Urteil des OLG Oldenburg vom 09.03.1994
OLG Oldenburg: grobe fahrlässigkeit, vorsicht, anhörung, sorgfalt, datum, subjektiv
Gericht:
OLG Oldenburg, 02. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 2 U 7/94
Datum:
09.03.1994
Sachgebiet:
Normen:
Keine Normen eingetragen
Leitsatz:
Das Verlassen eines ebenerdigen Hauses bei gekipptem Fensterflügel be- gründet in der
Hausratversicherung nicht generell den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit
Volltext:
Die Berufung hat keinen Erfolg, da die Beklagte nicht gemäß § 61 VVG wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des
Versicherungsfalls leistungsfrei ist.
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß nicht generell festgestellt werden kann, daß das Verlassen
eines Hauses bei gekipptem Fensterflügel in der Hausratversicherung grundsätzlich den Vorwurf der groben
Fahrlässigkeit begründet. Vielmehr ist auf den Einzelfall abzustellen. Grobe Fahrlässigkeit erfordert eine schlechthin
unentschuldbar erscheinende Pflichtverletzung. Sie setzt einen objektiv schweren Verstoß gegen die im konkreten
Fall gebotene Sorgfalt voraus und subjektiv ein unentschuldbares Fehlverhalten, das das gewöhnliche Maß erheblich
übersteigt.
Es kann offenbleiben, ob es objektiv grob fahrlässig war, das Fenster in der konkreten Situation für etwa zehn
Stunden auf Kippstellung stehen zu lassen. Es fehlt jedenfalls an dem von der Beklagten zu führenden Nachweis
des subjektiven Tatbestandes der groben Fahrlässigkeit. Der Kläger hat bei seiner persönlichen Anhörung vor dem
Landgericht unwiderlegt angegeben: Er und seine Ehefrau hätten immer darauf geachtet, Fenster und Türen beim
Verlassen des Grundstücks zu schließen. Im Bekanntenkreis seien sie wegen ihrer Vorsicht sogar teilweise
belächelt worden. Wie es dazu gekommen sei, daß das Fenster in diesem Fall versehentlich doch offengeblieben
sei, könne er nicht sagen.
Angesichts dessen kann in subjektiver Hinsicht ein grobes Fehlverhalten des Klägers nicht festgestellt werden. Daß
er seine Ehefrau nicht danach gefragt hat, ob sie das Fenster geschlossen hatte,kann ihm nicht als unentschuldbar
zum Vorwurf gemacht werden, wenn beide Eheleute unwiderlegt im Regelfall darauf geachtet haben, daß beim
Weggang Fenster und Türen verschlossen waren. Es sind keine Umstände ersichtlich, die dem Kläger konkret
Veranlassung hätten geben müssen, in diesem Fall doch nachzufragen.