Urteil des OLG Saarbrücken vom 26.01.2004

OLG Saarbrücken: weisung, gefahr, vormund, ausführung, erkenntnis, verfügung, beeinflussung, anhörung, leistungsklage, dienstleistung

OLG Saarbrücken Beschluß vom 26.1.2004, 5 W 299-03-72
Bestellung eines Betreuers unter Erteilen von Weisungen.
Leitsätze
Eine Weisung einem Betreuer gegenüber, der Rechtsanwalt ist, keine anwaltlichen
Dienstleistungen zu erbringen ohne konkrete Aussicht, die dazu entstehenden Kosten von
einem Verfahrensgegner beizutreiben, ist grundsätzlich rechtswidrig.
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss des Land-gerichts
Saarbrücken vom 27. November 2003 – 5 T 229/03 – mit der Maß-gabe abgeändert, dass
die in Ziffer 4 des Beschlusses enthaltene Weisung entfällt.
Gründe
I. Mit Beschluss vom 29.3.2001 hat das Amtsgericht Ottweiler für die Betroffene eine
Betreuung mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Vermö-genssorge und
Behördenangelegenheiten angeordnet. Zur Betreuerin wurde Frau J. B. bestellt. Mit
Beschluss vom 1.8.2001 ist - befristet - ein Einwilli-gungsvorbehalt für bestimmte
Willenserklärungen im Aufgabenkreis Vermögens-sorge bestimmt worden.
Mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 31.7.2002 hat die Betroffene
beantragt, die Betreuerin abzuberufen und stattdessen ihren jetzigen
Verfahrensbevollmächtigten als neuen Betreuer einzusetzen. Sie hat dazu vorge-tragen, sie
empfinde die Betreuung durch die bisherige Betreuerin als Bevor-mundung; wichtige
Angelegenheiten würden nicht mit der Betroffenen besprochen, vielmehr werde sie
kurzerhand vor vollendete Tatsachen gestellt.
Mit Beschluss vom 5.3.2003 hat das Amtsgericht Ottweiler den Antrag der Betroffenen
zurückgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht die
bisherige Betreuerin entlassen und den Verfahrensbevoll-mächtigten der Betroffenen zum
neuen Betreuer bestellt. Zugleich wurde dem neuen Betreuer die Weisung erteilte,
außerhalb des vorliegenden Betreu-ungsverfahrens keine anwaltliche Tätigkeit für die
Betroffene wahrzunehmen, wenn nicht eine konkrete Aussicht bestehe, dass zumindest
die dabei anfallenden Rechtsanwaltsgebühren im Erfolgsfall auch tatsächlich beigetreten
werden können.
Das Landgericht hat hierzu ausgeführt: Gemäß § 1908 Abs. 3 BGB könne das Gericht den
Betreuer entlassen, wenn der Betreute eine gleich geeignete Person, die zur Übernahme
bereit sei, als neuen Betreuer vorschlage. Diese Voraussetzungen lägen vor. Denn bei der
Ermessensausübung sei dem Wunsch der Betroffenen ein besonderes Gewicht
beizumessen. Überdies bestünden zwi-schen der Betroffenen und ihrer bisherigen
Betreuerin deutliche Spannungen, die es rechtfertigten, dem Wunsch der Betroffenen nach
Bestellung eines anderen Betreuers zu entsprechen. Auch sei davon auszugehen, dass die
Gefahr einer eigennützigen Ausübung des Betreueramtes zum Nachteil der Betroffenen
nicht begründet sei. So habe der Verfahrensbevollmächtigte der Betroffenen klarge-stellt,
persönlich nicht die Absicht zu haben, anwaltliche Dienstleistungen zu erbringen, wenn
nicht eine konkrete Aussicht bestehe, die dabei entstehenden Gebühren im Erfolgsfall von
dem Verfahrensgegner beizutreiben. Jedoch sehe sich die Kammer zur Klarstellung des
rechtlichen Rahmens dazu veranlasst, dem Rechtsanwalt gem. § 1908i BGB i. V. m. §
1837 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Weisung zu erteilen.
Der Beschluss ist dem Verfahrensbevollmächtigten am 11.12.2003 zugestellt worden. Mit
ihrer am 24.12.2003 durch Schriftsatz ihres Betreuers eingereichten weiteren Beschwerde
wendet sich die Betroffene gegen die in Ziff. 4 des ange-fochtenen Beschlusses enthaltene
Weisung. Die Betroffene vertritt hierbei die Auffassung, die Weisung greife in
unverhältnismäßiger Weise in die verfassungs-rechtlich geschützte Berufsausübung eines
Rechtsanwalts ein und sei nicht ge-eignet, die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege
aufrechtzuerhalten. Es gebe keine anwaltsspezifische Gefahr von Interessenkollisionen bei
einer Doppeltätigkeit als Rechtsanwalt und Betreuer. Vielmehr sei eine Interessenkollision
durch die Tätig-keitsverbote der BRAO und die höchstrichterliche Rechtsprechung zum
Haftungs-recht der Rechtsanwälte ausreichend und abschließend geregelt. Auch sei der
Inhalt der Weisung unklar, da nicht erkennbar werde, wie das Gericht die Betreu-ertätigkeit
von der anwaltlichen Tätigkeit abgrenzen wolle. Da für die Betroffene eine umfassende
Vermögenssorge mit einem Einwilligungsvorbehalt in qualifizier-ten Bereichen angeordnet
worden sei, dürfte es keinen Bereich anwaltliche Tätig-keit geben, der nicht zugleich das
Betreuungsverfahren erfasse. Auch sei unklar, wann eine „konkrete" Aussicht bestehe, die
Kosten beizutreibend. Schließlich sei-en gebührenrechtliche Interessenkollisionen
abschließend durch die BRAGO ge-regelt.
II. A. Die weitere Beschwerde der Betroffenen, mit der sie die Verletzung des materiellen
Rechts rügt (§ 27 Abs. 1 FGG), ist zulässig. Die Betroffene wendet sich mit der weiteren
Beschwerde gegen die in Ziff. 4 des angefochtenen Be-schlusses enthaltene Weisung. Ihre
Beschwerdeberechtigung folgt aus § 69g Abs. 2 FGG. Nach dieser Vorschrift kann der
Betreuer gegen eine Entscheidung, die seinen eigenen Aufgabenkreise betrifft, auch im
Namen des Betreuten Be-schwerde einlegen. Diese Voraussetzungen liegen vor, da die
erteilte Weisung die Ausübung der angeordneten Betreuung in den bezeichneten
Aufgabenkreisen beschränkt.
B. Die Beschwerde ist begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer
Verletzung des Rechts. Ob das Landgericht der Betroffenen bei richtigem Verständnis des §
67 Abs. 1 S. 6 FGG nicht einen Verfahrenspfleger hätte bestellen müssen, weil der von ihr
bevollmächtigte Rechtsanwalt seine Bestellung zum Betreuer betrieben hat und damit ein
Interessenkonflikt nicht auszuschließen war, kann dahinstehen, weil die Entscheidung im
Umfang ihrer Anfechtung auf einem solchen Unterlassen nicht beruhen kann. Entgegen der
Auffassung des Landge-richts liegen nämlich die Voraussetzung des § 1837 Abs. 1 S. 2,
Abs. 2 S. 2 BGB für die Erteilung einer Weisung nicht vor.
1. Als Ermächtigung für die erteilte Weisung kommt nur § 1837 Abs. 1 S. 2, S. 2 BGB
Betracht, der über die Verweisung des § 1908i Abs. 1 BGB auch im Betreuungsrecht
Anwendung findet.
Gem. § 1837 Abs. 2, § 1908 i Abs. 1 BGB hat das Vormundschaftsgericht über die
gesamte Tätigkeit des Betreuers die Aufsicht zu führen und gegen Pflichtwidrigkeiten durch
geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten. Hierbei bestehen im Ausgangspunkt keine
Bedenken, dass das Vormundschaftsgericht seine Aufsichtsfunktion nicht nur auf bereits
vollzogene Maßnahmen beschränken muss, sondern im Einzelfall zum Schutz des
Betreuten verpflichtet sein kann, präventiv aufzuzeigen, ob eine beabsichtigte Maßnahme
des Betreuers als pflichtwidrig zu beurteilen ist oder nicht (BayObLG, NJW 1999, 3205).
Dennoch muss die Ausübung der Weisung im Einzelfall dem Grundprinzip tragen, dass der
Betreuer sein Amt selbstständig und in eigener Verantwortung führt. Daraus folgt, dass
sich das Vormundschaftsgericht bei der Ausübung seiner Aufsichtstätigkeit Zurückhaltung
auferlegen muss und in Zweckmäßigkeitsfragen, die im Ermessen des Betreuers liegen,
nicht an Stelle des Betreuers entscheiden darf (BayObLGR 2000, 22; Staudinger/Engler,
BGB, 13. Aufl., § 1837 Rdn. 3; MünchKomm-(BGB)/Wagenitz, 4. Aufl., § 1837 Rdn. 3;
Palandt/Diederichsen, BGB, 63. Aufl., § 1837 Rdn. 1). Diese Zurückhaltung ist erst recht
geboten, wenn die erteilte Weisung den Betreuer in seiner beruflichen Tätigkeit beschränkt
und seine verfassungsrechtlich garantierte Berufsausübungsfreiheit berührt. In jedem Fall
muss die Weisung geeignet sein, den Betreuer zu einer sachgerechten und recht-mäßigen
Ausführung seiner Aufgabe anzuhalten. Daran fehlt es insbesondere dann, wenn die
Weisung unklar erscheint oder auf Kriterien zurückgreift, die zur Abwehr der Gefahr nicht
geeignet sind. Nach diesem Maßstab hält die Weisung des Landgerichts den Angriffen der
Rechtsbeschwerde nicht stand:
2. Die Weisung will ersichtlich einer nur theoretisch denkbaren Interes-senkollision
vorbeugen, die dann entstehen mag, wenn der Betreuer in miss-bräuchlicher Ausnutzung
seiner gesetzlichen Vertretungsmacht als Prozessbevoll-mächtigter im Interesse einer
Begründung von Gebührenansprüchen aussichts-lose Prozesses führt, um sich letztlich auf
Kosten des Betreuten zu bereichern. Mit Recht weist die Rechtsbeschwerde darauf hin,
dass die Aussicht, im Erfolgsfall das anfallende Honorar auch tatsächlich beitreiben zu
können, kaum je verlässlich geklärt werden kann. Denn im Regelfall besitzt der Kläger keine
Möglichkeit, die finanzielle Situation seines potenziellen Prozessgegners verlässlich zu
ermitteln. Darüber hinaus bleibt nicht selten völlig offen, wie sich die finanzielle Situation
des Prozessgegners im Verlaufe Rechtsstreit entwickeln wird. Schließlich mag es –
beispielsweise bei der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen – durchaus
Fallkonstellationen geben, in denen die Rechtsverfolgung auch dann im wohlver-standenen
Interesse des Rechtsschutz begehrenden Klägers liegt, obwohl dieser keine Möglichkeit
besitzt, im Erfolgsfalle seinen Kostenerstattungsanspruch durch-zusetzen.
3. Damit könnte der vom Beschwerdegericht gesehenen Gefahr allenfalls mit einer
Weisung Rechnung begegnet werden, keine von vornherein aussichtslosen Prozesse
anzustreben. Zu einer derart weitgehenden Weisung besteht jedoch kein Anlass.
a) Nach dem Wortlaut des § 1837 Abs. 2 Satz 1 BGB kann das Vormund-schaftsgericht
eine Weisung, die – wie im vorliegenden Fall geschehen – ein Gebot oder einen Verbot
enthält, nur bei Pflichtwidrigkeiten des Vormunds erteilen (vgl. BayObLGR 2000, 22). Damit
verlangt der Erlass einer Weisung auch im Falle einer präventiven Aufsicht durch das
Vormundschaftsgericht, dass sich die Besorgnis eines pflichtwidrigen Verhaltens
hinreichend deutlich manifestiert. Daran fehlt es nach des Feststellungen des Landgerichts,
an die der Senat gebunden ist, hier:
aa) Das Landgericht stellt heraus, dass die Weisung nicht aus Misstrauen gegenüber den
Betreuer, sondern zur Klarstellung des rechtlichen Rahmens veranlasst war. Soweit das
Landgericht nach Auswertung der Verfahrensakten keine konkreten Zweifel an der Eignung
des Betreuers festgestellt hat, begegnen die Ausführung keinen rechtlichen Bedenken:
Wenn das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Betreuer der Ablösung der
bisherigen Betreuerin nicht durch unsachliche Beeinflussung der Betreuten Vorschub
geleistet hat, er mit den Worten des Landgerichts nicht gewissermaßen die Triebfeder für
die Unzufriedenheit der Betroffenen mit der bisherigen Betreuerin gewesen war, so ist der
auf der Grundlage der dem Landgericht zur Verfügung stehenden Erkenntnis-möglichkeit
hinzunehmen. Denn die Betroffene hat bereits in ihrer Anhörung vom 16.2.2001 (Bl. 31 d.
A.) keine Einsicht in die Notwendigkeit einer Betreuung gezeigt. Die Vorbehalte haben sich
nach der Anordnung des Einwilligungs-vorbehalts durch Beschluss vom 1.8.2001 (Bl. 96 d.
A.), gegen den sich die Betroffene mit einer handschriftlichen Beschwerde gewandt hat (Bl.
104 d. A.), verstärkt. In einem Schreiben vom 12.9.2001 (Bl. 107 d. A.) hat auch die
bisherige Betreuerin die wachsenden Spannungen bestätigt: So habe die Betroffene
anlässlich eines Besuchs der bisherigen Betreuerin die Auffassung vertreten, sie lasse sich
keine Krankheiten andichten und sei sehr wohl in der Lage, auf sich selbst aufzupassen; alle
Beamten steckten unter einer Decke, um sie schlecht zu machen und zu bevormunden. In
einem weiteren Schreiben der Betroffenen vom 3.10.2001 (Bl. 145 RS d. A.) werden
Vorbehalte gegen die Person der bisherigen Betreuerin geäußert. Die Betroffene hat sich
ausdrücklich darüber beschwert, dass sie die Betreuung nicht als „gute Beratung„, sondern
eine „verkappte Bevor-mundung„ empfinde. Demgegenüber ist der neue Betreuer
erstmals mit Schrift-satz vom 19.12.2001 (Bl. 162 d. A.) im Verfahren aufgetreten.
bb) Auch der vom Vormundschaftsgericht gesehenen Gefahr einer rechts-missbräuchlichen
Verfolgung von Ansprüchen aus Gewinnzusagen ist das Landgericht nachgegangen und
auch unter diesem Aspekt mit zutreffenden Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass
der Betreuer in seinen Rechts-ausführungen zu § 661a BGB keinen unvernünftigen
Rechtsstandpunkt vertrete, da die Prüfung der Erfolgsaussichten einer auf eine
Gewinnzusage gerichteten Leistungsklage nicht zwangsläufig in jedem Einzelfall den
Interessen der Betreuten zuwiderlaufen muss, auch wenn es den Interessen der Betreuten
gewiss zuwiderliefe - und eine Pflichtwidrigkeit des Betreuers darstellen würde -, aus einer
Gewinnzusage Ansprüche gegen einen Unternehmer titulieren zu lassen, deren
Vollstreckbarkeit Zweifeln begegnete.
b) Eine Weisung ist darüber hinaus deshalb - in der erteilten Form - unzulässig, weil sie
gerichtlich die eigenverantwortliche anwaltliche Berufstätigkeit reguliert. So entspricht es
der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass der Rechtsanwalt im Interesse seines
Mandanten stets den sichersten Weg zu wählen hat (BGH, Urt. v. 23.6.1981 – VI ZR
42/80, NJW 1981, 2741, 2742; Urt. v. 5.11.1987 – IX ZR 86/86, 1988, 487, 488; Urt. v.
16.11.1989 – IX ZR 190/88, NJW-RR 1990, 204, 205). Er muss die Erfolgsaussichten der
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung sorgfältig prüfen, um den Mandanten über das
Ausmaß des Prozessrisikos umfassend und erschöpfend zu informieren (BGHZ 89, 178,
182). Ist sicher oder in hohem Maße wahrscheinlich, dass der Mandant den Prozess
verliert, muss der Rechtsanwalt zur Vermeidung haftungsrechtlicher Konsequenzen auf das
daraus folgende Risiko des Prozessverlusts hinweisen (BGH, Urt. v. 8.12.1983 – I ZR
183/81, NJW 1984, 791, 792; Urt. v. 13.3.1997 – IX ZR 81/96, 1997, 2168, 2169;
Überblick: Palandt/Diederichsen, 63. Aufl. § 280 Rdn. 79). Auch muss ein Rechtsanwalt in
seiner Rolle als Betreuer von solchem anwaltlichen Vorgehen absehen, für das zwar
materiell Gründe streiten, dies wirtschaftlich aber dem Betreuten insgesamt erkennbar
nachteilig ist. Auf die Beachtung dieser Pflichten durch den Betreuer der Betroffenen wird
ohnehin das Vormundschaftsgericht regelmäßig zu achten haben. Der Senat hat keinen
begründeten Zweifel, dass der Betreuer der Betroffenen diese Pflichten kennt und bei der
Ausübung seiner Betreuung auch ohne ausdrückliche Weisung beachten wird.
c) Eine Weisung seitens des Senats erschien überdies deshalb entbehrlich, weil bereits das
anwaltliche Kostenrecht einer extensiven Erbringung anwaltlicher Dienstleistungen aus
Kosteninteresse vorbeugt: Die Vorschrift des § 1 Abs. 2 BRAGO stellt klar, dass die
Liquidierung der von einem Rechtsanwalt geleisteten Betreuertätigkeit auf der Grundlage
der BRAGO nur unter den engen Voraus-setzungen des § 1835 Abs. 3 BGB möglich ist.
Angesichts des Umstandes, dass die Betreuung ihrer Natur nach die rechtliche Besorgung
von Angelegenheiten des Betreuten mitumfasst, mithin die Beherrschung und Umsetzung
gewisser Rechtskenntnisse zu den Schlüsselqualifikationen eines geeigneten Betreuers
gehört, kann ein zum Betreuer bestellter Rechtsanwalt nicht für jede rechtliche Betreuung
ein Honorar nach den Gebührensätzen der BRAGO beanspruchen. Vielmehr ist der
gebührenrechtliche Rahmen der BRAGO erst dann eröffnet, wenn der Rechtsanwalt eine
Aufgabe erfüllt, für die ein anderer Betreuer in vergleichbarer Lage vernünftigerweise einen
Rechtsanwalt herangezogen hätte. Diese Grenze wird im Regelfall erst bei einer für den
Beruf des Rechtsanwalts spezifischen Tätigkeit überschritten (BVerfG, Beschl. v. 7.6.2000
– 1 B v R 23/00 u. 111/00, FamRZ 2000, 1280, 1282 mit Anm. Bienwald; 1 B v L 1/99 u.
2/99 FamRZ 2000, 1284, 1285; BayObLG, NJW 2002, 1660, 1661; Jürgens,
Betreuungsrecht, § 1835 Rdn. 15; Staudinger/Engler, aaO, § 1835 Rdn. 29 ff.;
Palandt/Diederichsen, aaO, § 1835 Rdn. 13; vgl. BGHZ 139, 309 313;
MünchKomm(BGB)/Wagenitz, § 1836 Rdn. 35).
Schließlich setzt der Aufwendungsersatzanspruch in § 1835 Abs. 1 BGB voraus, dass der
Vormund seine Aufwendungen nach den Maßstäben des § 670 BGB nur dann durchsetzen
kann, wenn er die rechtliche Dienstleistung den Umständen nach für erforderlich halten
darf (OLG Frankfurt, FamRZ 2002, 59, 60). Auch diese Einschränkung bietet eine flexible
Möglichkeit, im jeweiligen Einzelfall bei einer den Interessen des Betreuten zuwider
laufenden, erst recht bei einer die anwaltlichen Sorgfaltspflichten missachtenden
rechtlichen Betreuung Aufwendungserstattung zu versagen.