Urteil des OLG Oldenburg vom 06.12.1999

OLG Oldenburg: zahlungseinstellung, verzicht, schulausbildung, vollstreckung, rechtshängigkeit, daten, beendigung, anfang, leistungsfähigkeit, unterhaltspflicht

Gericht:
OLG Oldenburg, 03. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluß, 3 WF 105/99
Datum:
06.12.1999
Sachgebiet:
Normen:
ZPO § 93
Leitsatz:
Erhebt ein Unterhaltsschuldner Abänderungsklage ohne zuvor den Schuldner vorprozessual zum
Verzicht aufzufordern, kann er im Einzelfall nach § 93 ZPO im Falle des sofortigen Anerkenntnisses
die Kosten zu tragen haben; dies gilt jedenfalls dann, wenn er zuvor Unterhalt weitergezahlt hatte,
obwohl die Bedürftigkeit, wie er wissen mußte, bereits entfallen war und er die Zahlungen
anschließend -für den Unterhaltsgläubiger überraschend und nicht nachvollziehbar- einstellt und damit
Vollstreckungshandlungen veranlasst.
Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 06.12.1999 - 3 WF 105/99 -/ rechtskräftig
Volltext:
Beschluß
In der Familiensache
I... D..., ...,
Kläger und Beschwerdeführer,
Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt ...,
gegen
B... D..., ...,
Beklagte und Beschwerdegegnerin,
Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt ...,
hat der 3. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg
am 06. Dezmber 1999
durch die unterzeichneten Richter beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen die Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteils des Amtsgerichts
Norden vom 27. Oktober 1999, mit dem ihm die Verfahrenskosten auferlegt wurden, , weil die Beklagte keine
Veranlassung zur Klageerhebung gegeben habe, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Ob der Unterhaltsberechtigte, der weiß, daß er nicht mehr unterhaltsbedürftig ist, regelmäßig Veranlassung zur
Klageerhebung nach § 323 ZPO gibt, wenn er gleichwohl vollstreckt, weil eine vorherige Aufforderung zum
Titelverzicht wegen der in § 323 Abs. 3 ZPO getroffenen Regelung mit Rechtsnachteilen verbunden wäre (vgl. zum
Stand Herget in Zöller, ZPO, 21. Aufl., § 93, Rdnr. 6 unter dem Stichwort”Unterhaltssachen”) , kann vorliegend
dahinstehen. Hier liegen gewichtige Gründe vor, von dieser Regel abzuweichen, wenn man sie bejahen sollte.
Unstreitig hatte die Beklagte ihre Schulausbildung im Sommer 1998 beendet und wäre innerhalb einer Frist von bis
zu drei Monaten verpflichtet gewesen, sich eine Arbeitsstelle zu suchen, so daß die Unterhaltspflicht des Klägers
bei Zugrundelegen seines eigenen Vortrages im Herbst 1998 spätestens geendet hätte. Obwohl ihm dies bekannt
war, hatte der Kläger trotz seines Auskunftsanspruchs gemäß § 1605 BGB nichts unternommen, um sich Gewißheit
über die weitere Lebensplanung seiner Tochter zu verschaffen. Stattdessen hatte er bis einschließlich Anfang 1999
weiterhin Unterhalt gezahlt, ehe er die Unterhaltszahlungen ohne Begründung eingestellt hatte. Angesichts dieses
wegen der ihm bekannten Gesetzeslage widersprüchlichen Verhaltens hätte es dem Kläger zur Vermeidung von
Rechtsnachteilen im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses oblegen, die Beklagte vor Klageerhebung kurzfristig
zum Verzicht auf den vorliegenden Titel aufzufordern. Dies hat er jedoch nicht getan. Stattdessen hat die Beklagte
nach Rechtshängigkeit den Klageanspruch anerkannt.
Dem steht auch nicht entgegen, daß die Beklagte nach der für sie überraschenden Zahlungseinstellung im Jahre
1999 wegen der offenen Rückstände die Vollstreckung betrieben hat. Ursächlich hierfür war das Verhalten des
Klägers, trotz einer seiner Auffassung nach nicht mehr bestehenden Unterhaltsverpflichtung ohne Angabe von
Gründen weiterhin Unterhalt zu zahlen. Soweit sich der Kläger in diesem Zusamenhang darauf berufen hat, daß die
Beklagte spätestens in der 23. Kalenderwoche 1999 (07. bis 13. Juni 1999) bei ihm angerufen und sich mit seiner
zwischenzeitlichen Zahlungseinstellung wegen fehlender Leistungsfähigkeit einverstanden erklärt habe, ist diese von
der Beklagten bestrittene Vereinbarung nicht geeignet, zu einer anderen Bewertung zu führen. Weder sind die
genauen Daten der Vereinbarung und der Erteilung des Vollstreckungsauftrages an den Gerichtsvollzieher noch die
Gründe dafür genannt, weshalb sich der Kläger bei dem Anruf seiner Tochter nicht auf die Beendigung der
Schulausbildung, sondern stattdessen auf die in der Vergangenheit bereits streitige Frage einer Leistungsunfähigkeit
berufen hat und weshalb seine Tochter diesen Grund akzeptiert haben soll.
Die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts war deshalb auf Kosten des Klägers
zurückzuweisen.
Entsprechendes gilt für seinen Antrag auf Prozeßkostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussichten.
Der Wert für die Beschwerde wird auf 900,00 DM festgesetzt.
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