Urteil des OLG Oldenburg vom 09.07.2009

OLG Oldenburg: rechtskraft, hof, verfahrensgegenstand, berechtigter, tod, anwartschaft, beteiligter, erblasser, ausnahmefall, beschränkung

Gericht:
OLG Oldenburg, 10. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 10 W 21/09
Datum:
09.07.2009
Sachgebiet:
Normen:
HöfeVfO § 11, HöfeVfO § 12
Leitsatz:
1. Eine Entscheidung über die Feststellung eines Hoferben oder einer hoferbrechtlichen Anwartschaft
nach § 11 g), h) HöfeVfO schließt die Feststellung eines Hofes im Sinne der HöfeO ein. Reichweite
und Grenzen der materiellen Rechtskraft der Feststellungsentscheidung werden hier wesentlich durch
§ 12 HöfeVfO bestimmt.
Es kann von den Beteiligten des Feststellungsverfahrens in einem späteren Verfahren nicht geltend
gemacht werden, dass zu dem Zeitpunkt, auf den sich die damalige Feststellung bezogen hat, kein
Hof im Sinne der HöfeO vorgelegen hat. Es gilt insoweit § 12 Abs. 1 HöfeVfO, wonach diejenigen, die
sich an dem früheren Verfahren beteiligt hatten oder von dem Verfahren benachrichtigt worden waren,
einen neuen Antrag nicht auf Tatsachen gründen können, die in dem früheren Verfahren geltend
gemacht worden sind oder von ihnen dort hätten geltend gemacht werden können.
2. Muss ein am früheren Feststellungsverfahren Beteiligter die damalige Feststellung gegen sich
gelten lassen und ist er mit neuem Vorbringen nach § 12 Abs. 1 HöfeVfO ausgeschlossen, kann auch
ein berechtigter Grund für eine nochmalige Nachprüfung gemäß § 12 Abs. 2 HöfeVfO nicht
angenommen werden.
Volltext:
OBERLANDESGERICHT OLDENBURG
B e s c h l u s s
10 W 21/09
5 Lw 140/08 Amtsgericht Cloppenburg
In der Landwirtschaftssache
betreffend die im Grundbuch von … Blatt … und … als Hof eingetragene Besitzung
Beteiligte:
1. C… N…, geb. G…, …
Antragstellerin und Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwalt …
2. H… G…, …
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwälte …
3. M… R…, geb. G…, …
4. M… W…, geb. G… …
5. H… B…, geb. G…, …
hat der 10. Zivilsenat - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg
durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts … und die Richter am Oberlandesgericht … und …
sowie die Landwirte … und … als ehrenamtliche Richter
am 9. Juli 2009
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts -
Cloppenburg vom 17.4.2009 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1 trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen außergerichtlichen
Kosten der Beteiligten zu 2 und 3.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 52.973 € festgesetzt.
G r ü n d e
I.
Die Beteiligten streiten um die Hofeigenschaft der im Beschlusseingang genannten Besitzung im Zeitpunkt des
Todes ihres Vaters.
Eigentümerin des genannten Grundbesitzes war zunächst die am 30.7.2005 verstorbene Mutter der Beteiligten. In
einem landwirtschaftlichen Feststellungsverfahren nach § 11 Abs. 1 lit. g) HöfeVfO hatte das Amtsgericht -
Landwirtschaftsgericht - Cloppenburg mit rechtskräftig gewordenem Beschluss vom 18.6.2006 festgestellt, dass der
Vater der Beteiligten H… G… sen., geboren am …, Hoferbe hinsichtlich der genannten Besitzung nach dem Tod
seiner Ehefrau geworden war (vgl. dazu Beschluss des AG Cloppenburg vom 18.6.2006, 5 Lw 202/05. Beschluss
des OLG Oldenburg vom 12.10.2006, 10 W 18/06. Beschluss des BGH vom 27.4.2007, BLw 28/06).
Nachdem die Hoferbenstellung des Vaters der Beteiligten festgestellt worden war, hatte der Beteiligte zu 2 ein
weiteres Feststellungsverfahren angestrengt, mit dem er unter anderem die Feststellung begehrte, dass er, der
Beteiligte zu 2, formlos bindend zum Hoferben des Hofes seines Vaters bestimmt worden sei. An diesem
Feststellungsverfahren wurden die Beteiligten zu 1, 3 bis 5 jeweils förmlich beteiligt. Die genannten Beteiligten
erklärten sich in diesem Feststellungsverfahren auch zur Sache.
Das Landwirtschaftsgericht gab letztlich dem dargestellten Antrag des Beteiligten zu 2 statt und traf die
entsprechende Feststellung einer hoferbrechtlichen Stellung des Beteiligten zu 2. Weitere Anträge des Beteiligten zu
2 wies das Landwirtschaftsgericht zurück. Gegen diese Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts legten sowohl der
Beteiligte zu 2 als damaliger Antragsteller als auch der inzwischen verstorbene Vater der Beteiligten sofortige
Beschwerde ein. die Beteiligte zu 1 schloss sich mit einer Anschlussbeschwerde der Beschwerde ihres Vaters an.
Kurz vor seinem Tod (am 1.4. 2008) nahm der Vater der Beteiligten mit einem am 17.3.2008 beim Oberlandesgericht
eingegangenen Schreiben seine sofortige Beschwerde zurück. Die noch anhängige sofortige Beschwerde des
Beteiligten zu 2, mit der der erstinstanzliche Antrag auf eine noch weitergehende Feststellung und ein Antrag auf
Eintragung einer Vormerkung verfolgt wurden, wies der Senat mit Beschluss vom 24.4.2008 (10 W 50/07) zurück.
Nach dem Tod des Vaters der Beteiligten hat der Beteiligte zu 2 die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses aufgrund
gesetzlicher Hoferbfolge beantragt, das ihn als Hoferbe der im Beschlusseingang genannten Besitzung ausweist.
Die Beteiligte zu 1 hat daraufhin ein neues Feststellungsverfahren eingeleitet, in dem sie festgestellt haben will,
dass die im Beschlusseingang genannte Besitzung im Zeitpunkt des Todes des Vaters der Beteiligten kein Hof mehr
im Sinne der HöfeO war.
Sie hat dazu die Auffassung vertreten, dass hier trotz Eintragung des Hofvermerks ein Hof nicht mehr vorgelegen
habe, weil die Hofeigenschaft wegen dauerhaften Wegfalls der landwirtschaftlichen Betriebseinheit entfallen sei. (…)
Der Beteiligte zu 2 hat die Zurückweisung des Feststellungsantrags der Beteiligten zu 1 beantragt.
Er hat sich darauf berufen, dass die Hofeigenschaft des hier relevanten Grundbesitzes durch das vorausgegangene
Feststellungsverfahren zum Aktenzeichen 5 Lw 217/06 bereits rechtskräftig festgestellt worden sei. (…)
Das Landwirtschaftsgericht hat nach zunächst erfolgter Beweisaufnahme den Feststellungsantrag der Beteiligten zu
1 als unzulässig zurückgewiesen, weil das vorausgegangene Feststellungsverfahren einem erneuten
Feststellungsverfahren mit dem Antrag, den Wegfall der Hofeigenschaft festzustellen, entgegenstehe.
(…)
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beteiligte zu 1 mit der sofortigen Beschwerde.
(…)
II.
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist nach § 22 LwVG zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet. Das Landwirtschaftsgericht hat den Feststellungsantrag der Beteiligten zu 1 zu Recht
als unzulässig zurückgewiesen.
1. Die in dem Verfahren 5 Lw 217/06 rechtskräftig getroffene Feststellung, dass der Beteiligte zu 2 aufgrund formlos
bindender Hofübergabe als Hoferbe der hier relevanten Besitzung bestimmt ist, schloss denknotwendig die
Feststellung ein, dass noch ein Hof vorhanden war. Wenn kein Hof mehr im Sinne der HöfeO vorlag, war eine
hoferbenrechtliche Stellung des Beteiligten zu 2 zwingend ausgeschlossen. Ein hoferbenrechtliche Anwartschaft ist
nicht denkbar ohne Hof.
Es geht hier auch nicht um eine lediglich präjudizielle Rechtsfrage, die für die getroffene Entscheidung in bestimmter
Weise zu beantworten war, jedoch nicht zum Inhalt des Streitgegenstandes bzw. Verfahrensgegenstandes gehörte.
Solche nur präjudiziellen Rechtsfragen können - wie aus dem Zivilprozess geläufig ist - in einem späteren Verfahren
abweichend entschieden werden. Hier wurde der Verfahrensgegenstand durch einen auf eine bestimmte Rechtsfrage
bezogenen Feststellungsantrag und den dazu vorgetragenen Sachverhalt bestimmt. Dass hier ein Hof im Sinne der
HöfeO vorlag, wurde unmittelbar durch den Feststellungsantrag, der Verfahrensgegenstand des früheren Verfahrens
war, zwingend eingeschlossen. Zwar ging der Feststellungsantrag, über den im vorausgegangenen Verfahren formell
und materiell rechtskräftig entschieden worden ist, über die darin vorausgesetzte Hofeigenschaft der
landwirtschaftlichen Besitzung hinaus und schloss - was sicherlich den Schwerpunkt des damaligen
Feststellungsbegehrens ausmachte - die Feststellung ein, dass hinsichtlich des vorhandenen Hofs der Beteiligte zu
2 eine aus § 6 Abs. 1, 7 Abs. 2 HöfeO folgende relativ gesicherte Stellung eines künftigen Hoferben inne hatte, die
ihm der Erblasser nur noch unter engen Voraussetzungen entziehen konnte. Die vom Landwirtschaftsgericht in dem
vorausgegangenen Verfahren getroffene (bindende) Feststellung ging danach in der Reichweite deutlich über die
implizierte Feststellung eines noch vorhandenen Hofes im Sinne der HöfeO hinaus, schloss diese aber unzweifelhaft
ein.
2. Entsprechendes gilt im übrigen auch für das erste vorausgegangene Verfahren 5 Lw 202/05 AG Cloppenburg, an
dem damals ebenfalls alle hier Verfahrensbeteiligten beteiligt worden waren und in dem der nunmehr verstorbene
Vater der Beteiligten als Hoferbe seiner am 30.7.2005 verstorbenen Ehefrau festgestellt wurde. Auch diese
Feststellung des früheren Verfahrens impliziert die Feststellung eines jedenfalls im Zeitpunkt des ersten Erbfalls
vorhandenen Hofes im Sinne der HöfeO (zur Reichweite einer solchen Feststellung ebenso OLG Hamm AgrarR1988,
198. zustimmende Anm. AgrarR 1988, 305, 306).
3. Wenn über eine bestimmte Frage, die Streitgegenstand bzw. Verfahrensgegenstand eines früheren Verfahrens
gewesen ist, eine Entscheidung getroffen worden ist, steht die Rechtskraft der früheren Entscheidung einem neuen
Verfahren und einer neuen Entscheidung entgegen, in dem die bereits entschiedene Frage wiederum Streit bzw.
Verfahrensgegenstand ist. Der neue (bzw. wiederholte) Antrag über die bereits entschiedene Frage ist dann
grundsätzlich unzulässig. Hiervon ist auch das Landwirtschaftsgericht zutreffend ausgegangen.
4. Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht aus den speziellen Regelungen in § 12 HöfeVfO über eine Abänderung
der Entscheidung in höferechtlichen Feststellungsverfahren.
Nach § 12 Abs. 1 HöfeVfO können bei rechtskräftiger Entscheidung im Feststellungsverfahren diejenigen, die sich
an dem Verfahren beteiligt hatten oder von dem Verfahren benachrichtigt worden waren, einen neuen Antrag nicht
auf Tatsachen gründen, die in dem früheren Verfahren geltend gemacht worden sind oder von ihnen dort hätten
geltend gemacht werden können.
Hier waren sämtliche Beteiligten auch an den beiden vorausgegangenen Verfahren beteiligt und hätten hier ohne
weiteres Tatsachen vortragen können, aus denen sich ein Wegfall der Hofeigenschaft eventuell ergab oder die
jedenfalls für das Gericht Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen hätten geben können. In dem letzten
vorausgegangenen Feststellungsverfahren hätten die Beteiligten dazu jedenfalls Gelegenheit gehabt bis zur
erstinstanzlichen Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts im November 2007. Im nachfolgenden
Beschwerdeverfahren mag eine solche Gelegenheit zweifelhaft erscheinen, weil dort eine erneute Sachentscheidung
über die hier relevante Feststellung der höferechtlichen Anwartschaft des Beteiligten zu 2 vom Senat nicht mehr
getroffen wurde und die Beteiligten mit entsprechendem Vorbringen zum Wegfall der Hofeigenschaft wegen der
Rücknahme der sofortigen Beschwerde seitens des Erblassers nichts mehr hätten bewirken können. Dies kann
jedoch letztlich dahingestellt bleiben.
Es wird hier jedenfalls von der Antragstellerin und der sie unterstützenden Beteiligten zu 5 nicht geltend gemacht,
dass die Hofeigenschaft erst aufgrund von Tatsachen entfallen ist, die sich zwischen der Entscheidung des
Landwirtschaftsgerichts im vorausgegangenen Verfahren im November 2007 bis zum Tod des Erblassers am
1.4.2008 ergeben haben. Das tatsächliche Vorbringen der Antragstellerin und der sie unterstützenden Beteiligten zu
5, das zum angeblichen Wegfall der Hofeigenschaft herangezogen wird, bezieht sich vielmehr auf Umstände, die
bereits Jahre, zumindest aber erhebliche Zeit zurückliegen und jedenfalls bereits vor dem November 2007 vorlagen.
Nach dem tatsächlichen Vorbringen der Antragstellerin und der sie unterstützenden Beteiligten soll die
Bewirtschaftung des Betriebes bereits seit Jahren von dem Beteiligten zu 2 aufgegeben worden sein und eine
Betriebsfortführung bzw. eine Wiedereinrichtung eines leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betriebes soll schon seit
Jahren weder durch den Erblasser noch durch den Beteiligten zu 2 in Betracht gekommen sein.
Diesen entsprechenden Tatsachenstoff hätten die Antragstellerin und die Beteiligte zu 5 ersichtlich schon in den
vorausgegangenen Verfahren bis November 2007 vorbringen können. Auf diesen alten Tatsachenstoff, der von den
Beteiligten in den vorausgegangenen Feststellungsverfahren hätte geltend gemacht werden können, können sie nach
§ 12 Abs. 1 HöfeVfO einen neuen Feststellungsantrag, der auf eine entgegenstehende, abweichende Feststellung
gerichtet ist, nicht gründen.
5. § 12 Abs. 2 HöfeVfO lässt allerdings einen neuen Feststellungsantrag zu, zu dem die an dem früheren Verfahren
Beteiligten hinzuzuziehen und die durch eine entsprechende Feststellungsentscheidung betroffenen Personen zu
benachrichtigen sind, wenn ein berechtigter Grund für die nochmalige Nachprüfung vorliegt. Dabei ist unklar, in
welchem Verhältnis diese Regelung in Abs. 2 zu § 12 Abs. 1 HöfeVfO steht, ob insbesondere ein neues Verfahren
unter Umständen auch in Betracht kommt, wenn dieses von einem Beteiligten betrieben werden soll, der in dem
früheren Verfahren beteiligt worden war und den neuen Feststellungsantrag auf alten Tatsachenstoff stützen will,
oder ob ein solches Verfahren nur für Beteiligte eröffnet ist, die im vorausgegangenen Verfahren noch nicht
zugezogen worden waren oder die jedenfalls (schuldlos) die für den neuen Feststellungsantrag angeführten Gründe
noch nicht im vorausgegangenen Verfahren vorbringen konnten.
Letzteres ist anzunehmen. Das entspricht auch der bisher vorliegenden Rspr. und h.M. (vgl. BGH RdL 1956, 26 zur
inhalts und fast wortgleichen Regelung des § 37 Abs. 3 LVO. OLG Hamm AgrarR 1988, 198. hierzu zustimmende
Anm. Steffen AgrarR 1988, 305, 306. ebenso Faßbender/Hötzel/vonJeinsen/Pikalo , HöfeO, 3. Aufl., § 12 HöfeVfO
Rn. 3. Steffen/Ernst, HöfeO, 2. Aufl., § 12 HöfeVfO Rn. 5).
Bereits die Vorgängerregelung in § 37 Abs. 3 LVO ist so ausgelegt worden (vgl. Barnstedt, LwVG, 2. Aufl., § 37 LVO
Rn. 11). In der zitierten Entscheidung hat der BGH die zu wahrende und nur im Ausnahmefall zu durchbrechende
Rechtskraft der früheren Entscheidung betont und ausgeführt, dass § 12 Abs. 1 HöfeVfO (der damalige § 37 Abs. 3
S. 1 LVO) dahin zu verstehen ist, dass die an dem früheren Feststellungsverfahren Beteiligten oder von ihm
Verständigten auf die Geltendmachung neuer Tatsachen beschränkt sind, ohne sich darauf berufen zu können, dass
ein berechtigter Grund für eine nochmalige Nachprüfung vorliege. § 12 Abs. 2 HöfeVfO (damaliger § 37 Abs. 3 S. 2)
soll sich auf die am früheren Verfahren nicht Beteiligten beziehen. diese sollen nicht unbeschränkt befugt sein, einen
neuen Antrag zu stellen, sondern nur bei Darlegung eines berechtigten Grundes (BGH, a.a.O., S. 28).
Für die dargestellte Auffassung, der sich der Senat anschließt, sprechen bereits rechtssystematische Erwägungen.
Wenn § 12 Abs. 1 HöfeVfO die Befugnis der am früheren Verfahren Beteiligten dahin einschränkt, dass sie einen
den früheren Verfahrensgegenstand betreffenden neuen Antrag lediglich auf neue Tatsachen gründen können, dann
liegt es auf der Hand, dass diese Beschränkung sicherlich nicht durch Rückgriff auf die Regelung des § 12 Abs. 2
HöfeVfO, die ´im übrigen´ einen neuen Antrag bei berechtigtem Grund zulässt, umgangen und ausgehöhlt werden
darf.
Vor allem sprechen für die hier vertretene Auffassung Systematik und Funktion der Rechtskraft und die damit
angestrebte Befriedungswirkung einer nicht mehr anfechtbaren gerichtlichen Entscheidung. Für die Rechtskraft ist
wesentlich, dass die getroffene, nicht mehr anfechtbare Entscheidung über den Verfahrensgegenstand nicht mehr
infrage gestellt werden kann und die Parteien bzw. die Beteiligten des vorausgegangenen Verfahrens daran
gebunden sind. Eine zeitliche Grenze der Rechtskraft ergibt sich daraus, dass Gegenstand der Entscheidung nur der
im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder im sonst maßgebenden Zeitpunkt vorhandene Sachverhalt
sein kann. Danach sich ergebender neuer Sachverhalt kann im Hinblick auf die immanenten zeitlichen Grenzen der
Rechtskraft eine andere, eventuell abweichende Entscheidung rechtfertigen.
Die Regelung des § 12 Abs. 1 HöfeVfO, die einen neuen Feststellungsantrag aufgrund neuen Sachverhalts zulässt,
ist danach konsequent und offenbar sachgerecht. Die streitentscheidende Wirkung und Befriedungsfunktion einer
nicht mehr mit Rechtsmitteln anfechtbaren gerichtlichen Entscheidung verlangen, dass ansonsten eine über den
Verfahrensgegenstand und eine davon erfasste Frage ergangene Entscheidung nicht mehr infrage gestellt werden
kann. Es wäre ersichtlich nicht zu rechtfertigen, dies in Abweichung von sonst anerkannten prozessrechtlichen
Grundsätzen im landwirtschaftlichen Feststellungsverfahren anders zu sehen. Eine Durchbrechung der Rechtskraft
kann auch hier nur in Ausnahmefällen, etwa bei den Tatbeständen der §§ 579, 580 ZPO entsprechenden oder
vergleichbaren Gründen, in Betracht kommen. Es müssen jedenfalls Gründe vorliegen, die ein solches Gewicht
haben, dass eine Durchbrechung der Rechtskraft geboten und die damit verbundene Einschränkung von
Rechtssicherheit und frieden hinnehmbar erscheint. Dies ist aber noch nicht der Fall, wenn ein früherer Beteiligter
einen ihm subjektiv berechtigt erscheinenden Grund für eine nochmalige Nachprüfung geltend macht und sich dabei
auf eine angeblich inhaltlich (teilweise) falsche frühere Entscheidung bezieht. Ein solcher berechtigter Grund für ein
erneutes Feststellungsverfahren lässt sich hingegen annehmen bei Personen, die an dem vorausgegangenen
Feststellungsverfahren nicht beteiligt und nicht hinzugezogen worden waren. Rechtsdogmatisch lässt sich dies auch
ohne weiteres mit den subjektiven Grenzen der Rechtskraft erklären.
Im vorliegenden Fall waren jedoch die Antragstellerin und auch alle übrigen Beteiligten an den vorausgegangenen
Feststellungsverfahren beteiligt. Auf sie ist nach den vorstehenden Ausführungen § 12 Abs.1 HöfeVfO anwendbar.
Sie hätten in den vorausgegangenen, nunmehr rechtskräftigen Feststellungsverfahren, insbesondere in dem letzten
hier unmittelbar relevanten Feststellungsverfahren (5 Lw 217/06 AG Cloppenburg), den gesamten Sachverhalt, der
nunmehr für einen angeblichen Wegfall der Hofeigenschaft herangezogen wird, einbringen können und einbringen
müssen. Dies ist bereits oben im Einzelnen ausgeführt worden.
Ein neuer Antrag der Antragstellerin nach § 12 Abs. 2 HöfeVfO scheidet aus, weil - nach den vorausgegangenen
Ausführungen - ein berechtigter Grund für eine nochmalige Nachprüfung der früheren Feststellung nur am früheren
Verfahren nicht beteiligten, aber in ihrer Rechtsposition betroffenen Personen zuzubilligen ist.
Inwieweit von diesem Grundsatz Ausnahmen zu machen sind, kann dahinstehen.
Ein Ausnahmetatbestand, der eine Durchbrechung der Rechtskraft der vorausgegangenen Feststellungen zwingend
gebietet, ist hier jedenfalls nicht ersichtlich. Solches wäre auch in der Sache nicht gerechtfertigt, da die
Antragstellerin und die sie unterstützende Beteiligte zu 5 es in der Hand hatten, in den vorausgegangenen
Feststellungsverfahren einen Wegfall der Hofeigenschaft geltend zu machen und die dafür ihnen bekannten, nach
eigenem Vorbringen seit langem vorhandenen Tatsachen in das Verfahren einzuführen. Möglicherweise aus
verfahrenstaktischen Gründen haben sie dies nicht getan. Das müssen sie sich entgegenhalten lassen. Im Hinblick
auf die Rechtskraft der früheren Entscheidung können sie dies nicht im Rahmen eines neuen, das alte Verfahren
teilweise wiederholenden Feststellungsverfahrens nachholen.
6. Da neue Tatsachen, auf die nach § 12 Abs. 1 HöfeVfO eine erneute Feststellung hinsichtlich der Hofeigenschaft
gestützt werden könnten, von der Antragstellerin und der sie unterstützenden Beteiligten zu 5 nicht vorgetragen
worden sind und auch die Voraussetzungen für eine nochmalige Nachprüfung der Hofeigenschaft nach § 12 Abs. 2
HöfeVfO nicht vorliegen, geht der Senat - wie das OLG Hamm in dem damals entschiedenen vergleichbaren Fall
(AgrarR 1988, 198) - davon aus, dass der neue Feststellungsantrag bereits unzulässig ist.
Das Landwirtschaftsgericht hat nach alledem zutreffend entschieden. Die gegen diese Entscheidung gerichtete
sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zurückzuweisen.
Würde man dies anders sehen und die Zulässigkeit des Feststellungsantrags noch bejahen, kämen jedenfalls für die
Begründung dieses Antrags im Hinblick auf die Rechtskraft der vorausgegangenen Feststellungsentscheidung und
der ausdrücklichen Regelung in § 12 Abs. 1 HöfeVfO nur neue Tatsachen in Betracht, die in dem letzten
vorausgegangenen Feststellungsverfahren bis zur erstinstanzlichen Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts im
November 2007 noch nicht geltend gemacht werden konnten. Mangels Vortrags entsprechender Tatsachen, die in
dem kurzen Zeitraum bis zum Tod des Erblassers zum Wegfall der Hofeigenschaft hätten führen können, wäre der
Antrag dann jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen. Die sofortige Beschwerde wäre dann mit der Maßgabe,
dass der Feststellungsantrag der Antragstellerin unbegründet ist, zurückzuweisen.
(…)
… … …