Urteil des OLG Oldenburg vom 03.02.2009

OLG Oldenburg: treu und glauben, gewerbe, werklohn, kündigung, subunternehmer, bürgschaft, vollstreckung, beendigung, schwarzarbeit, deckung

Gericht:
OLG Oldenburg, 02. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 2 U 9/06
Datum:
03.02.2009
Sachgebiet:
Normen:
VOB/B § 8 NR 1 ABS 2, BGB § 649 S 2
Leitsatz:
Zum Anspruch auf entgangenen Gewinn nach vorzeitiger Beendigung eines Werkvertrages, wenn der
Gewinn nur bei einem Verstoß gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit zu erzielen
gewesen wäre.
Volltext:
OBERLANDESGERICHT OLDENBURG
Im Namen des Volkes
Urteil
2 U 9/06
15 O 1382/04 Landgericht Oldenburg Verkündet am 3.02.2009
…, Justizfachangestellte
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
B… H… I… GmbH, …
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigter der 2. Instanz:
Rechtsanwalt …
gegen
1. H… H… GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, …
2. B… H… GmbH, …
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte zu 1, 2:
Rechtsanwälte …
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …,
den Richter am Oberlandesgericht … und den Richter am Oberlandesgericht … auf die mündliche Verhandlung vom
20.01.2008 für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin das am 12.01.2006 verkündete
Urteil der 15. Zivilkammer (3. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Oldenburg geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich des Revisionsverfahrens BGH VII ZR 154/06, hat die Klägerin zu
tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des
Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von
110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Werklohn und entgangenen Gewinn aus einem nicht vollständig durchgeführten
Vertrag über Parkettarbeiten in einem Objekt in B…in Anspruch.
Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 7.205,46 € zu zahlen und im
Übrigen die Klage abgewiesen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf die angefochtene Entscheidung
vom 12.01.2006 verwiesen. Gegen dieses Urteil haben sich beide Parteien mit ihren Berufungen gewandt.
Hinsichtlich ihres Vorbringens wird auf die Entscheidungsgründe des Senatsurteils vom 04.07.2006 verwiesen. Mit
diesem Urteil hat der Senat die Klage mit der Begründung abgewiesen, infolge der einverständlichen
Vertragsaufhebung bestimmten sich die Rechtsfolgen nach § 3 Ziff. 5 des Generalunternehmervertrages zwischen
der B… H… GmbH und der Beklagten zu 1.), so dass sich kein Anspruch ergebe.
Auf die gegen dieses Urteil gerichtete Revision der Klägerin hat der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 12.07.2007
das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten
des Revisionsverfahrens an den Senat zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof hat seine Entscheidung damit
begründet, dass eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers enthaltene Klausel, wonach nur
die erbrachten Leistungen des Auftragnehmers vergütet und die weitergehenden Ansprüche ausgeschlossen werden,
wenn der Auftraggeber ohne besonderen Grund kündigt, den Auftragnehmer entgegen Treu und Glauben
unangemessen benachteilige und unwirksam sei. Die insoweit maßgeblichen Erwägungen seien auch auf eine
einvernehmliche Vertragsaufhebung anzuwenden, die auf Initiative des Auftraggebers vorgenommen werde und
demselben Ziel wie eine „freie“ Kündigung diene.
In der Berufungsinstanz ist unstreitig geworden, dass die Klägerin weder in die Handwerksrolle eingetragen ist, noch
in der Handwerkrolle eingetragen war.
Die Klägerin beantragt,
unter teilweiser Änderung des am 12.01.2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Oldenburg die Beklagten als
Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 22.633,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz
seit dem 12.03.2004 zu zahlen, im Übrigen die Klage abzuweisen und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagten beantragen,
unter Aufhebung des am 12.01.2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Oldenburg die Klage abzuweisen und die
Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben gem. Beschluss vom 18.12.2007 durch schriftliche Vernehmung des Zeugen T…
G…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftliche Aussage des Zeugen vom 18.01.2008
verwiesen. Ferner hat der Senat Beweis erhoben gem. Beschluss vom 26.05.2008 durch ergänzende Anhörung des
Sachverständigen B…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird insoweit verwiesen auf das
Ergänzungsgutachten des Sachverständigen vom 07.08.2008.
Die Berufungen der Parteien sind zulässig. Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg, während sich die Berufung
der Beklagten als erfolgreich erweist.
Grundsätzlich steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf entgangenen Gewinn nach vorzeitiger
Beendigung des Vertrages über die Parkettarbeiten zu. Die Erwägungen, mit denen der Senat das Bestehen eines
derartigen Anspruches verneint hatte, haben einer Überprüfung durch den Bundesgerichtshof nicht standgehalten.
Gleichwohl besteht ein Anspruch im konkreten Fall nicht.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Handwerksordnung in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung, war der
selbständige Betrieb eines Handwerks als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen
natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften (selbständige Handwerker) gestattet. Gemäß
Abs. 2 dieser Vorschrift ist ein Gewerbebetrieb ein Handwerksbetrieb i.S. dieses Gesetzes, wenn er
handwerksmäßig betrieben wird und ein Gewerbe vollständig umfasst, das in der Anlage A aufgeführt ist, oder
Tätigkeiten ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesentlich sind (wesentliche Tätigkeit). Gemäß Nr. 39 der
Anlage A zur Handwerksordnung fiel das Gewerbe der Parkettleger seinerzeit hierunter. Zwar ist die
Handwerksordnung mittlerweile geändert worden. Abzustellen ist jedoch auf die zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses geltende Rechtslage.
Die Klägerin war und ist zu keinem Zeitpunkt in der Handwerksrolle eingetragen gewesen.
Allerdings führt dieser Umstand nicht dazu, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag gem. § 134 BGB
nichtig war (vgl. BGHZ 89. Band, 369 ff). Die Beklagte hätte jedoch die Wahl gehabt, den Vertrag durchzuführen, aus
wichtigem Grunde zu kündigen oder wegen arglistigen Verhaltens anzufechten (vgl. BGH a.a.O., 375). Hiervon hat
die Beklagte zwar keinen Gebrauch gemacht. Dass die Beklagte aber bereits seinerzeit Kenntnis von der fehlenden
Eintragung in der Handwerksrolle gehabt hätte –was sie erst in die Lage versetzt hätte, die vorgenannten Rechte
geltend zu machen behauptet die Klägerin nicht. Deshalb entzieht der Verstoß der Klägerin gegen das Gesetz zur
Bekämpfung der Schwarzarbeit - auch ohne Kündigung wegen dieses Umstandes der Berechnung der Klägerin ihres
entgangenen Gewinnes die Grundlage. Die Klägerin hatte geltend gemacht, sie hätte den Auftrag mit
Leiharbeitskräften durchgeführt. Zwar hatte die Klägerin, trotz fehlender Zustimmung, die gem. § 13 des Vertrages
vom 03.12.2002 erforderlich war, zunächst einen Subunternehmer beauftragt. Es wäre jedoch – ohne
Berücksichtigung des Umstandes, das die Klägerin nicht in die Handwerksrolle eingetragen war – zu erwarten
gewesen, dass sie sich nach entsprechender Fristsetzung durch die Beklagte vertragstreu verhalten und
Zeitarbeitnehmer eingesetzt hätte, um den Auftrag selbst ausführen zu können. Diese Möglichkeit war ihr aber auf
legalem Wege verwehrt, da sie nicht in die Handwerksrolle eingetragen war.
Gemäß § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B hat der Auftragnehmer nach Treu und Glauben Anspruch darauf, schadlos gestellt
zu werden. Die Wohltat des freien Kündigungsrechtes des Auftraggebers darf den anderen Vertragspartner nicht
finanziell belasten. Er hat bei Abschluss des Bauvertrages nämlich auf die Werthaltigkeit seines
Vergütungsanspruches zur Deckung der allgemeinen Geschäftskosten und zur Erlangung des kalkulierten Gewinns
vertraut und durfte auch darauf vertrauen (Locher/Vygen VOB 16. Auflage - Vygen VOB/B § 8 Nr. 1 Rdn. 40).
Hier konnte die Klägerin aber gerade nicht darauf vertrauen, dass sie den Gewinn tatsächlich unter Zugrundelegung
des Einsatzes von Zeitarbeitskräften würde erzielen können. Sie musste vielmehr darauf hoffen, dass die Beklagte
den Verstoß gegen das Schwarzarbeitsgesetz nicht bemerken und von ihrem Kündigungsrecht keinen Gebrauch
machen würde. Gemäß § 12 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages hätte die Klägerin auf Verlangen
den Nachweis über die Mitgliedschaft in der IHK bzw. die Eintragung in der Handwerksrolle erbringen müssen. Zwar
hat die Beklagte die Bescheinigung nicht innerhalb der Frist verlangt, dies ändert aber nichts daran, dass die
Klägerin den von ihr geltend gemachten entgangenen Gewinn auf legalem Wege nicht hätte erzielen können. Hätte
aber die Klägerin – um den Verstoß gegen die Handwerksordnung zu vermeiden – um die Erlaubnis zur Durchführung
des Auftrages durch einen die Handwerksrolle eingetragenen Subunternehmer nachgesucht und die Zustimmung
erhalten, hätte sie, wie sich aus dem insoweit nicht angegriffenen Gutachten des Sachverständigen B… vom
07.08.2008 ergibt, einen Verlust von knapp 7.000 € erzielt. Damit steht der Klägerin (rechnerisch) nur der restliche
Werklohn in Höhe von 1.527,64 € zu. Diese Forderung ist allerdings erloschen durch die Kosten, die die Beklagte zu
1) für die Bürgschaft gem. § 648a BGB aufzubringen hatte. Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz erstmalig die
Höhe des geltend gemachten Anspruchs bestreitet, ist dieser Vortrag neu und gem. § 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlich.
Ebenso greift der Einwand nicht durch, die Beklagten hätten Einwendungen erhoben, die sich als unbegründet
erwiesen hätten. Der Klägerin steht nämlich der geltend gemachte Anspruch ganz überwiegend nicht zu. Da die
Klägerin die Bürgschaft 36 Monate in Besitz hatte, sind Kosten angefallen, die die restliche Werklohnforderung der
Klägerin übersteigen. Ein Anspruch verbleibt somit nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf
den §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.
… … …