Urteil des OLG Oldenburg vom 10.10.1990

OLG Oldenburg: grobes verschulden, zigarette, zustand, brand, alkoholiker, stoff, terrasse, abrede, gaststätte, bier

Gericht:
OLG Oldenburg, 02. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 2 U 117/90
Datum:
10.10.1990
Sachgebiet:
Normen:
BGB ( § 62) 18 NR 1, VHB § 84 9 NR 1.
Leitsatz:
Zur grob fahrlässigen Herbeiführung eines Brandes - hier: Rauchen unter ständigem Alkoholeinfluß im
Bett
Volltext:
Die Bekl. ist leistungsfrei, weil ihr VersNehmer den Brand
grob fahrlässig verursacht hat (§ 61 VVG).
Der Senat ist ... davon überzeugt, daß sich der VersNeh-
mer in der Brandnacht betrunken zu Bett begeben, im Bett
geraucht und durch eine brennende Zigarette den Brand
verursacht hat.
Daß der VersNehmer ständig im Bett geraucht hat, nimmt
die Berufung nicht in Abrede. Daß er auch dann geraucht
hat, wenn er getrunken hatte, ergibt die Aussage der Zeugin
G. Diese hat eindrucksvoll geschildert, daß der VersNehmer,
ihr damaliger Ehemann, regelmäßig Alkohol zu trinken pfleg-
te, bis er schlafen ging, und dann betrunken im Bett geraucht
hat. Nach ihrer Bekundung ist es häufig vorgekommen, daß
er auf eine brennende Zigarette nicht geachtet hat und es
zu Brandlöchern im Bettzeug und auf dem Teppich gekom-
men ist. Sie selbst konnte im Regelfall erst beruhigt einschla-
fen, wenn ihr damaliger Ehemann fest eingeschlafen war.
Gegen die Richtigkeit dieser Aussage spricht nicht, daß, was
unterstellt werden kann, der VersNehmer niemals Brandver-
letzungen gehabt hat. Die Zeugin hat bekundet, daß sie im
wesentlichen auf ihn geachtet hat.
Daß der VersNehmer am 9.10.89 in erheblichem Maße
Alkohol zu sich genommen hat, ergeben die Aussagen der
Zeugen B., J. und L. Der Zeuge B. hat den VersNehmer
gegen 18.30 Uhr in einer Gaststätte getroffen und mit ihm
bis gegen 20.30 Uhr Korn und Bier getrunken. Nach der
Einschätzung des Zeugen war der VersNehmer betrunken,
obwohl äußerliche Veränderungen nicht erkennbar waren.
Auf der Terrasse des Hauses des VersNehmers ist dann
jedenfalls bis gegen 22.00 Uhrweitergetrunken worden. Die
Polizeibeamten J. und L. haben übereinstimmend bekundet,
daß der VersNehmer nach dem Brand merklich unter Alko-
holeinfluß gestanden habe. Ferner steht fest, daß nach dem
Schadenfall das Kopfkissen im Bett des VersNehmers ange-
kohlt war und seine Haare an zwei Stellen angesengt waren.
Diese Indizien begründen zusammen mit den oben festge-
stellten Tatsachen die Überzeugung des Senats, daß der
VersNehmer auch in der Brandnacht betrunken im Bett gele-
gen und geraucht hat und daß infolge seiner Unachtsamkeit
der Brand ausgelöst worden ist. Auf die Aussage der Zeugin
W. kommt es danach nicht mehr an, ganz abgesehen davon,
daß auch diese Zeugin bekundet hat, der VersNehmer habe
häufig betrunken im Bett geraucht, es sei zu Brandflecken
an der Bettwäsche gekommen und sie habe das Kopfkissen
brennen sehen.
Anhaltspunkte dafür, daß ein Dritter den Brand gelegt ha-
ben könnte, sind nicht dargelegt. Ein solches Verhalten wür-
de auch nicht erklären, weshalb die Kopfhaare des VersNeh-
mers angesengt waren.
Indem sich der VersNehmer ständig unter Alkoholeinfluß
zu Bett begab und dann im Bett rauchte, ließ er die im
Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße
außer Acht. Es ist an sich schon gefährlich, im Bett zu rau-
chen, weil im Bereich einer glühenden Zigarette in einem
solchen Fall leicht entzündliche Gegenstände aus Stoff und
Federn vorhanden sind. Ein nüchterner Raucher mag diese
Gefahr noch kontrollieren können, wenn er nicht übermüdet
ist. Das gilt jedoch nicht für den angetrunkenen Raucher,
der seine Bewegungen nicht mehr hinreichend kontrollieren
kann. Dem VersNehmer war bekannt, daß es infolge seiner
Sorglosigkeit schon mehrfach dazu gekommen war, daß die
Bettwäsche Brandspuren aufwies, eralso im angetrunkenen
Zustand nicht in der Lage war, eine brennende Zigarette im
Bett zu kontrollieren, Angesichts der ihm bekannten Gefähr-
lichkeit seines Verhaltens hat er damit elementare Verhal-
tensregeln verletzt, deren Einhaltung auch im Zustand der
Trunkenheit erwartet werden muß.
Ihm war die Gefährlichkeit seines Verhaltens bewußt, er
war nach Aussage der Zeugin G. mehrfach von ihr darauf
hingewiesen worden, er solle auf seine Zigarette achten.
Die fehlende Einsicht in die Gefährlichkeit seines Verhaltens
muß er sich als grobes Verschulden zurechnen lassen. Da
er wußte, daß er in trunkenem Zustand im Bett zu rauchen
pflegte, und dennoch Alkohol zu sich nahm, ohne sicherzu-
stellen, daß im Schlafzimmer später keine Zigaretten vorhan-
den waren, trifft ihn der Vorwurf des groben Verschuldens.
Das grobe Verschulden entfällt auch nicht nach der Be-
hauptung der Kl., der VersNehmer sei nicht mehr in der Lage
gewesen, die Gefährlichkeit seines Handeins einzusehen,
weil er Alkoholiker war. Allein die Tatsache, daß der VersNeh-
mer Alkoholiker war, rechtfertigt nicht den Schluß, er habe
in nüchternem Zustand die Gefährlichkeit seines Handelns
nicht erkennen können und auch nicht erkannt ...