Urteil des OLG Oldenburg vom 27.05.1998

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Gericht:
OLG Oldenburg, 02. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 2 U 63/98
Datum:
27.05.1998
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 463 S 1
Leitsatz:
Gebrauchtwagenverkauf. "Top-Zustand" keine Eigenschaftszusicherung; "Tachostand 70.000" auf
Beschriebzettel keine Eigenschaftszusicherung bei Überschreitung bis zu 5.000 km.
Volltext:
Die Parteien haben im Kaufvertrag über das gebrauchte Fahrzeug in üblicher und zulässiger Weise die
"Gewährleistung, insbesondere bzgl. des Kilometerstandes" ausgeschlossen. Dieser Ausschluß wäre nur dann
nichtig, wenn der Beklagte einen Mangel arglistig verschwiegen (§ 476 BGB) oder eine fehlende Eigenschaft
zugesichert hätte (BGH DAR 1989, 458, 459). Tatsachen für ein arglistiges Verhalten des Beklagten hat der Kläger
nicht vorgetragen, und die Zusicherung einer fehlenden Eigenschaft des Pkws liegt nicht vor.Eine Zusicherung setzt
voraus, daß der Verkäufer in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft
der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser
Eigenschaft einzustehen. Dabei gibt weniger der Wille des Verkäufers den Ausschlag; vielmehr kommt es
entscheidend darauf an, wie der Käufer die Erklärung des Verkäufers nach Treu und Glauben verstehen durfte
(BGH NJW 1997, 2318).
1. Die Angabe des Beklagten auf dem Beschriebzettel des PKWs, der Wa-
gen befinde sich in einem ,Top-Zustand", war keine Zusicherung im Sinn von §§ 459 Abs. 2 und 463 Satz 1 BGB,
wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Der Senat folgt insoweit nicht der vom Kläger zitierten Entscheidung
des Landgerichts Würzburg (DAR 1991, 152); das weiter angesprochene Urteil des Oberlandesgerichts Köln (MDR
1990, 548) behandelt die Zusicherung einer Fahrleistung. Der Begriff "Top-Zustand" hat für einen verständigen
Käufer erkennbar nur anpreisenden und werbenden Charakter und ist zu wenig konkret und zu unbestimmt, um
daraus die Erklärung des Verkäufers herleiten zu können, er wolle für das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften
im Rechtssinn einstehen. Eine solch allgemein gehaltene Anpreisung wird von der Rechtsprechung weit überwiegend
und mit Recht nicht als Zusicherung gewertet (z.B. OLG Oldenburg MDR 1984, 1024; OLG Karlsruhe Die Justiz
1992, 184; OLG Köln VersR 1988, 1158; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 6. Aufl., Rn. 1831 ff.). Es kommt daher
nicht darauf an, ob der Pkw die vom Kläger behaupteten Mängel zum Zeitpunkt der Übergabe hatte.
2. Angaben über die Gesamtfahrleistung eines Fahrzeugs auf einem Ver-
kaufsschild oder Beschriebzettel werden hingegen als Zusicherung einer Eigenschaft angesehen (grundlegend BGH
NJW 1975, 1693, 1694 f.). Der Beklagte hat hier jedoch auf dem Verkaufszettel keine Fahrleistung mitgeteilt,
sondern die Eintragung lautete lediglich: ,Tachostand: 70.000". Zweifelhaft könnte sein, ob sich der Beklagte auch
damit verpflichtet hat, für eine bestimmte Laufleistung des Motors oder des Pkws einzustehen, oder ob er - wie das
Landgericht gemeint hat - lediglich den abgelesenen Stand des Kilometerzählers mitteilen wollte, der im übrigen
unstreitig 70.583 km betrug (vgl. z.B. einerseits OLG Ol-
denburg MDR 1978, 844 und andererseits OLG Hamm MDR 1980, 847). Diese
Rechtsfrage braucht indes nicht entschieden zu werden; ebensounerheblich ist die Behauptung des Klägers, die
Fahrleistung des nahezu vier Jahre alten PKWs habe mindestens 75.000 km betragen. Selbst wenn dies zuträfe,
ergäbe sich daraus keine für den Kläger günstige Rechtsfolge. Eine derartige Zusicherung hat nicht den exakten
Kilometerstand, sondern nur
die bisherige Fahrleistung innerhalb bestimmter Grenzen zum Gegenstand.
Auch der Käufer muß redlicherweise davon ausgehen, daß dem Verkäufer ge-
wisse Abweichungen zwischen den Tachometerangaben und der tatsächlichen
Gesamtfahrleistung unbekannt bleiben und er insoweit ersichtlich keine Gewähr übernehmen will. Aus diesem Grund
sichert der Verkäufer auch ohne ausdrückliche Einschränkung nur zu, daß die von ihm angegebene Fahrleistung
nicht entscheidend überschritten wird (BGH NJW 1975, 1693, 1695; Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 1722, 1730 mit
weiteren Nachweisen). Wo und wie die Grenze zu ziehen ist, ist in der Rechtsprechung bisher offengeblieben.Auch
der vorliegende Fall zwingt zu keiner grundsätzlichen Entscheidung. Eine Überschreitung von 5.000 km bei einer
Zusicherung von 70.000 km (= 7,1 %) liegt jedenfalls in einem Bereich, den ein verständiger Käufer eines nahezu
vier Jahre alten Pkws als noch geringfügig hinzunehmen hat. Beim Erwerb im Mai 1997 eines im Juli 1993 erstmals
zugelassenen Autos spielt es keine entscheidende Rolle, ob es bereits 75.000 oder 70.000 km gefahren wurde. Auf
die Entscheidung des Kaufinteressenten ist dieser Umstand von zu vernachlässigender Bedeutung, und auch die
Preisgestaltungdurch den Verkäufer wird dadurch kaum oder gar nicht beeinflußt. Eine falsche Zusicherung im Sinn
von
§§ 459 Abs. 2, 463 Satz 1 BGB ist damit nicht verbunden.