Urteil des OLG Oldenburg vom 20.09.2001

OLG Oldenburg: treu und glauben, kaufvertrag, geldanlage, kaufpreis, verzinsung, quote, nichterfüllung, rückabwicklung, rückübertragung, rendite

Gericht:
OLG Oldenburg, 01. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 1 U 63/01
Datum:
20.09.2001
Sachgebiet:
Normen:
BGB 286 Abs 1 aF, BGB 305 aF
Leitsatz:
Zur konkludenten Vertragsaufhebung
Zur Schätzung eines Zinsausfallschadens gemäß § 287 ZPO
Volltext:
Oberlandesgericht Oldenburg
- 1 U 63/01 -
7 O 2965/00 LG Osnabrück
Verkündet am 20. September 2001
... , Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Im Namen des Volkes!
U r t ei l
In dem Rechtsstreit
H... K... , ... , ... B... B... ,
Beklagter und Berufungskläger,
- Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte ... -
gegen
M... R... , ... , ... W... ,
Kläger und Berufungsbeklagter,
- Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt ... -
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch die Richter ... , ... und ... auf die mündliche
Verhandlung vom 6. September 2001 für Recht er-kannt:
Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des
Landgerichts Osnabrück vom 24.04.2001 teilweise, näm-lich hinsichtlich der ausgeurteilten Zinsen
(Zahlungsausspruch im 2. Absatz des Te-nors), geändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6 % Zinsen auf 223.166 DM vom 5.5.1999 bis zum 11.5.1999 sowie auf
123.166 DM vom 12.5.1999 bis zum 10.12.1999 zu zah-len.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits (einschließlich des Berufungsverfahrens) trägt der Be-klagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer für beide Parteien übersteigt nicht 60.000 DM.
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird nach § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, sie hat jedoch überwiegend keinen Erfolg.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Zinsanspruch in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe.
Die dem Kläger zugesprochenen Zinsen sind unter dem Gesichtspunkt entgangenen Anlage-zinses als
Verzugsschadensersatz nach §§ 284 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB gerechtfertigt.
Der Beklagte war aufgrund eines zwischen den Parteien bestehenden Kaufvertrages über den Kauf von Milchquoten
mit der Zahlung des vereinbarten Kaufpreises in Höhe von 223.166 DM jedenfalls ab 5.5.1999 in Verzug geraten; ab
dem 12.5.1999 bis zum 10.12.1999 befand er sich jedenfalls mit einem geschuldeten Restkaufpreis von 123.166 DM
in Verzug.
Wie das Landgericht bereits zutreffend dargestellt hat, ist – trotz der Tätigkeit des vom Kläger aufgrund
Geschäftsbesorgungsvertrages vom 19.11.1998 eingeschalteten Maklers K... , der offensichtlich eigene
wirtschaftliche Interessen durchzusetzen versucht hat – zwischen den Parteien ein Kaufvertrag über
Milchreferenzmengen von 111583 kg zum Kaufpreis von 2 DM/kg, insgesamt also 223.166 DM zustande
gekommen. Dies ergibt sich jedenfalls eindeu-tig aufgrund des am 31.3.1999 niedergelegten und bei der zuständigen
Landwirtschaftskam-mer eingereichten schriftlichen Vertrages.
Nach § 2 des schriftlichen Vertrages war vom Beklagten der zu zahlende Kaufpreis 14 Tage nach Neuberechnung
der Referenzmenge bzw. Bestätigung der Übertragung einer ent-sprechenden Referenzmenge durch die Molkerei des
Erwerbers fällig. Die entsprechende Be-stätigung der Molkerei des Beklagten ist eventuell bereits in dem Schreiben
vom 30.3.1999 zu sehen, sie muß jedoch spätestens nach dem Schreiben der Molkerei E... vom 2.4.1999 und der
darin angesprochenen Buchung der Referenzmengen zugunsten des Beklagten ange-nommen werden. Danach war
gemäß § 2 des Kaufvertrages der Kaufpreis für die Referenz-mengen spätestens am 16.4.1999 fällig.
Daß die Zahlung unmittelbar an den Kläger zu erfolgen hatte, ergab sich aus dem letzten schriftlichen Kaufvertrag
vom 31.3.1999 und als Folge der auch dem Beklagten erkennbar gemachten Entscheidung des Klägers, den von
ihm zunächst beauftragten Makler K... aus der weiteren Geschäftsabwicklung herauszuhalten. Für den Beklagten
war danach erkenn-bar, daß die Zahlung an seinen Vertragspartner erbracht werden mußte.
Der Beklagte ist sodann spätestens aufgrund des Anwaltsschreibens vom 27.4.1999, das für die Zahlung eine
Fristsetzung bis zum 4.5.1999 enthielt, am 5.5.1999 mit der Kaufpreiszah-lung von 223.166 DM in Verzug geraten.
In Höhe eines Teilbetrages von 100.000 DM, der aus dem vom Beklagten übersandten Scheck stammt, vom Kläger
als Erfüllung angenommen und dem Konto des Klägers am 12.5.1999 gutgeschrieben worden ist, ist Erfüllung am
12.5.1999 eingetreten, so daß von diesem Tag an Verzug nur noch hinsichtlich eines restlichen Teilbetrages von
123.166 DM vorgelegen hat.
Der Kaufpreisanspruch, mit dem der Beklagte in Verzug war, ist jedenfalls bis zum 10.12.1999 nicht weggefallen
durch eine Beendigung des Kaufvertrages nach § 326 BGB.
Eine Beendigung der beiderseitigen Vertragspflichten mit der Alternative einer Rückabwick-lung des Vertrages oder
der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs tritt nach § 326 BGB ein, wenn der Gläubiger dem in Verzug
befindlichen Schuldner eine (letzte) Frist zur Erbringung der geschuldeten Leistung setzt, dabei ankündigt, nach
Fristablauf zurückzutreten oder Schadensersatz geltend machen zu wollen, und die gesetzte Frist fruchtlos
verstreicht. Eine solche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung, wie sie § 326 BGB grundsätzlich voraus-setzt, ist
hier nicht erfolgt.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß eine Fristsetzung mit Ablehnungsandro-hung ausnahmsweise
entbehrlich war, weil sie nach dem Verhalten des Schuldners sich von vornherein als nutzlose, fruchtlose Formalie
darstellte, was nach der Rechtsprechung bei einer endgültigen und ernstlichen Erfüllungsverweigerung angenommen
wird (vgl. BGH NJW 1992, 971; Palandt/Heinrichs, BGB, 60 Aufl., § 326, Rdnr. 20).
Eine endgültige Verweigerung der Erfüllung seitens des Beklagten ist hier nicht erkennbar, zumindest nicht in dem
hier relevanten, oben genannten Verzinsungszeitraum. Die schlichte Nichterfüllung bei Vertröstung des Gläubigers
kann einer Erfüllungsverweigerung nicht gleichgestellt werden (vgl. BGH NJW 96, 1814; Palandt/Heinrichs, a.a.O.,
Rdnr. 20 a.E.). Hier hatte zudem der Beklagte während des Verzugs immerhin eine erhebliche Teilleistung von
100.000 DM erbracht, was gegen eine endgültige Erfüllungsverweigerung sprach.
Es ist jedoch davon auszugehen, daß die Parteien wegen des vom Kläger zurückgeholten und am 10.12.1999
anderweitig verkauften Teils der Milchreferenzmenge von 61.583 kg den ur-sprünglichen Kaufvertrag durch
konkludente Vereinbarung zum 10.12.1999 aufgehoben ha-ben.
Der Beklagte will zwar eine noch in erster Instanz als unstreitig angesehene partielle Ver-tragsaufhebung in der
Berufungsinstanz nicht mehr gegen sich gelten lassen; er bestreitet eine solche einvernehmliche Vertragsaufhebung
nunmehr und trägt vor, es sei allein der Kläger gewesen, der die Landwirtschaftskammer dazu gebracht habe, einen
entsprechenden Rück-übertragungsbescheid hinsichtlich der oben genannten Referenzmenge zu erlassen.
Der in der Berufungsinstanz unstreitig gebliebene Sachverhalt rechtfertigt aber die Annahme einer zumindest
konkludenten Vereinbarung der Parteien über die partielle Vertragsaufhebung zum 10.12.1999.
Dies entsprach offensichtlich der Interessenlage beider Parteien, nachdem der Beklagte sich über Monate
außerstande zeigte, den Restkaufpreis zu zahlen.
Ein entsprechender Wille des Klägers, den Kaufvertrag mit dem Beklagten auf diese Weise zu beenden, ergibt sich
eindeutig aus der vom Kläger erwirkten Bescheinigung der Landwirt-schaftskammer hinsichtlich der teilweisen
Rückübertragung der Quote vom 8.10.1999 (Bl. 24). Zwar kann in diesem Bescheid der Landwirtschaftskammer
nicht eine privatrechtliche Willenserklärung, nämlich eine entsprechende konkludente Aufhebungserklärung des
Kläger, gesehen werden. Diese ist aber spätestens in der dem Beklagten zugestellten Klagebegrün-dung vom
16.1.2001 zu sehen, in der der Kläger seine Ansprüche auf der Grundlage einer entsprechenden Teilaufhebung des
Kaufvertrages geltend macht und berechnet.
Der Beklagte ist einer solchen Teilaufhebung des Kaufvertrages in der gesamten Zeit, seitdem er Kenntnis von der
Rückübertragung der Quote hatte, nicht entgegengetreten und hat vor Einreichung seiner Berufungsbegründung
niemals deutlich gemacht, daß er auf restliche Er-füllung des Kaufvertrages bestehen wollte. Hierzu hätte jedoch
Anlaß bestanden, gerade weil allein er es gewesen war, der den Kaufvertrag nicht vollständig erfüllt hatte. Vor
diesem Hin-tergrund seiner erheblichen Vertragsverletzung oblag es ihm nach Treu und Glauben, nach-dem der
Kläger faktisch eine Teilrückabwicklung hinsichtlich der Quote erreicht hatte und seinen Willen zur Teilaufhebung
des Vertrages jedenfalls konkludent erklärt hatte, alsbald klarzustellen, daß er nunmehr anderen Sinnes geworden
war und mit einer Teilaufhebung und Rückabwicklung der Leistung des Klägers nicht einverstanden war, sondern der
Kaufvertrag von beiden Seiten, also auch von ihm durch Kaufpreiszahlung, erfüllt werden sollte.
Wenn der Kläger statt dessen die teilweise Rückabwicklung des Kaufvertrages hinnahm, über Monate hierauf nicht
reagierte und auch in der Klageerwiderung, die dem Kläger zuging, sich mit der anderweitigen Veräußerung der
Milchquote ersichtlich einverstanden zeigte und diese im Wege des Vorteilsausgleichs berücksichtigt wissen wollte,
konnte darin nur ein konkludent erklärtes Einverständnis des Beklagten mit der (Teil-)Vertragsaufhebung gesehen
werden.
Die danach anzunehmende Teilvertragsaufhebung und teilweise Rückabwicklung ist im Wege der Auslegung unter
Berücksichtigung der Interessenlage auf den Zeitpunkt der anderweitigen Veräußerung der Referenzmenge am
10.12.1999 zu beziehen. Eine solche Aufhebung des Kaufvertrages zum genannten Zeitpunkt entsprach dem
erkennbaren Interesse des Klägers und ein entsprechender rechtsgeschäftlicher Wille des Klägers ist auch
hinreichend in der ge-nannten Klagebegründung vom 16.1.2001 zum Ausdruck gekommen. Wie ausgeführt, muß der
Beklagte es sich gefallen lassen, daß sein Verhalten hierauf und zur teilweisen Rückab-wicklung des Vertrages als
konkludente Zustimmung zur partiellen Vertragsaufhebung ge-wertet wird.
Es ist dann berechtigt, entsprechend der Entscheidung des Landgerichts die Verzinsung unter dem Gesichtspunkt
des Verzugsschadensersatzes am 10.12.1999 enden zu lassen, da die Ver-pflichtung zur Kaufpreiszahlung und
damit auch der darauf bezogene Zahlungsverzug des Beklagten jedenfalls am 10.12.1999 aufgehoben worden sind.
Als durch den Verzug des Beklagten verursachter Schaden des Klägers nach § 286 Abs. 1 BGB ist innerhalb des
oben genannten Verzinsungszeitraums ein entgangener Anlagezins in Höhe von 6 % anzusetzen.
Es ist nämlich davon auszugehen, daß der Kaufpreis, wenn er vom Beklagten rechtzeitig ge-zahlt worden wäre,
sofort (d.h. spätestens bei Eintritt des Verzugs) zinsbringend angelegt worden wäre. Nach der Lebenserfahrung
spricht nämlich eine tatsächliche Vermutung dafür, daß der erhebliche Geldbetrag von 223.166 DM bzw. 123.166 DM
vom Kläger nicht einfach zu Hause aufbewahrt oder auf einem Girokonto belassen worden wäre, sondern für den
Betrag bei rechtzeitiger Zahlung eine geeignete Anlagemöglichkeit gesucht worden wäre und aus dieser Geldanlage
im oben genannten Verzugszeitraum eine angemessene Rendite erzielt worden wäre, die jedenfalls über den
gesetzlichen Verzugszins von 4 % hinausgegangen wäre (vgl. zu dieser tatsächlichen Vermutung Palandt/Heinrichs,
59. und 60 Aufl., § 288 BGB, Rdnr. 8.).
Der Senat ist allerdings nicht davon überzeugt, daß der Kläger durch eine entsprechende An-lage des genannten
Betrages einen Anlagezins von 9 % erzielt hätte.
Dies wird jedenfalls nicht durch den in Ablichtung vorgelegten Kontoeröffnungsantrag bei der I... C... Bank (A.../B...
W... I... ) vom 10.7.1996 bewiesen. Abgesehen da-von, daß es sich nur um einen Antrag für eine Kontoeröffnung
handelte, sind die Unterlagen veraltet und lassen bei den ständig veränderten Bedingungen des Kapitalmarktes keine
hinrei-chenden Schlüsse auf einen in der Zeit ab Mai 1999 erzielten bzw. erzielbaren Anlagezins zu. Überdies
erscheint auch nicht zweifelsfrei, daß der Kläger tatsächlich den vollen Betrag von 223.166 DM für eine solche, stets
mit gewissen Risiken verbundene Geldanlage im Ausland verwendet hätte.
Auch sonstige Indizien, welche die Überzeugung rechtfertigen, daß der Kläger bei rechtzeiti-ger Zahlung durch eine
entsprechende Geldanlage eine Verzinsung von 9% erzielt hätte, sind nicht ersichtlich.
Überzeugungskräftige Schlüsse auf eine entsprechende hochverzinsliche Geldanlage hätten sich bei Vorlage
entsprechender Unterlagen über die Verwendung der Teilzahlung von 100.000 DM und über die spätere Anlage des
Kaufpreises aus der im Dezember 1999 vorge-nommenen Weiterveräußerung der rückübertragenen Milchquote
ergeben können. Der Kläger hat aber hierzu entsprechende Unterlagen nicht vorgelegt. Er hat lediglich im
Verhandlungs-termin Angabe zur Anlage der 100.000 DM gemacht. Danach will er diesen Geldbetrag ent-sprechend
einem zuvor gegebenen Versprechen seiner Frau zur Verfügung gestellt haben, diese soll das Geld langfristig
angelegt haben und hierbei unterschiedliche Zinssätze von 6 %, 9 % und schließlich 11 % erzielt haben. Letzteres
hat der Beklagte bestritten.
Bereits diese Angaben des Klägers sind nicht hinreichend konkret, um den angeblich tatsäch-lich erzielten
(durchschnittlichen) Zinssatz für den angelegten Betrag von 100.000 DM auch nur halbwegs genau feststellen zu
können. Jedenfalls ist der notwendige Beweis für eine sol-che vergleichsweise hohe Verzinsung durch Vorlage
entsprechender Unterlagen vom Kläger nicht erbracht und auch nicht angetreten worden.
Der Senat hat auch keine Veranlassung gesehen, den als Zeugen benannten Sohn des Klägers zu vernehmen. Es
ist nämlich nicht erkennbar, daß der Sohn zu entscheidungsrelevanten In-diztatsachen benannt worden ist, die
entsprechende Schlüsse auf die vom Kläger bei rechtzei-tiger Zahlung getätigte Geldanlage und die dabei erzielte
Verzinsung zulassen. Daß der Sohn des Klägers als Anlageberater entsprechende Anlagen mit hohen Renditen und
dann typi-scherweise auch hohen Risiken kennt, darf angenommen werden. Diese Kenntnisse des Soh-nes lassen
jedoch keine hinreichenden Schlüsse auf die Geldanlage zu, die der Kläger bei rechtzeitiger Zahlung des
Kaufpreises unter individueller Abwägung der Risiken und Zins-vorteile tatsächlich getätigt hätte. Hierfür wäre das
gleichzeitige und spätere Anlageverhalten des Klägers ein aussagekräftiges und hier letztlich entscheidendes Indiz
gewesen; dazu fehlen jedoch - wie bereits ausgeführt - entsprechende Angaben des Klägers und entsprechende Be-
weismittel.
Schließlich hatte der Senat auch keine Veranlassung, dem im Verhandlungstermin vom Klä-ger persönlich
gegebenen Hinweis auf eine entsprechende Anlagenmöglichkeit bei den von ihm genannten amerikanischen Banken
nachzugehen und Auskünfte unter den von ihm ange-gebenen Telefonnummern einzuholen. Dieses Vorbringen des
Klägers ist bereits nicht hinrei-chend substantiiert und das von ihm angebotene Beweismittel (telefonische Nachfrage
des Gerichts) im übrigen prozessual unzulässig.
Es war danach für den Senat nur möglich, den in jedem Fall erzielten Zins bei entsprechender langfristiger Anlage
der genannten Gelder gemäß § 287 ZPO zu schätzen, wobei der Senat sich dabei an Durchschnittswerten zu
orientieren hatte. Unter Berücksichtigung des Umstan-des, daß von Juni bis Dezember 1999 die durchschnittliche
Rendite von festverzinslichen Wertpapieren bei 4,1 bis 5,1 % lag (vgl. Statistisches Jahrbuch der Bundesrepublik
Deutsch-land für das Jahr 2000, S. 336) und daß bei den hier betroffenen hohen Geldbeträgen sich eine mögliche
Kombination verschiedener Anlageformen mit unterschiedlichen, auch höheren Risiken anbot, erscheint es dem
Senat gerechtfertigt, einen erzielbar gewesenen Anlagezins von 6 % zugrunde zu legen.
Der Kläger kann für die Zeit vom 5.5. bis zum 12.5.1999 den entgangenen Anlagezins auch auf den genannten
Betrag von 223.166 DM und nicht nur auf 123.166 DM verlangen.
Daran ändert sich im Ergebnis auch nichts dadurch, daß er selbst im Verhandlungstermin aus-geführt hat, er habe
seiner Frau versprochen gehabt, ihr vom eingehenden Kaufpreis für die Milchquote einem Betrag von 100.000 DM zu
schenken, was er dann nach der entsprechen-den Teilzahlung vom 12.5.1999 auch getan haben will.
Für den Kläger ist danach zwar festzustellen, daß ihm dann hinsichtlich des Betrages von 100.000 DM Anlagezinsen
nicht entgangen sind. Denn nach der internen Absprache mit sei-ner Frau ist davon auszugehen, daß der Kläger bei
früherer, rechtzeitiger Zahlung des Be-klagten den Betrag von 100.000 DM ebenfalls seiner Frau zur Verfügung
gestellt hätte und er infolge dessen keinen Zins aus der Anlage dieses seiner Frau überlassenen Geldbetrages er-
zielt hätte. Es ist dann aber nach der oben bereits dargestellten tatsächlichen Vermutung anzu-nehmen, daß
jedenfalls seine Ehefrau den erheblichen Geldbetrag von 100.000 DM angelegt hätte, wie sie dies hinterher auch
nach der Darlegung des Klägers tatsächlich getan hat, und sie jedenfalls bei entsprechender rechtzeitiger Zahlung
des Betrages von 100.000 DM entspre-chende Zinsen erzielt hätte.
Der Kläger ist hier als befugt anzusehen, diesen bei seiner Ehefrau entstandenen Schaden nach den Grundsätzen
der Drittschadensliquidation geltend zu machen.
Denn hier ist - wie für eine Drittschadensliquidation vorausgesetzt wird - ein Schaden, der typischerweise beim
Ersatzberechtigten (hier dem Kläger als Vertragspartner des Beklagten) hätte eintreten müssen, aufgrund eines
Rechtsverhältnisses bzw. einer tatsächlichen Disposi-tion zwischen dem Ersatzberechtigten und einem Dritten (der
Ehefrau des Klägers) auf diesen verlagert worden, was zur Folge hat, daß in der Person des Klägers die
Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs bis auf den Schaden erfüllt sind, während der Schaden bei dem
Dritten eingetreten ist, der gegen den Ersatzpflichtigen keinen Schadensersatzanspruch hat. Aus einer solchen rein
zufälligen Schadensverlagerung darf jedoch der Ersatzpflichtige billi-gerweise keine Vorteile ziehen. Deshalb ist in
solchen Ausnahmefällen des Auseinanderfal-lens von Gläubigerstellung und geschütztem Interesse nach
zutreffender herrschender Mei-nung eine Drittschadensliquidation zuzulassen, d. h., der Anspruchsinhaber (der
Kläger) kann den beim Dritten (seiner Frau) entstandenen Schaden gegen den Schadensersatzpflichtigen (den
Beklagten) geltend machen (vgl. Palandt/Heinrichs, Vorbem. § 249 BGB, Rdnr. 112).
Die Anwendung dieser Grundsätze erscheint auch hier berechtigt.
Bei der Berechnung des Zinsschadens ist eine Vorteilsausgleichung nicht vorzunehmen.
Ein Vorteilsausgleich, wie ihn der Beklagte auf der Grundlage der Behauptung eines höheren
Weiterveräußerungspreises für die zurückgeholte Milchquote geltend macht, scheidet unab-hängig davon, daß der
Kläger die Erzielung eines höheren Kaufpreises bestritten hat, bereits aus rechtlichen Gründen aus. Es fehlt insoweit
der für einen Vorteilsausgleich notwendige innere, adäquate Zusammenhang zwischen dem Verzögerungsschaden,
der in dem entgange-nen Anlagezins für den oben genannten Zeitraum besteht, und dem später nach Aufhebung des
Verzugs eingetretenen angeblichen Vorteil eines höheren Kaufpreises, den der Kläger durch eine neue, weitere
Geschäftstätigkeit erzielt hat. (vgl. zum Erfordernis des dargestellten Zusammenhangs zwischen Vorteil und
Schaden Palandt/Heinrichs, Vorbem. vor § 249 BGB, Rdnr. 121 a.E., 122).
Es besteht nach alledem ein Zinsanspruch des Klägers in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe.
Die gegenüber dem Zinsanspruch des Klägers hilfsweise erklärte Aufrechnung des Beklagten mit Gegenansprüchen,
nämlich einem Schadensersatzanspruch aus dem Kaufvertrag wegen teilweiser Nichterfüllung, ist nicht begründet.
Der hilfsweise geltend gemachte Schadensersatz in Höhe von 10.223,45 DM aus einer un-terbliebenen bzw.
rückgängig gemachten Übertragung der Milchquote von 111.583 kg steht dem Beklagten nicht zu. Wie sich bereits
aus den vorausgegangenen Ausführungen ergibt, ist von einer teilweisen Vertragsaufhebung hinsichtlich der
rückübertragenen Milchquote auszu-gehen. Eine entsprechende Übertragungsverpflichtung aus dem Kaufvertrag
hinsichtlich die-ser Quote bestand danach nicht mehr.
Eine zum Schadensersatz verpflichtende teilweise Nichterfüllung kann demnach nicht ange-nommen werden.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, Abs.2, 708 Nr. 10, 711, 713 und 546
Abs. 2 ZPO.
Auch unter Berücksichtigung des geringfügigen Erfolges des Beklagten in der Berufungsin-stanz hinsichtlich des
Zinsanspruchs erweist sich die erstinstanzliche Kostenentscheidung nach wie vor als zutreffend (§ 92 Abs. 2 ZPO).
Auch die Kosten des Berufungsverfahrens sind dem Beklagten aufzuerlegen. Zwar wäre an sich wegen des
teilweisen Erfolgs der Berufung auf der Grundlage des Verhältnisses von Ob-siegen und Unterliegen dem Kläger ein
Teil der Kosten aufzuerlegen gewesen. Der Erfolg des Beklagten in der Berufungsinstanz beruht jedoch auf neuem
Vorbringen, nämlich dem erst-maligen Bestreiten des Zinsanspruchs in der Berufungsinstanz; dieses Bestreiten
wäre dem Beklagten bereits in erster Instanz möglich und zumutbar gewesen. Es erscheint deshalb be-rechtigt, von
der Möglichkeit des § 97 Abs. 2 ZPO Gebrauch zu machen und ihm die Kosten auch insoweit aufzuerlegen, als er
mit dem neuen Vortrag in der Berufungsinstanz gesiegt hat.
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