Urteil des OLG Saarbrücken vom 29.10.2003

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OLG Saarbrücken Urteil vom 29.10.2003, 5 U 265/03; 5 U 265/03 - 30
Unfallversicherung: Gesundheitsbeeinträchtigungen durch einen auf Grund eines inneren
organischen Vorgangs ausgelösten Sturz
Leitsätze
In der Unfallversicherung steht es der Annahme eines Unfallereignisses nicht entgegen,
wenn der Versicherte Gesundheitsbeeinträchtigungen durch einen Sturz erleidet, der
seinerseits durch einen inneren organischen Vorgang ausgelöst worden ist.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 1. April
2003 - 14 O 159/02 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren
Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung in gleicher
Höhe Sicherheit leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 46.016,27 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte als Bezugsberechtigte zweier Unfalltod-
Zusatzversicherungen auf das Leben ihres Ehemannes in Anspruch.
Der Ehemann unterhielt bei der Beklagten zwei Kapitallebensversicherungen mit
eingeschlossenen Unfalltod-Zusatzversicherungen, die für den Unfalltod des Versicherten
eine Versicherungsleistung von 40.903,35 EUR (Versicherungsnummer ...) und 5.112,92
EUR (Versicherungsnummer ...) vorsahen.
Den Unfalltod-Zusatzversicherungen lagen die Bedingungen für die erweiterte Unfalltod-
Zusatzversicherung (im Folgenden: eUZB; Bl. 24 d.A.) zu Grunde.
Zugleich hatten die Klägerin und ihr Ehemann von der Beklagten ein Darlehen erhalten, zu
dessen Tilgung sie am 2.4.1987 alle Rechte aus der Lebensversicherung mit einer
Versicherungssumme von 80.000 DM an die Beklagte abtraten.
Am 1.3.2001 verunglückte der Versicherungsnehmer tödlich. Er hatte mit seinem
Motorroller die Straße befahren und wurde morgens gegen 5.30 Uhr tot auf dem Gehweg
aufgefunden. Sein Körper wies auf der linken Seite Verletzungen auf; der Motorroller lag
ebenfalls umgestürzt auf dem Gehweg. Hinweise für ein Fremdverschulden oder eine
Selbsttötung fanden sich nicht. Auch ergaben sich keine Anzeichen für Alkoholkonsum des
Versicherungsnehmers.
Zum 1.3.2001 betrug die Darlehensschuld bei der Beklagten 120.000 DM, weshalb die
Beklagte die nach dem Tod des Versicherungsnehmers fällig gewordene Leistung aus der
Lebensversicherung Nr. ... in Höhe von 101.500 DM auf die Darlehensschuld umbuchte
und den Rest mit Zinsrückständen ab dem 1.1.2001 verrechnete. Als Restschuld verblieb
ein Betrag von 18.500 DM.
Die Klägerin hat behauptet, der Tod des Versicherungsnehmers sei durch einen Unfall
verursacht worden. Aufgrund der Spuren sei davon auszugehen, dass der
Versicherungsnehmer im linksseitigen Fahrbahnbereich die Kontrolle über sein Fahrzeug
verloren habe und nach links auf den Gehweg gestürzt sei. Das Sturzgeschehen habe sich
eindeutig zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers ereignet.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, aus den Leistungen unter der Lebensversicherung Nr. ... von
insgesamt 40.903,35 EUR einen Betrag in Höhe von 9.458,90 Euro auf die noch
offenstehende Darlehensschuld des Darlehensvertrages zu verrechnen und den restlichen
Betrag in Höhe von 31.444,45 EUR an die Klägerin auszuzahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.112,92 EUR aus den Leistungen der
Lebensversicherung Nr. ... zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Tod des Versicherungsnehmers sei nicht
durch ein Unfallereignis, sondern vielmehr durch eine Erkrankung des Beklagten verursacht
worden.
Das Landgericht hat der Klage im Umfang der gestellten Anträge stattgegeben und hierzu
ausgeführt:
Der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch in voller Höhe zu. Der
Versicherungsnehmer sei infolge eines Unfalles im Sinne von § 2 Abs. 1 eUZB verstorben.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der
Versicherungsnehmer die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren habe und auf dem Gehweg
gestürzt sei. Aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen stehe fest, dass der
Versicherungsnehmer zu diesem Zeitpunkt noch gelebt habe und durch den Sturz
Einblutungen und Körperschäden erlitten habe., Es komme es für den Unfallbegriff nicht
darauf an, aus welchen Gründen der Versicherungsnehmer die Herrschaft über sein
Fahrzeug verloren habe Auch sei der zu dem Ergebnis gekommen, dass die durch den
Sturz entstandenen Verletzungen im Brustkorbbereich, die zu einem chronischen
Sauerstoffmangel im Brustkorbbereich geführt haben müssten, für den Eintritt des Todes
ursächlich gewesen seien. Dem stehe nicht entgegen, dass auch die krankheitsbedingt
vorhandenen Organveränderungen mitursächlich für den Eintritt des Todes gewesen sein
mögen. Insbesondere habe die Beklagte nicht nachweisen können, dass der
Versicherungsnehmer den Unfall infolge einer auf Krankheit beruhenden
Bewusstseinsstörung erlitten habe. Schließlich sei die Leistungspflicht auch nicht gem. § 4
eUZB eingeschränkt, da der Anteil der bestehenden Vorerkrankungen an dem Todeseintritt
nach Auffassung des Sachverständigen mit 50 Prozent zu bewerten sei. Auf Tatbestand
und Entscheidungsgründe der landgerichtlichen Entscheidung wird Bezug genommen.
Dem tritt die Berufung entgegen. Sie vertritt die Auffassung, das Landgericht habe die
Beweislast verkannt und insbesondere nicht berücksichtigt, dass die Klägerin zwar nicht die
Ursache des Unfalles beweisen müsse, aber die volle Beweislast dafür trage, dass ein
Unfallereignis stattgefunden habe und dass das Unfallereignis für die
Gesundheitsschädigung und den Tod des Versicherten kausal geworden sei. Mithin habe es
der Klägerin oblegen, den Beweis dafür zu erbringen, dass eine andere Todesursache
auszuschließen sei. Im übrigen sei zu berücksichtigen, dass der Sachverständige den Anteil
der Vorerkrankungen und der erlittenen Verletzungen an dem Todeseintritt mit 50 Prozent
bewertet habe. Die Berufung vertritt weiterhin die Auffassung, das Landgericht habe den
Ausschluss des § 3 lit. c eUZB verfahrensfehlerhaft verneint. Denn das Landgericht habe
dem Widerspruch nachgehen müssen, der darin bestehe, dass der Sachverständige den
Anteil der Vorerkrankungen gegenüber der Versicherung in einer Stellungnahme vom
6.12.2001 mit 80 Prozent angegeben habe. Auch habe das Landgericht die von der
Beklagten eingewandte Bewusstseinsstörung zu Unrecht verneint.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 1.4.2003 - 14 O 159/02 - aufzuheben und
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
II.
A. Die gem. § 511 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte
Berufung (§§ 517, 519, 520 ZPO) ist nicht begründet. Der Klägerin steht die vereinbarte,
der Höhe nach unstreitige Unfalltod-Zusatzversicherungssumme zu, da der Versicherte
durch einen Unfall i.S. der Versicherungsbedingungen aus dem Leben schied.
1. Zunächst steht aufgrund der Feststellungen des Landgerichts für das
Berufungsverfahren mit Bindungswirkung (§ 529 ZPO) fest, dass der Versicherte einen
bedingungsgemäßen Unfall erlitten hat.
a) Gem. § 2 Ziff. 1 eUZB liegt ein Unfall vor, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von
außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung
erleidet. Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen, da sich der Versicherte durch seinen
Sturz auf den Gehweg zahlreiche Verletzungen im Brustkorbbereich zuzog.
b) Allerdings muss ein Unfall dem Versicherten während der Wirksamkeit des Vertrages
zugestoßen sein. Daran würde es fehlen, wenn der Ehemann der Klägerin schon vor
seinem Sturz gestorben wäre. Nach Feststellungen des Landgerichts, die sich
nachvollziehbar und ohne Rechtsfehler auf die Feststellungen des Sachverständigen
stützen, hat der Versicherte aber noch nach seinem Aufprall auf den Gehweg gelebt.
Überzeugend und von der Berufung unangegriffen weist der Sachverständige darauf hin,
dass die Einblutungen im Bereich der festgestellten Verletzungen nicht aufgetreten wären,
wenn der Tod bereits vor dem Sturz eingetreten wäre.
c) Entgegen der Auffassung der Berufung steht es der Annahme eines von außen auf den
Körper des Versicherten einwirkenden Ereignisses nicht entgegen, dass der Versicherte
nach den Feststellungen des Landgerichts möglicherweise infolge einer inneren organischen
Ursache - etwa aufgrund eines Herzversagens - zu Fall gekommen ist. Denn mit der
Einschränkung, wonach das zur Gesundheitsbeeinträchtigung führende Ereignis von außen
auf den Körper einwirken muss, soll der Versicherungsschutz ersichtlich nur solchen
Gesundheitsbeeinträchtigungen vorenthalten werden, die unmittelbar und ausschließlich
auf einem inneren, organischen Vorgang beruhen. Demgegenüber stellt eine
Gesundheitsbeeinträchtigung, die der Versicherte durch einen Zusammenprall seines
Körpers mit einer Sache erleidet, geradezu den typischen Fall eines von außen wirkenden
Ereignisses dar (Grimm, Unfallversicherung, 3. Aufl. § 1 Rdn. 28).
Nur dieses Verständnis wird dem systematischen Zusammenhang der
Versicherungsbedingungen gerecht: Während § 2 eUZB die vom Versicherungsnehmer zu
beweisenden Voraussetzungen des Versicherungsfalles beschreibt, werden die Ausschüsse
vom Versicherungsschutz, deren tatsächliche Voraussetzungen der Versicherer zu
beweisen hat, in § 3 eUZB geregelt. Der Ausschluss des § 3 lit. c) eUZB erfasst den von
der Beklagten behaupteten Sachverhalt: Demnach sind von der Versicherung solche Unfälle
ausgeschlossen, die durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen verursacht worden sind.
Es erschiene widersprüchlich, die Voraussetzungen des Ausschlusses bereits bei der
Prüfung des Versicherungsfalles zu berücksichtigen, da auf diese Weise die bei
Versicherungsausschlüssen abweichend geregelte Beweislastverteilung zum Nachteil des
Versicherungsnehmers unterlaufen werden würde. Mithin erleidet ein Versicherter, der
noch zu Lebzeiten infolge eines Sturzes in seiner Gesundheit beeinträchtigt wurde, einen
bedingungsgemäßen Unfall auch dann, wenn der Sturz durch eine körperinterne
vorausgehende Gesundheitsbeeinträchtigung verursacht worden ist (BGHZ 23, 76, 80;
OLG Hamm, r+s 2003, 31; LG Berlin r+s 2003, 76; Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 1 AUB
88 Rdn. 6; vgl. auch OLG Frankfurt NVersZ 2002, 558).
d) Schließlich steht es der Plötzlichkeit des Unfallereignisses nicht entgegen, dass der Tod
des Versicherten möglicherweise erst Stunden nach dem Sturz eingetreten sein mag. Wie
sich mit Deutlichkeit aus § 1 eUZB ergibt, bezieht sich die Anspruchsvoraussetzung der
plötzlichen Gesundheitsschädigung nicht auf den Todeseintritt: Nach der
Leistungsbeschreibung ist der Versicherungsfall in der Unfalltod-Zusatzversicherung auch
dann eingetreten, wenn der Tod des Versicherten bis zum Ablauf eines Jahres nach der
unfallbedingten primären Gesundheitsbeeinträchtigung eintritt.
2. Auch die Kausalität des Unfallereignisses, Gesundheitsschädigung und Todeseintritt hat
das Landgericht verfahrensfehlerfrei festgestellt. Anhaltspunkte, die Zweifel an der
Richtigkeit der Tatsachenfeststellung wecken, sind nicht ersichtlich (§ 529 ZPO).
a) Die Kausalität ist nach den Grundsätzen der Adäquanztheorie zu bestimmen (Grimm,
aaO, § 1 Rdn. 49). Danach ist ein Unfallereignis für den Eintritt der Gesundheitsschädigung
und den Tod kausal, wenn es im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen
und ganz unwahrscheinlichen, nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu
lassenden Umständen geeignet ist, solche Folgen auszulösen. Entgegen der Auffassung
der Berufung setzt der Nachweis der Kausalität nicht voraus, dass der Tod "allein" durch
das Unfallereignis verursacht wurde. Vielmehr reicht es aus, wenn das Unfallereignis im
Zusammenspiel mit anderen Faktoren mitursächlich für den Tod des Versicherten
geworden ist, solange ausgeschlossen werden kann, dass der Tod auch ohne Unfallereignis
eingetreten wäre (Grimm, aaO, § 1 Rdn. 50; Prölss/Martin, aaO., § 1 AUB 88, Rdn. 21).
Auch dieses Verständnis ergibt sich unmittelbar aus der Systematik der eUZB, die in § 4
eUZB eine ausdrückliche Regelung darüber enthalten, in welchem Umfang sich die
Leistungspflicht mindert, wenn neben dem Unfall Krankheiten oder Gebrechen den Tod
herbeigeführt haben. Diese Regelung wäre obsolet, wenn der Versicherungsschutz bei
einer Mitwirkung der genannten Umstände von vornherein ausgeschlossen wäre. Davon,
dass das Unfallereignis den Tod des Versicherten zumindest mitverursacht hat, ist nach
den Feststellungen des Landgerichts auszugehen.
b) Das Landgericht stützt sich auf die Ausführungen des Sachverständigen, der im Rahmen
seiner Anhörung ausgeführt hat, dass nach dem Sturz drei Ursachen den Tod
herbeigeführt hätten: Zu den bereits vorhandenen Organveränderungen seien die durch
den Sturz entstandenen Verletzungen im Brustkorbbereich und ein Unterkühlungsfaktor
hinzugekommen. Vor allem die sturzbedingten Verletzungen im Brustkorbbereich hätten zu
einer unzureichenden Belüftung und damit zu einem chronischen Sauerstoffmangel
geführt. Dass der Sachverständige den sturzbedingten Verletzungen ein besonderes
Gewicht für den Eintritt des Todes beigemessen hat, zeigt sich darüber hinaus in seiner
Einschätzung, er könne nicht ausschließen, dass selbst ein Gesunder mit den Verletzungen
des Versicherten gestorben wäre. Weder im schriftlichen Gutachten noch im Rahmen
seiner Anhörung finden sich nach den Maßstäben der praktischen Vernunft hinreichend
manifeste Anhaltspunkte dafür, dass der Tod des Klägers auch dann eingetreten wäre,
wenn sich der Versicherte infolge des Sturzes keinerlei Verletzungen zugezogen hätte.
Damit bestätigte der Sachverständige mit einer nach Maßgabe des § 287 ZPO zum Beweis
erforderlichen Sicherheit (zum Beweismaß: BGH, Urt. v. 23.9.1992 - IV ZR 157/91, NJW
1993, 201; Urt. v. 17.10.2001 - IV ZR 205/00, NJW-RR 2001, 166, 167; OLG Hamm, r +
s 2003, 31) dar, dass die Vorerkrankungen nur im Zusammenspiel mit den unfallbedingten
Verletzungen zum Tode führten.
Insbesondere legt die Berufungsbegründung nicht dar, dass der Versicherte auch ohne die
sturzbedingten Brustkorbverletzungen gestorben wäre. Soweit die Berufung wiederholt
darauf abstellt, dass ein von innen kommendes Ereignis Ursache des Sturzes gewesen sein
mag, ist ein solcher Sachvortrag auch bei der Prüfung des Kausalzusammenhang
unerheblich, da die Ursächlichkeit der unfallbedingten Gesundheitsbeeinträchtigung für den
Todeseintritt nicht davon abhängt, ob der Sturz durch eine primäre innere
Gesundheitsbeeinträchtigung verursacht wurde.
3. Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht die vom Versicherer zu beweisenden
Voraussetzungen eines Ausschlusses nach § 3 lit. c eUZB verneint.
a) Nach dieser Vertragsbestimmung sind solche Unfälle von der Versicherung
ausgeschlossen, die durch eine Geistes- oder Bewusstseinsstörung verursacht worden
sind. Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde ein solcher Sachverhalt nicht
bewiesen werden. Diese Feststellungen halten den Angriffen der Berufung stand.
b) Das Landgericht hat sich zunächst mit den Ausführungen des Sachverständigen
auseinander gesetzt, der im Rahmen seiner Anhörung dargelegt hat, es könne sein, dass
der Versicherte infolge einer Herzrhythmusstörung oder einer unzureichenden Funktion des
Herzens kurzfristig nicht im Stande gewesen sei, das Fahrzeug zu beherrschen, und dass
es dadurch zum Sturz gekommen sei. Mithin hat der Sachverständige einen auf einer
Bewusstseinsstörung beruhenden Unfallverlauf nicht mit einer durch objektive Befunde
erhärteten, wissenschaftlichen Methoden standhaltenden Sicherheit festgestellt, sondern
lediglich als mehr oder weniger wahrscheinlich in Betracht gezogen. Weiterhin hat das
Landgericht die Ergebnisse des im Ermittlungsverfahren erstatteten
Spurensicherungsgutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. einbezogen, der eine
Fahrbahnglätte als Ursache des Unfalls für möglich gehalten hat. Schließlich weist das
Landgericht mit Recht darauf hin, dass bei der gegebenen Sachlage auch ein Fahrfehler
des Versicherten nicht ausgeschlossen werden könne.
Demgegenüber verhilft der Hinweis auf das schriftliche Sachverständigengutachten des
Gerichtsmediziners der Berufung nicht zum Erfolg, da die schriftlichen Ausführungen des
Sachverständigen, aufgrund der Obduktionsbefunde komme die Herz-Lungen-Erkrankung
des Versicherten als Ursache für das Sturzgeschehen in Betracht, nach den Erläuterungen
des Sachverständigen im Rahmen der mündlichen Verhandlung keineswegs so verstanden
werden können, dass der Sachverständige den bezeichneten Kausalverlauf als bewiesen
erachtet hat. Zusammenfassend lässt die Bewertung des Landgerichts keinen Rechtsfehler
erkennen, da der sichere Beweis nach anerkannten Rechtsgrundsätzen erst dann erbracht
ist, wenn der zu beweisende Umstand mit einer allen vernünftigen Zweifeln Einheit
gebietenden Sicherheit feststeht.
4. Schließlich ist dem Berufungsangriff kein Erfolg beschieden, das Landgericht sei bei der
Prüfung des Ausschlusses nach § 4 eUZB verfahrensfehlerhaft davon ausgegangen, dass
die Krankheit des Versicherten nicht mit mehr als 50 Prozent an der Herbeiführung des
Todes mitgewirkt habe.
Das Landgericht stützt sich bei der Bestimmung der Verursachungsbeiträge auf die
Ausführungen des Sachverständigen, der im Rahmen seiner mündlichen Erläuterungen
dargelegt hat, er würde den Anteil der Vorerkrankungen am Todeseintritt mit 50 Prozent
bewerten. Dem tritt die Berufung mit der Verfahrensrüge (§ 286 ZPO) entgegen, das
Landgericht hätte dem Widerspruch nachgehen müssen, wonach der Sachverständige in
einem - nicht zu den Akten gelangten - Schreiben vom 6. Dezember 2001 gegenüber der
Versicherung den Anteil der Vorerkrankungen mit 80 Prozent angegeben habe.
Dieser Vorwurf der unzureichenden Aufklärung trifft nicht zu. Denn das Landgericht hat den
Sachverständigen im Rahmen seiner mündlichen Anhörung auf seine frühere
Stellungnahme gegenüber der Versicherung angesprochen. Hierauf hat der
Sachverständige erläuternd dargelegt, er sei nur deshalb zu einem Anteil von 80 Prozent
gelangt, weil er "dabei auch die Frage der Unfallursächlichkeit mitberücksichtigt habe".
Diese Ausführungen des Sachverständigen sind vernünftigerweise nur so verstehen, dass
der Sachverständige in seiner Stellungnahme gegenüber der Versicherung die
Vorerkrankungen des Versicherten gewissermaßen zweimal berücksichtigt hat: Da der
Sachverständige davon ausging, dass der Sturz selbst mit einer gewissen
Wahrscheinlichkeit auf die Vorerkrankungen zurückzuführen sei, haben sich die
Vorerkrankungen unter diesem Blickwinkel auch in den sturzbedingten Primärverletzungen
manifestiert. Mithin hat der Sachverständige bei dieser Betrachtungsweise auch die
massiven Verletzungen des Brustkorbbereichs mit einer gewissen Prozentzahl den
Vorerkrankungen zugerechnet. Diese Berechnungsweise verbietet sich, wenn man im
Rahmen der Prüfung des Ausschlusses nach § 4 eUZB zugunsten des
Versicherungsnehmers (zur Beweislast: Grimm, aaO, § 8 Rdn. 7) davon ausgehen muss,
dass die Ursache für den Sturz als solche nicht mit einer zum Beweis ausreichenden
Sicherheit geklärt werden kann.
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht
zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und die Fortbildung
des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).