Urteil des OLG Oldenburg vom 18.12.1990
OLG Oldenburg: öffentliche ordnung, tankanlage, betreiber, zustand, stadt, heizöl, firma, behörde, dichtigkeit, erfüllungsgehilfe
Gericht:
OLG Oldenburg, 12. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 12 U 76/90
Datum:
18.12.1990
Sachgebiet:
Normen:
GG Art. 34, WASSERG NDS § 163
Leitsatz:
Die Überwachung einer Ölheizungsanlage aufgrund § 163 I 1 NdsWasserG durch den Technischen
Überwachungsverein ist Erfüllung einer hoheit- lichen Aufgabe
Volltext:
Oberlandesgericht Oldenburg
12 U 76/90
(7 0 17/90 LG Osnabrück)
Verkündet am 18. Dezember 1990
... Jae.,
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Urteil
IM NAMEN DES VOLKES!
in dem Rechtsstreit
wegen Schadensersatzes aus ÖlunfaIl
hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhand-lung vom 4. Dezember 1990
unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlan-desgericht ... der Richterin am Oberlandesgericht ... und
des Richters am Landgericht für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 28. August 1990 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7.
Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück geändert: Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird festgestellt, daß der Klägerin gegen den Beklagten anläßlich der von diesem an der
Tankanlage der Klägerin am 25.11.1988 durchgeführten wieder-kehrenden Prüfung Schadensersatzansprüche nicht
zustehen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8.500,- DM abwenden, wenn nicht der
Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Wert der Beschwer und Streitwert für die Berufungsinstanz:
41.000,-- DM.
Tatbestand:
Die im Jahre 1916 geborene Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in An-spruch. Sie ist Eigentümerin
eines um die Jahrhundertwende erbauten Mehrfamilien-hauses in ... , das im Wasserschutzgebiet III liegt. 1968
wurde eine Ölheizung in das Haus installiert, welche die Stadt im April 1968 genehmigte. Am 25.11.1988 führte der
Angestellte des Beklagten Dipl. Ing. ... die periodisch im Abstand von fünf Jahren. durchzuführende Überprüfung der
Heizungsanlage durch und fertigte über das Ergebnis einen formularmäßigen Prüfbericht vom gleichen Tage, in dem
es heißt: “Die Anlage entspricht der VAwS.“ Die Klägerin zahlte dafür 128,82 DM. Am 7.6.1989 wurde die aus vier
kommunizierenden Batterietanks mit einem Fassungsvermögen von je 1.000 l be-stehende Tankanlage mit 3.127 l
Heizöl aufgefüllt. Die Tanks waren in einem Keller-raum von etwa 5 m Größe aufgestellt, dessen Eingang mit einer
1.06 m hohen Mauer verschlossen und nur durch eine darüber befindliche Klappe zugänglich war. Die Wän-de und
der Boden waren mit einem Schutzanstrich versehen. In dem Raum hatte sich. früher eine Toilette befunden. Das
WC-Schmutzwasserabflußrohr schloß mit dem Fuß-boden ab und war wie dieser mit einer dünnen, homogen über
das Rohrende hinweg-gehenden und mit grauem Anstrich versehenen Estrichschicht aus mineralischem Mate-rial
abgedeckt. Nach der Neubefüllung der Tankanlage entstand durch lnnenkorrosion an der Sohle eines der
Batterietanks ein etwa 20 mm großes Loch. Am 14.8.1989 stellte die mit einer Reparatur beauftragte Firma fest, daß
der Tankinhalt bis auf einen geringen Rest ausgelaufen war. Untersuchungen ergaben, daß das Heizöl durch den
Fußboden, vermutlich durch das WC-Rohr und zwischen diesem und der Kellersohle entlang zu einem geringen Teil
in den Schmutzwasserkanal und zum weitaus größeren Teil in das Erdreich unter dem Öllagerraum gelangt war.
1. Das Amt für öffentliche Ordnung der Stadt ... gab der Klägerin mit Verfügung vom 30.6.1989 auf, näher
bezeichnete Sanierungsarbeiten durchführen zu lassen.
2. Die Klägerin verlangt mit der Klage von dem Beklagten Ersatz von mehreren Rech-nungsbeträgen, die sie für die
Beseitigung des Schadens aufgewendet hat.
Sie hat ausgeführt: Der Angestellte der Beklagten ... habe die Anlage nicht mit der er-forderlichen Sorgfalt überprüft;
er hätte erkennen können und müssen, daß der Ölauf-fangraum nicht hinreichend dicht war, insbesondere hätte ihm
der nicht ordnungsgemä-ße Verschluß des Entwässerungsrohres auffallen müssen; er hätte sie ferner darauf
hinweisen müssen, daß die bereits 20 Jahre alten einwandigen Batterietanks nicht mehr hinreichend sicher waren.
Sie habe den Beklagten mit der Überprüfung der Anlage be-auftragt, um damit ihrer Betreiberpflicht zu genügen. Der
Beklagte hafte für das Ver-schulden seines Erfüllungsgehilfen.
Sie habe für erste Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen zur Ermittlung der Scha-densursache 2.413,81 DM
(Rechnung der Fa. ... und ... GmbH & Co. vom 29.6.1989), für Schachtarbeiten der Fa. ... GmbH im Gehwegbereich
2.407,51 DM (Rechnung vom 29.6.1989) ‚und für ein Gutachten des Chemischen Labors ... 255,36 DM (zwecks Stel-
lungnahme zu dem Sanierungsvorschlag der Fa. ... entsprechend dem Angebot vom 7.7.1989, Rechnung vom
18.7.1989), aufgewendet. Sie sei inzwischen für Kosten in Höhe von 121.272,73 DM in Anspruch genommen
worden.
Die Klägerin hat beantragt.
den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.076,68 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 14.8.1989 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
ferner widerklagend,
festzustellen, daß der Klägerin gegen ihn anläßlich der von ihm am 25.11.1988 durchgeführten wiederkehrenden
Prüfung ihrer Tankanlage Schadensersatzan-sprüche nicht zustehen.
Er hat ausgeführt: Die im Jahre 1968 genehmigte Tankanlage sei - das ist unstreitig - bis zum 25.11.1988 nicht
verändert worden. Wegen der Enge des Ölauffangraumes habe ... diesen nur über die Mauerbrüstung hinweg mit
einer Taschenlampe ausleuch-ten können. Dabei seien für ihn keine Schäden und sei insbesondere das nicht ord-
nungsgemäß verschlossene WC-Schmutzwasserrohr nicht erkennbar gewesen. Die Anlage habe auf ihn einen
überdurchschnittlich guten Eindruck gemacht. Der anwesen-de Monteur habe ihm erklärt, daß die Firma ... und ... die
Anlage regelmäßig warte und daß diese in Ordnung sei. Die wiederkehrende Prüfung der Anlage habe die erforderli-
che eigene Überwachung durch die Klägerin als Betreiberin nicht ersetzt. Nach den maßgeblichen Prüfungsrichtlinien
habe der Sachverständige nur eine visuelle Prüfung vorzunehmen. Den Zinsanspruch bestreitet er nach Grund und
Höhe.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Der Einzelrichter der 7. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück hat nach Beweisauf-nahme der Klage bis auf einen
Teil des Zinsanspruches stattgegeben und die Wider-klage abgewiesen: Aufgrund des Beweisergebnisses stehe zur
Überzeugung des Ge-richts fest daß der Erfüllungsgehilfe des Beklagten die diesem nach dem von der Kläge-rin
erteilten Auftrag obliegenden vertraglichen Verpflichtungen verletzt und damit ur-sächlich den ihr entstandenen
Schaden herbeigeführt habe.
Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht eingereichten und begründeten Berufung. Er
wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergän-zend vor: Er sei nicht passiv legitimiert. Denn die
wiederkehrende Überprüfung der Tankanlage diene der Reinhaltung des Grundwassers und der Abwendung von
Gefah-ren für die Allgemeinheit, sie stelle eine hoheitliche Tätigkeit dar. Er sei nicht aufgrund eines privatrechtlichen
Auftrages der Klägerin tätig geworden, um mit der Überprüfung deren Betreiberpflicht zu erfüllen. Sein Angestellter ...
habe seine Sorgfaltspflicht nicht verletzt; eine genauere Überprüfung der Anlage sei wegen der räumlichen Gegeben-
heiten nicht möglich gewesen. Die nähere Überprüfung der Öltanks auf Korrosions-schäden sei nicht seine Aufgabe
gewesen, sondern sei Aufgabe der Wartungsfirma.
Er beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen, ferner, auf die Wi-derklage festzustellen, daß der
Klägerin gegen ihn anläßlich der von ihm durch-geführten wiederkehrenden Prüfung Schadensersatzansprüche nicht
zustehen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das ange-fochtene Urteil. Sie trägt
ergänzend vor: Der Beklagte sei nicht von Amts wegen hoheit-lich im Sinne des § 639 BGB tätig geworden, sondern
habe die Überprüfung allein auf-grund eines privatrechtlichen Rechtsverhältnisses mit ihr durchgeführt. Er sei mit
Rück-sicht auf die Regelungen in § 163 NWG i. V. mit der VAwS tätig geworden. Diese Fall-gestaltung sei nicht
vergleichbar mit der Tätigkeit eines Prüfingenieurs für Baustatik und des amtlich anerkannten Sachverständigen für
den Kraftfahrzeugverkehr. In Bezug auf die Überwachung von Anlagen nach § 161 Abs. 1 und 2 NWG liege kein
behördliches Verwaltungsverfahren oder nur Verwaltungshandeln vor.
Sie meint, der Sachverständige ... hätte sie darauf hinweisen müssen, daß er bei den räumlichen Gegebenheiten die
gebotene Sicherheitsprüfung nicht gründlicher durchfüh-ren könne, und hätte das Sicherheitsattest nicht
uneingeschränkt erteilen dürfen. Dann hätte die Stadt ... sie zur Erfüllung ihrer Betreiberpflichten angehalten, und
Beanstan-dungen des Beklagten hätten sie, die Klägerin, dazu veranlaßt, Abdichtungs- und Vor-sorgemaßnahmen
zu treffen. ... sei verpflichtet gewesen, die Tanks auf ihre Dichtigkeit hin zu untersuchen. Bei ordnungsgemäßer
Überprüfung hätten ihm jedenfalls Undich-tigkeiten des Ölauffangraumes auffallen müssen.
Wegen der weitergehenden Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vor-getragenen lnhalt der von den
Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die gerichtlichen Sitzungsniederschriften und das angefochtene
Urteil verwiesen.
Die Akten des Beweissicherungsverfahrens ... des Amtsgerichts Osnabrück und die staatsanwaltschaftlichen
Ermittlungsakten ... StA Osnabrück waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Schadensersatzanspruch wegen mangel-hafter Überprüfung ihrer
Ölheizungsanlage im November 1987 zu. Denn der Sachver-ständige Dipl.-Ing. ... ist nicht in Erfüllung einer
vertraglichen Verpflichtung des Beklag-ten als dessen Erfüllungsgehilfe, sondern vielmehr in Erfüllung einer
hoheitlichen Auf-gabe des Beklagten als „beliehener Unternehmer“ tätig geworden. Für eine etwaige
Amtspflichtverletzung hätte daher nicht der Beklagte, sondern den Staat nach § 839 BGB i. V. mit Art 34 GG zu
haften.
Die Klägerin traf als Betreiberin einer Ölheizungsanlage nach § 163 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen
Wassergesetzes (Nds.WG) die Verpflichtung, die Dichtigkeit der Anlage und die Funktionsfähigkeit der
Sicherheitseinrichtungen ständig zu überwachen. Nach § 163 Abs. 1 Satz 3 NdsWG ist bzw. war sie darüberhinaus
verpflichtet, die Anla-ge “durch einen zugelassenen Sachverständigen auf den ordnungsgemäßen Zustand
überprüfen zu lassen.“ Nach § 19 Abs. 2 der aufgrund der Ermächtigung in § 167 NdsWG erlassenen Verordnung
über Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen wassergefährdender Stoffe (Anlagenverordnung- VAwS) vom
17.4.1985 hatte bzw. hat sie die Ölheizungsanlage spätestens alle fünf Jahre “durch einen zugelassenen Sach-
verständigen“ überprüfen zu lassen, und dieser hat darüber der unteren Wasserbehör-de und dem Betreiber
unverzüglich einen Prüfbericht vorzulegen (Abs. 4). Eine Ver-pflichtung, die Anlage periodisch wiederkehrend durch
einen zugelassenen Sachver-ständigen“ überprüfen zu lassen, sieht auch § 19 i des bundesrechtlichen Rahmenge-
setzes, des Wasserhaushaltsgesetzes, vor, und zwar neben der Verpflichtung zur Selbstüberwachung durch den
Betreiber. Die Überprüfung durch den Sachverständigen nach § 19 i Abs. 2 Satz 3 WHG ist Teil der behördlichen
Überwachung und von der Selbstüberwachung des Betreibers zu unterscheiden (Gieseke/Wiedemann/Czychowski
Wasserhaushaltsgesetz 5. Aufl., § 19 i WHG Rdnr. 10).
Die Tätigkeit des Sachverständigen im Rahmen der genannten Vorschriften ist nach dem Charakter, ihrer Bedeutung
und nach ihrem Sinn und Zweck mit derjenigen zu ver-gleichen, die der amtlich zuerkannte Sachverständige für den
Kraftfahrzeugverkehr des Technischen Überwachungsvereins im Rahmen der ihm durch die StVZO zugewiese-nen
Aufgaben ausübt. Dieser wird nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesge-richtshofs, welcher der Senat
folgt, dabei hoheitlich tätig (BGHZ 49, § 108 f., 111 – 113; BGH NJW 73, § 458 f.; vgl. auch OLG Köln, NJW 89,
2065 f). Die Tätigkeit des TÜV-Sachverständigen bei der Überprüfung von Ölheizungsanlagen nach § 19 i Abs. 3
WHG und den entsprechenden landesrechtlichen Gesetzesregelungen kann nach Auffassung des Senats nicht
anders beurteilt werden: Während die Prüftätigkeit des TÜV-Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr die
Sicherheit des Straßenverkehrs be-zweckt, so bezweckt die Prüftätigkeit des “zugelassenen Sachverständigen“ hier
die Reinhaltung der Gewässer zum Schutze der Allgemeinheit und der Umwelt. In beiden Fällen handelt es sich um
staatliche, hoheitlich geregelte Aufgaben. Die § 19 g – l WHG stehen gleichrangig neben dem Gewerbe-, dem
Immissionsschutz- und dem Bauord-nungsrecht sowie den Transportvorschriften (Gieseke/Wiedermann/Czychowski
a.a.0. § 19 g –19 l WHG Vorbemerkung Rn. 8). Bei den in § 19 i WHG geregelten Betreiber-pflichten handelt es sich
um eine nähere, aus der latenten Gefährlichkeit der Anlagen ergebende Bestimmung von Inhalt und Schranken des
Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (Gieseke/Wiedemann/Czychowski a.a.0. § 19 i Rdnr. 2). Die
Über-prüfung durch Sachverständige nach § 19 i Abs. 1 Satz 3 WHG ist Teil der behördlichen Überwachung, eine
“vorbereitende Teilnahme an der Ausübung staatlicher Funktionen“ (Anm. Rdnr. 10 - 212 ebenda). Zwar ist die
Erteilung des Prüfzeugnisses durch den zu-gelassenen Sachverständigen nach § 163 NdsWG nicht Voraussetzung
für die Ertei-lung einer Erlaubnis, wohl aber dafür, daß hoheitliches Verwaltungshandeln unterbleibt.
Der von dem Klägervertreter mit Schriftsatz vom 28.11.1990 angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs
(NJW 78, 2549) liegt ein Fall zugrunde, der dem hier zu ent-scheidenden nicht gleichgelagert ist. Dort ging es um die
Erteilung einer unrichtigen Prüfbescheinigung durch ein Hochschulinstitut als vom Bundesminister für Arbeit und
Sozialordnung bezeichnete Prüfstelle aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages, die der zuständigen Behörde
Veranlassung gegeben hatte, auf eigene Feststellungen zu der Frage zu verzichten, ob die überprüften Geräte den
Anforderungen des Gesetzes über technische Arbeitsmittel entsprachen. Nach den dort maßgeblichen Vorschriften
findet, worauf der Bundesgerichtshof abgehoben hat, keine allgemeine staatliche Prä-ventivkontrolle der für den
Absatz bestimmten technischen Arbeitsmittel und gleichge-stellten Gegenstände statt, sondern bleibt es in erster
Linie der Eigenverantwortung der Hersteller überlassen, für den sicherheitstechnischen Standard ihrer Erzeugnisse
zu sorgen. Der Staat macht sich zwar die besondere Sachkunde der Prüfstelle auf ihrem Sachgebiet zu eigen, diese
wird dazu aber nicht zum beliehenen Unternehmer und wird nicht derartig eng in die Verwaltungstätigkeit der
staatlichen Behörde einbezogen, daß man ihre Prüftätigkeit - anders als die des Prüfingenieurs für Baustatik und des
amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr, deren Handeln nach Amtshaftungsgrundsätzen
behandelt worden ist - der staatlichen Behörde zurechnen könnte, zumal diese keine allgemeine vorbeugende
Kontrolle ausübt.
Nach dem Inhalt des formularmäßigen Prüfberichts des Dipl.-lng. ... handelte es sich bei der Überprüfung der
Ölheizungsanlage der Klägerin im November 1988 um eine wie-derkehrende Überprüfung durch den zugelassenen
Sachverständigen im Sinne der ge-nannten Vorschriften, die der Betreiber durchführen lassen und mit welcher er
folglich den zugelassenen Sachverständigen - den Technischen Überwachungsverein - beauf-tragen muß, falls
dieser sich nicht ohnehin turnusmäßig meldet. Ob die Klägerin ohne besondere Aufforderung durch die zuständige
untere Wasserbehörde oder den Be-klagten an diesen herangetreten oder ob sie aufgefordert worden ist, die
periodisch fäl-Iige Überprüfung durchführen zu lassen, ist für die Zuordnung unerheblich. Daß es sich um eine von
der Klägerin gesondert in Auftrag gegebene gehandelt habe, die mit der periodisch durchzuführenden Überprüfung
nichts zu tun hatte, oder daß sie den Sach-verständigen mit einer über den Rahmen der üblichen wiederkehrenden
Überprüfung hinausgehenden Untersuchung bestimmter Teile der Anlage beauftragt hatte, hat die Klägerin - trotz
Auflagen - nicht vereinzelt dargelegt; der Inhalt des formularmäßigen Prüfberichts spricht dagegen. Es ist daher
mangels anderweitiger vereinzelter Darle-gung eines anderen Auftragsinhalts davon auszugehen, daß es sich - wie
bei der re-gelmäßigen Kontrolle des Zustands aller zugelassenen Fahrzeuge nach § 29 StVZO durch einen amtlich
anerkannten Sachverständigen, die im Interesse der Öffentlichkeit zur Abwehr der von einem Fahrzeug
ausgehenden besonderen Gefahren angeordnet ist - um eine behördliche Überwachungstätigkeit handelte und nicht
um die bloße Über-nahme einer dem Betreiber einer solchen Anlage auferlegten Pflicht, im Interesse der
Allgemeinheit die wassergefährdende Anlage auf ihren ordnungsgemäßen Zustand hin periodisch überprüfen zu
lassen (ebenso wie ein Fahrzeughalter den ordnungsgemä-ßen Zustand seines Fahrzeugs periodisch überprüfen zu
lassen hat). Auch hier läßt die wiederkehrende Überprüfung durch den zugelassenen Sachverständigen daher die
dem Betreiber durch § 163 NdsWG auferlegte Pflicht unberührt, den ordnungsgemäßen Zustand seiner
wassergefährdenden Anlage ständig selbst zu überwachen (OLG Köln NJW 1989, 2065 für §§ 29, 29 a StVZO).
Es ist daher davon auszugehen, daß der Dipl.-lng. ... hoheitlich tätig geworden ist. Für eine etwaige Pflichtverletzung
haftet daher nicht der beklagte TÜV sondern das Land Niedersachsen, das ihm die Zulassung erteilt hat.
Aber selbst wenn man von dem Bestehen eines privatvertraglichen Prüfungsauftrages ausginge, stünde der Klägerin
kein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu, da eine schadensursächliche Verletzung vertraglicher
Pflichten weder ersichtlich noch durch das Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme und das
Be-weissicherungsgutachten bewiesen ist.
Aus dem unstreitigen Sachverhalt ist zu entnehmen, daß die Batterietanks zur Zeit der Überprüfung der Anlage
durch den Dipl.-lng. ... im November 1988 kein Leck hatten. Das durch Innenkorrosion entstandene Leck, durch
welches das Heizöl später ausge-laufen ist, ist aller Wahrscheinlichkeit nach erst kurz vor der Entdeckung des
Schadens entstanden; das ergibt sich aus den im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren eingeholten
Gutachten des TÜV Hannover vom 27.5.1989 und 12.7.1989 (BI. 47 f., 52 der staatsanwaltschaftlichen
Ermittlungsakten). Nach dem Gutachten des Instituts für Materialkunde des TÜV Hannover wird nämlich das
“aggressive Medium“ (Säure oder Sauerstoff) bei einer Leckage in der Regel sofort ausgespült, damit kommt die
Korrosi-on zum Stillstand und das Loch wird nicht mehr größer. Das Loch muß folglich kurz vor dem Ölunfall
entstanden sein. Weiter wird gutachterlich festgestellt, daß 3.600 l Öl aus einem Loch der festgestellten Größe in
einem Zeitraum von etwa 40 Stunden auslau-fen. Daraus ergibt sich zwingend, daß der Tank im November 1988
noch dicht war. Da das Leck durch lnnenkorrosion entstanden ist und die Klägerin nicht vorträgt, daß sie den
Sachverständigen damit beauftragt habe, die Tanks auch auf Innenkorrosion hin zu untersuchen und sich nichts
dafür ergeben hat, daß die Korrosion bereits äußerlich er-kennbar war, kann dem Sachverständigen nicht
vorgeworfen werden, daß er die latente Gefahr der Korrosion der Öltanks nicht als risikonah erkannt hat. Daß die
Tanks bereits rund 20 Jahre alt waren, gab dem Sachverständigen des Beklagten keine Veranlas-sung, eine
weitergehende Überprüfung der Tanks auf ihre Dichtigkeit hin anzuregen, zumal der Monteur ... von der Fa ... und ...
bei der Überprüfung durch ... zugegen war; diese Firma wartete die Anlage regelmäßig, und ... bestätigte
ausdrücklich den Eindruck des Sachverständigen, daß die Anlage in Ordnung war. Unter diesen Umständen durfte
der DipI.-lng. ... davon ausgehen, daß die Wartungsfirma die Anlage und insbesondere die Tanks regelmäßig
überprüfte. Die Schlauchverbindungen und Anschlüsse hat der Sachverständige nach seiner eigenen Bekundung und
der des Zeugen ... sorgfältig ab-geleuchtet und überprüft.
Daß der Zeuge ... das von dem Estrich überzogene frühere WC-Entwässerungsrohr nicht bemerkt hat, ist ihm nicht
vorzuwerfen. Bei der Abnahme der Anlage im Jahre 1968 ist offenbar nicht aufgefallen, daß das WC-
Entwässerungsrohr nicht ordnungsge-mäß abgedichtet und verschlossen war; das läßt darauf schließen, daß das
Rohrende sich damals weder durch Farbabweichung noch als Unebenheit im Fußboden abzeich-nete. Die
Ausführungen des Sachverständigen ... zur Erkennbarkeit des WC-Abflußrohres bei der Überprüfung im November
1988 basieren, wie der Sachverständi-ge selbst zum Ausdruck bringt, auf Vermutungen. Als Dr. ... den Raum
besichtigte, wa-ren die Tanks ausgebaut und das WC-Rohr freigelegt. Er hat aus dem Vorhandensein einer 3
Millimeter starken Mörtelschicht als Überdeckung in der Nachbarschaft des Roh-rendes geschlossen, daß diese
Mörtelschicht ursprünglich über die Rohröffnung hin-weggezogen war, und daraus nach seiner Erfahrung gefolgert,
daß sich das Rohrende kreisfömig im Fußbodenanstrich abgezeichnet haben müsse. Der Senat hält nach dem
Obenangeführten diese Schlußfolgerung jedoch nicht für zwingend. Darüberhinaus hätte auch eine derartige
Abzeichnung im Farbanstrich des Fußbodens nicht zwingend darauf schließen lassen, daß sich dort ein nicht
ordnungsgemäß verschlossenes Roh-rende im Fußboden befand, sondern auch vermuten lassen können, daß dort
ein Farb-eimer oder Glas gestanden haben könnte, wie der Sachverständige auch eingeräumt hat. Nach dem
Gutachten des Sachverständigen Dr. ... ist ferner nicht ersichtlich, daß der wasser- und ölundurchlässige
Schutzanstrich der Wände in der Höhe, in der ein Schutzanstrich erforderlich war, damit der Ölauffangraum den
Inhalt der Batterietanks notfalls aufnehmen konnte, Risse aufwies, die dem Dipl.-Ing. ... bei ordnungsgemäßer
Prüfung, hätten auffallen müssen. Zum einen konnte ... den Ölauffangraum nur zum Teil einsehen, zum anderen ist
nicht genügend sicher auszuschließen, daß Schäden in dem Bereich, in dem die Schutzschicht erforderlich war, erst
nach November 1988 entstan-den sind. Schon durch den Ausbau der Tanks, die Bohrungen und das Einreißen der
den Eingang verschließenden Mauer haben sich die bei der Prüfung des Sachverstän-digen ... vorgefundenen
räumlichen Verhältnisse völlig verändert.
Die Klägerin hat nach allem auch weder hinreichend dargelegt noch bewiesen, daß der Sachverständige des
Beklagten bei seiner visuellen Überprüfung der Ölheizungsanlage nicht die erforderliche Sorgfalt angewandt und
seine vertraglichen Pflichten schuldhaft verletzt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Nebenentscheidungen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Wert der Beschwer ist nach § 546 Abs. 1 ZPO festgesetzt worden.
... ... ...