Urteil des OLG Oldenburg vom 30.03.1992

OLG Oldenburg: fahrverbot, augenschein, aufrechnung, verwertung, datum

Gericht:
OLG Oldenburg, unbekannt
Typ, AZ:
Beschluß, SS 92/92
Datum:
30.03.1992
Sachgebiet:
Normen:
STPO § 273 ABS 1, STPO § 274, OWIG § 73 ABS 3 S 3
Leitsatz:
Verwertung einer in der Hauptverhandlung nicht verlesenen Niederschrift der Rechtshilfevernehmung
des Betroffenen, Ausschluß des Beruhens des Urteils auf dem Verfahrensfehler.
Volltext:
Allerdings ist, wie die Verteidiger zu Recht bemängeln, dem Amtsgericht ein Fehler unterlaufen. Es hat in den
Urteilsgründen ausgeführt, das Protokoll über die Vernehmung des Betroffenen durch einen ersuchten Richter sei in
der Hauptverhandlung verlesen worden; ausweislich der maßgeblichen Niederschrift über die Hauptverhandlung (§ 46
Abs. 1 OWiG; §§ 273; 274 StPO) war das jedoch nicht der Fall. Daß die Verlesung unterblieben ist, verstößt gegen §
73 Abs. 3 Satz 3 OWiG. Dieser Fehler stellt jedoch nur einen "relativen" Rechtsbeschwerdegrund dar (vgl. Göhler, 9.
Aufl., § 73 OWiG, Rn. 37; Kleinknecht/Meyer, 40. Aufl., § 232 StPO; Rn. 14, 15, 29; § 233 StPO, Rn. 20, 28), führt
also nur dann zur Aufhebung des Urteils, wenn dieses ohne den Fehler, also bei richtiger Anwendung des Gesetzes
anders ausgefallen wäre (Kleinknecht/Meyer, § 337 StPO, Rn. 37 ff., siehe auch § 261 StPO, Rn. 38). Das ist nicht
der Fall. Das Amtsgericht wäre zur gleichen Überzeugung vom Verkehrsverstoß des Betroffenenund zu dessen
Verurteilung gelangt, wenn es dessen Angaben vor dem ersuchten Richter unberücksichtigt gelassen hätte, denn die
Hauptverhandlung dauerte 45 Minuten, ein Zeuge wurde vernommen, die Aufrechnung über die
Geschwindigkeitsfeststellung verlesen, beweiskräftige Fotografien in Augenschein genommen; auch hat der
Verteidiger für den Betroffenen zur Sache ausgesagt und den Verstoß eingestanden; das folgt aus seinem Antrag
("angemessene Geldbuße unter Absehen vom Fahrverbot") wie auch aus der im Urteil mitgeteilten Äußerung des
Verteidigers, der Betroffene sei zur Vorfallszeit die Strecke zum ersten Mal gefahren. Der Senat kann bei dieser
Sachlage ein im Ergebnis abweichendes Urteil bei Nichtberücksichtigung der früheren Vernehmung des Betroffenen
ausschließen. Erst recht gilt dies, wenn im Einklang mit § 73 Abs. 3 Satz 3 OWiG die frühere
Vernehmungsniederschrift in der Hauptverhandlung (tatsächlich) verlesen worden wäre: denn diese stimmt inhaltlich
mit den im Urteil hierzu gemachten Ausführungen überein.