Urteil des OLG Oldenburg vom 03.12.2009

OLG Oldenburg: beratung, gebühr, verfall, anklageschrift, pflichtverteidiger, veröffentlichung, einziehung, vergütung, betäubungsmittelgesetz, datum

Gericht:
OLG Oldenburg, 01. Strafsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 1 Ws 643/09
Datum:
03.12.2009
Sachgebiet:
Normen:
RVG VV Nr 4142, RVG § 33 Abs 3
Leitsatz:
Die Beratung des Angeklagten bezüglich eines in der Anklageschrift beantragten Verfalls löst die
Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG aus, die als reine Wertgebühr unabhängig vom Umfang der entfalteten
Bemühungen des Rechtsanwalts ist. Die für die Wertfestsetzung maßgebende Höhe des Verfalls
richtet sich nach den zum Zeitpunkt der Beratung gegebenen Anhaltspunkten. Dass die
Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussantrag einen Verfall in geringerer Höhe beantragt und das Gericht
dem folgt, ist für den festzusetzenden Wert unerheblich.
Volltext:
OBERLANDESGERICHT OLDENBURG
1 Ws 643/09
10 KLs 14/09 Landgericht Osnabrück
620 Js 1302/09 Staatsanwaltschaft Osnabrück
für Veröffentlichung gekürzte Fassung
B e s c h l u s s
In der Strafsache
gegen R… aus M…,
Verteidiger: Rechtsanwalt ...,
wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz,
hier: Beschwerde des Pflichtverteidigers gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit,
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
am 3. Dezember 2009
durch die unterzeichnenden Richter beschlossen:
Auf die Beschwerde des Rechtsanwalts B. wird der Beschluss des Landgerichts Osnabrück vom 04.11.2009
geändert.
Der Gegenstandswert für das Verfahren bezüglich des Verfalls wird auf 13.025 € festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis 600 € festgesetzt.
aus den Gründen (für die Veröffentlichung vom Vorsitzenden gekürzt u. sprachlich entsprechend angepasst):
Der Beschwerdeführer war dem Angeklagten in einem beim Landgericht anhängigen Verfahren als Pflichtverteidiger
beigeordnet worden. Der Angeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Außerdem wurde der Verfall von
Wertersatz in Höhe von 2.500 € angeordnet.
Der Beschwerdeführer hat eine Vergütung nach VV RVG Nr. 4142 (Verfahrensgebühr für Verfall) in Höhe von 649,74
Euro geltend gemacht. Das Landgericht hat den Gegenstandswert hierfür auf 2.500 Euro festgesetzt mit der
Begründung, durch das Urteil sei der Verfall von Wertersatz in Höhe von 2.500 € angeordnet worden. deshalb sei von
diesem Gegenstandswert, jedenfalls von keinem höheren, auszugehen.
Die hiergegen eingelegte befristete Beschwerde (§ 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) des Rechtsanwalts hat Erfolg.
Das Rechtsmittel erreicht den nach § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG für seine Zulässigkeit erforderlichen Beschwerdewert,
denn der Beschwerdeführer erstrebt eine mehr als 200 Euro höhere Gebühr, als sie sich aufgrund der
Wertfestsetzung des Landgerichts ergäbe.
Die Beratung des Angeklagten bezüglich des in der Anklageschrift beantragten Verfalls (600 €) und des Verfalls von
Wertersatz (12.405 €) löste die Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG aus. Eine solche Verfahrensgebühr entsteht für eine
rechtsanwaltliche Tätigkeit, die sich auf die Einziehung oder ihr gleichstehende Rechtsfolgen i. S. v. § 442 StPO
bezieht. Sie findet ihren Sinn darin, dass der besondere Einsatz des Rechtsanwalts mit dem Ziel der Bewahrung des
Eigentums des Mandanten wegen der sich häufig aufwendig und umfangreich gestaltenden Tätigkeit abgegolten
werden soll. Die Gebühr ist - unabhängig vom Umfang der entfalteten Bemühungen des Rechtsanwalts - als reine
Wertgebühr ausgestaltet, die sich für den Pflichtverteidiger nach §§ 44 ff. RVG bemisst. Die Beratung des
Beschwerdeführers, wie sich der Angeklagte gegen die Anordnung des Verfalls verteidigen könne, löste die Gebühr
aus. Die Beratung war hier nach Aktenlage geboten, denn es musste mit einem entsprechenden Antrag der
Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung gerechnet werden.
Die für die Wertgebühr maßgebende Höhe des Verfalls richtet sich nach den zum Zeitpunkt der Beratung
erkennbaren Anhaltspunkten in der Verfahrensakte, nicht nach dem in der Hauptverhandlung später gestellten
Schlussantrag der Staatsanwaltschaft bzw. danach, in welcher Höhe letztlich das Gericht den Verfall von Wertersatz
festgesetzt hat. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Anwaltstätigkeit (vgl. OLG Karlsruhe NStZRR 2007, 683. KG
NStZRR 2005, 358).
Der Senat hat als Beschwerdegericht den Wert deshalb in Hinblick auf die in der Anklageschrift genannten Beträge
auf 13.025 Euro festgesetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.