Urteil des OLG Saarbrücken vom 16.12.2010

OLG Saarbrücken: elterliche gewalt, versorgung, krankenversicherung, scheidung, anschlussbeschwerde, einkünfte, anteil, ruhegehalt, auskunft, ausschluss

OLG Saarbrücken Beschluß vom 16.12.2010, 6 UF 17/10
Leitsätze
1. Zur Abänderung einer VA-Regelung nach § 10a VAHRG.
2. Zur Bestimmung des Ehezeitanteils einer Beamtenversorgung bei vorgezogenem
Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.
3. Zu den - hier verneinten - Voraussetzungen einer Korrektur des VA nach § 1587c BGB
a. F. unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Ungleichgewichts.
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird unter Zurückweisung der
Anschlussbeschwerde der am 6. Januar 2010 verkündete Beschluss des Amtsgerichts -
Familiengericht - in Saarbrücken – 2 F 169/09 VA - teilweise abgeändert und wie folgt neu
gefasst:
Die Versorgungsausgleichsentscheidung im Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - in
Saarbrücken vom 13. Oktober 1978 – 39 F 755/77 - wird dahingehend abgeändert, dass
zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei dem Bundeseisenbahnvermögen –
Empfängernummer: … - Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung auf
dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung –
Versicherungsnummer ~2 - in Höhe von monatlich 223,95 EUR, bezogen auf den 31.
Dezember 1977, begründet werden und der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften in
Entgeltpunkte umzurechnen ist.
2. Die Gerichtskosten beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der am ... April 1942 geborene Antragsteller und die am ... März 1947 geborene
Antragsgegnerin haben am 31. Mai 1965 geheiratet. Aus der Ehe sind die Kinder M.,
geboren am ... November 1966, und C., geboren am ... Oktober 1968, hervorgegangen.
Der Scheidungsantrag des Antragstellers wurde der Antragsgegnerin am 21. Januar 1978
zugestellt.
Während der Ehezeit (1. Mai 1965 bis 31. Dezember 1977, § 1587 Abs. 2 BGB a.F.) hat
der Antragsteller Versorgungsanwartschaften beim Bundeseisenbahnvermögen (weitere
Beteiligte zu 1; früher: Deutsche Bundesbahn) und die Antragsgegnerin bei der Deutschen
Rentenversicherung (DRV, weitere Beteiligte zu 2; früher: Landesversicherungsanstalt)
erworben.
Durch das rechtskräftig gewordene Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - in
Saarbrücken vom 13. Oktober 1978 – 39 F 755/77 - wurde die Ehe geschieden (Ziffer 1
des Urteilstenors), die elterliche Gewalt für M. dem Antragsteller sowie für C. der
Antragsgegnerin übertragen (Ziffer 2 des Urteilstenors) und der Versorgungsausgleich in
der Weise durchgeführt, dass zu Lasten der beamtenrechtlichen
Versorgungsanwartschaften des Antragstellers Rentenanwartschaften in Höhe von
monatlich 524,36 DM, bezogen auf den 31. Dezember 1977, auf dem
Rentenversicherungskonto der Antragsgegnerin begründet wurden (Ziffer 3 des
Urteilstenors). Zuvor hatten sich die Parteien in einem gerichtlichen Vergleich darüber
geeinigt, dass der Antragsteller an die Antragsgegnerin zum Zwecke der
Auseinandersetzung der Zugewinngemeinschaft und zur Abgeltung sämtlicher
vermögensrechtlicher Ansprüche 10.000 DM zahlte.
Grundlage der Entscheidung über den Versorgungsausgleich war eine Auskunft der
Deutschen Bundesbahn vom 10. April 1978, in der berücksichtigt ist, dass sich der
Antragsteller seit dem 1. Januar 1978 wegen Dienstunfähigkeit im Ruhestand befand.
Dabei wurde davon ausgegangen, dass sich das Ruhegehalt des Antragstellers unter
Berücksichtigung von Zurechnungszeiten bei einem Ruhegehaltsatz von 65% auf monatlich
1.560,62 DM (= monatliches Ruhegehalt: 1.440,57 DM + 1/12 der jährlichen
Sonderzuwendung: 120,05 DM) belief. Der Ehezeitanteil wurde auf der Grundlage einer
Ehezeit von 12,67 Jahren und einer wegen des vorgezogenen Ruhestandes gekürzten
Gesamtzeit von 18,71 Jahren ermittelt. Daraus ergab sich ein Ehezeitanteil in Höhe von
monatlich 1.056,82 DM. Auf Seiten der Antragsgegnerin wurden im Jahr 1965 erworbene
Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 8,10 DM in den
Versorgungsausgleich einbezogen.
Der Antragsteller hat nach der Ehe keine weiteren Versorgungsanwartschaften mehr
erlangt. Die Antragsgegnerin war ab Ende 1978 berufstätig und hat Rentenanwartschaften
in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Außerdem wurden zu ihren Gunsten
nachträglich Pflichtbeitragszeiten für die Kindererziehung berücksichtigt. Sie bezieht seit
dem 1. Mai 2009 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen, die sich seit
September 2009 nach Abzug der Beiträge zur Krankenversicherung (100,14 EUR) und zur
Pflegeversicherung (24,72 EUR) auf monatlich 1.142,89 EUR beläuft.
Mit Bescheid des Bundeseisenbahnvermögens vom 16. April 2009 (Bl. 40 d.A.) wurde das
Ruhegehalt des Antragstellers von monatlich 1.726,11 EUR auf 1.097,82 EUR gekürzt,
nachdem der Versorgungsausgleich im Hinblick auf den Rentenbezug der Antragsgegnerin
wirksam geworden war.
Mit am 8. Mai 2009 eingereichtem Antrag hat der Antragsteller nach § 10 a VAHRG die
Abänderung der in dem vorgenannten Urteil getroffenen Versorgungsausgleichsregelung
unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich eingetretenen beiderseitigen Veränderungen
begehrt.
Der Antragsteller hat vorgetragen, dass sich die Veränderungen daraus ergäben, dass auf
Seiten der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung Kindererziehungszeiten
zu berücksichtigen seien, die ihr zum Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung noch nicht
zugestanden hätten; es sei daher von höheren in der Ehezeit erworbenen
Rentenanwartschaften der Antragsgegnerin auszugehen. Auf Seiten des Antragstellers
werde kein 13. Monatsgehalt mehr gezahlt; außerdem sei der Ehezeitanteil seiner
beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaften falsch berechnet worden, weil das
Familiengericht zu Unrecht den tatsächlichen Versorgungsbeginn und nicht die gesetzliche
Altersgrenze zu Grunde gelegt habe.
In dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht
die im Urteil vom 13. Oktober 1978 getroffene Versorgungsausgleichsregelung mit
Wirkung zum 1. Juni 2009 dahingehend abgeändert, dass zu Lasten der Versorgung des
Antragstellers bei der Bundesrepublik Deutschland - Bundeseisenbahnvermögen -
Rentenanwartschaften von monatlich 162,25 EUR, bezogen auf den 31. Dezember 1977,
auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung
begründet werden. Außerdem hat das Familiengericht angeordnet, den Monatsbetrag der
Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte umzurechnen.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie die
Aufhebung des angefochtenen Beschlusses erstrebt, soweit eine Abänderung nicht nur
wegen der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten und des Wegfalls der jeweiligen
Sonderzahlung erfolgt ist. Die Antragsgegnerin trägt vor, dass sich ihre Bruttorente wegen
des vorgezogenen Rentenbeginns lediglich auf monatlich 1.267,75 EUR belaufe. Es werde
bestritten, dass die vom Antragsteller zu leistenden Beiträge zur privaten Kranken- und
Pflegeversicherung deutlich höher sind, als die entsprechenden Abzüge bei der gesetzlichen
Rente. Der Antragsteller, der - insoweit unstreitig - nach der Scheidung wieder geheiratet
hat, habe im Gewerbebetrieb seiner Ehefrau mitgearbeitet.
Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und erstrebt mit seiner
unselbstständigen Anschlussbeschwerde eine weitere Herabsetzung des
Ausgleichsbetrages aus Billigkeitsgesichtspunkten. Der Antragsteller trägt vor, dass die
Antragsgegnerin eine Bruttorente in Höhe von monatlich 1.311,01 EUR hätte, wenn sie
nicht vorzeitig in den Ruhestand gegangen wäre. Außerdem müssten ihre –
zweitinstanzlich erstmals vorgetragenen – unstreitigen Anwartschaften bei der
Ruhegehalts- und Zusatzversorgungskasse in Höhe von 142,77 EUR berücksichtigt
werden. Zudem wohne die Antragsgegnerin mietfrei und habe darüber hinaus
Mieteinkünfte, nachdem sie ein Hausanwesen in B. von einer älteren Dame geerbt habe, in
deren Haushalt sie nach der räumlichen Trennung gelebt und die sie betreut habe.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen. Sie trägt
ergänzend vor, dass sie das Haus in B. gekauft habe, wobei als Gegenleistung vereinbart
gewesen sei, dass die Verkäuferin dort lebenslang wohnen bleiben durfte und von der
Antragsgegnerin bis zu ihrem Tod gepflegt wurde. Um das Haus in einen bewohnbaren
Zustand zu bringen, hätten 85.000 DM investiert werden müssen. Mieteinnahmen habe
die Antragsgegnerin nicht, sie bewohne das Haus zusammen mit ihrem Lebenspartner und
dem gemeinsamen Enkel der Parteien. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller
- insoweit unstreitig - im Jahr 1984 zusammen mit seiner jetzigen Ehefrau ein
Hausanwesen in W. erworben habe, wobei hierfür auch der Erlös aus dem Verkauf eines
von seiner Mutter ererbten Hauses verwandt worden sei.
II.
Die Senatsentscheidung richtet sich gemäß Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG nach dem bis
zum 31. August 2009 geltenden Verfahrensrecht (BGH, FamRZ 2010, 869 und 639,
jeweils m.w.N.) und nach § 48 Abs. 1 VersAusglG nach dem bis zu diesem Tag
anwendbaren materiellen Versorgungsausgleichsrecht.
Die gemäß §§ 621 e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 6, 621 e Abs. 3, 517, 520 ZPO zulässige
Beschwerde ist begründet und führt zur teilweisen Abänderung der angefochtenen
Entscheidung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang. Die unselbstständige
Anschlussbeschwerde ist unbegründet.
Der Antragsteller erstrebt im Grundsatz zu Recht die Abänderung der im Urteil des
Familiengerichts vom 13. Oktober 1978 – 39 F 755/77 - getroffenen
Versorgungsausgleichsregelung nach § 10 a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG, weil der nach der
jetzigen Sach- und Rechtslage im Versorgungsausgleich maßgebliche Wertunterschied
erheblich von dem abweicht, welcher der abzuändernden Entscheidung zu Grunde gelegen
hat. Auch sind die Voraussetzungen, unter denen ein entsprechender Abänderungsantrag
zulässig ist, vorliegend zweifelsfrei erfüllt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die
diesbezüglichen Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Änderungen sind insofern eingetreten, als nach den unbeanstandet gebliebenen und zu
keinen Bedenken Anlass gebenden Auskünften des Bundeseisenbahnvermögens vom 10.
Juli 2009 (Bl. 29 ff d.A.) und der Deutschen Rentenversicherung vom 20. Juni 2009 (Bl. 14
ff d.A.) von ehezeitlich erworbenen Versorgungsanwartschaften des Antragstellers in Höhe
von 942,56 DM oder 481,92 EUR sowie von während der Ehezeit erworbenen
Rentenanwartschaften der Antragsgegnerin in Höhe von 34,02 EUR auszugehen ist. Dies
führt dazu, dass sich der Versorgungsausgleich nicht auf monatlich 268,10 EUR (= 524,36
DM), sondern lediglich auf 223,95 EUR (= 1/2 * < 481,92 EUR - 34,02 EUR > = 438 DM)
beläuft. Diese Änderung ist nach § 10 a Abs. 1 Satz 2 VAHRG wesentlich, weil sie 10% der
durch die abzuändernde Entscheidung insgesamt begründeten Anrechte und mindestens
0,5% des auf einen Monat entfallenden Teils der am Ende der Ehezeit maßgebenden
Bezugsgröße (§ 18 SGB IV) von seinerzeit 997 EUR übersteigt.
Eine weitergehende Korrektur der Ausgangsentscheidung kommt unter den gegebenen
Umständen nicht in Betracht. Dass das Familiengericht im Urteil vom 13. Oktober 1978
den Ehezeitanteil der Beamtenversorgung des Antragstellers unter Berücksichtigung des
tatsächlichen Versorgungsbeginns und nicht unter Einbeziehung des - fiktiven – Zeitpunktes
bei Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze oder einer Zurechnungszeit ermittelt hat,
entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, FamRZ 2007,
1084; FamRZ 1996, 215; FamRZ 1995, 810; NJW 1982, 324; vgl. auch BVerfG, FamRZ
2001, 277) und ist nicht zu beanstanden; der Senat sieht keine Veranlassung, hiervon
abzuweichen.
Ebenso wenig kommt eine Herabsetzung oder ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs
nach § 1587 c BGB in Betracht, selbst wenn der Einstieg in die Abänderung überhaupt
eröffnet wäre, was vorliegend indes dahinstehen kann. Denn Voraussetzung hierfür ist,
dass sich das wirtschaftliche Gleichgewicht zu Lasten des Ausgleichsverpflichteten so
verändert hat, dass seine Inanspruchnahme im Rahmen des Versorgungsausgleichs grob
unbillig wäre (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht, 9. Zivilsenat, Beschluss vom 9. Juli
2007 – 9 UF 23/07; NJW-RR 2008, 454, m.w.N.).
Hiervon kann jedoch nicht ausgegangen werden. § 1587 c Nr. 1 BGB erlaubt einen ganzen
oder teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs, wenn seine formale Durchführung
nicht zu der bezweckten ausgewogenen sozialen Sicherheit der Ehegatten, sondern
vielmehr zu einem erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht führen würde und der
Verpflichtete im Gegensatz zum Berechtigten auf seine Versorgung zur Sicherung seines
Unterhalts im Alter dringend angewiesen ist (vgl. hierzu auch BVerfG, FamRZ 2003, 1173;
Saarländisches Oberlandesgericht, a.a.O.). Insoweit genügt es nicht, dass der Berechtigte
wirtschaftlich besser dasteht oder wegen einer anderweitigen Sicherung seiner
Altersversorgung auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs (ganz oder teilweise)
nicht angewiesen ist (BGH, FamRZ 1999, 714). Denn der Versorgungsausgleich
verwirklicht für den Fall der Scheidung die grundsätzlich gleiche Berechtigung der Eheleute
am in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen und ist daher grundsätzlich auch nicht
dadurch bedingt, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte die Übertragung der
Anwartschaften benötigt. Umgekehrt unterliegt die Durchführung des
Versorgungsausgleichs auch dann keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn er dazu
führt, dass der Verpflichtete auf Grund der Kürzung seiner Anwartschaften auf ergänzende
Sozialleistungen angewiesen sein wird, was hier aber unstreitig nicht einmal der Fall ist.
Erst wenn die Durchführung des Versorgungsausgleichs unter Berücksichtigung aller
sonstigen Umstände, wozu bei atypischen Vermögenslagen auch eine anderweitige
Sicherung des Ausgleichsberechtigten bei besonderer Bedürftigkeit des Verpflichteten
gehören kann, zu einem insgesamt nicht mehr dem Grundsatz der hälftigen Berechtigung
der Eheleute am gemeinsamen in der Ehezeit erwirtschafteten Vermögen entsprechenden
Ergebnis führt, kann die Härtefallklausel zur Vermeidung grundrechtswidriger Ergebnisse
herangezogen werden. Dies setzt jedoch zwingend auch eine Prüfung der Situation des
Ausgleichsverpflichteten unter Berücksichtigung der Folgen voraus, die die Durchführung
des Versorgungsausgleichs für ihn hat (BVerfG, FamRZ 2003, a.a.O.). Zu berücksichtigen
ist ferner, dass mit der Scheidung und dem im Verbund hiermit zu regelnden Folgesachen
eine Entflechtung der personellen und wirtschaftlichen Beziehungen der Ehegatten erreicht
werden soll, wozu auch die Aufteilung der in der Ehe durch gemeinschaftliche
Lebensleistung erworbenen Versorgungsanrechte gehört. Zugleich mit dem Ausspruch der
Scheidung soll das versorgungsmäßige Schicksal der Ehegatten voneinander gelöst und
dem Ausgleichsberechtigten eine eigenständige Alters- und Invaliditätsversorgung
geschaffen werden. Ebenso wie nach rechtskräftig durchgeführtem Zugewinnausgleich ein
späterer Vermögenserwerb oder Vermögensverfall zum allgemeinen Lebensrisiko eines
Ehegatten zählt, das er selbst zu tragen hat, wird auch der Versorgungsausgleich von dem
Grundgedanken beherrscht, dass jeder Ehegatte das Risiko einer angemessenen
Alterssicherung ab der Scheidung selbst trägt (BGH, FamRZ 1996, a.a.O.).
Eine Kürzung des Ausgleichs unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen
Ungleichgewichts kommt somit erst dann in Betracht, wenn der Berechtigte etwa über
nicht ausgleichspflichtiges Grund- oder Kapitalvermögen oder ungleich höhere, nicht in die
Saldierung einzustellende Versorgungsanrechte verfügt, während der Verpflichtete auf die
von ihm erworbenen Versorgungsanrechte dringend angewiesen ist (BGH, FamRZ 1995,
413; Saarländisches Oberlandesgericht, a.a.O.).
Von einem solchen Ungleichgewicht kann hier nicht ausgegangen werden. Der Antragsteller
verfügt, wie eine Auswertung des Einkommensteuerbescheids für 2008 (Bl. 171 ff. d.A.),
der Bezügemitteilung 2/2010 (Bl. 173 d.A.) sowie der Mitteilungen über die Beiträge zur
privaten Krankenversicherung (Bl. 175 ff. d.A.) ergibt, über monatliche Einkünfte von
insgesamt 1.183,80 EUR.
Auszugehen ist von den Versorgungsbezügen des Antragstellers, die zu kürzen sind um die
bei Berücksichtigung der eingetretenen Änderungen für die Antragsgegnerin zu
begründenden Rentenanwartschaften. Daraus ergibt sich ein geringerer Kürzungsbetrag
der Altersversorgung des Antragstellers als nach der Ausgangsentscheidung, da, bezogen
auf das Ehezeitende, lediglich Anwartschaften in Höhe von monatlich 223,95 EUR zu
Lasten der Versorgung des Antragstellers auf die Antragsgegnerin zu übertragen sind. Dies
führt bei einem Erhöhungssatz von 234,35 %, wie er sich aus der unbestrittenen Mitteilung
des Bundeseisenbahnvermögen vom 16. April 2009 (Bl. 14 ff d.A.) ergibt, zu einem
Kürzungsbetrag von lediglich 524,83 EUR. Weiter zu berücksichtigen sind die Beiträge zur
Kranken- und Pflegeversicherung. Dabei ist der Anteil der Ehefrau des Antragstellers an der
privaten Krankenversicherung in der auf sie entfallenden Höhe und bei den Beiträgen zur
Krankenversorgung (KVB) in Höhe der Hälfte des maßgeblichen Betrages herauszurechnen.
Außerdem verfügt der Antragsteller, wie sich aus dem Steuerbescheid ergibt, über
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Danach errechnet sich das dem Antragsteller
zur Verfügung stehende Einkommen wie folgt:
Ungekürzte Versorgung
1.771,38
EUR
./. Kürzungsbetrag (223,95 EUR * 234,35 %)
- 524,83
EUR
gekürzte Versorgung
1.246,55 EUR
./. Beiträge zur privaten Krankenversicherung (125,17
EUR - 65,34 EUR)
- 59,83
EUR
./. Krankenversorgung mit mitversicherten
Angehörigen (1/2 * 196 EUR)
- 98,00
EUR
./. Private Pflegeversicherung
- 38,17
EUR
Nettoversorgung
1.050,55
EUR
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (wie
2008)
133,25
EUR
Gesamteinkommen
1.183,80
EUR
Demgegenüber beläuft sich die derzeitige Rente der Antragsgegnerin unter
Berücksichtigung eines Zugangsfaktors von 0,967 entsprechend dem Rentenbescheid vom
21. August 2009 (Bl. 102 ff. d.A.) auf monatlich 1.267,75 EUR brutto. Die Rente mindert
sich im Hinblick auf die vorzunehmende Herabsetzung des Ausgleichsbetrages von 524,36
DM auf 438 DM auf 1.177,64 EUR brutto. Dabei ist zu beachten, dass die ursprünglich im
Wege des Versorgungsausgleichs begründeten und bislang auch der Rentenberechnung zu
Grunde gelegten 20,8069 Entgeltpunkte (s. Anlage 6 der Auskunft vom 21. August 2009 –
Bl. 125 d.A.) nicht mehr maßgeblich sind. Die darauf entfallende Bruttorente in Höhe von
monatlich 547,27 EUR (= 20,8069 EP * Rentenwert Stand Juli 2009: 27,20 EUR *
Zugangsfaktor: 0,967) ist daher zunächst herauszurechnen.
Statt dessen kommt der Antragsgegnerin nach der ohne Berücksichtigung von
Billigkeitserwägungen ohnehin vorzunehmenden Korrektur der Ausgangsentscheidung aus
dem Versorgungsausgleich nur noch eine monatliche Rente in Höhe von 457,16 EUR
zugute. Denn bei einem auf 438 DM verringerten Ausgleichsbetrag ergeben sich nur noch
17,3809 Entgeltpunkte (= 438 DM / Rentenwert 1977: 25,20 DM), die in Folge des
Versorgungsausgleichs zu Gunsten der Antragsgegnerin begründet werden, was bei einem
Rentenwert von 27,20 EUR und unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors von 0,967
eine Ausgleichsrente von 457,16 EUR (= 17,3809 EP * Rentenwert: 27,20 EUR *
Zugangsfaktor: 0,967) ergibt. Von der danach zu errechnenden Bruttorente in Höhe von
1.177,64 EUR (bisherige Rente: 1.267,75 EUR – bisheriger VA-Anteil: 547,27 EUR + VA-
Anteil nach Korrektur: 457,16 EUR) sind die Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von
93,03 EUR (Beitragssatz gemäß § 248 SGB V unter Berücksichtigung eines Beitragssatzes
von 14,9 %) und zur Pflegeversicherung (1,95 %) in Höhe von 22,96 EUR abzuziehen, so
dass der Antragsgegnerin nach der vom Senat für richtig erachteten Änderung der
Ausgangsentscheidung ohne eine Billigkeitskorrektur in Zukunft eine monatliche Rente in
Höhe von voraussichtlich 1.061,65 EUR verbleiben wird.
Hinzuzurechnen ist die ZVK-Rente in Höhe von 142,77 EUR. Alles dies bedeutet, dass die
Antragsgegnerin mit 1.204,42 EUR allenfalls ganz geringfügig höhere Einkünfte hat als der
Antragsteller.
Der Erwerb des Hausanwesens in B. fällt nicht ins Gewicht, da nicht davon ausgegangen
werden kann, dass die Antragsgegnerin - anders als der Antragsteller - Mieteinkünfte
erzielt, nachdem die diesbezüglich bestrittene Behauptung des Antragstellers nicht unter
Beweis gestellt worden ist und auch keine sonstigen Anhaltspunkte hierfür ersichtlich sind,
und sich beide Parteien in Bezug auf das mietfreie Wohnen in einer im Wesentlichen
vergleichbaren Situation befinden. Dabei ist ohne entscheidende Bedeutung, dass der
Antragsteller noch höhere Darlehensverbindlichkeiten zu tragen hat, als die
Antragsgegnerin, da nicht ersichtlich ist, worauf diese beruhen; im Übrigen ist auch zu
berücksichtigen, dass der Antragsgegnerin nicht widerlegt werden kann, dass ihr der
Erwerb des Hauses erst durch die Versorgung und Pflege der früheren Eigentümerin
ermöglicht wurde, was eine überobligatorische Leistung bedeutet, die sie neben ihrer
vollschichtigen Erwerbstätigkeit erbracht hat.
Unter den gegebenen Umständen kann nach alledem von einem krassen wirtschaftlichen
Ungleichgewicht, das eine Korrektur der Versorgungsausgleichsentscheidung nach § 1587
c BGB a.F. rechtfertigen könnte, selbst dann nicht ausgegangen werden, wenn das
bereinigte Einkommen des Antragstellers noch weiter hinter dem der Antragsgegnerin
zurückbliebe. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Höhe der jetzigen Altersversorgung
der Antragsgegnerin wesentlich daraus ergibt, dass sie ab Ende 1978 bis kurz vor ihrem
63. Lebensjahr als Reinigungskraft vollschichtig berufstätig war und auch der Antragsteller
durchaus in der Lage war, in gewissem Umfang ein Erwerbseinkommen zu erzielen und
dadurch auch seine Altersvorsorge zu verbessern, zumal ihm bis zum Renteneintritt der
Antragsgegnerin die beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge ungekürzt verblieben sind.
Die Anordnung, die zu begründenden Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte
umzurechnen, beruht auf § 1587 b Abs. 6 BGB a.F..
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a FGG, wobei es dem Senat unter den gegebenen
Umständen insgesamt als angemessen erscheint, dass die Kosten des Verfahrens
insgesamt gegeneinander aufgehoben werden.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§§ 621 e
Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO).