Urteil des OLG Oldenburg vom 09.08.1995
OLG Oldenburg: klagerücknahme, fahren, schweigen, scheidung, haft, gebühr, vergleich, datum
Gericht:
OLG Oldenburg, 12. Familiensenat
Typ, AZ:
Beschluß, 12 WF 104/95
Datum:
09.08.1995
Sachgebiet:
Normen:
BRAGO § 128
Leitsatz:
Keine Erstattungsfähigkeit einer Gebühr aus der Staatskasse für außer- gerichtlichen Vergleich für
den beigeordneten Rechtsanwalt.
Volltext:
Mit Beschluß vom 20. Juli 1995 hat das Amtsgericht Nordhorn es ab-
gelehnt, für die dem Beklagten beigeordnete Prozeßbevollmächtigte
zu Lasten der Staatskasse eine Vergleichsgebühr festzusetzen.
Die nach § 128 Abs. 4 BRAGO zulässige Beschwerde erweist sich in
der Sache als nicht begründet.
Einem Erfolg der Beschwerde steht bereits entgegen, daß die Par-
teien den Inhalt ihrer außergerichtlichen Einigung nicht mitge-
teilt haben, so daß der Senat nicht zu beurteilen vermag, ob es
sich hierbei um eine das Entstehen einer Vergleichsgebühr recht-
fertigende Vereinbarung iSd. § 779 BGB handelt. Zudem ist zweifel-
haft, ob die Einigung der Parteien zeitlich erst nach der Ent-
scheidung über den Antrag auf Prozeßkostenhilfe erzielt worden war
und die Prozeßbevollmächtigte des Beklagten insoweit noch nach
ihrer Beiordnung tätig geworden ist, weil die Anwälte der Klägerin
bereits im Schriftsatz vom 27. März 1995 eine Klagerücknahme in
Aussicht gestellt haben und auch die Beschwerdeführerin im
Schriftsatz vom 30. März 1995 auf die erwartete außergerichtliche
Regelung hingewiesen hat.
Darüber hinaus hat das erstinstanzliche Gericht die Festsetzung
einer Vergleichsgebühr aus der Staatskasse aus zutreffenden Erwä-
gungen, denen sich der Senat anschließt, abgelehnt. Auch das Vor-
bringen in der Beschwerde rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Der Senat folgt in dieser in Rechtsprechung und Literatur umstrit-
tenen Frage der Ansicht, daß eine Beiordnung des Rechtsanwalts im
Rahmen der bewilligten Prozeßkostenhilfe nur das gerichtliche Ver-
fahren betrifft und deshalb eine Erstattung von Gebühren aus der
Staatskasse aufgrund außergerichtlicher Tätigkeiten nicht in Be-
tracht kommt. Wie sich aus § 122 Abs. 3 S. 2 BRAGO ergibt, ist es
einer Partei verwehrt, durch eine Einbeziehung beliebiger Angele-
genheiten Ansprüche gegen die Staatskasse zu begründen. Im Zusam-
menhang mit den gesetzlichen Regelungen in §§ 121 ZPO, 121 BRAGO
steht dies einer ausweitenden Auslegung des Umfangs der Beiordnung
auch auf Tätigkeiten außerhalb des gerichtlichen Verfahrens entge-
gen (OLG Köln JurBüro 1994, 605 mit zust. Anm. v. Mümmler u. w.
N.; siehe auch Münch.-Komm.-Wax § 119 ZPO Rdn. 24). Hier kommt zu-
dem hinzu, daß der Beschluß die Beiordnung nicht auf den Abschluß
eines außergerichtlichen Vergleichs erstreckte, obwohl seitens des
Beklagten ausdrücklich ein entsprechender Antrag gestellt worden
war. Angesichts der abweichenden Ansichten zum Umfang der Beiord-
nung legt das Schweigen im Beschluß die Annahme nahe, daß nach dem
Willen des Gerichtes die Beiordnung der Beschwerdeführerin auf ih-
re Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren beschränkt sein sollte.
Wenn die Parteien trotz der auch in prozeßökonomischer Sicht keine
Vorteile bietenden außergerichtlichen Einigung den Abschluß eines
gerichtlichen Vergleichs nicht wünschen, bleiben Gebührenansprüche
des Rechtsanwalts gegenüber der von ihm vertretenen Partei hiervon
unberührt. Diese können lediglich nicht der Staatskasse gegenüber
geltend gemacht werden.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt (§ 128 Abs. 5 BRAGO).