Urteil des OLG Oldenburg vom 04.05.1994

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Gericht:
OLG Oldenburg, 02. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 2 U 101/93
Datum:
04.05.1994
Sachgebiet:
Normen:
VHB § 84 9 NR 1., ZPO § 286
Leitsatz:
Beweis der vorsätzlichen Herbeiführung eines Brandes durch den Ver- sicherungsnehmer bzw. mit
seiner Beteiligung.
Volltext:
Die Klägerin kann wegen des Brandes vom 9.4.1991 keine Entschädi-
gung aus den von ihr und ihrem Ehemann mit der Beklagten und der N
geschlossenen Hausratversicherungsverträgen beanspruchen; beide
Versicherer sind gemäß §·61 VVG leistungsfrei, weil die Klägerin
und ihr Ehemann den Hausrat selbst vorsätzlich in Brand gesetzt
haben (§·61 VVG). Davon ist der Senat nach dem Ergebnis der Be-
weisaufnahme überzeugt.
I. Die Klägerin und ihr Ehemann haben in der Nacht vom 8. zum
9.4.1991 nach Mitternacht ihr Wohnhaus selbst in Brand gesetzt,
nachdem sie bereits am 7.4.1991 erfolglos versucht hatten, die In-
brandsetzung durchzuführen.
Der Ehemann der Klägerin hat am 7.4.1991, nachdem die Klägerin mit
ihren Kindern das Haus gegen 14.00·Uhr verlassen hatte, die Vor-
bereitungen dafür getroffen, daß während seiner Abwesenheit und
der Abwesenheit der Klägerin das Wohnhaus abbrennen sollte. Er hat
auf die Fußböden des Wohnhauses im Erdgeschoß und im Obergeschoß
ein Gemisch aus Heizöl und Benzin verschüttet und damit die vor-
handenen Teppichböden getränkt. Zwischen Küche und Büro hat er auf
dem Fußboden des Flurs Teppiche, die sich vorher in einem Abstell-
raum befunden hatten, als "Brandbrücke" gelegt und ebenfalls mit
dem Gemisch aus Heizöl und Benzin getränkt. Ferner hat er in der
Küche unter der Anrichte, auf der sich das Telefon befand, und im
Wohnzimmer in einer Ecke je eine gefüllte Propangasflasche auf-
gestellt und die Ventile geöffnet. Hinter der Stereoanlage im
Wohnzimmer hat er in eine leere Margarinedose, die er auf den Bo-
den gestellt hat, eine Kerze gesteckt und diese vor dem Verlassen
des Hauses angezündet. Sodann ist er, um sich ein Alibi zu ver-
schaffen, nach F zur Maschinenausstellung und später zur Familie J
nach H gefahren und hat dann absprachegemäß die Klägerin ebenfalls
nach H kommen lassen, damit auch diese für die mögliche Tatzeit
ein Alibi hatte und beide etwa gleichzeitig nach Hause kommen
konnten. Nachdem entgegen den Bemühungen der Klägerin und ihres
Ehemanns das Wohnhaus nicht abgebrannt war, haben beide in der
Nacht zum 9.4.1991 das Wohnhaus in Brand gesetzt, wobei dahinste-
hen kann, ob der Ehemann der Klägerin oder diese selbst das Haus
angezündet hat; denn beide haben vereinbarungsgemäß zusammenge-
wirkt.
Dies steht für den Senat aufgrund der Vernehmung der Klägerin als
Partei, ihres Ehemanns als Zeugen, der urkundsbeweislichen Ver-
wertung beider Einlassungen im Ermittlungsverfahren und der Ver-
wertung der Aussagen der Zeugen J, S, B, F, U und B, M sowie der
Ermittlungsberichte der Polizeibeamten ebenfalls im Wege des Ur-
kundenbeweises fest.
Entgegen ihrer Darstellung hatten die Klägerin und ihr Ehemann ein
Motiv für die Inbrandsetzung des Wohnhauses. Nach der Erklärung
der Klägerin gegenüber dem Kriminaloberkommissar D beabsichtigten
die Eheleute, die Landwirtschaft im Herbst 1991 wegen der Krank-
heit des Ehemanns aufzugeben und nur das Lohnunternehmen solange
weiterzuführen, bis der 13jährige Sohn dies übernehmen konnte. Au-
ßerdem beabsichtigten sie, und dies hat die Klägerin zunächst ge-
genüber dem ermittelnden Polizeibeamten verschwiegen, ihr Wohnhaus
in ein Mehrfamilienhaus umzubauen, um die Gebäudesubstanz besser
nutzen zu können. Sie hatten bereits mit dem Architekten H ein
Vorgespräch geführt und mit ihrer Hausbank über die Finanzierung
gesprochen. Ferner hatten sie bereits einen Bungalow angemietet.
Die Klägerin selbst ging zu diesem Zeitpunkt davon aus, daß das
Lohnunternehmen überschuldet war, wie sie bei ihrer Vernehmung vor
dem Haftrichter angegeben hat. Da das Haus zum Neuwert versichert
war, konnten die Eheleute davon ausgehen, daß die Brandkasse für
den Fall der Wiedererrichtung die Kosten bis zur Höhe des Neuwerts
übernahm, wie es dann auch geschehen ist, da die Brandkasse die
Zahlung der Entschädigung nach dem Oldenburgischen Landesbrandkas-
sengesetz nur hätte verweigern dürfen, wenn der Eigentümer wegen
der Brandstiftung rechtskräftig verurteilt worden wäre. Der Haus-
rat war bei der Beklagten und der N insgesamt mit 300.000,-·DM
versichert.
Nur der Ehemann der Klägerin kann am 7.4.1991 die versuchte In-
brandsetzung bewerkstelligt haben, nachdem die Klägerin verein-
barungsgemäß die Kinder aus dem Haus entfernt hatte. Ein anderer
Täter hätte wissen müssen, daß die Familie der Klägerin über meh-
rere Stunden nicht im Hause war. Nach der Darstellung der Klägerin
bei der Vernehmung vor der Polizei am 8.4.1991 ist der Entschluß,
zur Gokartbahn in M zu fahren, am 7.4.1991 spontan gekommen; daß
sie dann mit den Kindern nach W gefahren ist, soll geschehen sein,
weil die Gokartbahn infolge Regens nicht befahren werden konnte.
Wann sie zurückkehren würde, stand danach für einen Dritten nicht
fest. Der Ehemann der Klägerin hatte vor, nach F zur Ausstellung
zu fahren, das hatte er auch den Eheleuten B erzählt. Wann er von
dort zurückkkommen würde, konnte für einen Dritten, wenn dieser
überhaupt davon erfahren hatte, nicht feststehen. Ein Dritter, der
den Brand legen wollte und sich dazu für längere Zeit im Haus auf-
halten mußte, mußte damit rechnen, daß er entdeckt werden würde.
Angesichts der zu treffenden längeren Vorbereitung war damit das
Risiko für einen Fremdtäter, entdeckt zu werden, sehr hoch. Die
Art der versuchten Inbrandsetzung zeigt eindeutig, daß der Täter
beabsichtigte, den Brand so zu legen, daß er vom Brandort mög-
lichst weit entfernt sein konnte. Er traf eine umständliche An-
ordnung, die zunächst -·aus seiner Sicht·- sicherstellte, daß,
wenn es zur Zündung kam, in ganz kurzer Zeit das Haus so in Flam-
men stehen mußte, daß es vollständig abbrannte. Die Tatsache, daß
er zusätzlich Teppiche so hinlegte, daß eine direkte Brandbe-
schleunigerspur von der Küche zum Wohnzimmer bestand, setzt vor-
aus, daß dem Täter bekannt war, daß er derartige Teile einsetzen
konnte. Durch die gleichzeitige Verwendung von einem Benzin-Luft