Urteil des OLG Saarbrücken vom 05.06.2007

OLG Saarbrücken: wiedereinsetzung in den vorigen stand, reparaturkosten, berufungsschrift, berufungsfrist, unfall, erlass, anwaltskosten, gefahr, eigentümer, aktivlegitimation

OLG Saarbrücken Urteil vom 5.6.2007, 4 U 73/07 - 23
Berufung: Schadensersatz wegen Beschädigung eines Segelflugzeugs; Wiedereinsetzung
gegen Versäumung der Berufungsfrist; Büroorganisationsverschulden bei Einzelanweisung
des Anwalts; Zulässigkeit eines Teilurteils bei Gefahr einander widersprechender
Entscheidungen; Entscheidung über hinaufgezogenen Rest- Reststreit durch Grundurteil
Leitsätze
Unzulässiges Teilurteil im Kfz-Unfallprozess
Tenor
1. Dem Beklagten und Berufungskläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
hinsichtlich der Versäumung der Berufungsfrist gewährt.
2. Die Berufung des Beklagten gegen das am 21. Dezember 2006 verkündete Teilurteil
des Landgerichts Saarbrücken – 2 O 22/06 – wird nach Heraufziehung der Entscheidung
über den Haftungsgrund der im ersten Rechtszug verbliebenen Restklage mit der Maßgabe
zurückgewiesen, dass die Klage der Klägerin zu 1) unter Aufrechterhaltung der
angefochtenen Entscheidung im Übrigen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt wird.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich derjenigen des
Wiedereinsetzungsverfahrens trägt der Beklagte. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung
dem Landgericht vorbehalten.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit
in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 26.848,42 EUR festgesetzt.
6. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Die Klägerin zu 1) macht aus eigenem bzw. abgetretenem Recht ihres Ehemannes
Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung eines Segelflugzeugs geltend, das am
24.6.2005 von einem in Frankreich zugelassenen PKW beschädigt wurde und für dessen
Haftpflicht der Beklagte eintrittspflichtig ist. Die Klägerin zu 2) macht als Kaskoversicherer
des Segelflugzeugs im Wege des Regresses gemäß § 67 Abs.1 S.1 VVG von ihr regulierte
Reparaturkosten geltend.
Zum Schadenshergang haben die Kläger vorgetragen, der Unfall habe sich am 24.6.2004
auf dem Betriebsgelände der Fa. K. in K. ereignet. Der Zeuge O. sei als Führer des in
Frankreich zugelassenen PKW beim Rückwärtsfahren infolge Unachtsamkeit gegen das
Seitenruder des auf dem Betriebsgelände aufgebockt abgestellten Segelflugzeugs
gestoßen und habe dieses gegen einen dahinter stehenden Anhänger geschoben.
Die Klägerin zu 1) hat vorgetragen, sie sei die Eigentümerin des Segelflugzeugs. Hilfsweise
hat sie sich auf eine mit ihrem Ehemann getroffene Abtretungsvereinbarung berufen ( Bl.
132 d.A. ). Die Klägerin zu 2 ) hat Ersatz der Reparaturkosten gemäß Rechnung der Fa. A.
GmbH vom 20.8.2004 über 19.578,30 EUR ( Bl. 14 d.A. ) abzüglich des nicht regulierten
Selbstbehalts von 2.000 EUR sowie die Erstattung anteiliger außergerichtlicher
Anwaltskosten von 413,90 EUR begehrt. Die Klägerin zu 1) hat über den von der Klägerin
zu 2) regulierten Schadensbetrag hinaus unfallbedingte Schäden von insgesamt 9.291,12
EUR und anteilige außergerichtliche Anwaltskosten von 389,64 EUR gegen den Beklagten
geltend gemacht ( im Einzelnen vgl. Bl. 5 d.A. ).
Die Kläger haben beantragt,
den Beklagten zu verurteilen
1. an die Klägerin zu 1) 9.261,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 25.6.2004 zu zahlen,
2. an die Klägerin zu 1) als Nebenforderung einen weiteren Betrag
von 389,64 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem
Basissatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
3. an die Klägerin zu 2) 17.587,30 EUR nebst Zinsen von 5
Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 20.6.2004 zu zahlen,
4. an die Klägerin zu 2) als Nebenforderung einen weiteren Betrag
von 413,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basissatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Plausibilität des behaupteten Unfallhergangs und die Kompatibilität der
Schäden mit dem Unfallgeschehen sowie die Aktivlegitimation der Klägerin zu 1) bestritten.
Darüber hinaus hat der Beklagte die Schadenshöhe als nicht nachvollziehbar bezeichnet
und gegen mehrere der von der Klägerin zu 1) geltend gemachten Schadenspositionen
konkrete Einwendungen erhoben.
Nach erstinstanzlich durchgeführter Beweisaufnahme zum Unfallhergang hat der Beklagte
mit nachgelassenem Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 12.12.2006 erklärt (
Bl. 130, 131 d.A. ), den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum
Nachweis der ( angeblich ) fehlenden Plausibilität der Unfallschäden nicht mehr aufrecht zu
erhalten. Bestritten bleibe jedoch weiter die Schadenshöhe hinsichtlich der
Bordinstrumente, deren Wiederbeschaffungswert nicht nachvollziehbar dargelegt sei, der
mit 1.500 EUR angegebene entgangene Gewinn aus vereinbarten Vercharterungen des
Flugzeugs sowie die Schadensposition „Rückforderung Schadensfreiheitsrabatt“ von
153,12 EUR.
Durch das nunmehr angefochtene Teilurteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß
§ 540 Abs.1 S.1 Nr.1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Beklagten
unter geringfügiger Korrektur der Zinsansprüche antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin
zu 2) 17.587,30 EUR sowie 413,90 EUR außergerichtliche Anwaltskosten ( jeweils nebst
Zinsen ) zu zahlen. Die Entscheidung im Übrigen – also über die Klageanträge zu 1. und 2.
der Klägerin zu 1) - wurde dem Schlussurteil vorbehalten.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 22.12.2006 zugestellte Teilurteil ( Bl. 147
d.A. ) hat der Beklagte mit Anwaltsschriftsatz vom 2.1.2007, bei Gericht eingegangen am
5.2.2007 ( Bl. 170 d.A. ), Berufung eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Am 22.2.2007 hat der
Beklagte die Berufung begründet. Zur Rechtfertigung des Wiedereinsetzungsgesuchs
macht der Beklagte geltend, sein Prozessbevollmächtigter habe, nachdem er am
22.1.2007 per Telefax zur Einlegung der Berufung beauftragt worden sei, noch am
gleichen Tag eine Berufungsschrift anfertigen lassen und diese unterschrieben.
Anschließend habe er die Berufungsschrift der Sekretärin Frau S1 übergeben und diese
wegen des unmittelbar bevorstehenden Fristablaufs ausdrücklich angewiesen, die
Berufungsschrift vorab per Telefax an das saarländische Oberlandesgericht zu übersenden.
Entgegen dieser Einzelanweisung und einer allgemeinen Büroanordnung habe Frau S1 die
Frist als erledigt vermerkt, ohne das Telefax abgesandt und die Berufungsschrift zur
Gerichtspost gegeben zu haben. Am 23.1.2007 habe Frau S1 bemerkt, dass die
Berufungsschrift noch in der Unterschriftsmappe lag. In der mündlichen Verhandlung vor
dem erkennenden Senat hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten darauf
hingewiesen, dass Frau S1 üblicherweise nicht mit der Erledigung des Postausgangs
befasst ist. Bei der Einzelanweisung habe es sich um einen Sonderauftrag gehandelt. Aus
anwaltlicher Sicht habe kein Grund zur Annahme bestanden, dass der stets zuverlässigen
Mitarbeiterin die Einzelanweisung in Vergessenheit geraten konnte (Bl. 200 d.A.).
In der Sache wirft der Beklagte dem Landgericht vor, die Reparaturkostenhöhe von
19.587,30 EUR verfahrensfehlerhaft als unstreitig behandelt zu haben, obwohl diese in
Wahrheit streitig gewesen sei. Der Beklagte habe in der Klageerwiderung vom 28.8.2006
unter Ziff. II.1. nicht nur den Unfallhergang in Zweifel gezogen, sondern auch die
Schadenshöhe als „ nicht nachvollziehbar “ bestritten ( Bl. 46 d. A. ). Die Ausführungen in
dem nachgelassenen Schriftsatz vom 12.12.2006 hätten hieran nichts geändert. Da die
Einwendungen nicht nur die Bordinstrumente und den entgangenen Gewinn, sondern die
Schadenshöhe insgesamt betroffen hätten, habe das Landgericht über die Höhe der
Reparaturkosten Beweis erheben müssen.
Der Beklagte beantragt ( Bl. 171, 188, 189 , 199 d.A. ),
ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung
der Berufungsfrist zu gewähren, das angefochtene Teilurteil dahin
abzuändern, dass die Klage abgewiesen wird;
hilfsweise,
das Teilurteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzu-
verweisen.
Nachdem der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 22.5.2007 darauf hingewiesen
hat, dass eine Behebung des in dem unzulässigen Teilurteil liegenden Verfahrensfehlers
durch Heraufziehen des im ersten Rechtszugs verbliebenen Rest - Reststreits dem Grunde
nach und Erlass eines Grundurteils beabsichtigt ist ( Bl. 200 d.A. ) , hat der
Prozessbevollmächtigte der Kläger beantragt ( Bl. 201 d.A. ),
die Berufung mit dieser Maßgabe zurückzuweisen.
Die Klägerin zu 2) vertritt die Auffassung, der Beklagte habe die Reparaturkostenhöhe in
der Klageerwiderung nicht substantiiert bestritten. Jedenfalls nach den Ausführungen in
dem nachgelassenen Prozessschriftsatz vom 12.12.2006 habe das Landgericht die
Reparaturkosten gemäß Rechnung der Fa. A. GmbH rechtsfehlerfrei als unstreitig
behandelt.
B.
I.
Der Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten ist zulässig und begründet. Der Antrag ist
rechtzeitig innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Behebung des maßgeblichen
Hindernisses ( § 234 ZPO ) in der in § 236 ZPO vorgesehenen Form gestellt worden. Die
Wiedereinsetzung ist in der Sache nach § 233 ZPO begründet. Der Beklagte hat glaubhaft
gemacht, dass er unverschuldet an der Einhaltung der Notfrist des § 517 ZPO verhindert
war. Ein Büroorganisationsverschulden seines Prozessbevollmächtigten, das sich der
Beklagte nach § 85 Abs.2 ZPO zurechnen lassen müsste, kann nicht festgestellt werden.
Zwar ist ein Rechtsanwalt, wenn er einer Kanzleiangestellten die Einzelanweisung erteilt,
die Berufungsschrift noch am selben Tag per Telefax an das zuständige Gericht
abzusenden, nach neuerer Rechtsprechung zumindest dann, wenn er nicht anordnet, den
Schriftsatz sogleich abzuschicken, verpflichtet, Vorkehrungen dagegen zu treffen, dass der
Auftrag „im Gedränge der übrigen Geschäfte in Vergessenheit gerät und die Frist dadurch
versäumt wird “ (BGH, 3. Zivilsenat Beschluss vom 4.4.2007 – Az. III ZB 85 / 06 – in
Fortführung von BGH NJW–RR 2004, 1361 f. ). Dem Vorbringen zur Wiedereinsetzung kann
zwar nicht entnommen werden, dass die Sekretärin Frau S1 explizit angewiesen wurde,
den Auftrag sofort zu erledigen. Dennoch besteht die Besonderheit, dass die Mitarbeiterin
mit der Erledigung einer Angelegenheit beauftragt wurde, die außerhalb ihres üblichen
Aufgabenbereichs lag . Da es sich um einen am selben Tag zu erledigenden, vom
Rechtsanwalt als eilbedürftig, da fristgebunden bezeichneten Sonderauftrag mit
Erinnerungswert handelte, durfte dieser davon ausgehen, dass die Angelegenheit der
Mitarbeiterin im Gedächtnis haften bleibt. Dafür, dass Frau S1 am 22.1.2007 durch
sonstige Geschäfte derart in Anspruch genommen war, dass Grund zur Sorge bestand,
dass ihr der Auftrag in Vergessenheit geraten könnte, besteht kein konkreter Anhalt. Ein
Rechtsanwaltsverschulden kann daher nicht festgestellt werden, weshalb dem Beklagten
antragsgemäß Wiedereinsetzung zu gewähren war.
II.
Durch die Wiedereinsetzung werden die wegen der Versäumung der Berufungsfrist
entstandenen Rechtsnachteile rückwirkend beseitigt und die Rechtzeitigkeit der
nachgeholten Prozesshandlung wird fingiert , weshalb die Berufung des Beklagten gemäß
den §§ 511, 513 , 517, 519 und 520 ZPO zulässig ist.
Das Rechtsmittel bleibt jedoch im Endergebnis erfolglos.
Die angefochtene Entscheidung beruht zwar insofern auf einer Rechtsverletzung im Sinne
des § 546 ZPO, als es sich um ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO
erlassenes Teilurteil handelt (1). Sieht man von diesem Verfahrensmangel ab, erweist sich
der sachliche Vorwurf der Berufung, das Landgericht habe streitigen Parteivortrag zu
Unrecht als unstreitig behandelt, nicht als gerechtfertigt ( 2 ). Aus diesem Grund und weil
der Rest – Rechtsstreit dem Grunde nach entscheidungsreif ist, hielt der Senat nach
entsprechendem Rechtshinweis dafür, von der in § 538 Abs.2 Nr.7 ZPO eröffneten
Möglichkeit der Aufhebung und Zurückverweisung ausnahmsweise keinen Gebrauch zu
machen und den Verfahrensfehler dadurch zu korrigieren, dass er den in erster Instanz
verbliebenen Teil des Rechtsstreits dem Grunde nach an sich zieht ( § 538 Abs.1 ZPO )
und die Widerspruchsfreiheit von angefochtenem Teil– und künftigem Schlussurteil dadurch
herbeiführt, dass er wegen der im ersten Rechtszug verbliebenen Ansprüche der Klägerin
zu 1) ein Grundurteil ( § 304 ZPO ) erlässt ( 3 ).
1. Nach allgemeiner Auffassung setzt ein Teilurteil neben der Teilbarkeit des
Streitgegenstandes die Entscheidungsreife eines, aber auch nur eines Teils des
Streitverhältnisses und - als ungeschriebenes Merkmal – weiterhin die Unabhängigkeit des
Teilurteils von der Entscheidung des Rest - Streits voraus ( Widerspruchsfreiheit zum
Schlussurteil ; vgl. Zöller – Vollkommer, ZPO, 26.Aufl. Rn. 2 zu § 301 mwNw. ). An der
letztgenannten Voraussetzung fehlt es.
Ein Teilurteil darf nach ständiger Rechtsprechung nicht ergehen, wenn es von der
Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruches abhängig
ist, insbesondere wenn die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse - auch im
Instanzenzug - besteht ( BGH NJW 2007, 156 f. ; 1999, 1035 f. mwNw. ). Diese
Grundsätze gelten bei subjektiver Klagehäufung in gleicher Weise ( BGH a.a.O.). § 301 ZPO
will die Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit in ein und demselben Rechtsstreit bis zu
dessen Entscheidung nicht nur faktischer Trennung gewährleisten. Widersprüchlichkeit ist
dabei nicht nur im Sinne eines Rechtskraftkonfliktes zu verstehen. Umfasst sind alle Fälle
der Präjudizialität , wobei auch die unterschiedliche Beurteilung bloßer Urteilselemente, die
nicht in Rechtskraft erwachsen, vermieden werden soll ( BGH NJW 1997, 435, 455 ; Zöller
– Vollkommer a.a.O. Rn. 7 zu § 301 ). Ein Teilurteil ist demnach immer dann unzulässig,
wenn sich durch die bloße Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung im Instanzenzug
die Gefahr widersprechender Entscheidungen ergeben kann ( BGH NJW-RR 1994, 379, 380
f. ).
In Anwendung dieser Grundsätze durfte das Landgericht kein dem Zahlungsverlangen der
Klägerin zu 2) stattgebendes Teilurteil erlassen. Die Kläger machen gegen den Beklagten
Zahlungsansprüche aus einem einheitlichen Unfallgeschehen geltend. Die Frage, ob sich
der Unfall wie von den Klägern behauptet zugetragen hat, ist für die streitgegenständlichen
Zahlungsansprüche präjudiziell. Der Beklagte hat zwar nach der vom Landgericht
durchgeführten Beweisaufnahme den Antrag auf Einholung eines
Sachverständigengutachtens zu den von ihm geltend gemachten Plausibilitätsdefiziten nicht
mehr aufrechterhalten. Dennoch hat der Beklagte die Haftung dem Grunde nach weder
unstreitig gestellt noch zugestanden. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die
präjudizielle Frage der Haftung dem Grunde nach – etwa im Fall eines Richterwechsels bei
abweichender Wertung des Ergebnisses der Beweisaufnahme – im Schlussurteil anders
beurteilt werden könnte als im Teilurteil und dass es deshalb zu einander
widersprechenden Entscheidungen kommt. Im Übrigen hat das Landgericht den Rest –
Rechtsstreits nicht gemäß § 148 ZPO bis zur Klärung des weiteren Schicksals des
Teilurteils ausgesetzt, sondern ihm durch Erlass eines Hinweis- und Aufklärungsbeschlusses
( Bl. 142 bis 145 d.A. ) Fortgang gegeben. Das Landgericht hätte durch Teilurteil
entscheiden dürfen, wenn es zugleich ein Grundurteil über die Restansprüche der Klägerin
zu 1) erlassen hätte ( BGH NJW 95,2106 ; Zöller a.a.O.).
2. Lässt man diesen Verfahrensfehler außer Betracht, ist die Berufung des Beklagten nicht
begründet. Die Beweiswürdigung des Landgerichts und die Feststellungen zum
Unfallhergang, gegen deren Richtigkeit und Vollständigkeit keine durchgreifenden Bedenken
bestehen ( § 529 Abs.1 Nr.1 ZPO ), greift der Beklagte nicht an. Er wendet sich mit
seinem Rechtsmittel lediglich dagegen, dass das Landgericht die durch Rechnung der Fa. A.
GmbH belegten Kosten der Reparatur des Segelflugzeugs von 19.587,30 EUR ( Bl. 14 d.A.
) als unstreitig angesehen hat. Der Beklagte vertritt die Ansicht, die Schadenshöhe sei
erstinstanzlich streitig und mithin klärungsbedürftig gewesen.
Der Berufung ist einzuräumen, dass in der Klageerwiderung vom 28.8.2006 nicht nur die
Plausibilität des Schadenshergangs in Frage gestellt, sondern auch die Schadenshöhe als „
nicht nachvollziehbar “ bestritten wurde. Es unterliegt bereits Zweifeln, ob dieser pauschale
Einwand den Anforderungen substantiierten Bestreitens der von der Klägerin zu 2) im
Wege des Regresses geltend gemachten Reparaturkosten genügte. Der Beklagte hat die
Schäden an dem Segelflugzeug sowohl in der Klageerwiderung als auch in dem weiteren
Prozessschriftsatz vom 30.10.2006 ( Bl. 103-105 d.A. ) ausschließlich unter
Plausibilitätsaspekten als „nicht nachvollziehbar“ bezeichnet. Konkrete Beanstandungen
gegen den aus der Rechnung der Fa. A. GmbH vom 20.8.2004 ersichtlichen
Reparaturaufwand wurden nicht erhoben. Substantiierte Einwendungen zur Höhe hat der
Beklagte nur gegen einzelne von der Klägerin zu 1) geltend gemachte Schadenpositionen,
etwa die Schäden an den Bordinstrumenten und den entgangenen Gewinn aus einer
Vercharterung des Flugzeugs erhoben.
Die Frage, ob die durch Rechnung belegten Kosten der Reparatur des Segelflugzeugs in der
Klageerwiderung substantiiert bestritten waren, kann jedoch auf sich beruhen. Denn
spätestens nach den Ausführungen in dem im Anschluss an den Beweistermin vom
14.11.2006 eingereichten nachgelassenen Schriftsatz vom 12.12.2006 waren die
Reparaturkosten nicht ( mehr ) als streitig anzusehen. In dem Schriftsatz erklärte der
Beklagte, dass er den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur (
fehlenden ) Plausibilität der Unfallschäden nicht mehr aufrecht erhält. Weiter heißt es „
bestritten bleibe die Schadenshöhe bezüglich der Bordinstrumente, deren
Wiederbeschaffungswert nicht nachvollziehbar angegeben werde, sowie der entgangene
Gewinn “ ( Bl. 130,131 d.A. ). Ansonsten wurde lediglich gegen die Schadensposition
“Rückforderung Schadensfreiheitsrabatt“ in Höhe von 153,12 EUR erinnert.
Das Landgericht und die Kläger konnten und mussten die Ausführungen so verstehen, dass
der Beklagte – von den in der Klageerwiderung erhobenen Einwendungen zur
Schadensplausibilität abgesehen – gegen die Schadenshöhe nur noch nach Maßgabe des
Inhalts des nachgelassenen Schriftsatzes Einwendungen geltend macht. Da die Rechnung
der Fa. A. GmbH und die sich daraus ergebenden Reparaturkosten in dem Schriftsatz mit
keinem Wort erwähnt wurden, hat das Landgericht den Schaden der Höhe nach zu Recht
als unstreitig angesehen.
In dem Zusammenhang ist noch Folgendes zu berücksichtigen : Die Klägerin zu 2) hat nach
ihrem unwidersprochen gebliebenen Prozessvortrag dem Regulierungsbüro V. A. G. AG
vorprozessual mit Schreiben vom 16.3.2005 Unterlagen und umfangreiches Bildmaterial
zugeleitet, woraus sich ergab, dass eine eingehende Prüfung der Rechnung der Fa. A.
GmbH durch von der Klägerin zu 2) beauftragte Sachverständige erfolgt war und dass
diese Prüfung keine Beanstandungen gegen den berechneten Kostenaufwand ergeben hat
( Bl. 47 bis 68 d.A. ). Der Beklagte wäre nach Erhalt dieser Unterlagen ohne weiteres in
der Lage gewesen, über die in der Klageerwiderung angemeldeten Plausibilitätsbedenken
hinaus konkrete Einwendungen gegen einzelne Positionen der Rechnung der Fa. A. GmbH
zu erheben. Nachdem dies nicht geschehen ist, hat das Landgericht die Höhe der
Reparaturkosten verfahrensfehlerfrei als nicht streitbefangen erachtet. Es gilt der
Grundsatz, je substantiierter die Darlegungen des Anspruchstellers zur Höhe der
Reparaturkosten und je umfangreicher und präziser die der Gegenseite zur Beurteilung des
Reparaturaufwandes erteilten Informationen sind, umso mehr kann und muss vom Gegner
detailliertes Bestreiten erwartet werden ( Zöller- Greger a.a.O. Rn. 8 a zu § 138 mwNw. ).
Das gilt erst recht für den Beklagten, der ständig mit der Regulierung von Unfallschäden
befasst ist.
Das Landgericht hat die Rechnungshöhe daher im Einklang mit § 138 Abs.3 ZPO als
unstreitig behandelt. Der Beklagte erhebt selbst im Berufungsrechtszug keine konkreten
Beanstandungen gegen einzelne Rechnungspositionen. Er beschränkt sich auf den
Einwand, die Höhe der Reparaturkosten sei klärungsbedürftig.
3. Da das angefochtene Teilurteil von dem aufgezeigten Verfahrensfehler abgesehen
keinen Anlass zur Kritik bietet und weil die in erster Instanz verbliebenen Klageansprüche
der Klägerin zu 1) dem Grunde nach entscheidungsreif sind ( hiervon geht auch das
Landgericht in dem Hinweisbeschluss vom 21.12.2006 aus ), hielt es der Senat nach
Rechtshinweis an die Parteivertreter, die gegen die Vorgehensweise keine Einwendungen
erhoben haben, für sachgerecht, die Entscheidung über den Rest – Rechtsstreit dem
Grunde nach an sich zu ziehen und den Verfahrensmangel durch Erlass eines Grundurteils (
§ 304 ZPO ) zu beben. In Rechtsprechung und Schrifttum herrscht Einigkeit, dass die
Möglichkeit der einheitlichen Entscheidung nach § 538 Abs.1 ZPO auch bei einem zur
Berufung angefallenen unzulässigen Teilurteil besteht. Das Berufungsgericht kann – wenn
die Voraussetzungen des § 304 ZPO vorliegen – über den hinaufgezogenen Rest-
Reststreits auch durch Grundurteil entscheiden ( BGH VersR 89,603 ), bleibt allerdings an
diese Entscheidung in einem eventuellen zweiten Berufungsverfahren gebunden ( Zöller-
Gummer /Heßler a.a.O. Rn. 55 zu § 538 ).
Die Voraussetzungen für ein Grundurteil wegen der im ersten Rechtszug verbliebenen
Zahlungsansprüche der Klägerin zu 1) liegen vor. Die bezifferten Zahlungsansprüche sind
nach Grund und Betrag streitig, wobei der Streit über den Grund im positiven Sinn
entscheidungsreif ist :
Auch wenn der Beklagte den vom Landgericht festgestellten Unfallhergang zweitinstanzlich
nicht in Zweifel zieht, ist dieser – jedenfalls im Verhältnis zur Klägerin zu 1) - weiter dem
Grunde nach streitig. Nach den mit der Berufung nicht in Frage gestellten Feststellungen
des Landgerichts zum Unfallhergang, gegen deren Richtigkeit und Vollständigkeit keine
konkreten Bedenken bestehen ( § 529 Abs.1 Nr.1 ZPO ), ist davon auszugehen, dass der
Klägerin zu 1) gegen den Beklagten aufgrund der Unfallbeschädigung des Segelflugzeugs
Schadensersatzansprüche gemäß § 7 Abs.1 StVG ; §§ 823 Abs.1, 249 BGB zustehen. Die
vom Beklagten in Abrede gestellte Sachbefugnis der Klägerin zu 1), die als
anspruchsbegründende Tatsache zum Grund des Anspruchs gehört ( Zöller- Vollkommer
a.a.O. Rn. 7 a zu § 304 mwNw. ), ist zu bejahen. In dem Zusammenhang kann
dahinstehen, ob die Klägerin oder ihr Ehemann Eigentümer des Segelflugzeugs ist. Selbst
wenn der Zeuge S. Eigentümer sein sollte, ergibt sich die Aktivlegitimation der Klägerin zu
1) aus der vorgelegten schriftlichen Abtretungsvereinbarung, gegen deren Authentizität der
Beklagte keine Einwendungen erhebt ( Bl. 132 d.A. ). Hiernach hat der Zeuge S. „
sämtliche “ Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Unfall vorsorglich an die Klägerin zu
1) abgetreten. Die Abtretungserklärung betrifft entgegen der Rechtsansicht der Beklagten
nicht nur Ansprüche bezüglich der Vollkaskoversicherung. Gegen die Passivlegitimation des
Beklagten, dem als zuständigem Landesbüro in Deutschland nach dem Londoner
Übereinkommen in der Neufassung von 1989 die Regulierung von Schäden obliegt, an
denen ein ausländisches Fahrzeug beteiligt ist, für das dessen Haftpflichtversicherer eine
grüne Karte ausgestellt hat, ergeben sich ebenfalls keine Bedenken.
Zwar reicht es für ein Grundurteil prinzipiell aus, dass die geltend gemachten
Schadensersatzansprüche unter Berücksichtigung der Einwendungen mit hoher
Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe bestehen ( vgl. Zöller- Vollkommer, a.a.O. Rn. 6 zu
§ 304 ). Werden jedoch mehrere in einem Leistungsantrag zusammengefasste Ansprüche
eingeklagt, muss das Grundurteil sämtliche Einzelforderungen umfassen. Zumindest muss
hinsichtlich jedes Einzelpostens zweifelsfrei feststehen, ob er abschließend verbeschieden (
§ 301 ZPO ) oder der Zwischenentscheidung über den Grund zugeordnet ist ( BGH NJW
1989, 2746 ) . Dies berücksichtigend gilt wegen der streitigen Schadenspositionen
Folgendes :
Der Senat hat wie das Landgericht in dem Hinweisbeschluss vom 21.12.2006 nach dem
Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme keine Zweifel daran, dass die
Bordinstrumente des Segelflugzeugs bei dem Unfall beschädigt wurden. Die Klärung der
Schadenshöhe kann im Nachverfahren erfolgen. Gleiches gilt für den von der Klägerin zu 1)
mit 1.500 EUR angegebenen entgangenen Gewinn aus Vercharterungen, zu denen es
unfallbedingt nicht gekommen sein soll, und den von der Beklagten in dem Zusammenhang
erhobenen Einwand mitwirkenden Verschuldens durch verzögerte Erteilung des
Reparaturauftrages. Der Einwand mitwirkenden Verschuldens betrifft zwar ebenfalls eine
zum Grund gehörende Frage. Dessen ungeachtet kann der Einwand nach der
Rechtsprechung , wenn er nicht zu einem vollen Haftungsausschluss führt, dem
Nachverfahren vorbehalten werden , was hiermit geschieht ( BGH MDR 2003, 769; NJW
2005, 1935,1936 ; Zöller- Vollkommer a.a.O. Rn. 8 zu § 304 ). Auch der Umfang der vom
Beklagten zu ersetzenden Fahrtkosten mag im Nachverfahren geklärt werden.
Nach alldem war auf die Berufung des Beklagten über die im ersten Rechtszug
verbliebenen, wegen des Grundes in die zweite Instanz hinaufgezogenen
Zahlungsansprüche der Klägerin zu 1) dem Grunde nach zu entscheiden. Die weiter
gehende Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil war zurückzuweisen.
Die Kostentragungspflicht des Beklagten für das Berufungsverfahren und das nach § 238
Abs.1 ZPO verbundene Wiedereinsetzungsverfahren ergibt sich aus §§ 97 Abs.1 , 238
Abs.4 ZPO. Im Übrigen war die Entscheidung über die Kosten dem Schlussurteil
vorzubehalten. Dass der Senat einen Verfahrensfehler des Landgerichts durch Erlass eines
Grundurteils korrigiert hat, mit welchem die Zahlungsansprüche der Klägerin zu 1) dem
Grunde nach für gerechtfertigt erklärt werden, stellt keinen sachlichen Erfolg des vom
Beklagten eingelegten Rechtsmittels dar.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10,711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO nicht
vorliegen.