Urteil des OLG Oldenburg vom 23.12.2011

OLG Oldenburg: unterhalt, leistungsfähigkeit, auskunft, akte, überzeugung, abgabe, minderjähriger, niedersachsen, datum, einverständnis

Gericht:
OLG Oldenburg, 11. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 11 WF 278/11
Datum:
23.12.2011
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 1601, FamFG § 252
Leitsatz:
Hat der Unterhaltspflichtige im vereinfachten Verfahren vergessen, im Abschnitt ´G´ des amtlichen
Formulars anzugeben, dass er nicht bereit sei, Unterhalt zu zahlen, so ist das dann unschädlich,
wenn er zuvor ordnungsgemäß Auskunft über seine Auskünfte erteilt und zu erkennen gegeben hat,
dass er zu Unterhaltsleistungen nicht in der Lage ist.
Volltext:
OBERLANDESGERICHT OLDENBURG
B e s c h l u s s
11 WF 278/11
71 FH 6/11 VU Amtsgericht Osnabrück
In der Familiensache
A…H…, . W…,
Antragsgegner und Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte L…. E…,
.
gegen
M… H…, geb. am …2005, .M…,
gesetzlich vertreten durch
Land Niedersachsen,
vertreten durch den Landkreis O…, M…,
Antragsteller und Beschwerdegegner,
hat der 11. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden
Richter am Oberlandesgericht …, die Richterin am Oberlandesgericht … und den Richter am Oberlandesgericht …
am 23. Dezember 2011
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts – Familiengericht
– O…vom 21. September 2011 aufgehoben und das Verfahren an das Amtsgericht zur weiteren Bearbeitung
zurückverwiesen
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Dem Antragsgegner wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin
L… in E…bewilligt.
Der Beschwerdewert wird auf 1.862 € festgesetzt.
Gründe:
Durch den im Tenor bezeichneten Beschluss hat die Rechtspflegerin gemäß dem Antrag des Antragstellers im
vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger gegen den Antragsgegner Unterhalt für die Zeit ab 1.
Februar 2011 festgesetzt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die von dem Antragsgegner erhobenen
Einwendungen nicht hätten berücksichtigt werden können, zumal er sein Einverständnis mit monatlichen Zahlungen
in Höhe von 133 € erklärt habe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, mit welcher er nach Maßgabe seiner Begründung die
Aufhebung der festgesetzten Unterhaltsverpflichtung erstrebt.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß §256 FamFG zulässig und auch in der Sache dahin gerechtfertigt,
dass der angegriffene Beschluss aufzuheben und das Verfahren an das Amtsgericht zur weiteren Bearbeitung
gemäß den §§254, 255 FamFG zurückzuverweisen war.
Der angefochtene Beschluss hätte nicht ergehen dürfen, weil der Antragsgegner Einwendungen gegen die
Festsetzung des Unterhalts im vereinfachten Verfahren geltend gemacht hat, die gemäß §252 Abs.2 FamFG
zulässig sind und nicht hätten zurückgewiesen werden dürfen. Keinesfalls hatte der Antragsgegner, wie die
Rechtspflegerin ausgeführt hat, den Unterhalt anerkannt.
Einwendungen gegen die Festsetzung im vereinfachten Verfahren gemäß den §§249 ff. FamFG können nur unter
den in §252 FamFG vorgesehenen Voraussetzungen erhoben werden. Gegen die Leistungsfähigkeit können
Einwendungen gemäß §252 Abs.2 Satz 1 FamFG nur erhoben werden, wenn gleichzeitig mitgeteilt wird, in welcher
Höhe der Unterhaltsanspruch erfüllt und insoweit eine Verpflichtung zur Zahlung erklärt wird. Zudem ist gemäß §252
Abs.2 Satz 3 FamFG unter Verwendung des dafür vorgesehen Formulars Auskunft über die persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse zu erteilen.
Diesen Anforderungen hat der Antragsgegner in dem erstinstanzlichen Verfahren genügt.
Die Tatsache, dass der Antragsgegner unter „G“ kein Kreuz gesetzt hat, reicht nicht aus, ihm den Einwand fehlender
oder eingeschränkter Leistungsfreiheit abzuschneiden (vgl. auch OLG Oldenburg, 14. Zivilsenat, 14 WF 3/11.
Beschl. vom 5. April 2011).
Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 19. April 2011 unter Beifügung des erforderlichen Formulars, ferner aber
auch mit den weiteren Schriftsätzen vom
4. Mai und besonders deutlich vom 11. Juli 2011 mitteilen lassen, dass er den Einwand fehlender Leistungsfähigkeit
erheben will, auch wenn in dem zur Akte gereichten Formular unter „G“ kein Kreuz gesetzt worden ist. Der
Antragsgegner hat sogar ausgeführt, dass er für die Zeit ab 1. Januar 2010 nur 0,00 € zahlen kann.
Die Rechtspflegerin hat zur Überzeugung des Senats die Anforderungen überspannt, wenn sie dennoch die
Erklärungen des Antragsgegners nicht als ausreichend angesehen hat. Keinesfalls durfte darauf bestanden werden,
dass der entsprechende Zahlungsbetrag „Null“ unter dem Dritten Abschnitt besteht.
Eine Verpflichtungserklärung kann von einem Unterhaltsschuldner nur dann verlangt werden, wenn er sich im Stande
sieht, den Unterhaltsanspruch zu erfüllen. Bei insgesamt bestehender Leistungsunfähigkeit entfällt daher die
Verpflichtung zur Abgabe der Erklärung nach §252 Abs.2 Satz 1 FamFG (vgl. auch OLG Naumburg, Rechtspfleger
2001, 591. OLG Hamm FamRZ 2000, 360 und FamRZ 2006, 211, jeweils für den gleichlautenden §648 Abs.2 ZPO
a.F.). Es kann nicht zu Lasten des Unterhaltsschuldners gehen, dass das Formular keine Rubrik für die vollständige
Leistungsunfähigkeit vorsieht.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§243 Abs.1 FamFG, 20 Abs.1 Satz 1
51 Abs.1 FamGKG.
… … …