Urteil des OLG Oldenburg vom 28.08.2003
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Gericht:
OLG Oldenburg, 14. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 14 UF 70/03
Datum:
28.08.2003
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 242, BGB § 1363
Leitsatz:
Zur Frage, wann der vertragliche Ausschluss des Zugewinnausgleichs wegen Verstoßes gegen Treu
und Glauben unwirksam ist.
Volltext:
Oberlandesgericht Oldenburg
Geschäftsnummer: 14 UF 70/03
XXXXXXX Amtsgericht XXXXXXXXX
Verkündet am
28. August 2003
xxx
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
U R T E I L
IM NAMEN DES VOLKES!
In der Familiensache
XXXXXXX, XXXX,
Antragsteller und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte H., 26122 Oldenburg,
gegen
XXXXXXX, XXXX
Antragsgegnerin und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte E., 26122 Oldenburg,
hat der 14. Zivilsenat – 5. Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 14. August 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht XXX sowie
die Richter am Oberlandesgericht XXX und XXX
für R e c h t erkannt:
Die Berufung des Antragstellers gegen das am 27. März 2003 verkündete TeilUrteil des Amtsgerichts –
Familiengericht – XXXX wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 3.000,00 Euro festgesetzt.
Entscheidungsgründe:
Wegen des diesem Rechtsstreit zugrundeliegenden Sachverhalts nimmt der Senat auf den Tatbestand und –
ergänzend – die Entscheidungsgründe des vom Antragsteller angefochtenen TeilUrteils Bezug.
Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass die am XXXX geborene Antragsgegnerin in den Jahren 19XX bis 19XX in
ihrem erlernten Beruf als Kindergärtnerin tätig war. In der Folgezeit hat sie in Spanien einen XXXXXXXXBetrieb
geführt, den sie auf Wunsch des Antragstellers aufgegeben hat.
Dieser ist durch – rechtskräftiges – Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – XXXXX vom 21.03.2002 –
XXXXXXX = 14 UF 64/02 – zur Zahlung ehezeitlichen Unterhalts ab dem 01.01.2003 in Höhe von XXXXX DM
monatlich verurteilt worden.
Das Amtsgericht hat den Antragsteller zur beantragten Auskunft verurteilt.
Hiergegen richtet sich dessen Berufung. Ein Auskunftsanspruch sei nicht gegeben; die notarielle Vereinbarung sei –
insgesamt – wirksam, so dass der Antragsgegnerin güterrechtliche Ansprüche nicht zustünden. Die Antragsgegnerin
sei insbesondere vom beurkundenden Notar hinreichend belehrt worden; zudem sei sie im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses nicht mittellos gewesen. Sie sei nämlich in einer seiner Firmen mit einem Bruttogehalt von
3.000,00 DM, welches sich in der Folgezeit erhöht habe, angestellt gewesen.
Die Antragsgegnerin, die die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt die angefochtene Entscheidung unter
Wiederholung und Bekräftigung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
(....)
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
Der Ehevertrag ist nämlich jedenfalls hinsichtlich des Ausschlusses des Zugewinnausgleichs unwirksam, § 242
BGB, so dass das Amtsgericht zutreffend den Auskunftsanspruch der Antragsgegnerin zuerkannt hat, § 1379 BGB.
Auch wenn die Antragsgegnerin, wovon der Senat ausgeht, vom beurkundenden Notar hinreichend belehrt worden
ist, hat der Antragsteller seine dominierende Lage ihr gegenüber und zu ihrem Nachteil in nicht zu billigender Weise
ausgenutzt.
Dabei kann dahinstehen, ob der – weitgehenden – Auffassung des OLG München (FamRZ 2003, 35 ff mit
ablehnender Anmerkung von Bergschneider. a.a.O. Seite 38 f) uneingeschränkt zu folgen ist.
Denn der Vertrag ist – unstreitig – während der bestehenden Schwangerschaft der Antragsgegnerin geschlossen
worden.
Eine Situation von Unterlegenheit ist regelmäßig anzunehmen, wenn eine nicht verheiratete schwangere Frau sich
vor die Alternative gestellt sieht, künftig entweder allein für das zu erwartende Kind Verantwortung und Sorge zu
tragen oder durch Eheschließung den Kindesvater in die Verantwortung mit (vgl. auch § 1615 BGB) einzubinden,
wenn auch um den Preis eines mit ihm zu schließenden, sie aber stark belastenden Ehevertrages. Ihre Position wird
durch ihre tatsächliche Lage geschwächt (vgl. BVerfG, NJW 2001, 957 ff sowie 2248). Auch wenn die
Schwangerschaft bei Abschluss des Ehevertrages nur ein – wenn auch gewichtiges – Indiz für eine vertragliche
Unausgewogenheit darstellt, sind die Vermögenslage der schwangeren Antragsgegnerin und ihre weitere – auch
berufliche – Perspektive nicht geeignet, ihre Unterlegenheit auszuschließen (vgl. BVerfG a.a.O. Seite 959; vgl. auch
OLG Karlsruhe MDR 2001, 335 f). So hat die Antragsgegnerin neben dem Verzicht auf
Versorgungsausgleichsansprüche auch auf eigenen nachehelichen Unterhalt weitestgehend verzichtet. Der
Betreuungsunterhalt ist auf das allenfalls zulässige Maß beschränkt worden und entspricht der Höhe nach bei
weitem nicht dem gesetzlich geschuldeten Unterhalt, der die Ehezeit betreffend mit XXXXX DM monatlich tituliert
ist. Durch diesen Verzicht ist ihre wirtschaftliche Lage nachhaltig geschwächt worden. Hingegen gab der
Antragsteller mit seinem entsprechenden Verzicht keine maßgebliche Positionen auf; denn er konnte nicht damit
rechnen, im Falle der Scheidung Unterhaltsansprüche gegen die Antragsgegnerin durchsetzen zu können.
Dass die Parteien seinerzeit den Wert des Vermögens mit 50.000,00 DM beziffert haben, rechtfertigt keine andere
Betrachtungsweise. Denn dass die Antragsgegnerin auch nur über gewisses Vermögen verfügt hätte, ist weder
ersichtlich noch dargetan. Vielmehr lassen die Ausführungen des Antragstellers, wonach die Antragsgegnerin bei
ihrer Rückkehr aus Spanien über keine finanziellen Mittel verfügte, den Schluss zu, allein jener habe über die im
Vertrag genannten – im übrigen nicht ganz unerheblichen – Vermögenswerte verfügt, zumal die Angaben von
Vertragsparteien im Hinblick auf die Notargebühren in der Regel eher die untere Grenze der vorhandenen Werte
beziffern.
Ferner konnte der Antragsteller durch seine berufliche Tätigkeit weiteres Vermögen bilden, während die
Antragsgegnerin sich zumindest vornehmlich um der Betreuung der Kinder und der Führung des Haushalts gewidmet
hat. Der Antragsteller hat in dem Verfahren XXXXXXXXXX LG Oldenburg selbst vorgetragen, die Anstellung der
Antragsgegnerin in einer seiner Firmen sei nur „pro forma“ erfolgt; tatsächlich sei sie dort nicht beschäftigt gewesen,
und das erhaltene Entgeld sei für Haushaltsführung u. ä. verwandt worden.
Schließlich lässt auch die Art des Zustandekommens des Vertrages erkennen, dass die Interessen der im 5. Monat
schwangeren Antragsgegnerin keine hinreichende Berücksichtigung gefunden haben, auch wenn sie entsprechend
belehrt worden ist. Die Antragsgegnerin hat anlässlich ihrer Anhörung vor dem Senat erklärt, der Hochzeitstermin sei
bestimmt und die Gäste seien geladen gewesen. Erst danach sei der Antragsteller unvermittelt an sie wegen der
Unterzeichnung des Vertrages herangetreten. Angesichts der bevorstehenden Hochzeit habe sie den Vertrag
unterzeichnet. Diesen Erklärungen ist der Antragsteller – auch in der mündlichen Verhandlung – nicht
entgegengetreten.
Der Senat hat keinen Anlass gesehen, die Revision zuzulassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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