Urteil des OLG Oldenburg vom 04.11.1992

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Gericht:
OLG Oldenburg, 04. Familiensenat
Typ, AZ:
Urteil, 4 UF 74/92
Datum:
04.11.1992
Sachgebiet:
Normen:
ZPO § 836 ABS 1, ZPO § 829 ABS 1, HINTERLO § 13 ABS 1, HINTERLO § 13 ABS 2 .
Leitsatz:
Ein bestandskräftiger Pfändungs- und Überweisungsbeschluß nimmt in der Regel einer Klage auf
Bewilligung der Auszahlung zur Erfüllung der ge- pfändeten Forderung hinterlegter Gelder das
Rechtsschutzbedürfnis.
Volltext:
Die Herausgabe des hinterlegten Betrages an die Klägerin setzte
gemäß § 13 Abs. 1 Hinterlegungsordnung deren Antrag und den Nach-
weis ihrer Berechtigung voraus. Gemäß § 13 Abs. 2 Ziffer 1 Hinter-
legungsordnung ist dieser Nachweis namentlich als geführt anzuse-
hen, wenn die übrigen Beteiligten, hier also der Beklagte, die
Herausgabe bewilligen. Aus der Formulierung "namentlich" geht her-
vor, daß die Art des Nachweises in § 13 Abs. 2 Hinterlegungsord-
nung nicht abschließend geregelt ist. Welche Tatsachen nachgewie-
sen werden müssen, hängt davon ab, aus welchem Rechtsgrund im Ein-
zelfall hinterlegt worden ist (Bülow/Mecke, Hinterlegungsordnung,
2. Aufl., § 13 Rn. 25).
Der Arbeitgeber des Beklagten hatte am 26.04.1991 hinterlegt, weil
zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Rechtsbehelfe des Beklagten Zwei-
fel an der Wirksamkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses
des Amtsgerichts Wetter vom 02.04.1991 bestanden. Hierzu war er
berechtigt (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 50. Aufl., §
835 Anm. 6).
Mit dem Beschluß des Landgerichts Hagen vom 17.06.1991, durch den
die sofortige Beschwerde des Beklagten zurückgewiesen wurde, war
die Ungewißheit über die Wirksamkeit des Pfändungs- und Überwei-
sungsbeschlusses und damit der Hinterlegungsgrund entfallen. Da-
nach stand fest, daß die Klägerin gemäß § 836 Abs. 1 ZPO zur Ein-
ziehung der Forderung berechtigt war, zu deren Erfüllung hinter-
legt worden war. Durch die Überweisung der Forderung zur Einzie-
hung wurde die Klägerin zwar nicht zur Inhaberin der Forderung;
diese blieb vielmehr im Vermögen des Beklagten. Die Klägerin hatte
aber ein eigenes Einziehungsrecht, das sie zu allen im Recht des
Schuldners begründeten, der Befriedigung dienenden Maßnahmen be-
rechtigte. Die Klägerin durfte die Forderung im eigenen Namen ein-
ziehen, mit ihr aufrechnen und auf Leistung an sich klagen. Der
Beklagte war demgegenüber mit der Pfändung der Forderung nicht
mehr berechtigter Zahlungsempfänger (§ 829 Abs. 1 ZPO). Er durfte
über die Forderung nicht mehr verfügen (BGH NJW 1978, 1914; NJW
1982, 173, 174).
Danach war der bestandskräftige Pfändungs- und Überweisungsbe-
schluß des Amtsgericht Wetter vom 04.02.1991 auch zum Nachweis der
Berechtigung der Klägerin i. S. von § 13 Hinterlegungsordnung an
dem Betrag ausreichend, der zur Erfüllung der gepfändeten Forde-
rung hinterlegt worden war (vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 20.
Aufl., § 835 Rn. 20 sowie RG JW 1900, 424, 425). Es ist nicht vor-
getragen oder ersichtlich, welche Zweifel an der Berechtigung der
Klägerin bestanden, die nicht bereits Gegenstand der vorangegange-
nen Verfahren zwischen der Klägerin und dem Beklagten waren, und
die deshalb die Hinterlegungstelle hätten veranlassen können, ei-
nem Auszahlungsantrag der Klägerin, gestützt auf den bestandskräf-
tigen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, nicht stattzugeben.
Die Einwilligung des Beklagten war von der Bestandskraft des Pfän-
dungs- und Überweisungsbeschlusses an zur Auszahlung an die Kläge-
rin nicht mehr erforderlich. Der erst danach erhobenen Klage war
von vornherein nicht stattzugeben. Dahingestellt bleiben kann in-
soweit, ob außer dem Rechtsschutzbedürfnis auch ein materieller
Anspruch (als Anspruchsgrundlage insoweit käme § 812 BGB in Be-
tracht; vgl. BGHZ 35, 165, 170; 109, 240, 244) fehlte, weil die
Klägerin die Einwilligung des Beklagten nicht benötigte.