Urteil des OLG Oldenburg vom 23.11.1994

OLG Oldenburg: kanalisation, rohrleitung, hinweispflicht, treuepflicht, vertragsverletzung, ausnahme, verdacht, bauherr, ausführung, handbuch

Gericht:
OLG Oldenburg, 02. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 2 U 179/94
Datum:
23.11.1994
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 278
Leitsatz:
Keine Pflicht des Fachunternehmers zur Beobachtung oder Überprüfung der nachfolgenden
Bauleistung des nicht fachkundigen Bauherrn oder zur vorsorglichen Beratung (hier: Nichteinbau einer
Rückstausicherung).
Volltext:
Oberlandesgericht Oldenburg
Geschäftsnummer:
2 U 179/94
5 O 407/93 LG Aurich
Verkündet am
23.November 1994
gez. ..., JAe.
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
des J...,
Beklagten und Berufungsklägers,
- Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
gegen
die Firma F... GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer...,
Klägerin und Berufungsbeklagte,
- Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
hat der 2.Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 23.November 1994
durch die Richter ..., ... und ...
für Recht erkannt:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 20.
Juli 1994 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer des Beklagten beträgt 26.751,80 DM.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 26.751,80 DM festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat zurecht die Aufrechnung des
Beklagten gegen den unbestrittenen Klageanspruch für unbegründet angesehen.
Das Landgericht hat einen Schadensersatzanspruch des Beklagten gegen die Kläge-rin verneint, weil diese weder
von dem Beklagten beauftragt war, über die Verlegung der Rohrleitung bis an die Außenwand des Kellers hinaus
auch den Hausanschluß herzustellen, noch die Rohrleitung fehlerhaft an die öffentliche Kanalisation ange-schlossen
hat. Die Ausführungen dazu, denen sich der Senat im übrigen nach § 543 Abs. 1 ZPO anschließt, werden von der
Berufung nicht angegriffen.
Mit der Berufung wird allein geltend gemacht, daß die Klägerin dem Beklagten scha-densersatzpflichtig sei, weil sie
den Beklagten nicht auf die Notwendigkeit hingewie-sen habe, in das von ihm selbst hergestellte Anschlußstück an
das von der Klägerin nur bis zum Haus geführten Leitungsrohr eine Rückstausicherung einzubauen. Eine solche
Hinweispflicht der Klägerin bestand indes nicht.
Zwar ergibt sich aus dem in § 242 BGB niedergelegten Grundsatz von Treu und Glau-ben für den Auftragnehmer
eines Werkvertrags die allgemeine vertragliche Neben-pflicht, im zumutbaren Rahmen alles zu unternehmen, um den
Erfolg des Vertrags sicherzustellen und den Auftraggeber vor Schäden zu bewahren (BGH BauR 1983, 70, 72; Merl
in: Handbuch des privaten Baurechts, § 12 Rn. 49); eine Verletzung dieser Pflicht löst Schadensersatzansprüche
wegen positiver Vertragsverletzung aus (BGH a.a.O.). Dies bedeutet jedoch nicht, daß dem Auftragnehmer eine
allgemeine und um-fassende Prüfungs- und Hinweispflicht obliegt. In aller Regel gebietet die Leistungs-treuepflicht
nur die Überprüfung der Vorarbeiten anderer Baubeteiligter auf ihre Eig-nung als Grundlage für die eigene Leistung
(so ausdrücklich § 4 Nr. 3 VOB/B für den VOB-Vertrag), nicht jedoch die Beobachtung nachfolgender Arbeiten; der
Auftrag-nehmer darf sich grundsätzlich darauf verlassen, daß seine Nachunternehmer oder auch der in Eigenregie
tätige Auftraggeber selbst die für die Nachfolgearbeiten erfor-derlichen Kenntnisse haben und die anerkannten
Regeln der Bautechnik beachten (BGH BauR 1970, 57, 58; BauR 1975, 341, 342). Eine Ausnahme gilt nur dort, wo
kon-krete Anhaltspunkte dafür bestehen, daß diese Kenntnisse fehlen und die nachfol-genden Arbeiten fehlerhaft
ausgeführt werden (BGH BauR 1983, 70, 72 ; OLG Köln BauR 1990, 729, 730); dann muß der Auftragnehmer den
Auftraggeber auf diese Tat-bestände hinweisen, um ihn vor vermeidbaren Schäden zu bewahren (BGH BauR 1970,
57, 58; BauR 1975, 354, 355).
Vorliegend wußten die Hilfspersonen der Klägerin, die die Arbeiten bei dem Beklagten durchführten und deren
Kenntnisse sich die Klägerin über § 278 BGB zurechnen las-sen muß, zwar, daß der Beklagte die häuslichen
Installationen selbst an das von ih-nen verlegte Leitungsrohr zur öffentlichen Kanalisation anschließen wollte.
Insoweit sind die Aussagen der Zeugen W... und R... eindeutig. Es ist jedoch weder vorgetra-gen noch aus den
Zeugenaussagen zu entnehmen, aus welchen konkreten Umstän-den sich für die Zeugen ergeben haben sollte, daß
der Beklagte diese Arbeiten nicht sachgerecht ausführen würde. Es ist ebenfalls weder vorgetragen noch sonst er-
sichtlich, weshalb sich den Angestellten der Klägerin beim späteren Verfüllen des Lei-tungsrohrgrabens der Verdacht
hätte aufdrängen sollen, der Beklagte habe den Ein-bau einer Rückstausicherung vergessen. Sie durften deshalb
darauf vertrauen, daß der Beklagte den Hausanschluß nach den anerkannten Regeln der Technik vorge-nommen
hatte.
Keineswegs war die Klägerin nach § 242 BGB zur Überprüfung des Hausanschlusses verpflichtet, weil der Beklagte
den Hausanschluß selbst ohne Einschaltung einer Fachfirma hergestellt hatte. Wird vom Bauherrn für bestimmte
Gewerke kein Fachbe-trieb beauftragt, sondern führt er diese Gewerke selbst aus, trägt er auch grundsätz-lich selbst
das sich daraus ergebende Risiko der nicht fachmännischen Ausführung (so für die sich aus der fehlenden
Einschaltung eines Architekten ergebenden Risi-ken: OLG Köln BauR 1990, 729, 730). Der Pflichtenkreis der übrigen
Handwerker wird dadurch nicht erweitert. Der Bauherr kann eigene Fehlleistungen nicht auf diese ab-wälzen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 713, 546, 25 GKG.
gez. ... ... ...