Urteil des OLG Oldenburg vom 03.09.1997

OLG Oldenburg: abnahme, fälligkeit, kündigung, abschlagszahlung, datum, begriff, vorleistungspflicht, beendigung, baurecht, bauvertrag

Gericht:
OLG Oldenburg, 02. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 2 U 146/97
Datum:
03.09.1997
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 640, BGB § 641
Leitsatz:
Bauvertrag: Anspruch auf - vereinbarte - Abschlagleistung erlischt - bei fehlender Fälligkeit wegen
berechtigter Abnahmeverweigerung - mit Ertei- lung der Schlußrechnung des Unternehmers.
Volltext:
Die Fälligkeit einer Werklohnforderung gemäß § 631 Abs. 1 BGB erfordert grundsätzlich die Abnahme der
Werkleistung, §§ 640, 641 BGB. Das Landgericht hat zutreffend dargelegt, daß eine Abnahme nicht erfolgt ist und
die Beklagten aufgrund vorhandener Mängel der Werkleistung auch
berechtigt sind, die Abnahme zu verweigern.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts ergibt sich die Fälligkeit eines Teils der Werklohnforderung nicht aus § 3 des
Bauvertrags. Aus der genannten Vertragsbestimmung folgt die Verpflichtung der Beklagten, nach dem jeweiligen
Baufortschritt Abschlagszahlungen zu leisten. Die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs oder eines Teils davon kann
durch diese Regelung jedoch jedenfalls jetzt nicht mehr begründet werden, da die Klägerin die Werkleistung nach
ihrer Auffassung fertiggestellt
und unter dem Datum des 18.06.1995 ihrer Schlußrechnung erteilt hat.
Der Anspruch eines Unternehmers auf vereinbarte Abschlagszahlungen geht mit Erteilung der Schlußrechnung unter.
Dies entspricht der zutreffenden und - fast - einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (OLG Celle
OLGZ 1975, 320; OLG Zweibrücken BauR 1980, 482; Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 8. Aufl., B § 16 Rdn. 9
a;Ingenstau/Korbion, VOB, 13. Aufl., B § 16 Rdn. 75; Beck`scher VOB-Kommentar-Motzke, B § 16 Rdnr. 4, 10 und
12; Locher, Das private Baurecht, 6. Aufl., Rdnr. 201; andere Auffassung OLG Bremen BauR 1980, 579). In der
höchstrichterlichen Rechtsprechung ist zudem anerkannt, daß im Fall der Kündigung des Bauvertrags und Erteilung
der Schlußrechnung der Auftragnehmer keine Abschlagszahlungen mehr verlangen kann (BGH NJW 1985, 1840;
BGH NJW-RR 1987, 724; BGH NJW 1991, 565). Vorliegend fehlt es zwar an einer Kündigung des Bauvertrags. Die
Beklagten verlangen von der Klägerin vielmehr weiterhin Nachbesserung der Werkleistung. Auch ohne eine
Beendigung des Vertrags durch Kündigung ist jedoch der Anspruch auf Abschlagszahlung untergegangen.
Die Dauer des Anspruchs auf Abschlagszahlungen ist nämlich zeitlich begrenzt. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck
der getroffenen Vereinbarung. Der Auftragnehmer ist grundsätzlich vorleistungspflichtig. Eine Vereinbarung von
Abschlagszahlungen soll den Auftragnehmer entlasten und die mit der Vorfinanzierung verbundenen wirtschaftlichen
Nachteile ausgleichen. Der Grund für die Zubilligung des Rechts auf Vereinbarung von Abschlagszahlungen besteht
aber dann nicht mehr, wenn
der Auftragnehmer Schlußrechnung erteilt hat und folglich - abgesehen von nicht unter den Begriff der Vorleistung
fallenden Mängelbeseitigungspflichten (BGH NJW 1985, 1840) - weitere Leistungen nicht mehr zu erbringen hat.
Entfällt mithin die Vorleistungspflicht, besteht kein rechtfertigender Grund, den Auftragnehmer durch Zubilligung
eines Anspruchs auf Abschlagszahlung weiterhin besonders zu schützen.
Vorliegend bedeutet dies, daß die Klägerin nur einen Anspruch auf Schlußzahlung geltend machen kann, der jedoch
mangels Abnahme und Abnahmefähigkeit des Werks nicht fällig ist.