Urteil des OLG Oldenburg vom 26.02.1991

OLG Oldenburg: öffentliche sicherheit, verordnung, erholung, kur, satzung, heilbad, rechtsgrundlage, ruhe, datum, badestrand

Gericht:
OLG Oldenburg, unbekannt
Typ, AZ:
Beschluß, SS 42/91
Datum:
26.02.1991
Sachgebiet:
Normen:
LÄRMSCHUTZV. § 10 ABS2, NDS SOG § 33
Leitsatz:
Eine Anleinpflicht für Hunde auf Grund ordnungsbehördlicher Verordnung nach landesrechtlicher
Gesetzesgrundlage verstößt nicht gegen Bundesrecht, insbesondere nicht gegen die
Straßenverkehrsordnung.
Volltext:
§ 10 Abs. 2 der Lärmschutzverordnung auf Norderney vom 10. Juni 1976
ist rechtswirksam; ein schuldhafter Verstoß ist nach § 13 der Ver-
ordnung i.V.m. § 37 SOG bußgeldbewehrt.
§ 10 Abs. 2 der Verordnung gebietet, Hunde während der Sommermonate
(01. April bis 30. September) auf allen öffentlichen Straßen, Wegen
und Plätzen (insbesondere auch in den Kuranlagen, auf der Strand-
promenade und am Badestrand) an der Leine zu führen; für den Bade-
strand "Weiße Düne" und den FKK-Strand gilt dies vom 15. Mai bis
30. September.
Diese Vorschrift verstößt entgegen der Rechtsauffassung der Vertei-
digung nicht gegen höherrangiges Bundesrecht (§§ 1 Abs. 2; 28 Abs. 1
STVO) und greift auch nicht "erweiternd" in die Kompetenz des Bundes-
gesetzgebers ein. Das wäre nur dann so, wenn § 10 Abs. 2 der Verord-
nung einen ausschließlich verkehrsrechtlichen Inhalt hätte (vgl.
OLG Düsseldorf VM 1983; OLG Hamm NStZ 1991, 44 f; Mühlhaus/Janiszewski,
Straßenverkehrsordnung, 12. Aufl., § 28 Rdn. 1, Einl. Rn. 32-34;
siehe Art. 31, 70, 72, 74 Nr. 22 GG; es wird auch nicht gegen ander-
weitiges höherrangiges Bundesrecht verstoßen; vgl. OLG Hamm NStZ 1988,
321). Da sist jedoch nicht der Fall. Vielmehr geht es hier um den
Schutz von Kurbetrieb und Erholung, also um eine Materie, die nicht
bundesgesetzlich geregelt ist. Bereits der Name der genannten Ver-
ordnung (Verordnung zur Bekämpfung des Lärms und anderer Gesundheits-
gefahren auf der Insel Norderney; abgekürzt: Lärmschutzverordnung)
wie auch die Überschrift von deren § 10 (Halten von Haustieren)
sprechen geen eine (etwa primär beabsichtigte) verkehrspolizeiliche
Regelung. Dem entspricht der (weitere) Inhalt der Verordnung, die
in mehr als zehn Paragraphen ein möglichst störungsfreies und ge-
sundheitsförderndes Verhalten in diesem Nordseeheilbad sicherstellen
will und die folgerichtig in den §§ 1, 15, 16 des Nds. Gesetzes über
die öffentliche Sicherheit und Ordnung (SOG), nicht hingegen im
Straßenverkehrsrecht ihre Rechtsgrundlage hat. Das ergibt sich letzt-
lich auch unmittelbar aus § 10 der Verordnung, der in Abs. 1 das
Halten von Tieren, insbesondere Hunden, im Interesse von Dritten
(Kurgästen) und Einheimischen) regelt. Die Anordnung in Abs. 2
regelt dabei nur einen wichtigen Unterfall. Daß auch insoweit der
Schutz von Kur und Erholung im Vordergrund steht und nur in deren
Interesse untergeordnet eine zugleich den Straßenverkehr berührende
Regelung getroffen ist, folgt daraus, daß sie einerseits öffent-
liche Verkehrsflächen nur in der Sommersaison betrifft, andererseits
jedoch auch Nicht-Verkehrsflächen (Badestrände) umfaßt.
Nach allem regelt die genannte Verordnung einschließlich ihres § 10
die in eienm Heilbad "zur Saison" im Interesse von Ruhe und Gesund-
heit der Erholungssuchenden zu beachtenden Verhaltensweisen; die
Erwähnung öffentlicher Verkehrsflächen erfolgt dabei nur am Rande
und im Rahmen dieser Zielsetzung. Eine solche Regelung aber maßt sich
keine dem Bundesgesetzgeber zustehende Gesetzgebungskompetenz an und
verstößt daher nicht gegen höherrangiges Recht (OVG Lüneburg Normen-
kontrollentscheidung vom 08.02.1990 - 12 OVG - NSt-N 7/1990 = Bl.
18 f d.A.). So ist allgemein anerkannt, daß die in einer städtischen
Verordnung oder Satzung getroffene Regelung, wonach in öffentlichen
Grünanlagen Hunde nur angeleint auf den - ebenfalls öffentlichen -
Wegen geführt werden dürfen, nicht gegen das höherrangige Straßenver-
kehrsrecht der §§ 1 Abs. 2; 28 StVO verstößt, weil es in diesen
Fällen (vor allem) um Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung in Grünanlagen als der öffentlichen Erholung
dienenden Flächen geht (vgl. OLG Düsseldorf VRS 73, 474 f; OLG Hamm
NStZ 1988, 321 und aa0 m.w.N.; OVG Lüneburg aa0).
Gleiches gilt auch (und erst recht) hier.