Urteil des OLG Oldenburg vom 01.11.1995, 2 U 214/95
OLG Oldenburg: grundsatz der spezialität, garantie, schuldübernahme, rechtsschutzversicherung, bürgschaft, rechtssprache, entstehungsgeschichte, sicherheit, bauer, versicherungsschutz
Gericht: OLG Oldenburg, 02. Zivilsenat
Typ, AZ: Urteil, 2 U 214/95
Datum: 01.11.1995
Sachgebiet: Kein Sachgebiet eingetragen
Normen: Keine Normen eingetragen
Leitsatz: Der Risikoausschluß des § 4 I h ARB erfaßt nur Bürgschafts-, Garantie-, Schuldübernahme- und Versicherungsverträge im rechtstechnischen Sinn, nicht alle Formen der dinglichen Besicherung mit Hilfe Dritter.
Volltext:
Der beklagte Rechtsschutzversicherer verweigert - wie bereits das
Landgericht zutreffend entschieden hat - zu Unrecht Deckungsschutz
unter Hinweis auf die Risikoausschlüsse in § 4 I h) ARB. Denn die
beabsichtigte - und unbestritten erfolgversprechende - Klage auf
Abtretung von Grundschulden und Eintragungsbewilligung wird nicht
von der Regelung erfaßt, der Versicherungsschutz beziehe sich
nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Bürgschafts-,
Garantie-, Schuldübernahme- und Versicherungsverträgen aller Art.
Maßgeblich für diese Auslegung von § 4 I h) ARB ist, daß Bürgschafts-, Garantie-, Schuldübernahme- und Versicherungsverträge
rechtlich festumrissene Begriffe sind. Daher ist abweichend von
dem allgemeinen Grundsatz, wonach Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen sind, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie verstehen muß, im Zweifel davon auszugehen, daß
diese Begriffe in demselben Sinne verwandt werden, wie in der
Rechtssprache (BGH VersR 1986, 537, 538; 1992, 487, 488; RuS 1995,
332, 333). Dies gilt insbesondere in der Rechtsschutzversicherung.
Denn von dieser wird nach dem Grundsatz der Spezialität nur die
Interessenwahrnehmung aus fest umrissenen Risikobereichen erfaßt.
Diese können nur durch die Verwendung rechtstechnischer Begriffe
in der erforderlichen Klarheit voneinander abgegrenzt werden (Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 5. Aufl., vor § 1 Rdn. 48). Darüber hinaus ist bei der Auslegung von § 4 I h) ARB zu berücksichtigten, daß Risikoausschlüsse grundsätzlich nicht weiter ausgelegt
werden dürfen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftli-
chen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (BGH VersR
1975, 1093, 1094; VersR 1978, 54, 55). Ein von der Rechtssprache
abweichendes Verständnis könnte daher ausnahmsweise allenfalls
dann in Betracht kommen, wenn der allgemeine Sprachgebrauch hiervon deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (BGH VersR 1986, 537, 538;
RuS 1995, 332, 333).
Danach verbietet es sich nach Auffassung des Senats, die Risikoausschlüsse in § 4 I h) ARB unter Außerachtlassung der rechtlichen
Bedeutung der dort genannten Vertragstypen auf die beabsichtigte
Klage auszudehnen. Der Kläger begehrt, gestützt auf eine entsprechende Vereinbarung, die Abtretung von Grundschulden als Sicherheit
für ein Darlehen, das er einem Dritten gewährt hat. Die vertragliche Verpflichtung zur Bestellung einer dinglichen Sicherheit fällt
aber nicht unter die in § 4 I h) ARB aufgeführten Vertragstypen.
Der gravierenste Unterschied liegt darin, daß sie auf eine persönliche Haftung abzielen. Es ist auch nicht so, daß das allgemeine
Verständnis der Begriffe Bürgschaft, Garantie, Schuldübernahme
oder Versicherung abweichend von der Rechtssprache jedwede Art der
Besicherung durch einen Dritten, insbesondere aber die Bestellung
dinglicher Sicherheiten, umfassen würde. Schließlich ergibt sich
auch aus dem Sinnzusammenhang der von der Beklagten verwandten
Allgemeinen Versicherungsbedingungen eine solche Bedeutung nicht.
Diese läßt sich nicht - jedenfalls nicht mit der nach § 5 AGBG erforderlichen Klarheit - aus dem Zusatz "aller Art" hinter den genannten Verträgen herleiten. Denn zum einen läßt diese Ergänzung
nicht erkennen, ob sie sich auf alle vorstehenden Vertragsarten
oder lediglich auf Versicherungsverträge bezieht. Letzteres entspräche der Entstehungsgeschichte (vgl. Böhme, ARB, 6. Aufl., § 4
Rdn. 26). Zum anderen werden von diesem Zusatz allenfalls Modifikationen der aufgezählten Vertragstypen, wie z.B. die Schuldmit-
übernahme (vgl. BGH VersR 1978, 816, 818), nicht aber alle rechtlich andersartigen Verträge, die wirtschaftlich zu einem vergleichbaren Erfolg führen mögen, erfaßt, insbesondere nicht alle
Formen der dinglichen Besicherung mit Hilfe Dritter (a.A. - ohne
nach Ansicht des Senats tragfähiger Begründung - für den
Fall der Grundschuldbestellung durch einen Dritten: LG Aachen,
VersR 1985, 334; Harbauer, a.a.O., § 4 Rdn. 63).
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