Urteil des OLG Oldenburg vom 27.03.1996

OLG Oldenburg: beschwerderecht, angemessenheit, mutwilligkeit, bewilligungsverfahren, anwaltskosten, datum

Gericht:
OLG Oldenburg, 12. Familiensenat
Typ, AZ:
Beschluß, 12 WF 51/96
Datum:
27.03.1996
Sachgebiet:
Normen:
ZPO § 127
Leitsatz:
Kein Beschwerderecht der Staatskasse zur Überprüfung, ob PKH-Bewilligung in getrennt geführten
Haushaltsverfahren von Familienangehörigen wegen erhöhter Anwaltskosten zulässig.
Volltext:
G r ü n d e :
In den Verfahren 7 F 114/95, 7 F 115/95 und 7 F 116/95 AG ...
machen die Kläger ihre Unterhaltsansprüche als getrennt lebende
Ehefrau bzw. volljährige Kinder jeweils gesondert geltend. Ihnen
ist für ihre Klagen jeweils durch Beschluß vom 17. November 1995
ratenfrei Prozeßkostenhilfe bewilligt worden.
Gegen diese Beschlüsse wendet sich die Landeskasse mit ihren Be-
schwerden. Sie macht geltend, daß die Rechtsverfolgung in geson-
derten Prozessen unnötige Mehrkosten veursache und daher mutwillig
sei. Hiergegen sei die Beschwerde nach § 127 Abs. 3 ZPO gegeben.
Die Beschwerden sind nicht statthaft und somit als unzulässig zu
verwerfen.
Denn im Bewilligungsverfahren kann eine Beschwerde der Staatskasse
nur darauf gestützt werden, daß eine Partei nach ihren wirtschaft-
lichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten habe (§ 127 Abs. 3 ZPO).
Daß nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der
Kläger Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung zu bewilligen
war, wird von der Beschwerde jedoch nicht in Frage gestellt. Ob
die Rechtsverfolgung in getrennten Prozessen durch die damit ver-
bundenen Mehrkosten als mutwillig anzusehen ist und deshalb Pro-
zeßkostenhilfe nicht hätte bewilligt werden dürfen, kann die
Staatskasse nach ihrer gesetzlich eingeschränkten Beschwerdebefug-
nis indes nicht geltend machen. Der Gesetzgeber hat grundsätzlich
die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe der Beschwerde entzogen. Das
Beschwerderecht für die Staatskasse ist erst durch Gesetz vom 09.
Dezember 1986 (BGBl. I 2326) aus fiskalischen Erwägungen begründet
worden, um in den Fällen, in denen die Voraussetzungen für die ra-
tenfreie Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nicht gegeben waren,
eine zumindest teilweise Erstattung der Kosten zu erreichen, wel-
che der Staatskasse aufgrund des Bewilligungsbeschlusses entste-
hen. Dieses eingeschränkte Beschwerderecht der Staatskasse
schließt jede Aufhebung oder sachlich Einschränkung des Prozeß-
kostenhilfe bewilligenden Beschlusses aus; insbesondere ist die
erstinstanzliche Entscheidung vom Beschwerdegericht nicht auf die
sachlichen Voraussetzungen oder gar die Mutwilligkeit der Rechts-
verfolgung zu überprüfen (Münch-Komm. § 127 ZPO Rdn. 41). Der Se-
nat vermag sich daher nicht der im Beschluß vom 18. April 1994 (3
WF 30/94; Nds.Rpfl. 1994, 245) zum Ausdruck gebrachten Ansicht des
3. Zivilsenats anzuschließen.
Es ist auch nichts für eine greifbare Gesetzeswidrigkeit ersicht-
lich, welche in Ausnahmefällen ein weitergehendes Beschwerderecht
begründen könnte (vgl. Zöller-Philippi § 127 ZPO Rdn. 33 a). Für
das Verfahren 7 F 114/95 gilt dies bereits, weil in diesem Verfah-
ren durch die gesonderten Klagen auf Kindesunterhalt keine Mehrko-
sten entstehen. Die durch die unbeschränkte Bewilligung von Pro-
zeßkostenhilfe in den anderen Verfahren zum Ausdruck gekommene An-
sicht des erstinstanzlichen Gerichts, daß diese Art der Rechtsver-
folgung hier nicht mutwillig sei, kann angesichts des bestehenden
Beurteilungsspielraums nicht als krasser Verstoß gegen die gesetz-
liche Regelung angesehen werden. Ein solcher wäre jedoch Voraus-
setzung für eine ansonsten nicht statthafte Beschwerde (vgl. Zöl-
ler-Gummer § 567 ZPO Rdn. 19).
Ob die Erstattung der durch den Umfang der Beiordnung entstehenden
Mehrkosten in voller Höhe von der Staatskasse zu übernehmen (§ 122
Abs. 1 BRAGO) oder die Angemessenheit der Gebühren noch einer
Überprüfung im Festsetzungsverfahren zugänglich ist (vgl. hierzu
Hartmann, Kostengesetze § 121 BRAGO Rdn.24), bedarf in diesem Ver-
fahren keiner Entscheidung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.