Urteil des OLG Saarbrücken vom 22.03.2006

OLG Saarbrücken: fahrzeug, versicherer, schweres verschulden, versicherungsnehmer, geringes verschulden, generelle weisung, daten, verkehrsunfall, diebstahl, gutachter

OLG Saarbrücken Urteil vom 22.3.2006, 5 U 405/05-40
Kfz-Kaskoversicherung: Leistungsfreiheit bei Kfz-Diebstahl wegen Verschweigens von
Vorschäden trotz Versichererkenntnis aus der UNI-Wagnis-Datei
Leitsätze
Die Abfrage von Vorschäden eines angeblich entwendeten Kraftfahrzeugs bei der UNI-
Wagnis-Datei schließt nicht aus, dass sich ein Versicherer auf Leistungsfreiheit wegen
verschwiegener Vorschäden berufen darf.
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 29.6.2005 verkündete Urteil des Landgerichts
Saarbrücken, 14 O 365/04, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht
die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.000 Euro festgesetzt.
5. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger unterhielt für seinen PKW VW Passat, amtliches Kennzeichen ..., eine
Teilkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 500 Euro unter Einschluss der
Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung.
Am 17.2.2004 zeigte zunächst der Kläger telefonisch und sodann seine Ehefrau durch
Vorsprache auf dem Polizeipräsidium Südosthessen, Polizeidirektion Offenbach/Main, den
Diebstahl des Fahrzeugs an, der sich in der Zeit vom 15.2.2004 bis 17.2.2004 ereignet
haben soll (Bl. 68 ff d.A.). Am 19.2.2004 unterrichtete der Kläger die Beklagte telefonisch
von dem Diebstahl (Bl. 28 d.A.). Mit Schreiben vom 10.3.2004 erinnerte die Beklagte den
Kläger an die Rücksendung eines ihm übersandten Schadenmeldeformulars (Bl. 29 d.A.).
Mit Schreiben vom 16.3.2004 übersandte die Beklagte dem Kläger auf dessen telefonische
Nachfrage einen Nachdruck des Schadenmeldeformulars mit der dringenden Bitte, dieses
ausgefüllt zurückzusenden. In einem auf den 19.3.2004 datierenden
Schadenmeldeformular, in dem in Fettdruck unter der Unterschriftenzeile auf die dem
Versicherungsnehmer gemäß § 7 AKB treffende Pflicht zur vollständigen und
wahrheitsgemäßen Schilderung und richtigen Beantwortung aller Fragen sowie auf die
Folgen der Verletzung der vorbezeichneten Pflichten gesondert hingewiesen worden war,
wurde die Frage „War das Fahrzeug vor diesem Ereignis bereits einmal beschädigt?"
ebenso wie die Frage „Erhielten Sie für einen an Ihrem Fahrzeug eingetretenen Schaden
von dritter Seite eine Entschädigung?" mit „nein" angekreuzt (Bl. 31 ff d.A.). In dem für den
Sachverständigen bestimmten und ebenfalls mit einem Hinweis auf die Folgen unrichtiger/
unvollständiger Angaben versehenen Schadensformular (Bl. 34, 39 d.A.) wurde die Frage
nach weiteren innerhalb des letzten Jahres durchgeführten größeren Reparaturen
angegeben „"der Zahnriemen wurde gewechselt, die Stoßstange
....(unleserlich)...nachlackiert", und, nachdem der Kläger hierzu zunächst keine Angaben
gemacht hatte (vgl. Bl. 38 d.A.), bei der Frage nach Anzahl und Art der reparierten bzw.
unreparierten Vorschäden auf Nachfrage „keine" angegeben. Auch der von dem Kläger
ausgefüllte Fragebogen (Bl. 35, 36 d.A.) enthält keinen Hinweis auf Vorschäden.
Tatsächlich war das Fahrzeug des Klägers am 25.10.2002 in einen Verkehrsunfall
verwickelt gewesen und hierbei beschädigt worden, und zwar waren durch den Anstoß die
Anhängerkupplung leicht verzogen, der Stoßfänger hinten eingedrückt, die Rückleuchte links
angebrochen, die Seitenwand hinten links im Rückleuchtenbereich leicht gestaucht worden
und waren das Heckblech links und die Seitenwand hinten links im Stoßfängerbereich
aufgegangen; für die Beseitigung der Schäden hatte der eingeschaltete Sachverständige
aufgegangen; für die Beseitigung der Schäden hatte der eingeschaltete Sachverständige
einen Schadensbetrag in Höhe von 2.285,28 Euro brutto ermittelt (Bl. 40 ff d.A.). Der
Schaden war von dem Kläger bei der Z. Versicherung fiktiv geltend gemacht und
abgerechnet worden.
Nach Eingang der Schadensanzeige erhielt die Beklagte auf Grund einer Anfrage eine
Uniwagnismeldung und nach Rückfrage bei der Z. Versicherung Kenntnis von dem
Verkehrsunfall und den hierdurch verursachten Schäden an dem Fahrzeug des Klägers. Mit
Schreiben vom 13.5.2004 (Bl. 4 d.A.) versagte die Beklagte für den geltend gemachten
Schadensfall Versicherungsschutz wegen Obliegenheitsverletzung unter Hinweis darauf,
dass der Kläger auf die - wegen der Nichtbeantwortung der Fragen notwendige -
Nachfrage nach Art und Anzahl von Vorschäden "keine" angegeben habe, obwohl das
Fahrzeug am 25.10.2002 bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden sei und der Kläger
diesen Schaden bei der Z. Versicherung abgerechnet habe.
Ein von der Staatsanwaltschaft Darmstadt (Zweigstelle Offenbach) wegen
Fahrzeugdiebstahls eingeleitetes Ermittlungsverfahren (3500 UJs ...) wurde eingestellt.
Der Kläger nimmt die Beklagte unter Berücksichtigung des vereinbarten Selbstbehalts auf
Zahlung von 7.000 Euro nebst Zinsen in Anspruch.
Er hat im erstinstanzlichen Verfahren im Wesentlichen geltend gemacht, dass er nur über
mangelnde Deutschkenntnisse verfüge, so dass er mit bestimmten Fragen, die er dann
durchgestrichen habe, nichts habe anfangen können. Auch habe er auf Grund der
Äußerungen des in dem Schadensfall vom 25.10.2002 tätigen Gutachters, dass es sich
aus den in dem Gutachten näher dargelegten Gründen nicht um ein Unfallfahrzeug handele
und durch den eingetretenen Schaden ein Wertverlust nicht eingetreten sei, nicht damit
gerechnet, dass dieser Vorschaden anzugeben sei. Im Übrigen habe die Beklagte von den
Vorschäden Kenntnis gehabt, wie ihre Ausführungen belegten, so dass auch aus diesem
Grund nicht von einer Obliegenheitsverletzung ausgegangen werden könne.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, dass die Beklagte wegen
Verletzung von Obliegenheiten leistungsfrei sei. Denn der Kläger habe der Beklagten
gegenüber nicht offenbart, dass das Fahrzeug in einen Verkehrsunfall verwickelt gewesen
und hierbei beschädigt worden sei. Die zu seinen Lasten sprechende Vorsatzvermutung
habe er nicht widerlegt. Sein Hinweis in dem für den Sachverständigen bestimmten
Formular, dass das "Scheckheft und Rechnungen im Auto [lagen]", genüge hierfür ebenso
wenig wie sein Hinweis auf vermeintlich von dem Gutachter B. getätigte Äußerungen, die
allenfalls in Bezug auf einen Wiederverkaufswert des Fahrzeugs verstanden werden
könnten. Die einschlägigen Fragen, ob das Fahrzeug bereits einmal beschädigt gewesen sei
bzw. ob der Kläger für eingetretene Schäden von dritter Seite eine Entschädigung erhalten
habe, habe er eindeutig falsch beantwortet. Auch wenn die Obliegenheitsverletzung
folgenlos geblieben sei, sei die Beklagte dennoch leistungsfrei, weil sie den Kläger
ordnungsgemäß belehrt habe, die Obliegenheitsverletzung generell geeignet sei, die
Interessen des Versicherers zu gefährden und ein schweres Verschulden zu bejahen sei.
Die falschen Angaben zu den knapp 1 1/2 Jahre zuvor erlittenen Vorschäden, für deren
Beseitigung der Sachverständige einen Betrag von 2.285,28 Euro brutto ermittelt habe,
seien nicht mehr als lässliches Versehen, sondern als gravierende, besonders verwerfliche
Illoyalität zu werten.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt. Er macht geltend, dass ihm der
Vorwurf eines schweren Verschuldens nicht gemacht werden könne. Die Frage der
Beklagten nach Vorschäden habe nur den Zweck zu erfassen, welchen Wert das Fahrzeug
habe. Die Angaben des Sachverständigen B. ihm gegenüber, dass das Fahrzeug nicht als
Unfallfahrzeug bezeichnet werden könne, seien so zu werten – und seien von dem Kläger
auch so verstanden worden -, dass reparierte Schäden sich nicht wertmindernd auf das
Fahrzeug auswirkten und deshalb auch im Versicherungsfall nicht angegeben werden
müssten. Gegen ein schweres Verschulden spreche in diesem Zusammenhang auch der
Umstand, dass er den Austausch des Zahnriemens sowie die Nachlackierung der
Stoßstange angegeben habe; insbesondere Letzteres habe die Beklagte veranlassen
müssen, nachzufragen. Auch der Umstand, dass die Beklagte seine Angaben zum Anlass
genommen habe, entsprechende Recherchen anzustellen, entkräfte den Vorwurf des
schweren Verschuldens. Im Übrigen seien die Fragen der Beklagten unter der Rubrik
„Fragen zum Fahrzeugschaden" sowie in dem Fragebogen unter Ziffer 15 irreführend.
II.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Denn auf der Grundlage des sich im
Berufungsrechtszug darstellenden Sach- und Streitstandes ist davon auszugehen, dass die
Beklagte ungeachtet der Frage, ob das Fahrzeug des Klägers tatsächlich entwendet
worden ist, gemäß § 7 I Abs. 2 S. 3, V Abs. 4 AKB, § 6 Abs. 3 VVG von ihrer Verpflichtung
zur Leistung frei ist.
Nach § 7 I Abs. 2 Satz 3 AKB ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, alles zu tun, was
zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann. Wird
diese Obliegenheiten in der Fahrzeug- oder Kraftfahrtunfallversicherung verletzt, so besteht
Leistungsfreiheit nach Maßgabe des § 6 Abs. 3 VVG (§ 7 V Abs. 4 AKB).
Gegen die ihn treffende Aufklärungsobliegenheit hat der Kläger – mit der Folge der
Leistungsfreiheit der Beklagten – verstoßen.
1. Indem der Kläger in dem Schadensmeldeformular die Frage nach Beschädigungen des
Fahrzeugs vor dem gemeldeten Versicherungsfall sowie nach Entschädigungsleistungen
verneint und in dem für den Sachverständigen bestimmten Formular die Frage nach
Vorschäden auf Nachfrage ebenfalls verneint hat, hat er objektiv falsche Angaben gemacht.
Denn das Fahrzeug hatte auf Grund eines Verkehrsunfalls vom 25.10.2002
Beschädigungen erlitten, die der Kläger gegenüber der Versicherung des Unfallgegners auf
Gutachterbasis abgerechnet hatte.
Ungeachtet des Umstandes, dass die falsche Beantwortung der Fragen in dem für den
Sachverständigen bestimmten Formular nach Art und Anzahl von Vorschäden bereits die
tatbestandlichen Voraussetzungen der Obliegenheitsverletzung erfüllt, hat der Kläger auch
dadurch, dass er die in dem Schadenmeldeformular gestellten „Fragen zum
Fahrzeugschaden" falsch beantwortet hat, eine Obliegenheitsverletzung begangen.
Entgegen seiner Auffassung sind die hier gestellten Fragen nach Beschädigungen vor dem
gemeldeten Versicherungsfall bzw. nach dem Erhalt von Entschädigungsleistungen von
dritter Seite weder irreführend noch missverständlich, sondern zielen eindeutig auf die
Aufklärung von Umständen ab, die für den Versicherungsfall von Bedeutung sein können.
Dies hat offensichtlich auch der Kläger so verstanden. Denn er hat die ersten drei Fragen in
dieser Rubrik, die Aufklärung über Art und Umfang sowie die Möglichkeit der Besichtigung
des Fahrzeugs verlangen, im Hinblick auf den Versicherungsfall „Entwendung" offensichtlich
nicht für relevant erachtet und durchgestrichen, die nachfolgenden und insbesondere die in
Rede stehenden Fragen jedoch als erheblich erkannt und - falsch - beantwortet.
Dass die Beklagte nach der Schadenanzeige bzw. Schadenmeldung des
Versicherungsnehmers Nachprüfungen angestellt hat, ließ die Verpflichtung des Klägers zur
Offenbarung der Vorschäden nicht entfallen. Dass ein Versicherer nach Eingang einer
Schadensmeldung Untersuchungen und Nachprüfungen veranlasst, liegt in der Natur der
Sache; hieraus kann der Kläger zunächst nichts für sich herleiten.
2. Der Umstand, dass die Beklagte nach Eingang der Schadenanzeige oder
Schadenmeldung die von dem GDV unterhaltene Uniwagnis-Datei abgerufen und Auskunft
über die von dem Kläger verschwiegenen Umstände erlangt hat, rechtfertigt keine andere
Beurteilung.
Welche Bedeutung eine regelmäßige Abfrage der Uniwagnis-Datei durch den Versicherer
für die Rechtsfolgen der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit durch den
Versicherungsnehmer hat, ist nicht abschließend geklärt.
Das Kammergericht (KG zfs 2001, 502) hat in einem solchen Fall Leistungsfreiheit
abgelehnt. In Anlehnung an eine – allerdings die vorvertragliche Anzeigeobliegenheit
betreffende – Entscheidung des BGH (NJW 1993, 2807) hat es dem Versicherer
Informationen über Vorschäden, die er durch eine Abfrage der Uniwagnis-Datei erlangt hat,
als „Vorkenntnis“ zugerechnet und ein weiteres Aufklärungsinteresse verneint, wenn der
Versicherer seine Sachbearbeiter angewiesen habe, im Rahmen der Erstbearbeitung eines
Schadensfalles stets die Datenbestände der Uniwagnis-Datei nach Vorschäden einzusehen.
Anlass für einen Abruf der Informationen durch den Sachbearbeiter biete dann zwar nicht
der Schadensfall oder der Inhalt der vom Versicherungsnehmer gemachten Angaben, wohl
aber die generelle Weisung des Versicherers zu seiner Vornahme. Auch folge aus einer
solchen Anweisung, dass der Versicherer den Angaben seiner Versicherungsnehmer zu
Vorschäden grundsätzlich nicht glaube. Die Frage nach Vorschäden in dem
Schadensformular diene dann ersichtlich nicht dazu, dem Versicherer Kenntnis dieser
Vorschäden zu verschaffen; diese erlange sie entsprechend ihrer Weisung immer aus den
bei ihr oder dem Verband vorhandenen Datenbeständen. Das Ziel, den
Versicherungsnehmer zu wahrheitsgemäßen Angaben zu veranlassen, rechtfertige deshalb
in solchen Fällen, in denen die Obliegenheitsverletzung folgenlos bleibe, die harte Sanktion
der Leistungsfreiheit nicht.
Ob ein Aufklärungsbedürfnis des Versicherers verneint werden kann, wenn er die Angaben
des Versicherungsnehmers in einem Schadenanzeigeformular generell durch eine
Recherche in der Uniwagnis-Datei überprüft, ist fraglich. Die Entscheidung des
Kammergerichts lässt insoweit schon in tatsächlicher Hinsicht offen, wie vollständig die in
Anspruch genommene Datei und wie zuverlässig und umfassend ihr Informationsgehalt ist,
ob sie also das gesamte Informationsinteresse des Versicherers tatsächlich umfassend zu
befriedigen vermag. Denn nur dann, wenn dem Versicherer durch die mittels der Datei
offenbarten Informationen eine umfassende und vollständige Kenntnis über Vorschäden
verschafft würde, er also nicht befürchten müsste, dass mehr als das nunmehr Bekannte
verschwiegen wird, würde kein – weitergehendes - Aufklärungsbedürfnis bestehen (vgl. zu
dessen Fehlen bei Vorkenntnis BGH, Urt. v. 26.1.2005 - IV ZR 239/03 VersR 2005, 493).
Eine solche vollständige Information bietet die Uniwagnis-Datei nach den auf den
unbestrittenen Angaben der Beklagten im Berufungsverfahren beruhenden Feststellungen
des Senats nicht. An die Uniwagnis-Datei sind zunächst nicht alle, vor allem nicht kleinere
Versicherer angeschlossen, so dass schon deshalb nicht davon ausgegangen werden kann,
sie enthalte alle für den zur Regulierung aufgerufenen Versicherer relevanten Daten. Davon
abgesehen sind ihre Datenbestände auch systembedingt nicht vollständig. Zwar sollen die
angeschlossenen Versicherer in bestimmten Fällen, so insbesondere bei Totalentwendung,
bestimmte Daten des betroffenen Kraftfahrzeugs melden – Fahrzeugidentitätsnummer,
amtliches Kennzeichen, Fahrzeugtyp, Beschädigungen. Der Name des
Versicherungsnehmers wird indessen nach Maßgabe eines „Punktesystems“ nur bei
Erreichen einer bestimmten Punktzahl (so bei Verdacht auf Versicherungsbetrug)
gespeichert. Voraussetzung für die Speicherung – und auch für ihre Abfrage – ist (nach den
Angaben der Beklagten) weiter, dass der zuständige Sachbearbeiter der betreffenden
Versicherung daran denkt, eine Meldung an Uniwagnis zu machen, dass er motiviert ist,
sich überhaupt diese Arbeit zu machen und dass die entsprechenden Daten korrekt
übertragen werden. Welche Informationen in der Datei enthalten und bei der Abfrage
sichtbar sind, ist also allein abhängig davon, ob und welche Informationen Sachbearbeiter
eingegeben haben. Daher ist keineswegs sicher gestellt, dass alle ein Fahrzeug
betreffenden Daten in Uniwagnis erkennbar sind. Soweit zu den entsprechenden Daten
weiter die Telefonnummer des meldenden Versicherers angegeben ist, ist es zwar möglich,
unter der angegebenen Telefonnummer nachzufragen. Allerdings ist der nachfragende
Versicherer auch dann wieder darauf angewiesen, dass der Sachbearbeiter des anderen
Versicherers sich entweder an den Fall erinnert oder die Akten heraussucht und die
entsprechenden Informationen übermittelt, was eine gewisse Zeit (ein, zwei Wochen)
dauert (Bl. 155/156 d.A.).
Dementsprechend hat die Beklagte aus der Uniwagnis-Datei nur erfahren, dass wegen
eines Schadens vom 25.10.2002 Haftpflichtansprüche bei der Z.- Versicherung geltend
gemacht worden waren und dass es sich hierbei um einen Reparaturschaden gehandelt
hatte, der nach Gutachten abgerechnet worden war. Die weiteren Informationen
einschließlich des Schadengutachtens hat sie dann auf Nachfrage von der Z.- Versicherung
am 25./26.3.2004 erhalten (Bl. 151/152, 156 d.A.).
Bei dieser Sachlage bestand für die Beklagte vor und nach der Abfrage der in der
Uniwagnis-Datei enthaltenen Daten weiterhin ein die Vorschäden betreffendes
Informations- und Aufklärungsbedürfnis.
3. Dass er die Obliegenheit nicht vorsätzlich verletzt hat – der Vorsatz wird, wie sich aus
der Formulierung von § 6 Abs. 3 VVG ergibt, gesetzlich vermutet – , hat der Kläger als
Versicherungsnehmer zu beweisen. Dies ist ihm nicht gelungen.
Soweit er in diesem Zusammenhang darauf verweist, der im Rahmen der Feststellung des
Unfallschadens tätig gewordene Gutachter B. habe ihm mitgeteilt, dass der eingetretene
Schaden nicht mit einem Wertverlust für das Fahrzeug verbunden sei und dieses weiterhin
als unfallfrei bezeichnet werden könne, vermag ihn dies nicht zu entlasten. Danach, ob das
Fahrzeug ein Unfallfahrzeug ist, war nicht gefragt. Gefragt war konkret nach
Beschädigungen vor dem gemeldeten Versicherungsfall sowie nach
Entschädigungsleistungen von dritter Seite. Diese Fragen hat der Kläger verneint. Sein
Verhalten kann deshalb nur als bewusstes Verschweigen der Vorschäden gewertet
werden. Seine Argumentation, er habe die Fragen so verstanden, nur wertmindernde
Vorschäden angeben zu müssen, überzeugt bereits deshalb nicht, weil er auch die Frage
nach Entschädigungsleistungen verneint hat. Darüber hinaus hat er andere, weniger
bedeutsame Reparaturen an dem Fahrzeug angegeben, so nämlich den Austausch eines
Zahnriemens sowie das Nachlackieren der Stoßstange. Dies kann nur als Versuch gewertet
werden, die Beklagte darüber im Unklaren zu lassen, dass es wesentliche, unfallbedingte
Vorschäden mit Schadensbeträgen, die die Bagatellgrenze bei weitem überstiegen, gab.
4. Allerdings ist die von dem Kläger begangene Obliegenheitsverletzung letztlich folgenlos
geblieben, weil die Beklagte wegen der von ihr vorgenommenen Recherchen die
Vorschäden festgestellt hat. In einem solchen Fall wird der Versicherer nur dann von seiner
Verpflichtung zur Leistung frei, wenn die Obliegenheitsverletzung generell geeignet war, die
Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, den Versicherungsnehmer außerdem
ein erhebliches Verschulden trifft und wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer über
den möglichen Verlust seines Anspruchs ausreichend belehrt hat (vgl. statt aller Römer in
Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 6, Rdnr. 39). Auch diese weiteren Voraussetzungen der
Leistungsfreiheit liegen hier vor.
Daran, dass der Kläger ausreichend belehrt worden ist, bestehen keine Zweifel (vgl. Senat,
Urt. v. 18. 9. 2002, 5 U 360/02 – 43, zfs 2003, 27-28, sowie Senat, Urt. v. 20.4.2005, 5
U 506/04-55 ).
Das Verschweigen von Vorschäden ist auch dann generell geeignet, die Interessen des
Versicherers ernsthaft zu gefährden, wenn der Versicherer die Angaben des
Versicherungsnehmer anhand von Recherchen in der Uniwagnis-Datei auf ihre Richtigkeit zu
prüfen pflegt . Die korrekte Darstellung der Vorschäden eines -angeblich - entwendeten
Kraftfahrzeugs durch den Versicherungsnehmer ist von hohem Interesse für den
Versicherer, der für die Prüfung seiner Entschädigungspflicht ungeachtet seiner
Möglichkeiten zur Prüfung auf vollständige und wahrheitsgemäße Angaben seines
Vertragspartners besonders angewiesen ist (Senat, aaO) .
Den Kläger trifft auch ein erhebliches Verschulden. Es kann keine Rede davon sein, dass
den Kläger, wie er meint, an der Obliegenheitsverletzung ein nur geringes Verschulden
trifft. Es liegt auf der Hand, dass er mit seinen Falschangaben, die generell geeignet sind,
die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden (s.o.), gezielt Einfluss auf die Höhe
der Entschädigungsleistung der Beklagten nehmen wollte. Ein solches Verhalten kann nicht
als ein bloß geringfügiges Fehlverhalten gewertet werden, welches auch einem
ordentlichen Versicherungsnehmer unterlaufen kann und für das deshalb ein einsichtiger
Versicherer Verständnis aufzubringen vermag (vgl. Römer, aaO, Rdnr. 82, m.w.N.). Der
Kläger ist in dem Schadensanzeigeformular der Beklagten unmittelbar vor seiner
Unterschrift deutlich darauf hingewiesen worden, dass falsche Angaben zum völligen
Verlust des Versicherungsschutzes führen können (s.o.); dennoch hat der Kläger
wiederholt und insbesondere auch in dem für den Sachverständigen bestimmten
Schadensmeldeformular, von dem der Kläger wusste, dass es für die Bewertung bestimmt
war, falsche Angaben zu Vorschäden gemacht (s.o.). Bei dieser Sachlage sind Umstände,
die das Verhalten des Klägers in einem milderen Licht erscheinen lassen könnten, nicht
ersichtlich. Das Verschweigen der hier in Rede stehenden Unfallschäden ist deshalb kein
lässliches Versehen, sondern eine gravierende, besonders vorwerfbare Illoyalität (Senat,
aaO).
Soweit der Kläger, der ukrainischer Staatsangehöriger ist und schon einige Zeit in
Deutschland lebt, sich auf Sprachschwierigkeiten beruft, führt dies nicht zu einer anderen
Beurteilung. Grundsätzlich genügt die Abfassung der Schadenanzeige und die Belehrung in
deutscher Sprache (vgl. OLG Köln, r+s 2001, 236-237; OLG Nürnberg, VersR 1995,
1224). Wenn ein Versicherungsnehmer sprachliche Verständnisschwierigkeiten hat, muss
er sich erkundigen und sich von einem der deutschen Sprache Mächtigen helfen lassen. Im
Übrigen ist der Kläger, wie das Landgericht aus eigener Wahrnehmung unangefochten
festgestellt hat, der deutschen Sprache hinreichend mächtig, eine Verständigung in
deutscher Sprache war ohne Probleme möglich.
Zu keiner anderen Beurteilung führt der Umstand, dass der Kläger in dem für den
Sachverständigen bestimmten Formular unter der Rubrik „weitere innerhalb des letzten
Jahres durchgeführte größere Reparaturen" angegeben hat „Zahnriemen gewechselt, die
Stoßstange ... nachlackiert". Damit hat der Kläger weder die unfallbedingten Vorschäden
offenbart noch eine Nachfrageobliegenheit der Beklagten ausgelöst. Die Angabe, dass die
Stoßstange nachlackiert worden ist, stellt eine bagatellisierende Umschreibung einer
„Reparaturmaßnahme" dar und wird dem tatsächlichen Schadensbild nicht gerecht (vgl.
auch OLG Düsseldorf, Schaden-Praxis 2002, 102). Auch lässt sich hieraus nicht
zwangsläufig entnehmen, dass die Nachlackierung auf Grund eines Unfalles notwendig
geworden ist; der Anlass für eine Nachlackierung kann mannigfacher Art sein. Zudem
wusste der Kläger auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen B., dass das
Schadensbild mehr umfasste als eine Beschädigung des Lacks der Stoßstange (vgl. Bl. 42
d.A.). Diese Umschreibung musste die Beklagte auch nicht zum Anlass nehmen, nochmals
beim Kläger nachzufragen. Denn der Kläger hatte der Beklagten das Formular zunächst
mit diesen Angaben, jedoch zu Art und Anzahl von reparierten / unreparierten Vorschäden
unbeantwortet übersandt, weshalb die Beklagte hierzu nachfragte (Bl. 38, 39 d.A.). Soweit
der Kläger zu den Vorschäden sodann „keine" angab, war die Antwort –wenn auch falsch-
eindeutig und bot keine Veranlassung zu weiteren Nachfragen.
Die Beklagte ist somit wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung gemäß § 6 Abs. 3 VVG
leistungsfrei.
Demzufolge hat die Berufung des Klägers insgesamt keinen Erfolg und ist diese mit der
Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, die
Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO.
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 2. Alt. ZPO zuzulassen.