Urteil des OLG Oldenburg vom 12.03.1997
OLG Oldenburg: firma, benzin, hausfriedensbruch, einbruchdiebstahl, absicht, aufenthalt, abend, kreis, werkstatt, haftpflicht
Gericht:
OLG Oldenburg, 02. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 2 U 1/97
Datum:
12.03.1997
Sachgebiet:
Normen:
BBR NR § 1, STGB § 123, STGB § 242
Leitsatz:
Ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung als Leistungsausschluß in der
Privathaftpflichtversicherung, verneint bei Hausfriedensbruch und einfachem Diebstahl durch
Arbeitnehmer in Kfz.-Werkstatt.
Volltext:
...
Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger aus der bei ihr unterhaltenen
Privathaftpflichtversicherung wegen der entstandenen Schäden Deckungs- schutz zu gewähren (§ 1 AHB). Sie kann
insbesondere den Versicherungs- schutz nicht deshalb verweigern, weil sich im vorliegenden Fall die Gefahren einer
"ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung" i. S. von Nr. 1 der "Besonderen Bedingungen und
Risikobeschreibungen für die Privathaftpflichtversicherung" (im folgenden: BBR) verwirklicht hätten, wie das
Landgericht angenommen hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Voraussetzungen dieser Ausschlußklausel nicht bereits
dann erfüllt, wenn sich die die Haftpflicht auslösende Handlung selbst - hier das Umfüllen des Benzins - als
ungewöhnlich und gefährlich darstellt. Die Geltung der Klausel ist
vielmehr auf die seltenen Ausnahmefälle beschränkt, in denen die schadensstiftende Handlung im Rahmen einer
allgemeinen Betätigung des Versicherten vorgenommen worden ist, die ihrerseits "ungewöhnlich und gefährlich" ist
und deshalb in erhöhtem Maß die Gefahr der Vornahme schadensstiftender Handlungen in sich birgt. Läßt sich die
schadens- stiftende Handlung nicht in den Kreis einer allgemeinen Betätigung einordnen, greift die Klausel nicht ein
(BGH VersR 1996, 495, m. w. N.).
Im vorliegenden Fall kann eine von der schadensstiftenden Handlung zu unterscheidende allgemeine Betätigung
allenfalls darin gefunden werden, daß der Kläger mit seinem Freund und Berufskollegen die Räume der Firma
aufgesucht hat, um dort Benzin zu "besorgen". Dabei kann dahinstehen, ob das Betreten der Räume der Firma einen
Hausfriedensbruch i. S. von §
123 StGB und die ins Auge gefaßte Entnahme von Benzin einen Diebstahl i. S. von § 242 StGB darstellten. Zwar
mag in einem Einbruchdiebstahl im allgemeinen eine ungewöhnliche und gefährliche Betätigung zu sehen sein. Die
Tätigkeit eines Einbrechers ist gewöhnlich mit besonderen Ge-
fahrenmomenten belastet, die darin bestehen, daß sich der Täter in einem ihm unbekannten und ungewohnten
räumlichen Bereich aufhält und zusätzlich noch dadurch behindert wird, daß er seine Entdeckung besorgen muß und
deshalb u. U. kein Licht machen kann oder in Eile ist. Erfahrungsgemäß verursacht der Einbrecher des öfteren auch
Schäden, die über die mit dem Einbruch notwendig verbundenen Folgen hinausgehen (OLG Hamm VersR 1982, 565,
566). So oder ähnlich liegt der Fall hier jedoch nicht.
Dem Kläger und ... waren die Räumlichkeiten bekannt; denn sie arbeiten beide bei der geschädigten Firma. Zudem
besaß der Kläger die Schlüssel zu den Betriebsräumen, und es war ihm auch gestattet, diese nach Feier- abend und
an Wochenenden zu betreten, um an seinem Motorrad Arbeiten auszuführen. Das Betreten der Räume als solches
und der Aufenthalt darin stellten sich daher - auch in psychologischer Hinsicht - nicht als Ver- haltensweisen im
Rahmen einer Ausnahmesituation dar, die mit besonderen Gefahrenmomenten belastet war. Eine solche konnte
ferner nicht dadurch begründet werden, daß der Kläger die Räume nicht zu den ihm erlaubten Zwecken betrat,
sondern in einer anderen Absicht, nämlich um Benzin zu "besorgen", womit sein Arbeitgeber - was unterstellt wird -
nicht einverstanden war. Eine derartige - innere - Willensrichtung vermag eine allgemein gewöhnliche Betätigung
nicht zu einer "ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung" i. S. von Nr. 1 BBR zu machen. Es ist jedenfalls
vorliegend nichts dafür dargetan oder ersichtlich, daß sich durch diese Willensrichtung die von der allgemeinen
(Rahmen-) Betätigung ausgehende Gefahrenlage in irgendeiner Weise erhöht haben könnte.