Urteil des OLG Oldenburg vom 15.03.2017

OLG Oldenburg: hof, ausschluss, abfindung, kaufpreis, erblasser, grundbuch, verschuldung, rückführung, zwangsversteigerung, familie

Gericht:
OLG Oldenburg, 10. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 10 W 31/01
Datum:
00.00.0000
Sachgebiet:
Normen:
HöfeO § 13 Abs 1 S 2, HöfeO § 12 Abs 4
Leitsatz:
1. Der in § 13 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbs. HöfeO vorgesehene Ausschluss des
Nachabfindungsanspruchs der weichenden Erben und Pflichtteilsberechtigten bei Veräußerung von
Grundstücken, die vorgenommen wird, um aus dem Veräußerungserlös drückende
Hofverbindlichkeiten zu tilgen, scheidet aus, wenn auch durch den vorgenommenen
Grunstücksverkauf die Existens des Hofes auf Dauer nicht erhalten werden kann oder wenn die die
Existens des Hofes gefährdende Verschuldung durch eine schlechte Wirtschaftsführung des Hoferben
bzw. Hofübernehmerns herbeigeführt worden ist.
2. Bei Berechnung des Nachabfindungsanspruchs sind neben den bei der Veräußerung angefallenden
öffentlich-rechtlichen Abgaben und den mit der Veräußerung verbundenen Aufwendungen, deren
Absetzung nach § 13 Abs. 5 Satz 4 HöfeO der Billigkeit entspricht, unter anderem auch die auf dem
Hof lastenden, beim Erbfall bzw. der Hofübertragung vorhanden gewesenen Verbindlichkeiten anteilig
vom Veräußerungserlös abzusetzen.
In gleicher Weise sind nach § 12 Abs. 4 HöfeO Zuwendungen anteilig anzurechnen, die der Miterbe
oder Pflichteilsberechtigte vom Erblasser unter Lebenden als Abfindung aus dem Hof erhalten hat.
3. Der Anteil der abzusetzenden Schulden und Vorempfänge ist auf der Grundlage des Verhältnisses
der Einheitswerte des gesamten Hofs und des jeweiligen Einheitswerts des veräußerten Grundstücks
zu berechnen.
Volltext:
Oberlandesgericht Oldenburg
10 W 31/01
5 Lw 23/00 AG Bersenbrück
B e s c h l u s s
In der Landwirtschaftssache
betreffend den im Grundbuch von T..... Band 11 Blatt 349 eingetragenen Hof im Sinne der Höfeordnung
Beteiligte:
1. Hu... R..., ..............., ,
2. C... R..., ..., ...,
3. He... R..., ..., ...,
Antragsteller und Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigter der Beteiligten zu 1) bis 3): Rechtsanwalt ...,
.....
4. F...J... R..., ..., ...,
Antragsgegner und Beschwerdegegner,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte .....,
.....
hat der 10. Zivilsenat - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg
durch die Richter Dr. ..., .....und Dr. .....
sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ...
am 8. Mai 2003
beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 3) wird unter Zurückweisung des weitergehenden
Rechtsmittels der Beschluss des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgerichts –
Bersenbrück vom 9. Mai 2001 teilweise geändert.
...
...
G r ü n d e
I.
Die Antragsteller machen gegen den Antragsgegner Nachabfindungsansprüche geltend.
Der Vater der Beteiligten, der Landwirt J... R..., vereinbarte mit dem Antragsgegner durch notariellen Vertrag vom
22.07.1985 (Urkundenrolle 402/85 des Notars ..., ...) die Übertragung des im Grundbuch von ... Band 11 Blatt 349
eingetragenen Hofs zur damaligen Größe von 41,6324 ha an den Antragsgegner im Rahmen vorweggenommener
Erbfolge. Dieser Hofübergabevertrag wurde vom Landwirtschaftsgericht Bersenbrück genehmigt; der Antragsgegner
ist am 08.09.1987 als Eigentümer des Hofes im Grundbuch eingetragen worden.
Bereits vorher war der Hof dem Antragsgegner im Rahmen eines seit dem 01.04.1976 bestehenden
Pachtverhältnisses überlassen worden, wobei zunächst noch der Vater im landwirtschaftlichen Betrieb mit tätig war;
Inhalt und Umfang der Tätigkeit des Vaters sowie die Frage, von welchem Zeitpunkt an der Antragsgegner den Hof
selbständig bewirtschaftet hat, sind streitig.
Am 18. Januar 1987 verstarb der Landwirt J... R...; er ist von seiner Ehefrau K... R... mit einer Erbquote zu 1/2 und
von seinen 5 Kindern, darunter den Beteiligten, mit einer Quote von je 1/10 beerbt worden.
In den folgenden Jahren verkaufte der Antragsgegner Grundstücksflächen des Hofes, und zwar kam es bis
einschließlich 1999 zu folgenden Verkäufen:
Verkauf von 395 qm an den Beteiligten zu 3) zum Kaupreis von 1.795 DM
am 15.01.1988
Verkauf von ca. 2,9 ha an die Evangelische Kirchengemeinde Q...zum Kaufpreis von 116.548 DM am 26.01.1993
Verkauf von ca. 7,9 ha an M... H... zum Kaufpreis von 355.000 DM am 01.02.1999
Verkauf von ca. 1,3 ha an M... H... zum Kaufpreis von 45.000 DM am 01.02.1999.
Nach diesen Verkäufen hatte der Hof noch eine Größe von ca. 29, 5 ha.
In der Folgezeit wurden noch weitere Grundstücke verkauft. Die dem Antragsgegner verbliebene Eigentumsfläche
des Hofes liegt nach dem von ihm vorgelegten Grund und Bodenverzeichnis vom 30.6.2002 bei nunmehr 9,9480 ha.
Die Antragsteller haben als Nachabfindung jeweils 1/10 der Erlöse aus den Grundstücksverkäufen in den Jahren
1988 und 1993 und jeweils 1/10 von 3/4 der Erlöse aus den Verkäufen des Jahres 1999 verlangt.
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Der Antragsgegner hat im wesentlichen vorgetragen:
Sämtliche Grundstücksverkäufe seien erforderlich gewesen, um den landwirtschaftlichen Betrieb zu konsolidieren
und den Hof letztlich zu erhalten. Die aus den Verkäufen erzielten Erlöse seien zur Ablösung von Verbindlichkeiten
verwendet worden. Aus den laufenden Erträgen der Landwirtschaft hätten die Kredite nicht zurückgeführt werden
können. Ohne die Rückführung der Kredite hätte es eine Zwangsversteigerung des Hofs gegeben.
Er habe erst nach seiner Heirat im Herbst 1979 die Betriebsführung des Hofs eigenverantwortlich übernommenen.
Bereits zu diesem Zeitpunkt hätten die valutierenden, auf dem Hof lastenden Verbindlichkeiten sich auf ca. 224.000
DM belaufen. Bei Übertragung des Hofes hätten die (von ihm übernommenen) Verbindlichkeiten bei ca. 500.000 DM
gelegen. Soweit in der Folgezeit die Verbindlichkeiten trotz der Grundstücksverkäufe weiter angestiegen seien, sei
dies auf erhebliche Investitionen für Umbau und Erweiterungsmaßnahmen des landwirtschaftlichen Betriebs
zurückzuführen.
Der von ihm bewirtschaftete Hof sei nach den Landverkäufen lebensfähig, was der Antragsgegner unter
Bezugnahme auf ein vom ihm eingeholtes Privatgutachten des Sachverständigen Dr. W... ausgeführt hat.
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Die Antragsteller haben demgegenüber vorgetragen:
Inzwischen seien so viele Flächen des Hofs verkauft worden, dass dieser trotz der Einnahmen aus den Verkäufen
nicht mehr lebensfähig sei.
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Das Landwirtschaftsgericht hat den Beteiligten zu 1) und 2) einen Betrag von jeweils 179,50 DM nebst Zinsen
zugesprochen und im übrigen die Anträge der Antragsteller nach Beweiserhebung zurückgewiesen. Es hat einen
Nachabfindungsanspruch der Antragsteller zu 1) und 2) wegen des 1988 getätigten Verkaufs von 395 qm an den
Antragsteller zu 3) bejaht; einen entsprechenden Anspruch des Antragstellers zu 3) hat das Landwirtschaftsgericht
für verjährt gehalten. Hinsichtlich der weiteren Verkäufe in den Folgejahren hat das Landwirtschaftsgericht
Nachabfindungsansprüche verneint, weil die Erlöse aus diesen Verkäufen zur Rückführung drückender betrieblicher
Schulden erforderlich gewesen seien, welche die Existenz des Hofes in Frage gestellt hätten.
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Gegen diese Entscheidung wenden sich die Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.
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II.
Die sofortige Beschwerde der Antragsteller ist zulässig und überwiegend auch begründet.
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Wegen des Grundstücksverkaufs im Jahre 1993 stehen den Antragstellern zu 1) und 2) und wegen der im Jahre
1999 vorgenommenen Verkäufe stehen allen drei Antragstellern Nachabfindungsansprüche nach § 13 HöfeO zu.
Die allgemeinen Voraussetzungen für einen Nachabfindungsanspruch nach § 13 Abs. 1
HöfeO liegen vor..............(wird näher ausgeführt).
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Nachabfindungsansprüche der Antragsteller sind (auch) nicht nach § 13 Abs. 1 S. 2 HöfeO im Hinblick darauf
ausgeschlossen, dass die Veräußerungen zur Erhaltung des Hofes erforderlich waren.
Dieser Ausnahmetatbestand ist nach allseitiger Auffassung eng auszulegen und nur dann gegeben, wenn ein
dringender Notfall vorgelegen hat und die Grundstücksveräußerung als das letzte Mittel zur Erhaltung des Hofs
angesehen werden musste; bei Veräußerungen zur Begleichung von Schulden ist ein solcher Ausnahmefall
anzunehmen, wenn drückende, die Existenz des Hofes in Frage stellende Schulden abgelöst werden mussten und
diese weder aus den laufenden Erträgen noch durch zumutbare Kreditaufnahme beglichen werden konnten (vgl. dazu
BGHZ 40,169; Lange/Wulff/LütdkeHandjery, § 13 HöfeO, Rdnr. 43; Wöhrmann/Stöcker, Das
Landwirtschaftserbrecht, 7.Aufl., § 13 HöfeO, Rdnr. 38, 44, 45; Faßbender/Hötzel, HöfeO, 3. Auflage, § 13 HöfeO,
Rdnr. 30).
Auf den Ausschluss von Nachabfindungsansprüchen kann sich der Hoferbe selbst bei zwingend notwendigen
Verkäufen zur Ablösung von Schulden nicht berufen, wenn die Grundstücksveräußerung und der damit eintretende
Landverlust die wirtschaftliche Lebensfähigkeit des Hofes in Frage stellt, wenn der Hof wegen der hohen
Schuldenlast ohnehin nicht auf Dauer gehalten werden kann oder wenn schließlich die die Existenz des Hofes
gefährdende Verschuldung durch schlechte Wirtschaftsführung des Hoferben bzw. Hofübernehmers herbeigeführt
worden ist (vgl. BGHZ 40, 169, 171; Lange/Wulff/LütdkeHandjery, a.a.O.; Faßbender/Hötzel, a.a.O.)
In solchen Fällen, in denen von einer Erfolglosigkeit der Sanierungsbemühungen auszugehen ist oder der Hoferbe
bzw. Hofübernehmer die Notsituation selbst verschuldet hat, ist es nicht gerechtfertigt, die übrigen Erben oder die
Pflichtteilsberechtigten zu belasten und die im Vergleich zum allgemeinen Erbrecht bereits geminderten Rechte, die
diesen Beteiligten im Höferecht ohnehin nur zugestanden werden, noch weiter zu schmälern (vgl. BGH, a.a.O.).
Im vorliegenden Falle mögen die Grundstücksveräußerungen, zumindest die ins Gewicht fallenden Verkäufe im
Jahre 1993 und im Februar 1999, erforderlich gewesen sein, um eine sonst drohende Zwangsversteigerung des
Hofes abzuwenden, wofür letztlich auch die Feststellungen des Sachverständigen H...S...M..... sprechen. Bei 1993
vorhandenen Gesamtverbindlichkeiten von 820.759 DM, einer jährlichen Zinslast von 63.523 DM und im vierten Jahr
hintereinander erwirtschafteten Verlusten, in diesem Jahr in Höhe von 121.174 DM ,
boten sich andere realistische Handlungsalternativen nicht mehr an; eine Schuldentilgung aus laufenden Erträgen
des landwirtschaftlichen Betriebes musste unter den genannten Umständen aussichtslos erscheinen.
Die gleiche Situation muss für die Verkäufe des Jahres 1999 angenommen werden. Auch diese waren letztlich
wirtschaftlich unvermeidbar. Zum 01.07.1998 hatten sich Schulden von 1.023.099 DM angehäuft, die jährliche
Zinszahlungen von 57.301 DM erforderten, während der im landwirtschaftlichen Betrieb erzielte Gewinn lediglich
31.775 DM betrug und eine nachhaltige Rückführung der Verbindlichkeiten durch Schuldentilgung nicht ermöglichte,
zumal das Betriebsergebnis im Wirtschaftsjahr 1998/1999 wiederum in einen Verlust umschlug. Zum 01.07.1999
lagen dann – nach den Grundstücksverkäufen am 01.02.1999 - die Verbindlichkeiten bei 796.255 DM, bei in diesem
Wirtschaftsjahr eingetretenen Verlusten von 10.700 DM.
Die dargestellten Zahlen belegen, daß die Grundstücksverkäufe unvermeidlich waren, was letztlich auch die
Antragsteller annehmen.
Die vorgenommenen Grundstücksverkäufe waren jedoch – ebenso wie die nachfolgenden weiteren Verkäufe – nicht
geeignet, zumindest stellten sie keine ausreichenden Maßnahmen dar, um den landwirtschaftlichen Betrieb des
Antragsgegners auf Dauer zu sanieren und die wirtschaftliche Existenz des Hofes zu sichern.
Der Senat folgt insoweit den Feststellungen und Bewertungen des Sachverständigen H... S...M... , der hier von
einem nicht lebensfähigen landwirtschaftlichen Betrieb ausgeht.
Hierfür spricht, dass es dem Antragsgegner über die gesamte Zeit ab der Hofübertragung nicht gelungen ist,
hinreichend stabile positive Betriebsergebnisse zu erzielen, die eine Schuldentilgung ermöglichten und zudem als
angemessene Lebensgrundlage für den Antragsgegner und seine Familie ausreichten. Der Antragsgegner hat von
der Übertragung des Hofes an im Jahr 1985 bis Mitte der neunziger Jahre nahezu durchgehend Verluste
erwirtschaftet.
Marginale Gewinne von 1.179 DM und 11.155 DM, die in Ausnahme zu den sonst negativen Jahresergebnissen in
den Jahren 1988 und 1989 erzielt wurden, haben bei einer Gesamtverschuldung von 816.744 DM (1989) keine
ausreichende Lebensgrundlage schaffen können. Diese positiven Jahresergebnisse können auch für einen Erfolg der
mit den Grundstücksverkäufen erstrebten Konsolidierung von vornherein nicht herangezogen werden, weil sie
längere Zeit vor den hier maßgebenden Grundstücksverkäufen von 1993 und 1999 lagen. Allenfalls die positiven
Betriebsergebnisse in den Jahren 1996 bis 1998 könnten für einen Sanierungserfolg nach dem Grundstückverkauf
von 1993 herangezogen werden und das positive Jahresergebnis per 30.6.2000 könnte für einen gewissen Erfolg
nach den Grundstücksverkäufen im Jahr 1999 sprechen.
Auch diese wirtschaftlichen Erfolge konnten jedoch nicht gehalten werden. Die positiven Betriebsergebnisse von
1996 bis 1998 waren überdies wiederum begleitet von einer neuen, erheblichen Ausweitung der Verschuldung (trotz
der Grundstücksverkäufe) von 716.701 DM am 1.7.1994 auf 1.023.099 DM per 1.7.1998. Das im Jahr 2000 erzielte
positive Betriebsergebnis von 20.900 DM kann nicht als eine ausreichende, die Existenzfähigkeit des Hofs
sichernde Grundlage gewertet werden bei in diesem Jahr bestehenden Verbindlichkeiten von 710.359 DM. Trotz der
weiteren, hier (noch) nicht zu würdigenden erheblichen Landverkäufe haben sich zudem in den Folgejahren wiederum
Verluste eingestellt (vgl. Übersicht im Ergänzungsgutachten vom 26.11.2002, Seite 6). In 17 Wirtschaftsjahren nach
Abschluss des Übertragungsvertrages sind durch den Antragsgegner mit dem Hof lediglich in sieben Jahren geringe
Gewinne erzielt worden, in den übrigen Jahren wurden jedoch teilweise erhebliche Verluste erwirtschaftet.
Wie der Sachverständige H...S...M.... in seinem Ergänzungsgutachten vom 26.11. 2002 ausgeführt hat, ist der
Betrieb des Antragsgegners auch in den letzten Jahren nur mit Substanzverlusten (Vermögensminderungen) geführt
worden, wobei der Sachverständige eine durchschnittliche jährliche Vermögensminderung von ca. 91.000 DM
errechnet hat. Ob die Jahresverluste und die durchschnittliche Vermögensminderung abweichend von den seitens
des Sachverständigen genannten Zahlen geringer anzusetzen sind, wie der Antragsgegner in seinem Schriftsatz
vom 2.1.2003 gelten macht, kann dahingestellt bleiben. Entscheidend ist, dass jedenfalls irgendein in den
Jahresergebnissen sich widerspiegelnder wirtschaftlicher Erfolg der Sanierungsbemühungen nicht festzustellen ist,
der Antragsgegner und seine Familie vielmehr weiterhin von der Substanz des Hofes leben und dieser
verwirtschaftet wird.
Für die Annahme des Sachverständigen, die Existenzfähigkeit des Hofes sei nicht gesichert, der Hof sei vielmehr
nicht lebensfähig, spricht auch der ständige Substanzverlust des Hofes, der durch die Grundstücksverkäufe
keineswegs gestoppt worden ist. Von ursprünglich 41,63 ha Eigenland sind ausweislich des vom Antragsgegner
vorgelegten „Betriebsvermögensverzeichnisses Grund und Boden“ zum 30.6.2002 (Anlage des Schriftsatzes des
Antragsgegners vom 30.10.2002) nur noch 9,95 ha übriggeblieben. Das in den Bilanzen ausgewiesene
Aktivvermögen des landwirtschaftlichen Betriebs hat sich von ursprünglich 1,8 Millionen DM per 1.7.1987
kontinuierlich auf insgesamt 867.189 DM zum 1.7.2002 reduziert. Aus den vorgelegten Jahresabschlüssen ergibt
sich außerdem, dass das Eigenkapital des Antragsgegners sich von ursprünglich 1.290.360 DM (1.7.1988) auf
693.512 DM (353.504 €) per 30. 6. 2002 vermindert hat. Der landwirtschaftliche Betrieb wird somit vom
Antragsgegner nach wie vor mit erheblichen Substanzverlusten geführt .
Eine andere Bewertung rechtfertigt sich auch nicht aufgrund des vom Antragsgegner in erster Instanz vorgelegten
Gutachtens des Sachverständigen Dr. W... vom 30. 3. 2001. Die von Dr. W... vorgenommene
Deckungsbeitragsrechnung beruht auf statistischen Standard oder Durchschnittswerten und geht teilweise von
Annahmen aus, die - soweit ersichtlich - im konkreten Fall nicht vorhanden bzw. nicht eingetreten
sind...................(wird näher ausgeführt).
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Nachabfindungsansprüche der Antragsteller gemäß § 13 HöfeO sind auch nicht durch das vom Erblasser am
6.4.1977 errichtete Testament und den darauf bezogenen Nachtrag vom 4.2.1982 ausgeschlossen.
Es mag dabei dahingestellt bleiben, ob und inwieweit ein solcher Ausschluss seitens des Erblassers überhaupt
möglich oder ob die Regelung in § 13 HöfeO zwingend ist und ob Regelungen des Erblassers zumindest im
unantastbaren Pflichtteilsrecht ihre Grenzen finden (für zwingendes Recht Wöhrmann/Stöcker, Das
Landwirtschaftserbrecht, 7. Aufl., § 13, Rdnr.130, vgl. aber auch Rdnr.131; für letzteres BGHZ 38, 110,115; OLG
Köln OLGR 2002, 281; Faßbender/Hötzel/Pikalo/v.Jeinsen, § 13 HöfeO, Rdnr.58; Lange/Wulff/LütdkeHandjery, § 13
HöfeO, Rdnr.83).
Da ein vollständiger oder teilweiser Ausschluss von Ergänzungsabfindungsansprüchen weitreichende Folgen hat und
im Grunde sich als Entzug eines Teils des Erbes darstellt, sind an einen Ausschluss oder eine Einschränkung der
Ergänzungsabfindungsansprüche strenge Anforderungen zu stellen und ist insoweit nach der Rechtsprechung des
Senats jedenfalls eine inhaltlich eindeutige, zweifelsfreie Erklärung des Erblassers erforderlich (vgl. OLG Oldenburg
RdL 1978, 215, 216; vgl. auch OLG Celle RdL 1961, 295; RdL 1964, 184, 186).
Eine solche auf Nachabfindungsansprüche bezogene Ausschlusserklärung lässt sich den genannten
testamentarischen Regelungen des verstorbenen Vaters der Beteiligten jedoch nicht entnehmen. Die im Testament
getroffene Feststellung des Erblassers, dass die Antragsteller abgefunden seien, bezieht sich lediglich auf
eventuelle Abfindungsansprüche nach § 12 HöfeO. Nach dem Wortlaut der genannten testamentarischen
Erklärungen sollte der Abfindungsanspruch auch nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden, sondern es ist
lediglich bestimmt worden, dass die als Hoferben nicht berücksichtigten Kinder bereits zu Lebzeiten das als
Abfindung erhalten haben, was sie nach dem Gesetz zu beanspruchen haben. Der Fall, dass der Hof nicht
zusammengehalten werden kann, sondern vom Hofnachfolger (in erheblichem Umfang) Grundstücke verkauft
werden, wird in den genannten beiden Testamenten des Erblassers gar nicht angesprochen und wird danach von den
testamentarischen Regelungen gar nicht erfasst. Von einer eindeutigen, zweifelsfreien Erklärung über einen
Ausschluss oder eine Einschränkung der Ergänzungsabfindungsansprüche, wie sie entsprechend den obigen
Ausführungen erforderlich wäre, kann danach keine Rede sein, und ein entsprechender Ausschluss oder auch nur
ein teilweise Ausschluss von Ergänzungsabfindungsansprüchen kann danach im vorliegenden Fall bereits nach dem
Inhalt des Testaments nicht angenommen werden.
Bei der Berechnung der danach bestehenden Abfindungsansprüche der Antragsteller ist von den durch die Verkäufe
erzielten Erlösen auszugehen.
Hiervon abzusetzen sind nach § 13 Abs. 5 S. 1 HöfeO die bei der Veräußerung angefallenen öffentlichen Abgaben
und mit der Veräußerung verbundenen Aufwendungen, deren Absetzung jedenfalls nach § 13 Abs. 5 S. 4 HöfeO der
Billigkeit entspricht............(wird näher ausgeführt).
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Abzusetzen sind weiterhin anteilig die im Zeitpunkt des Erbfalls bzw. bei Übertragung des Hofs vorhandenen
Verbindlichkeiten.
Der Antragsgegner hatte im Übertragungsvertrag Grundpfandrechte von nominell 543.000 DM mit den zugrunde
liegenden persönlichen Verbindlichkeiten übernommen und sich verpflichtet, den Erblasser (und seine Mutter) von
den entsprechenden schuldrechtlichen Zahlungsverpflichtungen freizustellen.
Die auf dem Hof ruhenden Hypotheken und Grundschulden (sowie die zugrunde liegenden Verbindlichkeiten) hatte
der Antragsgegner jedenfalls auch nach § 15 Abs.2, Abs.3 HöfeO zu übernehmen.
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Da die mit dem Hof verbundenen Verbindlichkeiten nicht allein den veräußerten Grundstücken zuzuordnen sind,
sondern dem gesamten Hof, erscheint nur ein anteiliger Abzug gerechtfertigt (vgl. BGH AgrarR 1986, 319, 322; OLG
Celle AgrarR 1991, 248, 249; RdL 1975, 163, 164 f.; Hartwig, Die Berücksichtigung der Nachlassverbindlichkeiten bei
der Abfindung und Ergänzungsabfindung weichender Erben, 1997, S. 141 ff)
Der auf die jeweils veräußerten Grundstücke entfallende Anteil der Verbindlichkeit ist in der Weise zu bestimmen,
dass der den Grundstücken zuzuordnende Einheitswert ins Verhältnis zum Einheitswert des gesamten Hofes
gesetzt wird (vgl. OLG Celle AgrarR 1991, 248, 249; RdL 1975, 163, 164 f.; Hartwig, a.a.O.); dabei ist der auf die
gesamten Grundstücke des Hofs entfallende Einheitswert als entscheidende Bezugsgröße zu berücksichtigen.
Die Bestimmung des maßgebenden, auf das jeweilige Grundstück entfallenden Anteils der anzurechnenden
Schulden anhand der Einheitswerte erscheint – obwohl die Einheitswerte die tatsächlichen Werte bekanntermaßen
erheblich unterschreiten – gerechtfertigt und sachgerecht, weil die Einheitswerte jedenfalls die Wertrelation der
Grundflächen untereinander, damit auch des veräußerten Teils des Hofes zum verbliebenen Rest hinreichend
abbilden und es auf diese Wertrelation gerade entscheidend ankommt.
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Anteilsmäßig mit den oben genannten Prozentsätzen zu berücksichtigen sind auch die von den Antragstellern
bereits erhaltenen Abfindungen und Vorausabfindungen (vgl. BGH AgrarR 1986, 319, 322;
Faßbender/Hötzel/Pikalo/v.Jeinsen, HöfeO., 3. Aufl., § 13, Rdnr. 43; Hartwig, a.a.O.).
Abfindungen gemäß § 12 HöfeO haben die Antragsteller nach Eintritt des Erbfalls bzw. nach der Hofübertragung auf
den Antragsgegner nicht erhalten. Insoweit kann eine Anrechnung nicht in Betracht kommen.
Hinsichtlich vorliegender Vorempfänge ist im Rahmen des § 13 Abs. 1 S. 2 HöfeO bei der Berechnung der Abfindung
bei Teilveräußerungen eine Ausgleichung nach den §§ 2050, 2055 BGB nicht vorzunehmen (vgl.
Faßbender/Hötzel/v.Jeinsen/Pikalo, § 13 HöfeO, Rdnr. 47; WöhrmannStöcker, 13 HöfeO, Rdnr. 115). Die
Ausgleichung ist nämlich Teil der Auseinandersetzung des (gesamten) Nachlasses durch die Miterben. § 13 HöfeO
in der geltenden Fassung fingiert jedoch abweichend vom früheren Recht (vgl. § 13 HöfeO in der Fassung vom
24.4.1947) keine auf den Hoferbfall zurückbezogene Erbauseinandersetzung, sondern enthält lediglich eine auf die
Teilveräußerung beschränkte Abfindungsregelung.
§ 12 Abs. 4 HöfeO ordnet jedoch die Anrechnung auch der Zuwendungen an, die der Miterbe oder
Pflichtteilsberechtigte vom Erblasser unter Lebenden als Abfindung aus dem Hof erhalten hat. Die anteilige
Anrechnung solcher noch zu Lebzeiten des Erblassers erhaltenen Abfindungsleistungen ist auch bei
Nachabfindungsansprüchen nach § 13 HöfeO vorzunehmen (vgl. OLG Hamm AgrarR 1984, 134, 135; OLG Celle RdL
1964, 214, 215; Faßbender/Hötzel/Pikalo/v.Jeinsen, a.a.O.; Lange/Wulf/LüdtkeHandjery, § 13 HöfeO, Rdnr. 32 a.E.;
Wöhrmann/Stöcker, §13 HöfeO, Rdnr. 116).
Es muss sich dabei um Zuwendungen handeln, die „aus dem Hof“ erbracht worden sind, wozu es ausreicht, dass sie
nach den vorhandenen Umständen aus dem aus dem Hof erwirtschafteten Vermögen stammen (vgl.
Lange/Wulff/LüdtkeHandjery, § 12 HöfeO, Rdnr. 72).........
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Bei den danach anzurechnenden Vorempfängen ist der Kaufkraftschwund zu berücksichtigen, und um die Relation
zu dem durch die Verkäufe erzielten Kaufpreis herzustellen ist der Wert der Zuwendungen aufgrund des vom
Statistischen Bundesamt ermittelten Lebenshaltungskostenindex auf den Zeitpunkt der einzelnen Verkäufe
hochzurechnen (vgl. dazu Wöhrmann/Stöcker, § 12 HöfeO, Rdnr. 70, für auszugleichende und anzurechnende
Zuwendungen im Rahmen des § 12 HöfeO).
Dabei ist hier der Jahrespreisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in langjähriger Übersicht für das
frühere Bundesgebiet - Basisjahr 1995 zugrunde gelegt worden (abgedruckt bei Palandt/Brudermüller, BGB, 62. Aufl,
§ 1376, Rdnr.29). ...(von der Wiedergabe der Berechnungen wird abgesehen).
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Dr. ..... ....... Dr. .........