Urteil des OLG Oldenburg vom 19.08.1992

OLG Oldenburg: vgb, versicherungsschutz, wasserversorgung, batterie, brauchwasser, frost, stahl, gas, zerstörung, versicherungsleistung

Gericht:
OLG Oldenburg, 02. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 2 U 79/92
Datum:
19.08.1992
Sachgebiet:
Normen:
VGB § 1962 4 NR 1, VGB § 1962 4 NR.
Leitsatz:
Zum Versicherungsschutz aus der Leitungswasserversicherung für Schäden am Kessel einer
kombinierten Heiz- und Warmwasserbereitungsanlage infolge einer Leckstelle im Rohrsystem der
Warmwasserdurchflußbatterie
Volltext:
Die Beklagte ist dem Kläger aus der Wohngebäudeversicherung nach
§·1 Nr. 1 b, § 4 Nr. 1 VGB 62 zum Ersatz des total beschädigten
Heizkessels verpflichtet. Die Höhe der Versicherungsleistung im
einzelnen ist im Betragsverfahren vom Landgericht, an das die Sa-
che nach §§ 35 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zurückverwiesen wird, festzustel-
len.
Bei der durch den Austritt von Wasser aus der Warmwasserzirkula-
tionsleitung der Heiß- und Warmwasserbereitungsanlage des Klägers
verursachten Zerstörung des Heizkessels einschließlich des Ölbren-
ners handelt es sich um einen entschädigungspflichtigen Leitungs-
wasserschaden. Als Leitungswasser im Sinn der Versicherungsbedin-
gungen gilt u.a. Wasser, das aus den Zu- und Ableitungsrohren oder
den sonstigen Einrichtungen der Wasserversorgung bestimmungswidrig
ausgetreten ist (§ 4 Nr. 1 VGB 62). Der hier zur Entscheidung ste-
hende Schadenfall fällt unter diese Bestimmung. Aus einem Leck an
einem Kupferrohr außerhalb des Kessels, aber innerhalb der den
Kessel umgebenden Isolierung, durch das Brauchwasser für die Warm-
wasserversorgung geführt wurde, ist ständig solches Wasser ausge-
treten, was zur Korrosion und schließlich zur Durchrostung des
Kessels mit anschließendem massiven Wasseraustritt geführt hat.
Dafür, daß es sich bei dem schadensursächlichen, leckgewordenen
Rohrstück um ein Teil der Zu- oder Ableitungen der Warmwasserver-
sorgung und nicht um einen Teil des internen Heizungssystems ge-
handelt hat, spricht bereits die Lage des Rohrstücks, wie sie aus
den vorgelegten Fotografien deutlich wird. Das ist erörtert wor-
den. Auch das vorprozessual von der Beklagten eingeholte Gutachten
des Sachverständigen Lambertz bestätigt dies: Danach hat es sich
bei dem defekten Kessel um einen Öl-Gas-Spezialkessel aus Stahl-
blech mit einer Warmwasserdurchflußbatterie gehandelt. Bei derar-
tigen Geräten wird warmes Brauchwasser dadurch bereitet, daß aus
dem öffentlichen Netz zugeführtes, zunächst kaltes Wasser nach Art
eines Durchlauferhitzers erhitzt wird. Diese Brauchwassererwärmung
hat mit der eigentlichen Gebäudebeheizung nichts zu tun und findet
in einem davon getrennten System statt.
Der Senat hat in zwei ähnlich liegenden Fällen bereits entschieden, daß dann, wenn durch ein Leck im Rohrsystem
der Warmwasseraufbereitung aus dem öffentlichen Netz Wasser in das Heizungssystem eingedrungen ist,
Versicherungsschutz aus der Leitungswasserversicherung zu gewähren ist (Urteil vom 20. August 1986: RuS 91,
350; Urteil vom 6. Dezember 1989: RuS 90, 95). Die Auffassung, daß Schäden im Innern von Heizkesseln, Boilern
und ähnlichen Einrichtungen nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 2 a Ziff. 2 VGB 62, also bei Verursachung
durch Frost versichert sind (so OLG Hamm NJW-RR 89, 987; LG Kiel RuS 91, 351), teilt er nicht. Wenn die
Regelwidrigkeit ihre Ursache im Zu- und Ableitungssystem der Wasserversorgung hat, kann es für den
Versicherungsschutz nicht entscheidend sein, ob sie sich wie im vorliegenden Fall innerhalb der Kesselisolierung
oder außerhalb ereignet hat (so auch LG Bonn VersR 86, 807, Wälder, RuS 89, 159). Abzustellen ist vielmehr
darauf, ob das Leitungswasser bestimmungswidrig aus dem dafür vorgesehenen Rohrsystem ausgetreten ist. Für die
Auffassung des Senats, daß es für den Versiche-
rungsfall ausreicht, wenn das Wasser seine bestimmungsgemäße Lei-
tung, aber nicht die betreffende Anlage an sich verlassen und in-
nerhalb dieser den Schaden verursacht hat, läßt sich auch das Ur-
teil des BGH vom 15. Januar 1989 anführen (BGH RuS 90, 59). In
dieser Entscheidung hat der BGH Versicherungsschutz grundsätzlich
in einem Fall bejaht, bei dem bei einer Wärmepumpenanlage Hei-
zungswasser wegen eines Risses im Verflüssiger aus dem geschlosse-
nen Heizwasserkreislauf in das geschlossene Verflüssigersystem ge-
langt ist.