Urteil des OLG Oldenburg vom 14.03.1997
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Gericht:
OLG Oldenburg, 05. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 5 UH 1/97
Datum:
14.03.1997
Sachgebiet:
Normen:
NMV § 1970 20 A., BERVO § 27 ABS 2 .
Leitsatz:
Die Erforderlichkeit der Aufschlüsselung von Betriebskosten bei preis- gebundenem Wohnraum betrifft
keine Grundsatzfrage.
Volltext:
Ein Rechtsentscheid ist nicht zu treffen.
Gründe
Das Landgerichtg möchte einen Mietrechtsentscheid des Oberlandesgerichts Oldenburg einholen und hat dem Senat
folgende Rechtsfrage zur Ent- scheidung vorgelegt:
Ist bei preisgebundenem Wohnraum der Vermieter mit der Umlage ausge-
schlossen, wenn bei der Vermietung von Wohnraum die Vertragsparteien
sich auf die Zahlung von Betriebskosten im Sinne der Anlage 3 zu § 27 Abs. 2 der Berechnungsverordnung geeinigt
haben, der Vermieter aber nur die Art der Betriebskosten und den Betrag der Gesamt- belastung bekannt gegeben
hat, nicht aber die Geamtbelastung nach den einzelnen Kosten aufgeschlüsselt hat?
Dabei geht das Landgericht von folgendem Sachverhalt aus:
Die Klägerin hat durch Vertrag vom 20.10.1992 von dem Beklagten eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus
gemietet.
In § 4 Abs. 2 des Vertrages ist festgelegt, daß neben der Miete anteilig eine Reihe von näher bezeichneten
Nebenkosten erhoben wird. In § 4 Abs. 3 des Vertrages ist bestimmt, daß für die Betriebskosten eine monatliche
Vorauszahlung von 295,40 DM bei jährlicher Abrechnung zu zahlen ist. In einer Anlage zum Mietvertrag ist dieser
Betrag dahin aufgeschlüsselt, daß als Heizkostenvorauszahlung 110,80 DM und als sonstige
Betriebskostenvorauszahlung 184,60 DM zu zahlen sind.
Die Klägerin verlangt jetzt die Rückforderung der Vorausleistungen, die sie auf die Betriebskosten mit Ausnahme der
Heizkosten seit Vertragsbeginn geleistet hat, weil die Betriebskosten nicht nach
den Einzelbeträgen angegeben worden sind, aus denen sich der Gesamtbetrag zusammensetzt.
Das Landgericht erwägt, die Klage insoweit abzuweisen, weil § 20 Abs. 1 Satz 3 NMV 1970 diese Aufschlüsselung
und die Folge, wenn sie fehlt, nicht ausdrücklich anspreche und das Interesse der Mieter daran nicht erheblich sein
dürfte, so daß der Verlust des Anspruchs des Vermieters auf die Betriebskosten als unangemessen anzusehen sei.
Die Frage sei von grundsätzlicher Bedeutung, da das Verfahren für die betroffene Wohnanlage ein Musterprozeß sei
und ein Rechtsentscheid dazu
noch nicht vorliege.
Ein Rechtsentscheid ist nicht zu erlassen.
Eine Divergenzvorlage gem. § 541 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. ZPO kommt ersichtlich nicht in Betracht; sie wird auch vom
Landgericht nicht herangezogen.
Aber auch eine Vorlage zur Klärung einer Grundsatzfrage, § 541 Abs. 1 S. 1 2. Alt. ZPO, ist nicht gegeben.
Nach einhelliger Auffassung und insbesondere auch der ständigen Rechtsprechung des Senats ist im Hinblick auf
das mit dem Institut des Rechtsentscheids verfolgte Ziel der Rechtseinheit eine Frage
nur dann von grundsätzlicher Bedeutung, wenn zu erwarten ist, daß die gleiche Rechtsfrage auch künftig wiederholt
auftreten wird, und wenn über die Auslegung in der Rechtsprechung und der Rechtsliteratur unterschiedliche
Auffassungen bereits geäußert werden oder zu erwarten sind (vgl. nur Senat, Rechtsentscheide vom 26.5.1981 - 5
UH 2/81 - und 22.2.1995 - 5 UH 1/94 -; Zöller/Gummer, ZPO, 20. Aufl., § 541 Rdn. 39 m.w.N.).
In diesem Sinn kommt der vorgelegten Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung nicht zu. Unterschiedliche
Auffassungen sind bislang, soweit ersichtlich, zu dieser Frage nicht geäußert worden. Einhellig wird in der
mietrechtlichen Literatur vertreten, daß nur die ausdrücklich aufgeführten Betriebskosten neben der Miete
umlagefähig sind (Köhler/Kossmann, Handbuch der Wohnraummiete, 4. Aufl., § 195 Rdn. 5), die der Mieter in
Einzelbeträgen aus der Aufstellung entnehmen können
muß (vgl. Bub/Dreier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Aufl., III Rdn. 35). Die Spezifizierung der
Betriebskosten ist dem Vermieter unter Berücksichtigung seiner Kenntnis von den erheblichen Fakten auch
zuzumuten. Kommt er dem nicht nach, so ist er jedenfalls für die erste Abrechnungsperiode mit den nicht
spezifizierten Betriebskosten ausgeschlossen; insoweit besteht gerade auch in Bezug auf die Rechtsfolge bei
unterbliebener Spezifizierung kein Streit (vgl. Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., III. Rdn. 380 m.w.N. in Fn 126).
Auch die Rechtsprechung gibt dem Mieter einer Wohnung des sozialen Wohnungsbaus einen Anspruch aus § 20
Abs. 1 Satz 3 NMV 1970 auf vorherige Bekanntgabe der detaillierten Zusammensetzung des Entgeltes und der
Belastung, für die er Vorschüsse zahlen soll, wobei die Einzelangaben für folgende Abrechnungsperioden nachgeholt
werden können (vgl. LG Berlin, MM-Mietrechtliche Mitteilungen/Beilage der Zeitschrift: Mietermagazin - Organ des
Berliner Mieter-vereins e.V. - 1993, 110, 111).
Angesichts dieser völlig einheitlichen Beurteilung besteht kein Grund, der berufungsgerichtlichen
Entscheidungskompetenz im Wege des Rechtsentscheides Grenzen zu setzen, zumal die Möglichkeit, die
Spezifikation nach der ersten Abrechnungsperiode nachzuholen, bislang vom Berufungsgericht nicht erörtert worden
ist.