Urteil des OLG Oldenburg vom 17.12.1998
OLG Oldenburg: parzellenweise verpachtung, hof, zustand, inventar, auflösung, wiederherstellung, wohngebäude, beendigung, bewirtschaftung, liegenschaft
Gericht:
OLG Oldenburg, 10. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluß, 10 W 2/98
Datum:
17.12.1998
Sachgebiet:
Normen:
HÖFEO § 1 ABS 1
Leitsatz:
Eine landwirtschaftliche Besitzung verliert die Hofeigenschaft nicht schon, wenn sie nur unrentabel
bewirtschaftet wird sondern erst, wenn sie keine Betriebseinheit mehr bildet.
Volltext:
Allerdings kann auch ohne Löschung des Hofvermerkes ein Hof die Hofeigenschaft verlieren, wenn die
wirtschaftliche Betriebseinheit aufgelöst wird (BGH Agrarrecht 95, 235). Die Auflösung der "Betriebseinheit" ist
anhand einzelner Indizien festzustellen, die dann einer Gesamtwürdigung zu unterziehen sind. Indizien können unter
anderem sein: Der Wegfall einer geeigneten Hofstelle, der Zustand der Wirtschaftsgebäude, die Wiederherstellbarkeit
der Hofstelle aus Erträgen des Hofes unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten, das Fehlen von Inventar oder
die langfristige parzellenweise Verpachtung der Ländereien.Zu einer Auflösung der Betriebseinheit ist es bei
Beachtung dieser Kriterien im vorliegenden Fall nicht gekommen.
Auch nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. H... kann nicht davon ausgegangen werden, daß etwa eine
geeignete Hofstelle weggefallen sei. Die in diesem Gutachten enthaltenen Lichtbilder zeigen, daß sich die Gebäude
in einem vergleichsweise guten äußerlichen Zustand befinden, auch wenn man berücksichtigt, daß das Dach auf
dem Stallgebäude erst nach dem Erbfall erneuert worden ist. Rechtlich unerheblich ist insoweit, daß unter
betriebsorganisatorischen Gesichtspunkten
die räumliche Aufteilung und der Zuschnitt der Hofstelle nicht modernen Anforderungen entspricht. Entscheidend ist
vielmehr, daß eine als Hofstelle brauchbare Liegenschaft bestehend aus Wohn und
Wirtschaftsgebäuden vorhanden ist. Brauchbare (wenn auch möglicherweise nicht optimale) Wirtschaftsgebäude
beschreibt aber auch das Gutachten Dr. Heidrich. Daß das Wohngebäude in brauchbarem Zustand ist, steht außer
Streit. Es sind deshalb im vorliegenden Fall - anders als in dem der Entscheidung des BGH a.a.O. - für die
Wiederherstellung der Hofstelle aus den Erträgen des Hofes keine erheblichen Mittel erforderlich.
Das zur Zeit zum größten Teil fehlende Inventar kann, soweit erforderlich, aus den bis zur Beendigung der Pachten
einlaufenden Pachteinnahmen beschafft werden.
Die Verpachtungen im vorliegenden Fall als solche sind nicht so langfristig, daß sie rechtlich erheblichen Einfluß
darauf haben könnten, daß die Betriebseinheit auf Dauer verloren gegangen sein könnte, denn bereits im Jahr 2002
kann eine einheitliche Bewirtschaftung wieder erfolgen.
Nur von untergeordneter rechtlicher Bedeutung ist der von dem Antragsteller im Anschluß an das Gutachten des
Sachverständigen Dr. H... vorgetragene Umstand, daß Bedenken bestehen, ob der Hof auch unter
betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll bewirtschaftet werden kann. Denn eine landwirtschaftliche
Besitzung verliert die Hofeigenschaft nicht schon, wenn sie nur unrentabel bewirtschaftet wird sondern erst, wenn sie
keine Betriebseinheit mehr bildet. Die Frage der
Betriebseinheit ist aber völlig unabhängig von der Frage der Rentabilität zu beantworten, denn auch ein Betrieb, der -
aus welchen Gründen auch immer - keinen Gewinn abwirft, kann durchaus ein Hof sein.
Die Gesamtwürdigung aller Umstände hat daher zum Ergebnis, daß der hier betroffene Grundbesitz im Zeitpunkt des
Erbfalls ein Hof im Sinne der Höfeordnung war. Der Feststellungsantrag des Antragsteller ist demnach unbegründet.