Urteil des OLG Oldenburg vom 05.10.1993

OLG Oldenburg: grundstück, eigentümer, zaun, zutritt, unfall, schwimmbad, eltern, provisorisch, zusage, nichterfüllung

Gericht:
OLG Oldenburg, 12. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 12 U 36/93
Datum:
05.10.1993
Sachgebiet:
Normen:
Keine Normen eingetragen
Leitsatz:
Verkehrssicherungspflicht eines Gartenteichbesitzers gegenüber Kleinkindern von Nachbarn
Volltext:
Der Eigentümer eines Grundstücks, auf dem sich ein Schwimmbecken und ein Gartenteich befinden, ist nicht
schlechthin verpflichtet, zum Schutze Unbefugter Sicherungsvorkehrungen zu treffen. Strengere Anforderungen sind
allerdings dann zu stellen, wenn der Eigentümer damit rechnen muß, daß Kinder auf sein gefahrbringendes Gelände
gelangen.
Der Beklagte hat nicht für den ihr bei dem Unfall am 17.6.1990 entstandenen Schaden einzustehen, weil er nicht
schuldhaft eine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.
Der Besitzer eines Grundstücks ist nicht schlechthin verpflichtet, auch unbefugten Verkehr zu sichern. Es sind
allerdings dann strenge Anforderungen an Sicherungsmaßnahmen zu stellen, wenn er damit rechnen muß, daß
Kinder unbefugt auf sein gefahrbringendes Gelände gelangen, weilsolche dieses immer wieder zum Spielen
benutzen, obwohl ihnen der Zutritt verboten worden ist. Da Kinder vielfach die ihnen drohenden Gefahren nicht
hinreichend erfassen und Zutrittsverbote für übertrieben halten oder infolge ihres Spiel-, Bewegungs- und
Wissensdranges etwa aufkommende Bedenken leicht zurückdrängen, muß er dann zu ihrem Schutz wirksame und
auf Dauer angelegte Maßnahmen ergreifen, um ihnen den Zugang zu seinem Grundstück zu erschweren und notfalls
unmöglich zu machen, wenn ihnen dort Gefahren drohen (BGH VersR 1975, 87 m.w.H.; OLG Karlsruhe MDR 1990,
339; Staudinger/Schäfer, BGB, 12. Aufl., § 823 Rn. 328 f). Diese Voraussetzungen für eine Verpflichtung des
Beklagten, den hinteren Teil seines Grundstücks, wo sich ein versenktes Schwimmbad und ein etwa 5 m langer
Gartenteich befinden, gegen den Zutritt von Kindern von dem Grundstück T.-Straße 39 aus zu sichern, lagen hier
indessen im Unfallzeitpunkt nicht vor. (Wird ausgeführt). Solange der Beklagte nicht damit rechnen mußte, daß von
dem Grundstück T.-Straße 39 aus Kinder in einem solchen Alter für welche ein Gartenteich und ein Schwimmbad
eine Gefahr darstellen, auf sein Grundstück gelangten, bestand für ihn keine Verpflichtung, diese Grenze gegen das
Betreten durch kleine Kinder zu sichern, nachdem er das dort gelagerte Bauholz entfernt hatte. Daß der Beklagte
etwa nach § 27 des Niedersächsischen Nachbargesetzes verpflichtet gewesen wäre, einen Zaun an der Grenze zu
dem rechts angrenzenden Grundstück T.-Straße 39 zu setzen, ist nicht ersichtlich. Dazu wäre er allenfalls dann
verpflichtet gewesen, wenn der Eigentümer des von den Eltern der Klägerin bewohnten Grundstücks dies von ihm
verlangt hätte. Das ist jedoch nicht behauptet.
Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob durch die Vernehmung des Vaters der Klägerin bewiesen ist, daß der
Beklagte am Morgen des Unfalltages zugesagt hatte, noch am selben Tage die durch das Wegräumen des
Bauholzes entstandene Lücke provisorisch zu schließen; es bedarf auch nicht der Vernehmung der Zeugin B.
darüber, ob der Beklagte nach dem Unfall geäußert hat, er mache sich Vorwürfe, die Lücke nicht sofort abgesichert
zu haben, wie er es morgens mit dem Vater der Klägerin besprochen habe. Denn selbst wenn er dies zugesagt
hätte, liegt in der Nichterfüllung einer solchen Zusage noch keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Der
Beklagte brauchte jedenfalls an diesem Tage noch nicht damit zu rechnen, daß die Klägerin und ihre Schwester auf
sein Grundstück gelangten. Denn der Vater der Klägerin hatte sein Verlangen damit begründet, daß die Klägerin
"jetzt ins Laufalter" gekommen sei. Der Beklagte durfte daher darauf vertrauen, daß die Eltern der Klägerin, die von
der Lücke zwischen der Tannenreihe und dem Gerätehaus des Beklagten wußten, so kleine Kinder wie die Klägerin
und ihre Schwester nicht - auch nicht kurzzeitig - in ihrem Garten im Bereich des Spielhauses und der Sandkiste
allein lassen würden, bevor sie sich nicht davon überzeugt hatten, daß die Grenze zum Grundstück des Beklagten
wieder geschlossen war. Das gilt auch dann, wenn man davon ausgeht, daß ein Grundstückseigentümer die auf
seinem Grundstück befindliche Gefahrenquelle gegen so kleine Kinder wie die Klägerin und ihre Schwester
grundsätzlich und unabhängig davon, ob diese bereits mehrmals trotz Verbots auf sein Grundstück gekommen sind,
durch einen Zaun absichern muß, weil so kleine Kinder durch Verbote noch nicht sicher zu steuern sind.