Urteil des OLG Oldenburg vom 31.03.1993

OLG Oldenburg: treu und glauben, vgb, zustand, versicherungsvertrag, angriff, feuerversicherung, heizungsanlage, prämie, begriff, wohngebäude

Gericht:
OLG Oldenburg, 02. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 2 U 28/93
Datum:
31.03.1993
Sachgebiet:
Normen:
VGB § 62 4 NR 3.
Leitsatz:
Zum Begriff des noch nicht bezugsfertigen Gebäudes in der Wohngebäude- versicherung
Volltext:
Es kann dahinstehen, ob der am
06.02.1991 eingetretene Schaden durch Einfrieren der Heizungsanla-
ge von den Klägern grob fahrlässig herbeigeführt worden ist; denn
dieser Schaden ist nicht durch die bei der Beklagten mit Wirkung
ab 27.11.1984 abgeschlossene Gebäudeversicherung gedeckt.
Dem Versicherungsvertrag liegen entsprechend dem Antrag vom
27.11.1984 die "Allgemeinen Bedingungen für die Neuwertver-
sicherung von Wohngebäuden gegen Feuer-, Leitungswasser-, und
Sturmschäden" (VGB 62) zugrunde. Danach erstreckt sich die Lei-
tungswasserversicherung nicht auf Gebäude, die noch nicht bezugs-
fertig sind (§ 4 Nr. 3 a VGB), und so war es hier.
Unstreitig war zur Zeit des Schadenseintritt nur der vordere Teil
des Objekts, der weniger als 50 % der Gesamtfläche ausmacht, reno-
viert und ausgebaut; der hintere Teil befand sich in einem verfal-
lenen, nicht bewohnbaren Zustand. Danach liegt objektiv der Aus-
schlußtatbestand des § 4 Nr. 3 a VGB vor.
Entgegen der Ansicht der Kläger ist die Beklagte auch unter dem
Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht gehindert,
sich auf die Risikobegrenzung zu berufen. Zwar war dem Ver-
sicherungsvertreter Koring der Beklagten der Zustand des Hauses
1984 bekannt. Nach seiner Aussage sollte jedoch Ende 1984 der Um-
bau des Gebäudes in Angriff genommen werden und sollten mit Rück-
sicht darauf - neben der bisher bestehenden Feuerversicherung -
auch die Risiken Leitungswasser- und Sturmschäden versichert wer-
den. Aufgrund der ihm gegenüber bei Ausfüllung des Antragsformu-
lars abgegebenen Erklärungen ist der Zeuge davon ausgegangen, daß
die dort gemachten Angaben im Januar 1985 erfüllt sein würden. Da-
nach haben die Kläger entgegen ihrer Ankündigung den nach dem Ver-
sicherungsvertrag vorausgesetzten Gebäudezustand nicht geschaffen.
Daß etwa dem Zeugen Koring oder einem sonstigen Mitarbeiter der
Beklagten der andauernde vertragswidrige Zustand des Hauses be-
kannt war, habe die Kläger nicht dargetan. Daher trifft ihre Rüge
nicht zu, die Beklagte verhalte sich widersprüchlich, wenn sie
einerseits die Prämie entgegennehme, andererseits aber die
Leistung ablehne.
Der Versicherungsvertrag kann schließlich nicht einschränkend in
dem Sinne ausgelegt werden, daß jedenfalls der vordere ausgebaute
Teil versichert sein sollte. Dem widerspricht der eindeutige Wort-
laut des § 4 Nr. 3 a VGB, wonach die Beklagte nur im ganzen be-
zugsfertige Gebäude versichern sollte. Es erhellt auch ohne
weiteres, daß das Risiko eines (teilweise) unbenutzbaren Gebäudes
sich von dem eines bezugsfertigen erheblich unterscheidet. Zudem
befand sich die beschädigte Heizungsanlage für die vorderen Räume
in dem noch nicht ausgebauten hinteren Teil.