Urteil des OLG Oldenburg vom 21.03.2012

OLG Oldenburg: geschwindigkeit, golf, angemessenheit der kosten, verschulden, überschreitung, betriebsgefahr, könig, kollision, quote, wiederbeschaffungswert

Gericht:
OLG Oldenburg, 03. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 3 U 69/11
Datum:
21.03.2012
Sachgebiet:
Normen:
STVG § 17, Autobahnrichtgeschwindigkeitsverordnung
Leitsatz:
1. Zur Haftungsquote nach einem Verkehrsunfall auf der Autobahn im Zusammenhang mit einem
Überholvorgang des voranfahrenden Fahrzeugs, wenn weder ein Verschulden des Fahrers dieses
Fahrzeugs noch ein solches des Fahrers des unter deutlicher Überschreitung der
Richtgeschwindigkeit (hier: 200 km/h) nachfolgenden und sodann auf das vorausfahrende Fahrzeug
auffahrenden PKW feststellbar ist.
2. Zur Bedeutung des Anscheinsbeweises bei dieser Fallgestaltung.
Volltext:
OBERLANDESGERICHT OLDENBURG
Im Namen des Volkes
Urteil
3 U 69/11
9 O 1533/11 Landgericht Osnabrück
In dem Rechtsstreit
P… W…, A…,
Kläger, Berufungskläger und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. C…,, O…,
Geschäftszeichen: …
gegen
1. D…AG, vertreten durch den Vorstand, K…,
2. G… F…, H…,
3. M… F…, O…,
Beklagte, Berufungsbeklagte und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte zu 1, 2, 3:
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Dr. L…,O…,
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …,
den Richter am Oberlandesgericht … und den Richter am Oberlandesgericht … auf die mündliche Verhandlung vom
7. März 2012 für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 11. Oktober 2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer
des Landgerichts Osnabrück abgeändert. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger
45.543,83 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 % auf einen Betrag von 35.448,94 Euro vom 6. September 2009 bis zum
23. Oktober 2009, in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 36.408,89 Euro seit dem 24.
Oktober 2009, auf einem weiteren Betrag von 140,54 Euro seit dem 1. Juni 2010 sowie auf einen weiteren Betrag
von 8.994,40 seit dem 20. September 2011 zu zahlen und ihn von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe
von 1.641,96 Euro freizustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 2/3 und die Beklagten zu 1/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Seiten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweilige
Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages
abzuwenden, wenn diese nicht Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um den Ersatz von Sachschäden infolge eines Verkehrsunfalls am 5. September 2009 um
23.41 Uhr auf der Bundesautobahn A 33, Richtungsfahrbahn Osnabrück, bei Kilometer 70 im Bereich der Gemeinde
Georgsmarienhütte. Für den Unfallort galten keine Geschwindigkeitsbegrenzungen.
Der Kläger war mit seinem PKW der Marke Aston Martin Vanquish S mit dem amtlichen Kennzeichen O….seit
mehreren Kilometern auf der linken von zwei Fahrspuren mit einer Geschwindigkeit von mindestens 200 km/h
unterwegs. Die Höchstgeschwindigkeit dieses Fahrzeugs beträgt 321 km/h. Auf 100 km/h kann der PKW innerhalb
von 4,8 Sekunden beschleunigt werden. Das Fahrzeug wurde am 1. September 2009 auf den Kläger zugelassen.
Der Beklagte zu 2) war Halter des zu diesem Zeitpunkt von dem Beklagten zu 3) gesteuerten und bei der Beklagten
zu 1) haftpflichtversicherten Fahrzeugs der Marke Nissan Micra mit dem amtlichen Kennzeichen O…..Der Beklagte
zu 3) fuhr zunächst auf der rechten Spur hinter einem PKW der Marke VW Golf mit dem amtlichen Kennzeichen
S…. Dieser wurde von dem Zeugen E…. P…. gesteuert.
Der Beklagte zu 3) entschloss sich sodann, den vor ihm fahrenden VW Golf des Zeugen P… zu überholen und
scherte auf die linke Fahrspur aus. Von hinten näherte sich der Kläger mit seinem Aston Martin. Er lenkte sein
Fahrzeug zwischen den Fahrzeugen des Beklagten zu 2) und des Zeugen P… hindurch. Dabei kam es zur
Berührung der Fahrzeuge. Der Nissan des Beklagten zu 2) drehte sich infolgedessen und kam schließlich an der
Mittelleitplanke entgegen der Fahrtrichtung zum Stehen. Das Fahrzeug des Klägers geriet ins Schleudern, stieß
gegen die rechte Leitplanke, drehte sich und kam auf der Fahrbahnmitte quer zur Fahrtrichtung zum Stehen.
Der Kläger ist nicht vorsteuerabzugsberechtigt.
Der Kläger hat behauptet, er habe die auf der rechten Fahrspur fahrenden Fahrzeuge des Beklagten zu 2) und des
Zeugen P… bereits während seines Herannahens beobachtet. Diese seien mit gleicher Geschwindigkeit unterwegs
gewesen. Erst als er die beiden Fahrzeuge fast erreicht gehabt habe, sei der Nissan unvermittelt ohne Betätigung
des Fahrtrichtungsanzeigers auf die Überholspur gewechselt, ohne seine Geschwindigkeit „nennenswert“ erhöht zu
haben. Wegen seiner eigenen hohen Geschwindigkeit sei ihm ein unfallvermeidendes Abbremsen nicht mehr möglich
gewesen, so dass er sich entschlossen habe, in die Lücke zwischen dem Nissan und dem VW Golf zu fahren.
Während der Kläger in der Klageschrift noch behauptet hatte, die Vorderräder des Nissan hätten sich im Zeitpunkt
seines Ausweichmanövers etwa in Höhe der Hinterräder des VW Golf befunden, hat er im weiteren Verlauf des
Rechtsstreits unter Vorlage eines von ihm eingeholten Rekonstruktionsgutachtens angegeben, dass die beiden
Fahrzeuge in diesem Moment schräg versetzt mit einem Abstand von etwa einer Fahrzeuglänge hintereinander
gefahren seien. Aufgrund seiner „relativ hohen“ Geschwindigkeit sei er besonders aufmerksam gewesen, was durch
die Art seiner Reaktion belegt werde. Der Unfall sei für ihn unvermeidbar gewesen.
Zum Schaden an seinem Fahrzeug bezieht sich der Kläger auf ein von ihm eingeholtes Gutachten. Die darin
angegebenen Zahlen (u. a. Wiederbeschaffungswert inkl. Umsatzsteuer 169.000, Euro) sind unstreitig. Der Kläger
erwarb im April 2010 ein Ersatzfahrzeug, einen Bentley Continental Supersports.
Neben dem Ersatz des Fahrzeugschadens verlangt er den Ersatz von Abschlepp und Standkosten in Höhe von
1.233,19 Euro sowie eine Unfallkostenpauschale von 20, Euro. Die Standkosten (11, Euro pro Tag) seien dadurch
entstanden, dass er das beschädigte Fahrzeug erst am 11. November 2009 habe veräußern können.
Unstreitig geworden ist im Verlaufe des Rechtsstreits, dass ihm für das von ihm eingeholte Schadensgutachten -
von ihm beglichene - Kosten in Höhe von 2.859,82 Euro entstanden sind.
Mit Anwaltsschreiben vom 8. Oktober 2009 forderte der Kläger die Beklagten vergeblich zur Zahlung von 149.006,57
Euro Schadensersatz für den Aston Martin bis zum 23. Oktober 2009 auf.
Mit Schriftsatz vom 29. September 2009 verlangte der Beklagte zu 2) von dem Kläger seinerseits Zahlung von
2.372,48 Euro für den an dem Nissan Micra entstandenen Schaden bis zum 9. Oktober 2009.
Der Kläger hat seinen Klagantrag in erster Instanz mehrfach geändert, nachdem er zunächst einen Ersatz auf
Reparaturkostenbasis verlangt hatte.
Letztendlich hat er beantragt,
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 137.443,01 Euro nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz auf 106.346,81 Euro seit dem 06.09.2009, auf weitere 2859,82 Euro seit dem 08.10.2009, auf
1.233,19 Euro seit dem 11.11.2009 und auf weitere 26.983,19 Euro seit dem 23.06.2011 zu zahlen sowie die
Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.475,80 Euro
freizustellen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben behauptet, der Beklagte zu 3) habe sich dem VW Golf des Zeugen P… mit einer Geschwindigkeit von
etwa 120 bis 130 km/h genähert und sei mit dieser Geschwindigkeit auf die Überholspur gewechselt. Der Zeuge P…
sei nur ungefähr 100 km/h schnell gewesen. Es treffe nicht zu, dass der Beklagte zu 3) längere Zeit auf der rechten
Fahrspur hinter dem Zeugen P… gefahren sei. Vor dem Spurwechsel habe sich der Beklagte zu 3) zunächst davon
überzeugt, dass sich kein nachfolgendes Fahrzeug auf der Überholspur befand und sodann den
Fahrtrichtungsanzeiger betätigt. Es seien bereits 20 bis 25 Sekunden nach dem Spurwechsel verstrichen gewesen,
als er etwa die Höhe des VW Golf erreicht habe. In diesem Moment habe er im Rückspiegel das Scheinwerferlicht
des sich mit einer Geschwindigkeit von mindestens 280 km/h nähernden Fahrzeugs des Klägers bemerkt, das erst
zu diesem Zeitpunkt in den für den Beklagten zu 3) einsehbaren Bereich der Autobahn (Scheitelpunkt der Kurve)
gelangt sei. Wenige Momente später sei es bereits zur Kollision gekommen. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich die
Fahrzeugtüren des Nissan und des VW Golf auf gleicher Höhe befunden. Der Unfallablauf lasse den Schluss zu,
dass der Kläger vorgehabt habe, das Fahrzeug des Beklagten zu 2) rechts zu überholen und dabei den Abstand
zwischen dem Nissan und dem VW Golf falsch eingeschätzt habe. Der Unfall sei für den Beklagten zu 3)
unvermeidbar gewesen.
Die von dem Kläger geltend gemachten Gutachterkosten von 2.859, Euro seien unangemessen hoch. Auch die
verlangten Standgebühren seien nicht erforderlich gewesen. Solche könnten allenfalls bis zum 10. September 2009
akzeptiert werden.
Der Wiederbeschaffungswert des Nissan Micra belaufe sich auf 1.950, Euro. Ein Restwert sei nicht anzusetzen. Ein
derartiges Fahrzeug werde ausschließlich auf dem Privatmarkt gehandelt. Weiter hat der Beklagte zu 2) - unstreitige
- Kosten für ein Schadensgutachten von 347,48 Euro, Ummeldekosten von „pauschal“ 50, Euro und eine
Kostenpauschale von 25,. Euro geltend gemacht.
Widerklagend hat der Beklagte zu 2) beantragt,
den Kläger zu verurteilen, an ihn 2.372,48 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10. Oktober 2009
zu zahlen.
Der Kläger hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Das Landgericht hat den Fahrer des VW Golf, den bereits erwähnten E… P… sowie die Beifahrerin des Beklagten zu
3) als Zeugen vernommen und anschließend ein Sachverständigengutachten eingeholt. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme nimmt der Senat auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.Ing. D… sowie auf die
Verhandlungsniederschriften des Landgerichts über die Vernehmung der Zeugen und die Anhörung des
Sachverständigen Bezug.
Im Ergebnis hat das Landgericht den Unfallablauf als ungeklärt angesehen. Dem Kläger hat es wegen der von ihm
unstreitig gefahrenen Geschwindigkeit von (mindestens) 200 km/h eine höhere Betriebsgefahr zugerechnet und eine
Quote von 2/3 zu seinem Nachteil ausgeurteilt. Was die Höhe des geltend gemachten Schadens angeht, hat das
Landgericht dem Kläger die anteilige Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ebenso versagt wie den
Ersatz der anteiligen Kosten für das von dem Kläger eingeholte Schadensgutachten. Wegen des Sachverhalts im
Übrigen nimmt der Senat gemäß § 540 Abs. 1 Nr. ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen
Urteil Bezug.
Dagegen richten sich die Berufungen beider Seiten.
Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Beklagten
alleine haften müssten. Der gesamte Ablauf, insbesondere auch „seine schnelle Reaktion“, zeige, dass der Unfall
auf einem grob verkehrswidrigen Verhalten des Beklagten zu 3) beruhe und für ihn unvermeidbar gewesen sei. Das
ergebe sich auch aus den Ausführungen des Gerichtssachverständigen D…. Zudem könne es nicht sein, dass ihm
der Unabwendbarkeitsbeweis im Hinblick auf die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit verwehrt werde. Diese
Frage sei in der Rechtsprechung auch nicht geklärt. Zu Unrecht habe das Landgericht ihm die Erstattung der Kosten
für das Schadensgutachten, die Standkosten über den Zeitraum bis zum 10. September 2009 hinaus sowie die
Freistellung von seinen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten versagt.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 137.443,01 Euro
nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz auf 106.346,81 Euro seit dem 6. September 2009, auf weitere 2.859,82
Euro seit dem 8. Oktober 2009, auf weitere 1.233,19 Euro seit dem 11. November 2009 und auf weitere 26.983,91
Euro seit dem 20. September 2011 zu zahlen, ferner die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen,
ihn von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.475,80 Euro freizustellen und die Widerklage des
Beklagten zu 2) abzuweisen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen und auf ihre Berufung hin das angefochtene Urteil abzuändern und die
Klage insgesamt abzuweisen.
Der Beklagte zu 2) beantragt darüber hinaus,
das angefochtene Urteil auch hinsichtlich der Widerklage abzuändern und entsprechend seinem erstinstanzlichen
Antrag zu entscheiden.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten, auch hinsichtlich der Berufung des Beklagten zu 2), zurückzuweisen
Die Beklagten verteidigen die angefochtene Entscheidung, soweit die Klage abgewiesen worden ist.
Im Übrigen wiederholen sie ihr erstinstanzliches Vorbringen und rügen das angefochtene Urteil als fehlerhaft.
Insbesondere sei der Unfall für den Beklagten zu 3) nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unvermeidbar
gewesen. Entgegen den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil komme ihm zudem ein Anscheinsbeweis zu
Gute. Der erste Anschein spreche für ein Verschulden des Klägers.
II.
1. Die Berufung des Klägers hat in der Sache wegen eines Betrages von 953,28 Euro sowie hinsichtlich der als
Nebenforderung geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten teilweisen Erfolg.
a) Die Klage ist wegen eines Betrages von 45.543,83 Euro begründet.
aa) Zum Grund
Der Anspruch ergibt sich aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG i. V. m. § 115 VVG bei einer Haftung der
Beklagten in Höhe einer Quote von 1/3. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB scheidet dagegen entgegen der
Annahme des Landgerichts aus, da ein schuldhaftes, schadensursächliches Verhalten des Beklagten zu 3) gerade
nicht feststeht.
Im Einzelnen:
Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass der Kläger den ihm obliegenden Unabwendbarkeitsbeweis gemäß
§ 17 Abs. 3 StVG nicht geführt hat. Als unabwendbar in diesem Sinne gilt ein Unfallereignis nur dann, wenn der
Kraftfahrzeugführer jede nach den Umständen des Falls gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Abzustellen ist auf den
sogenannten „Idealfahrer“, der in seiner Fahrweise auch die Erkenntnisse berücksichtigt, die nach allgemeiner
Erfahrung geeignet sind, Gefahrensituationen von vorneherein zu vermeiden. Solche Erkenntnisse haben in der
AutobahnRichtgeschwindigkeitsverordnung Ausdruck gefunden. Zwar begründet eine Überschreitung der
Richtgeschwindigkeit von 130 km/h keinen Schuldvorwurf. Wer schneller fährt, verhält sich aber nicht wie ein
Idealfahrer, weil er in haftungsrelevanter Weise insbesondere die Gefahr vergrößert, dass andere Verkehrsteilnehmer
seine Geschwindigkeit unterschätzen (BGHZ 117, 337). Die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit steht dem
Unabwendbarkeitsbeweis allerdings dann nicht entgegen, wenn nachgewiesen wird, dass es auch bei Einhaltung
dieser Geschwindigkeit zum Unfall gekommen wäre.
Im vorliegenden Fall steht bereits nach dem eigenen Vorbringen des Klägers fest, dass er die Richtgeschwindigkeit
erheblich, um mindestens 70 km/h, überschritten hat. Nach den plausiblen und überzeugenden Ausführungen des
Sachverständigen D…in seiner mündlichen Anhörung durch das Landgericht hätte der Kläger den Unfall bei
Einhaltung der Richtgeschwindigkeit zudem tatsächlich vermeiden können, so dass er den Unabwendbarkeitsbeweis
nicht geführt hat.
Die in der Berufungsbegründung geäußerte Ansicht des Klägers, die Auswirkungen einer Überschreitung der
Richtgeschwindigkeit auf den Unabwendbarkeitsbeweis seien gerichtlich noch nicht abschließend geklärt,
richtigerweise stehe eine Überschreitung dem Unabwendbarkeitsbeweis nicht entgegen, sind mit der vorstehend
zitierten, ständigen und eindeutigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht vereinbar. Aus der von dem
Klägervertreter in der Berufungsbegründung zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Stuttgart, NJWRR
2010, 78. OLG Nürnberg, NJW 2011,1155. OLG Hamm NJWRR 2011, 464) folgt entgegen der Annahme des Klägers
nichts anderes.
Auch die Beklagten haben eine Unabwendbarkeit des Unfalls nicht bewiesen. Nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme und deren zutreffenden Würdigung durch das Landgericht steht nicht fest, dass der Beklagte zu 3)
als Fahrer des Nissan Micra die ihn nach der Straßenverkehrsordnung treffenden Sorgfaltspflichten eingehalten hat.
Es kann weder angenommen werden, dass er gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 StVO mit wesentlich höherer
Geschwindigkeit als der zu überholende VW Golf des Zeugen P… fuhr, noch, dass gemäß §§ 5 Abs. 4, 7 Abs.5
Satz 1 StVO beim Ausscheren eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs, sprich des Klägers, ausgeschlossen
war. Genauso wenig ist bewiesen, dass der Beklagte zu 3) rechtzeitig im Sinne von §§ 5 Abs. 4a, 7 Abs. 5 Satz 2
StVO den Fahrtrichtungsanzeiger betätigt hätte.
Bei der gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG vorzunehmenden Abwägung zur Ermittlung des jeweiligen Haftungsanteils
entscheidet in erster Linie das Maß der Verursachung, also das Gewicht der von den Beteiligten gesetzten
Schadensursachen so, wie sie sich beim konkreten Unfall ausgewirkt haben (BGH NJW 2006, 896. König, in:
Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 17 StVG, Rn. 4 m. w. N.). Insoweit kommen allerdings
auch Schuldgesichtspunkte mit zum Tragen (BGH NZV 2005, 249. König. a. a. O., m. w. N.).
Im vorliegenden Fall ist das Landgericht richtig davon ausgegangen, dass weder ein Verschulden des Klägers noch
ein solches des Beklagten zu 3) festgestellt werden kann. Der Sachverständige ist in seinem Gutachten
zusammenfassend zu dem Ergebnis gekommen, dass sowohl die Sachverhaltsdarstellung des Klägers als auch
jene des Beklagten zutreffen könnte. Das Gutachten geht von zutreffend ermittelten Tatsachen aus und kommt zu
auch für den Senat nachvollziehbaren und überzeugenden Schlussfolgerungen. Daran vermögen auch die Angaben
des Klägers, des Beklagten zu 3) und der beiden Zeugen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht nichts
zu ändern. Wegen der Würdigung des Gutachtens und der weiteren Beweisaufnahme wird auf die zutreffenden
Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Eine abweichende Würdigung ist auch nicht aufgrund der Ausführungen in der Berufungsbegründung des Klägers
geboten. Es trifft nicht zu, dass sich der Nissan des Beklagten zu 2) im Unfallzeitpunkt „unstreitig“ seitlich versetzt
hinter dem VW Golf befunden habe. Vielmehr handelt es sich insoweit um eine streitige Behauptung des Klägers,
der zudem in der Klageschrift noch selbst vorgetragen hatte, die Vorderräder des Nissan hätten sich unmittelbar vor
der Kollision in Höhe der Hinterräder des VW Golf befunden. Auch ergibt sich aus der Aussage des Zeugen P…
mitnichten, dass der Nissan sich im Unfallzeitpunkt nicht neben seinem Fahrzeug befunden habe. Das Landgericht
hat die Aussage des Zeugen ersichtlich und nachvollziehbar dahingehend verstanden, dass er vor der Kollision den
Nissan des Beklagten zu 2) nicht bemerkt hat. Damit hat es die Aussage des Zeugen P…, der schlicht
unaufmerksam gewesen sein mag, zutreffend als unergiebig für das Beweisthema behandelt. Dementsprechend sind
auch die weiteren Schlussfolgerungen, die der Kläger an seine Interpretation der Aussage des Zeugen knüpft, nicht
nachvollziehbar.
Dass der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten an einer Stelle ausführt, der PKW des Klägers habe
sich beim Spurwechsel des Beklagten zu 3) im Sichtbereich befunden, trifft zwar zu. Der Kläger verschweigt
insoweit aber wohlweislich, dass der Sachverständige dabei eine Geschwindigkeit des Aston Martin von „nur“ 200
km/h zugrunde gelegt hat. Eine solche Geschwindigkeit steht aber gemäß den übrigen sachverständigen
Ausführungen gerade nicht fest. Möglich bleibt vielmehr, dass der Kläger gemäß der Behauptung der Beklagten mit
280 km/ h oder mehr gefahren ist. Geht man etwa von einer Geschwindigkeit von 280 km/h auf Seiten des Klägers
und einer solchen von 120 km/h auf Seiten des Beklagten zu 2) (der Kläger bezweifelt, dass der Nissan überhaupt
so „schnell“ fortbewegt wurde) aus, mithin von einer Differenzgeschwindigkeit von 160 km/h, ergibt sich zwanglos,
dass der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt des Beginns des Spurwechsels noch 570 m entfernt war und sich
somit außerhalb des Sichtbereichs des Beklagten zu 3) von etwa 350 bis 400 m befand.
Die bereits in erster Instanz geäußerte Auffassung des Klägers, der Unfallablauf zeige, dass er besonders
konzentriert gewesen sei, woraus sich ergebe, dass der Beklagte zu 3) den Spurwechsel trotz seiner erkennbaren
Annäherung unvermittelt unter Verstoß gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften vorgenommen haben
müsse, beschreibt nur eine von mehreren Unfallvarianten. Tatsächlich sind auf der Grundlage des
Sachverständigengutachtens mehrere Alternativen als Erklärung des Ausweichmanövers des Klägers denkbar. Der
Kläger mag zunächst unkonzentriert oder abgelenkt gewesen sein und den Nissan zu spät bemerkt haben, wobei
seine Annahme, in diesem Fall hätte er bereits in der Kurve in die Leitplanke fahren müssen, wiederum nicht
zwingend ist. Der Kläger mag tatsächlich entsprechend seiner Darstellung durchgehend „hochkonzentriert“ gewesen
sein, könnte aber dennoch die sich vor ihm entwickelnde Situation auch aufgrund der eigenen hohen
Geschwindigkeit falsch eingeschätzt haben, zumal der Aston Martin sich zum Unfallzeitpunkt erst seit wenigen
Tagen in seinem Besitz befand. Schließlich bleibt auch möglich, dass der Kläger „eigentlich“ vorhatte, den Nissan
rechts zu überholen, um sodann unmittelbar hinter dem VW Golf wieder auf die Überholspur zu wechseln.
Ein „Driften“ des Aston Martin kann nach den Ausführungen des Sachverständigen D… die Erklärung dafür sein,
dass das Seitenteil des Aston Martin hinten rechts höchstwahrscheinlich mit dem Seitenteil hinten links des VW
Golf in Kontakt kam. Auch hier übersieht der Kläger jedoch, dass die Ursache des Driftvorganges eben nicht geklärt
ist. Das in der Berufungsbegründung nochmals zitierte und von dem Gerichtsgutachter berücksichtigte
Parteigutachten des Sachverständigen Krause führt dabei zu keiner abweichenden Wertung. Der Sachverständige
Krause hat in dem Ausweichverhalten auch nur einen „belastbaren Anhaltspunkt“ für die Annahme eines
Fehlverhaltens des Beklagten zu 3) gesehen. Das deckt sich wiederum mit der Feststellung des Sachverständigen
D… in seinem schriftlichen Gutachten, dass ein Driften des Aston Martin auf einen zügig ausgeführten Spurwechsel
des Nissan zurückzuführen sein kann. Dabei ist der Gerichtsgutachter auch in der Anhörung durch das Landgericht
trotz der Vorhaltungen des Klägers geblieben.
Dem Kläger seinerseits ist kein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot gemäß § 7 Abs. 1 StVO zur Last zu legen,
auch wenn er selbst vorgetragen hat, bereits seit mehreren Kilometern auf der Überholspur gefahren zu sein. Dafür
mag es einen rechtfertigenden Grund gegeben haben, nämlich die Notwendigkeit des Überholens weiterer Fahrzeuge
hinter dem Nissan des Beklagten zu 2), zumal die Beklagten ihrerseits vorgetragen haben, ein unbekannt
gebliebener Fahrzeugführer habe am Unfallort angegeben, er sei zuvor von dem Kläger überholt worden.
Für ein Verschulden des Klägers spricht auch kein Beweis des ersten Anscheins. Bei einem typischen Auffahrunfall
wird allerdings angenommen, dass den Fahrer des auffahrenden Fahrzeugs ein Verschulden trifft (BGH VersR 1987,
1241. 1965, 88, st. Rspr.). Zu Recht hat das Landgericht das Vorliegen eines solchen typischen Sachverhalts im
vorliegenden Fall verneint. Denn nach dem unstreitigen Parteivorbringen wie auch nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme liegt bei der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung der Schluss, dass der Beklagte zu 3) den Unfall
durch Missachtung der Vorfahrt des Klägers verschuldet haben könnte, genauso nahe. In einem solchen Fall kann
der Erfahrungssatz, dass der Auffahrende den Unfall infolge zu hoher Geschwindigkeit oder Unaufmerksamkeit oder
fehlenden Sicherheitsabstandes verschuldet hat, daher keine Geltung beanspruchen (vgl. BGH NJW 1982, 1595 für
den Fall eines Auffahrunfalls im Zusammenhang mit dem Einfahren eines Fahrzeugs auf die Autobahn und BGH
NJW 2011, 685 für einen Auffahrunfall bei Verlassen der Autobahn sowie jüngst BGH NJW 2012, 608, s. u.).
Zu Lasten der Beklagten rechtfertigt ebenfalls kein Anscheinsbeweis die Annahme eines schuldhaftes Verhalten des
Beklagten zu 3) als Fahrer des Nissan. Der erste Anschein kann zwar nach einem Teil der obergerichtlichen
Rechtsprechung für ein Verschulden eines den Fahrstreifen wechselnden Fahrers sprechen, wenn es in einem nahen
örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Fahrstreifenwechsel zu einer Kollision mit einem nachfolgenden
Fahrzeug kommt (vgl. KG, VRS 109, 10. OLG München, DAR 2005, 684. OLG Düsseldorf, SchadenPraxis 2003,
335. König, a. a. O., § 7 StVO, Rn. 17 m. w. N.. a. A. z. B. OLG Naumburg, NJWRR 2003, 809). Ein
Zusammenhang in diesem Sinne ist frühestens dann zu bejahen, wenn das sich von hinten nähernde Fahrzeug für
denjenigen, der zum Spurwechsel ansetzen will, in diesem Moment bereits erkennbar ist (ebenso OLG Düsseldorf,
a. a. O., Juris Rn. 6). Eine solche Erkennbarkeit des Aston Martin des Klägers für den Beklagten zu 3) ist gemäß
den vorstehenden Ausführungen jedoch gerade nicht bewiesen.
Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof aktuell zu der Frage des Anscheinsbeweises bei einer dem vorliegenden
Sachverhalt vergleichbaren Fallgestaltung Stellung genommen und geurteilt, dass bei Auffahrunfällen auf der
Autobahn ein Anscheinsbeweis in der Regel nicht in Betracht kommt, wenn zwar feststeht, dass vor dem Unfall ein
Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs stattgefunden hat, der Sachverhalt aber im Übrigen – wie hier – nicht
aufklärbar ist (BGH NJW 2012, 608).
Bei der Abwägung gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG ist auf beiden Seiten daher lediglich die Betriebsgefahr zu
berücksichtigen. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die Betriebsgefahr auf Klägerseite erhöht war.
Erhöht ist die Betriebsgefahr, wenn die Gefahren, die regelmäßig und notwendigerweise mit dem Betrieb eines
Kraftfahrzeugs verbunden sind, durch das Hinzutreten besonderer Umstände unfallursächlich vergrößert werden
(König, a. a. O., § 17 StVG Rn. 11 m. w. .N). Das ist hinsichtlich des von dem Kläger gefahrenen Aston Martin der
Fall, weil die Richtgeschwindigkeit in ganz erheblichem Maße, um unstreitig mindestens 70 km/h, überschritten
wurde und aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen positiv feststeht, dass der Unfall bei Einhaltung der
Richtgeschwindigkeit vermieden worden wäre (vgl. zur Bedeutung der Überschreitung der Richtgeschwindigkeit bei
der Abwägung BGH, NZV 1999, 242, Juris Rn. 20. OLG Stuttgart, MDR 2010, 78. OLG Celle, ZfSch 1991, 150 sowie
König, a. a. O., § 3 StVO Rn. 55c m. w. N.). Die Betriebsgefahr beider Fahrzeuge war zudem erhöht, weil sie sich
jeweils in einem Überholvorgang befanden, was ebenfalls unfallursächlich war (vgl. BGH VersR 1958, 268. OLG
Brandenburg DAR 1995, 328. König, ebenda, § 17 StVG, Rn. 13 m. w. N.). Im Ergebnis erscheint dem Senat das
von dem Landgericht gefundene Abwägungsergebnis, nämlich eine Quote von 2/3 zu 1/3 zum Nachteil des Klägers,
als angemessen. Die Betriebsgefahr des von dem Kläger geführten PKW überwog in der konkreten Situation
deutlich.
Die von dem Kläger in der Berufungsbegründung zitierte obergerichtliche Rechtsprechung zur Haftungsquote bei
Nichtbeachtung der Richtgeschwindigkeit (OLG Düsseldorf, Schadenpraxis 2003, 335. OLG Nürnberg, NJW
2011,1155. OLG Hamm NJWRR 2011, 464) betrifft andere Sachverhaltsgestaltungen. Allen von ihm aufgeführten
Entscheidungen ist gemein, dass dem Unfallgegner jeweils ein Verschulden nachgewiesen werden konnte, das im
Rahmen der Abwägung gemäß § 17 StVG zu einer höheren Quote gegenüber der gerade kein Verschulden
begründenden Nichteinhaltung der Richtgeschwindigkeit führen musste. Im vorliegenden Fall geht es jedoch nur um
die Abwägung der jeweiligen Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge.
bb) Zur Höhe des Anspruchs des Klägers
Von dem Fahrzeugschaden (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) von 106.346,81 Euro kann der Kläger
entsprechend der angefochtenen Entscheidung den Ersatz eines Betrages von 35.448,94 Euro (netto) verlangen.
Hinzukommt die anteilige Mehrwertsteuer von 8.994,40 Euro. Im Verlaufe des Rechtsstreits ist unstreitig geworden,
dass der Kläger nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Hinsichtlich der geltend gemachten Kostenpauschale von 20,
Euro steht ihm ein Teilbetrag von 6,67 Euro zu.
Auch hinsichtlich der Standkosten ist die Entscheidung des Landgerichts frei von Bedenken. Der Kläger hat nicht
dargelegt, warum ein Verkauf des Unfallfahrzeugs spätestens am 10. September 2009 nicht möglich gewesen sein
soll. Der pauschale, unbewiesene Vortrag, ein Käufer habe erst später gefunden werden können, genügt nicht.
Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung ausführt, sein Vortrag sei unstreitig, trifft das nicht zu. Die Beklagten
haben lediglich eine Standzeit bis zum 10. September 2009 zugestanden. Das ergibt sich aus deren Schriftsatz vom
3. Juni 2010. Auf die den Kläger treffende Darlegungs und Beweislast hat das Landgericht im Übrigen bereits mit
Beschluss vom 15. Juni 2010 ausdrücklich hingewiesen. Zu Recht hat das Landgericht daher im Ergebnis dem
Kläger nur einen anteiligen Betrag von 140,54 Euro (anteilige Abschleppkosten v. 118,72 und Verwahrkosten von
21,82 Euro) gemäß der Rechnung der Firma S… zugesprochen.
Das Landgericht hat dem Kläger die geltend gemachten Kosten für das von ihm eingeholte Schadensgutachten von
2.859,82 Euro nicht (anteilig) zuerkannt, weil dieser keinen Beweis für die Angemessenheit der Kosten angetreten
habe. Das ist unzutreffend. Ein Beweisantritt findet sich im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 1. Juni 2010
(Bd. I, Bl. 171 d. A.).
Eine Beweisaufnahme ist dennoch nicht erforderlich. Entscheidend ist, ob es sich bei den geltend gemachten
Sachverständigenkosten um den erforderlichen Herstellungsaufwand (Schadensfeststellungskosten) i. S. v. § 249
Abs. 2 BGB handelt. Das lässt sich ohne erneute Beweisaufnahme bejahen.
Gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung darf das Honorar des KfzSachverständigen in Relation zur
Schadenshöhe berechnet werden (BGH NJW 2007, 1450), soweit nicht ohnehin nach Stunden abgerechnet wird. Im
vorliegenden Fall liegt eine pauschale Honorarberechnung nach der Schadenshöhe vor. Nach der Befragung des
BVSK (Bundesverband KfzSachverständige) zur Höhe des üblichen KfzSachverständigenhonorars für den Zeitraum
2010/2011 liegt das Grundhonorar schon bei einem Nettoschaden von nur 30.000, Euro bei bis zu 1.755, Euro netto.
Im vorliegenden Fall ist das von dem Schadensgutachter abgerechnete Grundhonorar von 1.900, Euro netto für die
im Jahr 2009 erfolgte Begutachtung in jedem Fall angemessen, da sich allein die Nettoreparaturkosten für den Aston
Martin auf 131.000, Euro belaufen (hätten). Unstreitig ist insoweit auch, dass der Kläger dieses Honorar beglichen
hat
Von der Forderung des TÜV Nord von insgesamt 2.859,82 Euro (brutto) kann der Kläger folglich die Erstattung eines
Betrages von 953,28 Euro verlangen. Dass eine Quotelung zu erfolgen hat, hat der Bundesgerichtshof jüngst
entschieden (Urteile vom 7. Februar 2012, Az. VI ZR 133/11 u. 249/11).
Zinsen hinsichtlich des eigentlichen Fahrzeugschadens sind bereits ab dem Unfallzeitpunkt zuzusprechen. § 849
BGB findet auf die Gefährdungshaftung nach dem StVG entsprechende Anwendung (BGHZ 87, 38). Allerdings
beträgt der Zinssatz für den zugesprochenen Fahrzeugschaden ab dem Unfallzeitpunkt gemäß § 246 BGB nur 4%.
Der höhere Zinssatz wird erst ab Verzugseintritt gemäß §§ 286, 288 Abs. 1 BGB geschuldet. Dieser ist nach Ablauf
der gesetzten Frist gemäß Anlage K 5, mithin am 24.10.2009, eingetreten. Ab diesem Zeitpunkt sind auch die
anteilig zu erstattenden Gutachterkosten sowie die anteilige Unfallkostenpauschale zu verzinsen. Die erst später
geltend gemachten Abschlepp und Verwahrkosten sind ab dem 1. Juni 2010 mit ihrem zugesprochenen Anteil zu
verzinsen. Zinsen wegen der auf den Fahrzeugschaden geltend gemachten Mehrwertsteuer sind wie beantragt (erst)
ab dem 20. September 2011 zuerkannt worden. Das Landgericht hat insoweit § 308 Abs.1 ZPO beachtet.
Zu Unrecht hat das Landgericht dem Kläger eine anteilige Freistellung von seinen vorgerichtlichen
Rechtsanwaltskosten versagt. Dass insoweit keine Gebührenrechnung seiner Prozessbevollmächtigten vorgelegt
und die Forderung lediglich in der Klageschrift berechnet worden ist, ist unschädlich. Ein Befreiungsanspruch gemäß
§ 257 BGB setzt die Erteilung einer Rechnung nicht voraus. Der für die anzusetzenden Gebühren und damit die
Höhe des Freistellungsanspruchs maßgebliche Wert richtet sich nach dem zuerkannten Schadensersatz (BGH NJW
2005, 1112. 2008, 1888). Damit besteht im Ergebnis ein Freistellungsanspruch wegen eines Betrages von 1.641,96
Euro.
2. Die Berufung des Klägers ist hinsichtlich der Entscheidung über den Widerklageantrag des Beklagten zu 2) in
vollem Umfang unbegründet. Die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil treffen zu. Insbesondere die Zubilligung
einer anteiligen Unfallkostenpauschale auf der Basis eines Betrages von 25, Euro ist nicht zu beanstanden (BGH
NJW 2011, 2871. Grüneberg, in: Palandt, 71. Aufl., § 249 Rn. 79 m. w. N.).
3. Die Berufung der Beklagten ist gemäß den vorstehenden Ausführungen unbegründet.
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, Abs. 2, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
5, Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 542 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
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