Urteil des OLG Oldenburg vom 09.06.1994

OLG Oldenburg: treu und glauben, hof, erhaltung, scheune, pacht, entlastung, haus, kaufvertrag, kaufpreis, rückführung

Gericht:
OLG Oldenburg, 10. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluß, 10 W 16/94
Datum:
09.06.1994
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 157
Leitsatz:
Zur Verpflichtung eines Altenteiles, ein Hofgrundstück aus der Haftung für das Altenteil zu entlassen.
Volltext:
Der Antragsteller hat die Voraussetzungen seines Antrags auf Ent-
lassung des fraglichen Grundstücks aus dem Altenteilsrecht nicht
dargelegt. Es ist in Rechtsprechung und Schrifttum allerdings un-
streitig, daß Altenteilsleistungen abgeändert werden können, wenn
sich die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse, die für ihre
Festsetzung maßgebend waren, geändert haben. Weiterhin ist an-
erkannt, daß ein Altenteiler gem. §§·157, 242 BGB in Ausnahme-
fällen verpflichtet sein kann, ein Grundstück aus der Haftung für
das Altenteil zu entlassen, wenn die Veräußerung des Grundstücks
im Rahmen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft erforderlich ist und
das Altenteil auch bei Freigabe des zu veräußernden Grundstücks
hinreichend gesichert bleibt (OLG Schleswig, RdL·1961, 318; OLG
Hamm, RdL·1962, 157; Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, HöfeO,
2.·Aufl. 1991, §·14 Rn.·22).
Es kann nicht festgestellt werden, daß der Antragsteller den Kauf-
erlös von 25.000,-·DM zur Erhaltung des Hofes im Rahmen einer ord-
nungsgemäßen Bewirtschaftung dringend benötigt. Wie auch von der
Antragsgegnerin nicht in Zweifel gezogen wird, hat der Antrag-
steller den Hof zwar mit erheblichen Schulden (621.455,42·DM)
übernommen und 1991 auch Abfindungen von 120.000,-·DM an seine Ge-
schwister ausgekehrt. Dem stehen jedoch erhebliche Erlöse in einer
Gesamthöhe von über 888.000,-·DM aus dem Verkauf von mehr als
25·ha Hofesflächen gegenüber, wodurch der Hof auf ca. 42·ha ver-
kleinert worden ist. Der Antragsteller hätte hiernach die Möglich-
keit gehabt, die Verbindlichkeiten durch die erzielten Kaufpreise
vollständig zu tilgen, wobei ihm noch ein Überschuß von ca.
147.000,-·DM verblieben wäre. Tatsächlich belaufen sich seine
Schulden bei der Spar- und Darlehenskasse Dinklage aber noch per
03.03.1993 auf über 233.000,-·DM. In der notariellen Abfindungs-
vereinbarung vom 28.09.1991 wird zwar angegeben, die 1986 erziel-
ten Kauferlöse seien zur Rückführung von Verbindlichkeiten ver-
wandt worden. Es bleibt aber unklar, ob und welche Schulden tat-
sächlich getilgt wurden. Offenbar ist nur ein Teil der Erlöse aus
den Kaufverträgen zur Schuldentilgung bei der Spar- und Darlehens-
kasse Dinklage eingesetzt worden, da der Hof anderenfalls hätte
schuldenfrei sein müssen.
Es läßt sich auch unter Berücksichtigung der gegenwärtigen wirt-
schaftlichen Lage des Hofes nicht feststellen, daß der Antrag-
steller auf den Erlös aus dem Kaufvertrag vom 03.02.1993 dringend
zur Erhaltung des Hofes angewiesen ist. Der Antragsteller hätte es
-·wie dargelegt·- bei sparsamer Wirtschaftsführung in der Hand
gehabt, den Hof vollständig von Schulden zu befreien. Die Pacht-
einnahmen von mindestens 44.760,-·DM jährlich reichen überdies
aus, die derzeitigen Zins- und Tilgungsleistungen von 22.904,-·DM,
die Zahlungen an die Antragsgegnerin von jährlich 7.200,-·DM und
anfallende Gebühren und Steuern zu begleichen. Auch die nach dem
Sachvortrag des Antragstellers erforderlichen Erhaltungsinvesti-
tionen (Dachreparatur des Schweinestalls in Höhe von 10.000,-·DM
und Dachreparatur von Scheune und Haus in Höhe von 31.074,38·DM)
sind aus den Pachteinnahmen zu finanzieren, da es dem Antrag-
steller zuzumuten ist, entsprechende Rücklagen zu bilden. Ferner
befindet sich nach den Feststellungen des Amtsgerichts auf dem
Girokonto ein Guthabenbetrag von 35.278,99·DM, der ausreicht, um
die fraglichen Reparaturen weitgehend zu bezahlen. Im übrigen soll
der Kaufpreis zur Schuldentilgung und nicht für Erhaltungsrepara-
turen verwendet werden.
Hiernach läßt sich aus Treu und Glauben keine Verpflichtung der
Antragsgegnerin begründen, einer weiteren Verkleinerung des Hofes
zuzustimmen. Eine anderes Ergebnis vermag auch nicht die verhält-
nismäßig geringe Größe des verkauften Grundstücks von 1·ha zu
rechtfertigen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, daß der An-
tragsteller den Hof bereits erheblich verkleinert hat und nicht
auszuschließen ist, daß alsbald die Rentabilitätsgrenze erreicht
wird. Die beabsichtigte Reduzierung der Schulden von 233.000,-·DM
um 25.000,-·DM bewirkt bei einem Zinssatz von 7,5·% überdies nur
eine geringfügige finanzielle Entlastung des Antragstellers, so
daß auch aus diesem Grund nicht erkennbar ist, daß der Verkauf der
Flächen erforderlich ist, um die Überlebensfähigkeit des Hofes
langfristig zu sichern.