Urteil des OLG Oldenburg vom 31.01.2002

OLG Oldenburg: heilpraktiker, berufliche tätigkeit, kurs, qualifikation, diskriminierung, anerkennung, zusammenarbeit, auflage, abrechnung, kartellrecht

Gericht:
OLG Oldenburg, 08. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 8 U 189/01
Datum:
31.01.2002
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 826, GWB § 20 Abs. 6
Leitsatz:
Es stellt keine unzulässige Diskriminierung eines Heilpraktikers dar, wenn ein Verein, der Zertifikate
für sog. "Asthmatrainer" erteilt, aus grundsätzlichen Erwägungen Heilpraktikern das Zertifikat nicht
erteilt, sondern dieses Heilberufen mit einem staatlichen Abschluss im Sinne der Schulmedizin
vorbehält
Volltext:
Die Berufung des Klägers gegen das am 27. Juli 2001 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 11. Zivilkammer des
Landgerichts Osnabrück wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer übersteigt nicht 20.000,00 €.
Entscheidungsgründe
Die form und fristgerecht eingelegte und begründete, mithin zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Anerkennung als Asthmatrainer und auf Aushändigung
eines entsprechenden Trainerzertifikates.
1. Zunächst begründet allein die erfolgreiche Teilnahme an dem Kurs „Qualifikation zum Asthmatrainer“ keinen
Anspruch auf die Erteilung eines Trainerzertifikates, und das unabhängig davon, welche vertraglichen oder sonstigen
Beziehungen zwischen den Teilnehmern, den Veranstaltern der Kurse und dem Beklagten bestehen. Zwar dient die
Teilnahme an einem solchen Kurs ausweislich des Anmeldeformulars grundsätzlich der Erlangung der Qualifikation
zum Asthmatrainer; nicht der Veranstalter des Kurses, mag dieser auch personell mit dem Beklagten verflochten
sein, sondern dieser selbst entscheidet dann aber eigenständig aufgrund seiner Satzungsbestimmungen über die
Anerkennung als Asthmatrainer und die Erteilung eines Trainerzertifikats. Die in dem Anmeldeformular
wiedergegebenen Inhalte der Trainerausbildung orientieren sich zwar an dem Curriculum der Beklagten und erwähnen
auch das von dieser vergebene Zertifikat; dem Formular läßt sich jedoch nicht entnehmen, daß die erfolgreiche
Teilnahme an einem Kursautomatisch die Anerkennung und Zertifizierung als Asthmatrainer zur Folge hat. Zu
berücksichtigen ist weiter, daß sich das Kursangebot jedenfalls nicht ausdrücklich an Heilpraktiker wie den Kläger
richtet; als „nichtmedizinische AsthmatrainerInnen“ werden z. B. „ArzthelferInnen, Kinderkrankenschwestern,
KrankengymnastInnen und PsychologInnen“ genannt.
Dem Kläger war bekannt, daß er als Heilpraktiker trotz einer erfolgreichen Teilnahme an dem Kurs nicht ohne
weiteres das erstrebte Trainerzertifikat erhalten würde. Das folgt aus der erstinstanzlichen Anhörung der Parteien
durch die Einzelrichterin. Unstreitig ist er zu Beginn des Kurses darauf hingewiesen worden, daß es für ihn als
Heilpraktiker schwierig sein könnte, das Trainerzertifikat zu erhalten. Daß ihm sodann die weitere Teilnahme an dem
Kurs gestattet wurde und er aufgrund seiner Fachkenntnisse die Trainerausbildung zusammen mit den daran
teilnehmenden Ärzten absolvierte, ändert daran nichts. Denn es war zu diesem Zeitpunkt klar, daß erst später über
die Erteilung des Trainerzertifikats entschieden werden würde, und zwar durch den Beklagten. Das folgt auch aus
dem von dem stellvertretenden Vorsitzenden des Beklagten bei seiner Parteianhörung geschilderten Umstand, daß
die damalige Fortbildung die erste war, an der neben dem Kläger mehrere Heilpraktiker teilnehmen wollten. Regeln
über die Vergabe von Trainerzertifikaten an Heilpraktiker gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht; die Möglichkeit,
„anderen Berufsgruppen“ unter bestimmten Voraussetzungen und nach einer Einzelfallprüfung das Trainerzertifikat
zu verleihen (so Ziff. 8 der Bestimmungen betr. Asthmatrainer und Zertifikat) ist erst später in den Richtlinien des
Beklagten verankert worden. Jedenfalls bestand auch aus der Sicht des Klägers Klarheit darüber, daß der Beklagte
sich die Entscheidung über die Erteilung eines Trainerzertifikats vorbehalten wollte. Ähnliches ergibt sich aus dem
Schreiben des Beklagten an den Kläger vom 21. Februar 20000.
2. Auch ein gesetzlicher Anspruch aus den §§ 826, 138, 249 BGB, 20 Abs. 6 GWB auf Erteilung eines
Trainerzertifikates besteht nicht.
Zwar mag es, weil die Qualifikation zum Asthmatrainer ersichtlich neben beruflicher auch wirtschaftliche Bedeutung
(im Hinblick auf die Möglichkeit zur Abrechnung von Leistungen der Asthmaschulung gegenüber den
Krankenkassen) besitzt, noch möglich sein, den Beklagten als Berufsvereinigung oder Gütezeichengemeinschaft
(vgl. dazu Bechthold, GWB, 2. Auflage, § 20 Rn. 68 ff., 75 ff.) zu qualifizieren. Für die Entscheidung kann weiter als
möglich davon ausgegangen werden, daß der Beklagte ein im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich
„sozialmächtiger“ Verband (vgl. dazu Emmerich, Kartellrecht, 9. Auflage, § 21) ist, der im Bereich der
Asthmaschulung eine überragende Machtstellung besitzt, und daß die Erteilung des Trainerzertifikats für die auf dem
Gebiet der Asthmaschulung tätigen Personen von grundlegender Bedeutung ist. Es fehlt aber auf jeden Fall an einer
Diskriminierung, d. h., einer unterschiedlichen Behandlung gleichartiger Sachverhalte. Die Ablehnung der Erteilung
eines Trainerzertifikatsist keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers im Verhältnis zu
anderen auf dem Gebiet der Asthmaschulung tätigen Personen.
Ein Anspruch des Klägers bestünde dann, wenn die Vergabepraxis des Beklagten bei Abwägung der beiderseitigen
Interessen nicht diskriminierungsfrei wäre. Das kann auf der Grundlage des Vorbringens der Parteien nicht
festgestellt werden. Der Kläger nahm an einem Kurs in der zweiten Jahreshälfte 1998 teil. Heilpraktiker waren zu
diesem Zeitpunkt nicht Adressaten des Fortbildungsangebotes. Offenbar hatten sich bis zum damaligen Zeitpunkt
auch Heilpraktiker nicht für die Teilnahme an den Kursen angemeldet. Eine Vergabepraxis in Bezug auf Heilpraktiker
kann damit nicht festgestellt werden. Auf die zeitlich nachfolgenden Vorstandsbeschlüsse vom 13. September
1999/20. Februar 2000 kann sich der Kläger deshalb ebenfalls nicht berufen, abgesehen davon, daß sich der
Beklagte bei „anderen Berufsgruppen“ nach Ziffer 8 vorbehalten hat, hinsichtlich der Trainerzertifikation eine
Einzelfallentscheidung zu treffen, die ausweislich des Schreibens des Beklagten vom 21. Februar 2000 im Fall des
Klägers ohne ersichtliche Diskriminierung negativ ausgefallen ist.
Der Beklagte hat zudem sachliche Gründe dafür dargelegt, daß und warum sie Heilpraktiker – unabhängig von deren
beruflicher Qualifikation im Einzelfall - als Asthmatrainer nicht anerkennt. Heilpraktiker, deren Ausbildung nicht
einheitlich geregelt ist und die nicht über einen staatlichen Berufsabschluß verfügen, besitzen hinsichtlich der
Tätigkeit als Asthmatrainer nicht die Voraussetzungen, wie sie Ärzte und die weiteren in den Vorstandsbeschlüssen
vom 13. September 1999 / 20. Februar 2000 genannten Berufsgruppen, die sämtlich über einen staatlichen
Berufsabschluß verfügen, mitbringen. Der Beklagte betreibt die Qualitätssicherung in der Asthmaschulung auf der
Grundlage der Schulmedizin. Die berufliche Tätigkeit der Heilpraktiker beruht naturgemäß nicht auf dieser
medizinischen Grundlage. Wenn der Beklagte aus diesem Grund Heilpraktiker nicht als Asthmatrainer anerkennt, so
liegt darin keine berufsspezifische Diskriminierung; dem – privatrechtlich organisierten und tätigen - Beklagten bleibt
es unbenommen, die Voraussetzungen für die Erteilung von Trainerzertifikaten auf der Grundlage der Schulmedizin
zu definieren. Es kommt hinzu, daß die Zusammenarbeit von Ärzten und Heilpraktikern in einem Schulungsteam
seitens der mitwirkenden Ärzte berufsrechtliche Probleme aufwirft. Das folgt aus § 30 der Musterberufsordnung der
Deutschen Ärzte (MBO). Die Stellung des Arztes im Gesundheitswesen und seine Verantwortlichkeit gegenüber dem
Patienten schließen aus berufsrechtlicher Sicht die Zusammenarbeit mit Heilpraktikern weitgehend aus. Heilpraktiker
und Ärzte erfüllen unterschiedliche Anforderungsprofile; Heilpraktikereigenschaft und Approbation gelten deshalb als
nicht vereinbar (vgl. Ratzel/Lippert, Kommentar zur MBO, 2. Aufl., § 30 RdNr. 1, 3). Eine Zusammenarbeit ist Ärzten
nur mit den in § 30 Abs. 1 S. 2 MBO genannten Dritten unproblematisch möglich. Nur an die dort genannten
medizinischen Assistenzberufe richtet sich im übrigen auch das Kursangebot der Asthmaakademien. Aus der
Zulassung von Heilpraktikern als Asthmatrainern und deren Mitwirkung in Schulungsteams können, worauf sich der
Beklagte weiterhin beruft, Schwierigkeiten bei der Abrechnung von Leistungen der Asthmaschulung gegenüber den
Krankenkassen resultieren.
(...)