Urteil des OLG Oldenburg vom 08.08.1990

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Gericht:
OLG Oldenburg, 02. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 2 U 57/88
Datum:
08.08.1990
Sachgebiet:
Normen:
AWB § 2, AWB § 1
Leitsatz:
Wird (bei vorhandener Gasheizungsanlage) eine Wärmepumpe 15 m entfernt vom versicherten
Gebäude installiert, dann gehört die Wärmepumpenanlage nicht zu den versicherten Sachen einer
Leitungswasserversicherung
Volltext:
I. Der Kläger verlangt Entschädigung aus einer bei der Beklagten abgeschlossenen Leitungswasserversicherung, für
die u.a. die Geltung der Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung gegen Leitungswasserschäden (AWB)
vereinbart ist. Versichert ist zum gleitenden Neuwert das Wohn- und Geschäftsgebäude des Klägers.
Der Kläger hat behauptet: Er habe im September 1986 am Verflüssiger einer auf seinem Grundstück installierten
Wärmepumpe eine Leckstelle festgestellt. Infolge dieser Leckstelle sei Heizungswasser in den Kältekreislauf der
Wärmepumpe eingedrungen und habe diese zerstört. Die Behebung des Schadens habe einen Aufwand von
49.861,32 DM erfordert.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der behauptete Schaden werde von der Leitungswasserversicherung nicht
mit umfaßt.
Mit dem am 15. Januar 1988 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Berufung des
Klägers hat der Senat zurückgewiesen. Auf seine Revision hat der Bundesgerichtshof das Senatsurteil aufgehoben
und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen (abgedruckt unter
VVGE § 2 AWB Nr. 1).
Nach Zurückweisung hat die Beklagte an den Kläger am 23. Februar 1990 auf die Hauptforderung 20.000,-- DM
gezahlt. Hinsichtlich dieses Betrages haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
II. Die Berufung hat, soweit nicht der Rechtsstreit in der Hauptsache von den Parteien übereinstimmend für erledigt
erklärt worden ist, keinen Erfolg.
Dem Kläger steht ein Anspruch aus der Leitungswasserversicherung nicht zu, denn die nach seiner Behauptung
beschädigten Sachen, für die er Entschädigung begehrt, gehören nicht zu den versicherten Sachen, für die allein § 1
AWB Versicherungsschutz gewährt wird.
Gemäß § 2 Abs. 1 AWB sind die im Versicherungsschein aufgeführten Sachen oder Sachgesamtheiten des
Versicherungsnehmers versichert. Nach dem Inhalt des Versicherungsscheins ist das Wohn- und Geschäftsgebäude
versichert. Zum Gebäude gehörte die in 15 m Entfernung von dem Gebäude befindliche Wärmepumpenanlage nicht.
Sie fällt auch nicht unter die Erweiterung des § 2 Abs. 2 AWB. Danach sind Gebäude mit ihren Bestandteilen, aber
ohne Zubehör, jedoch mit den in § 1 Abs. 2 a Ziffer 2 AWB aufgeführten Sachen versichert. Zu den in § 1 Abs. 2 a
Ziffer 2 AWB aufgeführten Sachen gehörte die Wärmepumpenanlage nicht; denn sie befand sich nicht innerhalb des
Gebäudes.
Die Wärmepumpenanlage stellte auch keinen Bestandteil des versicherten Gebäudes dar. Zwar hat der BGH in der
Revisionsentscheidung angenommen, daß die beim Kläger installierte Wärmepumpenanlage Bestandteil des
Gebäudes gewesen sei. An diese Entscheidung ist der Senat jedoch nicht gebunden. Der BGH hat einen
Sachverhalt unterstellt, der, wie die weitere Verhandlung vor dem Senat und die Aussage der Ehefrau des Klägers
hat sich aber ergeben, daß eine funktionstüchtige Gasheizungsanlage vorhanden war und heute noch ist und die
Wärmepumpenanlage nur eine Zusatzheizung darstellte, so daß das Gebäude, wie die Ehefrau des Klägers
eindrucksvoll geschildert hat, allein durch diese Gasheizungsanlage beheizt werden konnte. Diese von dem Kläger
nicht in Abrede genommene Tatsache hat der Senat zu berücksichtigen. Eine Bindung an die Wertung durch das
Revisionsgericht, die Wärmepumpenanlage sei Bestandteil des Gebäudes gewesen, besteht nicht. Zwar ist das
Berufungsgericht gemäß § 565 Abs. 2 ZPO bei seiner neuen Entscheidung an die rechtliche Beurteilung, aus der
heraus das Revisionsgericht die Aufhebung ausgesprochen hat, auch seinerseits gebunden (RGZ 94, 11, 14; BGH
MDR 1951, 524; Zöller/Schneider ZPO, 14. Aful., § 565 Rdn. 3). Eine abschließende sachliche Entscheidung des
Revisionsgerichts setzt aber voraus, daß alle erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen sind und weitere
entgegenstehende Feststellungen nicht mehr zu erwarten sind (Zöller aaO, Rdn. 11, Stein/Jonas/Grunsky; ZPO §
565 Rdn. 10). Eine Bindung des Berufungsgerichts an die der Aufhebung unmittelbar zugrundeliegenden rechtlichen
Würdigung des Revisionsgerichts besteht schon deshalb nicht, weil sich der jetzt zu beurteilende Tatbestand in
tatsächlicher Hinsicht von dem damals angenommenen Tatbestand unterscheidet. Der Senat hat neue Tatsachen zu
berücksichtigen und neuen Beweisantritten nachzugehen (Tiedtke, JZ 78, 626, 631; Wieczorek/Rössler ZPO, 2.
Aufl., § 565 B II c).
Entscheidend ist daher, ob nach der Verkehrsanschauung bei einer natürlichen Auffassung über Wesen, Zweck und
Beschaffenheit des Gebäudes unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Bedürfnisse die Einfügung der
Wärmepumpenanlage als Zusatzheizung zur vorhandenen Gasheizung der Hauptsache ein besonderes Gepräge und
eine besondere Eigenart gegeben hat (vgl. BGHZ 53, 324, 325). Der Senat teilt die Auffassung des BGH, daß bei
ausschließlichem Vorhandensein einer Wärmepumpenanlage zur Beheizung eines Gebäudes diese Anlage
Bestandteil des Gebäudes ist. Die Besonderheit liegt darin, daß eine funktionierende Gasheizungsanlage vorhanden
war und die Wärmepumpenanlage lediglich eine Zusatzheizung darstellte. Diese Gasheizungsanlage erfüllte ihre
Aufgabe seit dem Ausfall der Wärmepumpe im Jahre 1986 auch wieder allein, so daß lediglich diese als wesentlicher
Bestandteil angesehen werden kann. Die Eigenart des Gebäudes ist nicht dadurch verändert worden, daß
nachträglich eine Zusatzheizung angebracht worden ist; das Gebäude hat sein besonderes Gepräge bereits durch
den Einbau der Gasheizungsanlage erhalten (vgl. OLG Celle NJW 1958, 632, 633). Zwar hat der BGH (BGHZ 53,
aaO) entschieden, daß eine Ölheizungsanlage, die nachträglich in ein bisher mit Koks befeuertes Gebäude
eingebaut worden ist, in der Regel wesentlicher Bestandteil eines Wohngebäudes wird. Der entschiedene Fall
unterscheidet sich jedoch von dem vorliegenden dadurch, daß die Ölheizung nach ihrem Einbau die alleinige
Heizquelle des Hauses darstellte.