Urteil des OLG Oldenburg vom 09.10.1990

OLG Oldenburg: erblasser, verfügung, schenkung, alter, krankheit, pflege, interessenabwägung, datum, erbe

Gericht:
OLG Oldenburg, 05. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 5 U 87/90
Datum:
09.10.1990
Sachgebiet:
Normen:
Keine Normen eingetragen
Leitsatz:
Zu den Voraussetzungen einer beeinträchtigenden Schenkung des Erblassers § 2287 BGB ist analog
auch auf wechselbezügliche Verfügungen anzuwenden
Volltext:
Wenn sich § 2287 BGB auch ausdrücklich nur auf Erbverträge bezieht, ist die Bestimmung wegen der
entsprechenden Interessenlage analog auch anzuwenden, wenn die Erbfolge auf einer wechselbezüglichen
Verfügung beruht.
Ein Mißbrauch des Rechts zur lebzeitigen Verfügung liegt in der Regel dann nicht vor, wenn der Erblasser ein
lebzeitiges Eigeninteresse an der Verfügung hatte (vgl. BGHZ 59, 343; 77, 263, 266; 82, 274, 282). Bei der
Beurteilung, ob ein solches Eigeninteresse vorhanden ist, ist auf das Urteil eines objektiven Beurteilers
abzuzstellen. Hiernach ist darüber zu befinden, ob die vom Erblasser vorgenommene Schenkung unter
Berücksichtigung seiner erbvertraglichen bzw. testamentarischenBindungen als billigenswert und gerecht erscheint.
Bei der Interessenabwägung ist entscheidend, ob die Gründe des Erblassers ihrer Art nach so beschaffen sind, daß
der Erbe sie anerkennen und deshalb die sich aus der Verfügung ergebende Benachteiligung hinnehmen muß.
Soweit der Erblasser hier seiner Lebensgefährtin sein Sparguthaben übertragen hat, um sie an sich zu binden und
auf diese Weise seine Pflege im Alter zu sichern, ist von einem biligens- und anerkennenswerten Eigeninteresse des
Erblassers auszugehen. Durfte der Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung im Jahre 1956 noch davon
ausgehen, daß ihm im Falle von Alter und Krankheit die Hilfe seiner inzwischen verstorbenen Ehefrau oder seiner
Kinder zuteil werden würde, so konnte er dieses nach der späteren Entwicklung nicht mehr erwarten.
Sind einleuchtende und anerkennungswerte Gründe für ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers zutage
getreten, obliegt es den Erben darzulegen und zu beweisen, daß diese vorgetragenen Gründe den Erblasser nicht zu
der Schenkung bewogen haben (vgl. BGHZ a.a.O.).