzungen für die Realisierung
der Anlage vorlägen. Sofern diese außerhalb des Gutachtens aufgestellte Behauptung Teil
der Werkleistung geworden wäre, fände ein hieraus hergeleiteter Schadensersatzanspruch
seine Rechtsgrundlage in § 634 Nr. 4, §§ 280, 281, 284 BGB. Daneben kann eine
außerhalb der eigentlichen Werkleistung abgegebene Erklärung unmittelbar unter dem
rechtlichen Aspekt des § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichten. Die Frage nach
der Rechtsgrundlage kann indessen im vorliegenden Rechtsstreit unentschieden bleiben, da
die Kläger nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts, die
den Senat gem. § 529 Abs. 1 ZPO binden, den ihnen obliegenden Beweis für die Abgabe
der von ihnen behaupteten Zusicherung nicht erbringen konnten. Auch die Berufung zieht
das Beweisergebnis nicht in Zweifel.
B.
Zusammenfassend steht auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes fest,
dass die Klageforderung zumindest in irgendeiner Höhe besteht. In einer solchen Situation
kommt der Erlass eines Grundurteils in Betracht, wenn der Rechtsstreit hinsichtlich der
Höhe der geltend gemachten Forderung noch nicht zur Entscheidung reif ist (BGH, NJW-RR
2007, 1008, 1009; BGHZ 108, 256, 260; P/G/Thole, aaO, § 304 Rdnr. 3). Eine solche
Verfahrensweise erschien dem Senat im vorliegenden Sachverhalt auch deshalb
zweckentsprechend, um die im Betragsverfahren ausstehende Aufklärung der zahlreichen
Einwendungen gegen die Berechtigung der Klageforderung nicht mit weiteren Erörterungen
zum Haftungsgrund zu belasten.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung
hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des Revisionsgericht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).