Urteil des OLG Oldenburg vom 13.01.1992

OLG Oldenburg: fristlose kündigung, zwangsversteigerung, gefahr, verkehrswert, ersteher, verfügung, zwangsvollstreckung, datum, kaufsrecht

Gericht:
OLG Oldenburg, 13. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 13 U 98/91
Datum:
13.01.1992
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 242
Leitsatz:
Außerordentliche Kündigung eines Pachtvertrages wegen drohender Zwangsvollstreckung in das
Pachtgrundstück durch Gläubiger des Verpächters
Volltext:
(aus den Entscheidungsgründen:)
2.
Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des monatlichen Pachtzinses
ist durch die fristlose Kündigung des Pachtvertrages durch den
Beklagten erloschen.
a)
Wesentliche Geschäftsgrundlage des Pachtvertrages war, daß das
Pachtobjekt dem Beklagten für die vereinbarte Pachtzeit von fünf
Jahren uneingeschränkt zur Verfügung stand, und insbesondere sein
Besitz- und Gebrauchsrecht nicht durch eine von Gläubigern des
Klägers betriebene Zwangsversteigerung wegen des einem Ersteher
zustehenden Kündigunsgrechtes gefährdet war. Nur dann waren die
Übernahme des Pachtobjektes und die erforderlichen erheblichen
Investitionen für den Beklagten sinnvoll und sein wirtschaftliches
Risiko kalkulierbar. Dies gilt um so mehr, als der Beklagte sich
auch verpflichtet hatte, in Hinblick auf das ihm eingeräumte Vor-
kaufsrecht monatlich 2.000,- DM an den Kläger zu zahlen. ....
b)
Eben diese Grundlage des Vertrages entfiel aber durch den Beitritt
der O-Bank zu dem Zwangsversteigerungsverfahren. Der Beklagte zu 1)
mußte jetzt damit rechnen, daß ihm nach Durchführung des Verfah-
rens von einem Ersteher nach § 57a ZVG gekündigt werden würde.
Seine Pachtausübung stand damit gerade nicht auf der gewollten si-
cheren Grundlage, sondern war im Gegenteil permanent gefährdet.
c)
Diese Unsicherheit seines Pachtrechts berechtigte den Beklagten
nach § 242 BGB zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung des
Pachtvertrages aus wichtigem Grunde, weil ihm ein Festhalten an
dem auf fünf Jahre fest abgeschlossenen Vertrag nicht zuzumuten
war.
In der Rechtsprechung ist ein solches Kündigungsrecht für den Fall
anerkannt, daß die Durchführung eines Dauerschuldverhältnisses
durch besondere Umstände erheblich gefährdet wird und einem Ver-
tragsteil deshalb die weitere Fortsetzung des Vertrages nach Treu
und Glauben nicht mehr zuzumuten ist (vgl. RGZ 150, 193 (199); BGH
WM 1967, 515 (517); siehe auch Staudinger/Sonnenschein, Kommentar
z. Bürgerl. Gesetzbuch, 12. Aufl., § 581 Rdn 408 m.w.Nachw.). So
liegt es aber hier.
Der Beklagte lief Gefahr, im Falle einer Zwangsversteigerung ganz
erhebliche Investitionen nutzlos aufgewandt zu haben. Auch die ho-
hen Kosten einer Anlaufzeit der von ihm neu eröffneten Discothek
wären vergebens aufgebracht worden. Und dies, obwohl er sich gera-
de gegen ebendieses Risiko absichern wollte und - auf die Zusiche-
rungen des Klägers und dessen Vaters über die Schuldenregulierung
vertrauend - auch gesichert glaubte. Umgekehrt mußte dem Kläger
angesichts seiner schlechten wirtschaftlichen Lage - allein das
Pachtgrundstück mit einem Verkehrswert von 525.000,- DM war in Hö-
he von über 1,9 Millionen DM mit Grundpfandrechten belastet - klar
sein, daß er redlicherweise den Beklagten nicht in den Glauben
versetzen durfte, es drohe keine Zwangsversteigerung mehr.