Urteil des OLG Oldenburg vom 13.01.1992
OLG Oldenburg: familie, behandlungsvertrag, krankenkasse, bezahlung, beihilfe, mithaftung, restschuld, behörde, genom, schlüsselgewalt
Gericht:
OLG Oldenburg, 13. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 13 U 151/91
Datum:
13.01.1992
Sachgebiet:
Normen:
Keine Normen eingetragen
Leitsatz:
Zur Verpflichtung zur Bezahlung von Krankenhaushonorar nach § 1357 BGB
Volltext:
Der verstorbene Ehemann der Beklagten wurde in der Zeit vom 06.
April bis zum 03. Mai 1989 im Krankenhaus der Beklagten wegen
einer Tumorerkrankung stationär behandelt. Auf die Gesamtforderung
von 10.275,39 DM hat der Ehemann der Beklagten noch zu Lebzeiten
4.775,39 DM gezahlt. Hinsichtlich des Restbetrages hat er zwar die
Beihilfe seiner Behörde und seiner Krankenkasse in Anspruch genom-
men; den Betrag aber nicht an die Klägerin abgeführt. Diese ver-
langt von der Beklagten aus der sogenannten "Schlüsselgewalt"
Bezahlung der Restschuld. Das Landgericht hat durch das angefoch-
tene Urteil die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
(Aus den Entscheidungsgründen:)
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das
Landgericht hat der Klägerin zu Recht einen Anspruch aus § 1357
BGB auf Begleichung der Restforderung aus der Krankenhausbehand-
lung zugebilligt. Daß die Inanspruchnahme eines Arztes und eines
Krankenhauses zu den Geschäften gehören, die "zur angemessenen
Deckung des Lebensbedarfs der Familie" im Sinne des §·1357 BGB
zählen, ist allgemeine Rechtsauffassung (vgl. BGH NJW 85, 1394);
zumindest gilt das für notwendige Behandlungen. Die Notwendigkeit
der Behandlung eines krebsbedingten Tumors kann aber nicht frag-
lich sein. Eine Einschränkung wird allerdings für den Fall vor-
genommen, daß die Kosten im Verhältnis zum Familieneinkommen un-
gewöhnlich hoch sind. Maßstab muß jedoch der einzelne Behandlungs-
auftrag sein, es dürfen nicht die Gesamtbehandlungskosten sein,
die dem Vertragspartner in der Regel auch gar nicht bekannt sein
können (so zutreffend LG Koblenz NJW 81, 1324). Im vorliegenden
Fall beliefen sich die Kosten der Tumorbehandlung auf 10.275,39
DM. Sie waren durch die Beihilfe und durch die Krankenversicherung
des Ehemannes der Beklagten abgesichert. Insofern unterscheidet
sich diese Sache wesentlich von der vom BGH am 27. November 1991
(Az. XII ZR 226/90) entschiedenen, in der der behandelte Ehemann
der aus § 1357 in Anspruch genommenen Ehefrau zahlungsunfähig
geworden und nicht mehr krankenversichert war. Der Ehemann der
Beklagten dieses Rechtsstreits hatte als Rechtspfleger ein solides
Einkommen. Deshalb kann bei regelmäßigem Verlauf der Dinge keine
Rede davon sein, daß durch den Behandlungsvertrag ungewöhnlich
hohe Kosten auf die Beklagte entfielen, wenn man von ihrer Mitver-
pflichtung durch den Behandlungsvertrag ausgeht. Da die Beklagte
nicht dargetan hat, welche Verwendung der von Krankenkasse und
Beihilfe gezahlte Betrag von 5.500,- DM gefunden hat, muß davon
ausgegangen werden, daß dieser Betrag in den Familienhaushalt ein-
geflossen ist. Dann besteht umsoweniger Veranlassung, entgegen der
Regelung des § 1357 BGB die Beklagte von einer Mithaftung auszu-
nehmen. Der Gesetzgeber hat mit der im Rahmen des Gleichberechti-
gungsgesetz vollzogenen Erweiterung der Haftung aus der Schlüssel-
gewalt die Rechtsstellung der Gläubiger stärken wollen. Dieser
Intention des Gesetzgebers entspricht es, nicht nur alltägliche
Geschäfte, sondern auch solche, die größere Kosten verursachen,
aber dem Erhalt der Familie dienen, von der Regelung des § 1357
BGB umfaßt zu sehen. Lediglich völlig aus dem Rahmen fallende
Kosten müssen ausscheiden. Solche macht die Klägerin aber nicht
gegen die Beklagte geltend.